Verordnung über die Freistellung von Behörden, Dienststellen und Gerichten des Bundes von waffenrechtlichen Vorschriften (Waffengesetz-Bund-Freistellungsverordnung - WaffGBundFreistV)
Kommentar: Können/sollen jetzt (Bundes-) Behördenmitarbeiter*innen künftig leichter eine Schusswaffe bekommen können? Warum dann z. B. nicht auch Ärzte, Therapeuten, Verkaufspersonal udgl., alle die mit Klienten/Kunden Kontakt haben? Thomas Bauer
31.03.2021
Europarat untersagt Diskriminierung von Ungeimpften
In seiner Resolution 2361 (2021) hat der Europarat am 27. Januar 2021 zahlreiche Vorgaben für die Impfstrategie in Europa verabschiedet. Darunter finden sich verschiedene organisatorische Formulierungen und Forderungen. Allerdings auch Passagen, die das aktuelle pharmako-politische Lobbynetzwerk weiterhin in zentraler Position halten. Insbesondere die unheilige Allianz der Impflobby-Organisation GAVI, der privaten Marketingorganisation WHO und der „Coalition for Epidemic Preparedness Innovations“ (CEPI) sind unabhängigen Experten ein Dorn im Auge – sind sie doch die maßgeblichen Pandemie-Treiber und Profiteure der inszenierten Katastrophe. Die Impfpromotoren werden im übrigen unter anderem allesamt auch von der Bill & Melinda Gates Foundation finanziert.
So heißt es unter Punkt 5 der Resolution: „Unter der gemeinsamen Leitung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der Vaccine Alliance (Gavi) und der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI) zieht die Initiative Mittel aus den Unterzeichnerländern ab, um die Forschung, Entwicklung und Herstellung einer breiten Palette von Covid-19-Impfstoffen zu unterstützen und deren Preise auszuhandeln.“ Die privaten Organisationen, die Instrumente der Impfprofiteure sind, erhalten auf diese Weise den unmittelbaren Zugriff auf die Mittel der Mitgliedsländer. Dass mit den Erfahrungen aus 2009 hier keine offiziellen Einheiten der europäischen Staaten die Koordination in die Hand nehmen, ist fragwürdig und öffnet Missbrauch Tür und Tor.
Die Resolution fordert zugleich Sorgfalt bei der Entwicklung der Impfstoffe, der Kontrolle des Einsatzes, der Einhaltung von Sicherheitsstandards und dies auch im Hinblick auf Langzeitwirkungen. Sicher besonders wichtig ist in der von Lobby-Aktivitäten getragenen Pandemie der Punkt 7.1.6 (s.u.), der auf die notwendige Kontrolle von Insidergeschäften der beteiligten Pharmaunternehmen hinweist. Die Pandemie ist schon heute das größte Pharmageschäft aller Zeiten – und es hat den Anschein, als hätten die Pharmakonzerne und ihre Anleger ihre Karten noch lange nicht ausgespielt. Der Hunger nach noch mehr Geld ist groß. Zu den Qualitätssicherungsanforderungen schreibt der Europarat:
„Die Versammlung fordert daher die Mitgliedsstaaten und die Europäische Union dringend auf: 7.1 im Hinblick auf die Entwicklung von Covid-19-Impfstoffen 7.1.1 sicherzustellen, dass qualitativ hochwertige Studien durchgeführt werden, die solide und auf ethische Weise in Übereinstimmung mit den einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens über Menschenrechte und Biomedizin (SEV Nr. 164, Oviedo-Konvention) und dessen Zusatzprotokoll über biomedizinische Forschung (SEV Nr. 195) durchgeführt werden und die schrittweise auch Kinder, schwangere Frauen und stillende Mütter einschließen; 7.1.2 sicherstellen, daß die für die Beurteilung und Zulassung von Impfstoffen gegen Covid-19 zuständigen Stellen unabhängig und vor politischem Druck geschützt sind; 7.1.3 sicherstellen, dass die relevanten Mindeststandards für Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität von Impfstoffen eingehalten werden; 7.1.4 wirksame Systeme zur Überwachung der Impfstoffe und ihrer Sicherheit nach ihrer Einführung in der Bevölkerung einführen, auch im Hinblick auf die Überwachung ihrer Langzeitwirkungen; 7.1.5 unabhängige Impfstoff-Entschädigungsprogramme einrichten, um eine Entschädigung für unangemessene Schäden und Beeinträchtigungen infolge von Impfungen sicherzustellen; 7.1.6 ein besonderes Augenmerk auf mögliche Insidergeschäfte von Führungskräften in der Pharmaindustrie oder auf Pharmaunternehmen zu richten, die sich auf Kosten der Allgemeinheit unangemessen bereichern, indem die Empfehlungen der Resolution 2071 (2015) „Öffentliche Gesundheit und die Interessen der Pharmaindustrie: Wie kann der Vorrang der Interessen der öffentlichen Gesundheit gewährleistet werden?“
Darüber hinaus enthalten die Vorgaben der Europarates aber auch die dringliche Aufforderung zur Unterlassung jeglicher Diskriminierung von Ungeimpften:
7.3.1 sicherstellen, dass die Bürger darüber informiert werden, dass die Impfung NICHT verpflichtend ist und dass niemand politisch, sozial oder anderweitig unter Druck gesetzt wird, sich impfen zu lassen, wenn er dies nicht selbst möchte;
7.3.2 sicherstellen, dass niemand diskriminiert wird, weil er nicht geimpft wurde, weil er möglicherweise gesundheitliche Risiken hat oder sich nicht impfen lassen möchte;
Diese klare Positionierung des Europarates ist eine schallende Ohrfeige für die zahlreichen Regierungsmitglieder in Europa, die mit repressiven Maßnahmen einen mittelbaren Impfzwang errichten wollen oder dies bereits getan haben. Jens Spahn hat den mittelbaren Impfzwang bereits vor der „Corona-Inszenierung“ in das Infektionsschutzgesetz schreiben lassen – auch wenn er öffentlich immer behauptet, die Impfung sei „freiwillig“. Darüber berichteten wir hier.
Auch die Maßnahmen, welche das ID2020-Projekt von Bill Gates und den anderen „Philanthropen“ befördern sollen, müssen in diesem Licht gesehen werden: Impfnachweise als Berufsvoraussetzungen, Zutrittsvoraussetzungen, als Voraussetzung für Reisen, Ausbildung, Bildung und Kulturaktivitäten sind Diskriminierungen mit dem Ziel, das globale Impfgeschäft anzufeuern. Der Europarat setzt hier eindeutig auf die Freiwilligkeit zur Impfung und die Nichtdiskriminierung der Nichtgeimpften.
Wichtig ist allerdings zu wissen, dass die Resolutionen des Europarates keine gesetzliche Bindungswirkung für die Mitgliedstaaten entfalten. Diese entsteht erst mit Übernahme der beschlossenen Regelungen in nationales Recht. Allerdings sind derartige Beschlüsse dennoch Referenzpunkte für die menschenrechtliche Bewertung der Ereignisse und Maßnahmen. Zudem können Europaratsbeschlüsse bei Verfahren auf europäischer Verfassungsrechts-Ebene wiederum mehr Bedeutung erhalten.
Anmerkung der (Laufpass) Redaktion: Der Hinweis auf die Bill & Melinda Gates Foundation unterstellt nicht, dass diese steuerbegünstigte Investitionsgesellschaft in Stiftungsform den Ausbruch der Pandemie verursacht hat. Wir weisen darauf hin, dass die Familie Gates gemeinsam mit anderen Milliardären durch ihre gestaltenden Förderungen unmittelbaren Einfluss auf die Impfkampagnen in der Welt haben. Und da Gates und seine „philanthropischen“ Freunde massiv in allen westlichen Impfstoffherstellern investiert sind, ist ein Return on Invest Teil des gestaltenden Engagements der „Menschenfreundes“. von Wolfgang Jeschke
Der Dienst der Freiheit ist ein strenger Dienst, Er trägt nicht Gold, er trägt nicht Fürstengunst, Er bringt Verbannung, Hunger, Schmach und Tod; Und doch ist dieser Dienst der höchste Dienst, Ihm haben unsre Väter sich geweiht, Ihm hab' auch ich mein Leben angelobt,
Er hat mich viel gemühet, nie gereut.
(https://www.aphorismen.de/gedicht/35799)
Man mag den freien Menschen fesseln, knebeln, quälen. Solang noch Geist und Herz ihn seinen Wert empfinden und einen höhern Sinn, ein letztes Ziel des Lebens ahnen lassen, wird er sich nicht verloren geben und dankbar sein für jeden Tag, da ihm ein inneres Licht
noch Kraft und Weisung gibt.
(https://www.aphorismen.de/gedicht/45178)
31.03.2021
AstraZeneca: Geringes Risiko, aber vielleicht zu hoch
Der AstraZeneca-Stopp für Jüngere verunsichert und kostet Vertrauen. Doch neue Fälle von Blutgerinnseln ändern die Lage. Gut, dass dies nicht der einzige Impfstoff ist.
Zitat: Schon wieder AstraZeneca. Erneut steht der Impfstoff des Pharmaunternehmens in den Schlagzeilen. Seit Montag überschlagen sich die Ereignisse. Nachdem mehrere Kliniken, Landkreise und Städte Impfungen mit AstraZeneca für jüngere Personen aussetzten, wird der Impfstoff ab Mittwoch vorerst nur noch uneingeschränkt Menschen ab 60 Jahren verabreicht. Das haben die Gesundheitsminister von Bund und Ländern beschlossen, nachdem die Ständige Impfkommission (Stiko) ihre Empfehlung am Dienstagabend geändert hatte. Grund sind weitere Fälle seltener Hirnvenenthrombosen, die im zeitlichen Zusammenhang nach einer Impfung mit AstraZeneca gemeldet worden sind. Jüngere Menschen können sich nach sorgfältiger ärztlicher Beratung allerdings weiter impfen lassen. Dies soll aber nur noch in Hausarztpraxen möglich sein.
Nach Beratungen mit Gesundheitsminister Jens Spahn und den Ministerpräsidenten der Länder sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel am Abend im Kanzleramt von Erkenntnissen, die man nicht ignorieren könne. Impfen sei das wichtigste Werkzeug im Kampf gegen die Pandemie. Zum Glück stünden verschiedene Impfstoffe zur Verfügung. "Wir stehen nicht vor der Entscheidung, AstraZeneca oder kein Impfstoff."
Was bedeutet das? Ist der Impfstoff für jüngere Personen riskant? Wie häufig sind die möglichen Nebenwirkungen? Und müssen sich Menschen sorgen, die bereits mit AstraZeneca geimpft wurden?
Selten, aber nicht selten genug
Am Dienstagvormittag hatte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) neue Zahlen zu unerwünschten Ereignissen veröffentlicht, die mit der Impfung zusammenhängen könnten. Mit Stand vom 29. März wurden inzwischen 31 Fälle von speziellen Hirnvenenthrombosen gemeldet, die im Anschluss an eine Impfung mit dem Mittel von AstraZeneca auftraten. 19 der betroffenen Personen litten gleichzeitig unter einem Mangel an Blutplättchen, neun Menschen starben. Mit Ausnahme von zwei Fällen betrafen alle Meldungen Frauen im Alter von 20 bis 63 Jahren. Die Männer waren 36 und 57 Jahre alt.
Zur Einordnung: Als am 16. März etwa 1,6 Millionen Dosen verimpft waren, hätte man laut PEI etwa ein solches Ereignis rein durch Zufall erwarten können. Mittlerweile haben in Deutschland etwa 2,7 Millionen Menschen eine Impfung bekommen – damit zeigen die aktuellen Zahlen umso mehr eine überzufällige Häufung von Hirnvenenthrombosen und Blutplättchenmangel.
Aus acht Bundesländern lagen dem Magazin Spiegel genauere Informationen vor, wer geimpft wurde – zwei Drittel der Geimpften waren Frauen unter 70 Jahren. Geht man davon aus, dass das Verhältnis in den restlichen Bundesländern ähnlich ist, käme man auf rund 1,78 Millionen Frauen unter 70 Jahren, die den Impfstoff von AstraZeneca erhalten haben. Bei gleichzeitig 29 Hirnvenenthrombosen in dieser Gruppe ergibt sich rechnerisch ein Fall auf 61.400 geimpfte Frauen. Zum Vergleich: Bei Männern wäre das Verhältnis – unter Annahme derselben Impfverteilungen – 1:432.000.
Mitte März war erstmals eine Häufung spezieller Hirnvenenthrombosen und Blutplättchenarmut nach AstraZenca-Impfungen bekannt geworden. Noch am 18. März hatte die Europäische Arzneimittelagentur Ema mitgeteilt, die Vorteile des Impfstoffes überwögen die Risiken. Ein Zusammenhang zur Impfung sei nicht gesichert, könne aber auch nicht ausgeschlossen werden. Doch nun gibt es allein in Deutschland 31 Fälle einer auch ansonsten extrem seltenen Erkrankung, und immer mehr Fachleute gehen davon aus, dass der Impfstoff die Ursache sein könnte.
"Damit scheint diese spezielle Komplikation unter jüngeren Personen nach der Impfung mit AstraZeneca deutlich häufiger aufzutreten als bisher bekannt", sagte der Infektiologe und Impfstoffforscher Leif-Erik Sander ZEIT ONLINE. Dies sei angesichts der Schwere der Komplikation und des eher geringen Risikos junger Menschen, schwer oder gar tödlich an Covid-19 zu erkranken, nicht akzeptabel. Zumal, und das sei der Knackpunkt, andere Impfstoffe zur Verfügung stünden, die nach aktuellem Stand nicht dieses erhöhte Risiko eventueller Nebenwirkungen mit sich brächten.
So sieht es auch Sandra Ciesek, Leiterin des Instituts für Virologie am Uniklinikum Frankfurt am Main: "Wenn man nur diesen einen Impfstoff hätte, müsste man stärker überlegen und den Nutzen gegen die Risiken abwägen. Aber es gibt ja eine Wahl." AstraZeneca künftig weiterhin älteren Menschen zu verabreichen, hält Ciesek im Gespräch mit ZEIT ONLINE für einen logischen Schritt. "Es wird ja kein Impfstoff weggeschmissen, sondern man gibt ihn einfach nicht mehr denjenigen, von denen man weiß, dass sie ein erhöhtes Risiko für diese Nebenwirkung haben." Genau das soll nun auch passieren. "Den Ländern steht es frei, bereits jetzt auch die 60- bis 69-Jährigen für diesen Impfstoff mit in ihre Impfkampagne einzubeziehen", heißt es in dem Beschluss der Gesundheitsminister. Also auch Menschen, für die bislang wegen der knappen Impfstoffmenge noch keine Impfung vorgesehen war.
Genauer Zusammenhang zwischen Impfstoff und Thrombosen noch unklar
Wie genau die Impfung mit AstraZeneca in seltenen Fällen zu Hirnvenenthrombosen führen könnte, ist noch nicht geklärt. Der Greifswalder Blutgerinnungsexperte Andreas Greinacher hatte mit seinem Team mit Unterstützung des Paul-Ehrlich-Instituts Blutproben von Menschen mit einer Sinusvenenthrombose und Blutplättchenmangel untersucht. Bereits am 19. März berichtete er in Medien von den Ergebnissen. Diese sind mittlerweile auch auf einem Preprint-Server veröffentlicht (Research Square: Greinacher et al., 2021, Preprint). Demnach könnten Antikörper eine Rolle spielen, die normalerweise einen Komplex aus dem gerinnungshemmenden Medikament Heparin und einem Protein auf den Blutplättchen erkennen können. Binden sie an diesen Komplex, aktiviert das die Blutplättchen, die dadurch verklumpen, was dann wiederum zu Thrombosen führen kann. Das Krankheitsbild ist unter dem Namen heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT) bekannt und kann auftreten, wenn Menschen mit dem Gerinnungshemmer behandelt werden.
Im Falle der Sinusvenenthrombosen nach den Covid-19-Impfungen mit AstraZeneca ist zwar nun ein sehr ähnlicher Mechanismus beschrieben, allerdings hängt er offenbar nicht mit dem Arzneimittel Heparin zusammen. Die Forschenden um Greinacher schlagen für das Krankheitsbild den Namen vaccine induced immune thrombocytopenia (VIPIT) vor. Allerdings sind noch wesentliche Fragen offen, vor allem, was genau zur Aktivierung und dem Verklumpen der Blutplättchen führen könnte.
Bestätigt sich Greinachers vorgeschlagener Mechanismus, sei auch klar, wie man die Hirnvenenthrombosen im Fall der Fälle behandeln müsse, sagte der Gerinnungsexperte Robert Klamroth, Gerinnungsspezialist vom Berliner Vivantes-Klinikum im Friedrichshain zuletzt in einem Interview mit ZEIT ONLINE. Nach Bekanntwerden der neuen Fälle hält auch er es nun für richtig, den Impfstoff bei jüngeren Personen vorerst nicht mehr einzusetzen. "Das Risiko, an der Komplikation zu sterben, scheint doch höher zu sein als gedacht", sagt Klamroth. Das dürfe auch daran liegen, dass mögliche Hirnvenenthrombosen nach einer Impfung im Zweifel spät erkannt würden. Komme schließlich noch ein Blutplättchenmangel hinzu, sei die Erkrankung zudem deutlich schwieriger zu behandeln als gewöhnliche Hirnvenenthrombosen.
Dass die Stiko auch jüngeren Männern den Impfstoff vorerst nicht mehr empfiehlt, dafür gebe es eine Reihe von Gründen, sagte der Vorsitzende der Kommission, Thomas Mertens ZEIT ONLINE: "Bisher sind in Deutschland viel mehr junge Frauen als junge Männer geimpft worden, sodass wir nicht genau sagen können, wie hoch das entsprechende Risiko für junge Männer tatsächlich ist." Derzeit werde vermutet, dass die Krankheit eine autoimmune Reaktion sein könnte. Daher gebe es keinen Anlass anzunehmen, dass Männer kein Risiko für diese Nebenwirkung haben, auch wenn das Risiko für Frauen, an einer gewöhnlichen Thrombose zu erkranken, etwas höher sei, sagt Mertens. "Es gibt andere von der Ursache her vergleichbare Thrombosen mit Mangel an Blutplättchen, die auch bei Männern beobachtet wurden." Und zuletzt wolle man nicht, "dass nach einigen Wochen in einer weiteren Empfehlung die Altersbegrenzung auch auf die Männer ausgedehnt werden muss."
gunnarkaiser.substack.com, Gunnar Kaiser, Mar 28 2021
Zitat:Sehe ich das richtig?
Wir leben in einem Land, in dem der Gesundheitsminister sagt, dass man nicht zu viel testen sollte, damit man nicht so viele falsch-positive Ergebnisse hat ... und ein halbes Jahr später hat man die Testzahlen verzigfacht, Schnelltests auf den Markt gebracht und Schüler sollen sich täglich selbst testen?
Wir leben in einem Land, in dem der Gesundheitsminister sagt, dass es ein Fehler war den Einzelhandel zu schließen und dass es nicht wieder passieren wird ... und ein paar Monate später wird der Einzelhandel erneut geschlossen?
Wir leben in einem Land, in dem der Gesundheitsminister sagt, das Virus mache an geschlossenen Grenzen nicht halt ... und ein Jahr später sind fast alle Grenzen geschlossen?
Wir leben in einem Land, in dem der Staatsvirologe sagt, dass man die Pandemie mit Masken nicht aufhält ... und ein halbes Jahr später tragen selbst die Kinder in den Grundschulen Masken?
Wir leben in einem Land, in dem der Staatsvirologe sagt, dass man als Normalbürger nicht mit der ständigen Angst vor Infektionen herumlaufen sollte ... und ein paar Jahre später sollen alle Menschen jederzeit so handeln, als wären sie infiziert?
Wir leben in einem Land, in dem der Präsident der Bundesoberbehörde für Gesundheitsfragen im Januar sagt: „JE MEHR WIR IMPFEN, UMSO MEHR VARIANTEN WERDEN AUFTRETEN …“ und nachdem man dann monatelang massenhaft geimpft hat, treten Varianten auf, mit denen man dann den nächsten Lockdown rechtfertigt?
Wir leben in einem Land, in dem einer der Ministerpräsidenten fordert, Politiker wegen ihrer Vorbildfunktion mit AstraZeneca zu impfen ... und am selben Tag werden die Impfungen mit AstraZeneca vorsorglich ausgesetzt?
Wir leben in einem Land, in dem die Bundeskanzlerin im Oktober sagt, es werden uns vier schwere Monate bevorstehen ... und im März sagt sie das gleiche über die Monate bis Juni?
Wir leben in einem Land, in dem die Bundeskanzlerin im November sagt, dass wir uns jetzt nur noch für ein paar Wochen anstrengen müssen ... und im Frühling ist immer noch Lockdown und es ist von einem Dauerlockdown bis Herbst die Rede?
Ach und noch was ...
Sehe ich das richtig?
Dass wir keine Übersterblichkeit haben, ist aufgrund des Lockdowns, aber dass z. B Bayern so hohe Fallzahlen hat, ist trotz dem Lockdown?
Wenn du bei der Impfung Begleiterscheinungen hast, ist das ein Zeichen dafür, dass sie wirkt.
Wenn du keine Begleiterscheinungen hast, ist das ein Zeichen dafür, wie verträglich sie ist?
Und: Wir hatten in diesem Winter weniger schwere Atemwegserkrankungen, weil die Menschen zu Hause bleiben und außerhalb brav Maske tragen. Im gleichen Zeitraum stiegen die Corona-Fallzahlen und die Inzidenzwerte, weil die Menschen sich nicht an die Maßnahmen halten?
Ach, und … Sehe ich das richtig? Wir haben eine Pandemie mit einem schweren akuten Atemwegssyndrom, aber das Statistische Bundesamt spricht von einem niedrigen Niveau an schweren Atemwegserkrankungen im vergangenen Winter?
Sehe ich das richtig?
Man hat ein Jahr lang Politik mit dem Narrativ „Jeder, der stirbt, ist einer zu viel!“ gemacht ... und nun heißt es bei den Impftoten: „Es sterben halt ein paar, Leben bedeutet nun einmal Risiko ...“?
Sehe ich das richtig? Wir impfen Millionen von Menschen, damit wir alle bald wieder „frei“ sein können, aber die Geimpften müssen trotzdem in Quarantäne, weil nicht bewiesen ist, dass sie nicht infektiös erkranken?
Sehe ich das richtig?
Junge Menschen dürfen bzw. teilweise müssen an fast allen Schulen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz morgens im Klassenraum einen Selbsttest machen; positiv getestete und Testverweigerer werden isoliert bzw. vom Schulgelände entfernt. Die negativ getesteten Schülerinnen und Schüler dürfen allerdings die Maske immer noch nicht ablegen?
Könnte es sein, dass die Maske zur Uniform eines Kults geworden ist, die man auch dann nicht ablegen will oder darf, wenn sie ihre ursprüngliche Schutzfunktion gar nicht mehr erfüllen kann?
Also um das mal zusammenzufassen:
Die Argumente gegen die Maßnahmen sind relativ leicht zu verstehen und die unterstützenden Fakten und Belege relativ leicht zu recherchieren. Die hinter ihnen stehenden Werte und Überzeugungen wie Freiheit, Selbstbestimmung, Menschenwürde und Einhaltung der Grundrechte sind durchdacht, erprobt, angesehen und ehrwürdig.
Die Verteidiger des Regierungskurses und der Alternativlosigkeit der Maßnahmen hingegen winden sich seit Wochen und Monaten in immer abstrusere rhetorische Tiefen hinab - dauernd müssen immer neue und sich selbst widersprechende Zusatzannahmen gemacht, immer neue Bedrohungen hinzuerfunden, immer neue Ziele gesetzt und die unbedeutendsten Details der Kritiker bis zum Gehtnichtmehr gestrohmannt werden, um das Narrativ aufrechtzuerhalten.
Und ihr denkt, Geistesgrößen wie Rezo, Wolfgang Niedecken, Ralph Ruthe, Thomas D. oder Richard David Precht hätten diese immer unschärfer und verworrener werdenden Argumentationslinien verstanden und seien aus eigener Erkenntnis zu Propagandisten des Pandemieregimes geworden?
Nichts - ich wiederhole: NICHTS - von den Horrorprognosen und Untergangsprophetien des letzten Jahres ist eingetroffen.
Nicht hier, nicht in Schweden. Nirgendwo.
Und trotzdem setzen sie ihre tausendfach widerlegte, ad absurdum geführte und an der Realität gescheiterte zerstörerische Politik mit dem Gerede von einer dritten Welle, mutierenden Mutanten und immer neuen Angstszenarien weiter fort.
Und wir machen das immer noch mit und nicken das immer noch ab und hoffen immer noch, es wäre bald vorbei.
Uns ist wahrlich nicht mehr zu helfen.
Nicht alle nicken es ab, aber immer noch zu viele, obwohl sie doch behaupten, für Wissenschaftlichkeit und Solidarität zu stehen. Aber man kann es nicht laut genug sagen: Es ist ein Kult. Das alles hat längst jeglichen Kontakt mit dem Boden der Realität verloren und eine Pseudo-Realität um sich herum errichtet, die es abschottet gegen jegliche Kritik, Fakten und Fragen von seiten des gesunden Menschenverstandes.
Es ist ein Kult, und in seiner Welt sind Menschen, denen Freiheit und Grundrechte wichtig sind, „Coronaleugner“, während sie selber in Wirklichkeit Grundrechteleugner sind.
Es ist ein Kult, und ein wichtiger Bestandteil der Kultideologie ist die große Umkehrung alles dessen, was früher einmal selbstverständlich war:
Gesunde sind Kranke. Kranke sind symptomlos. Grundrechte sind Privilegien. Angst, Hysterie und Hypochondrie ist gesund. Diskriminierung ist Gerechtigkeit. Hinterfragen ist Verrat. Staatshörigkeit ist links, Gehorsam ist progressiv. Impfen ist Freiheit.
Und seltsamerweise scheinen für die Kultopfer die negativen Impffolgen das zu sein, was für den gesunden Menschenverstand die Infektionskrankheit ist. Plötzlich gelten wieder folgende Prinzipien:
1. Es ist wichtig, bei der Todesursache genau hinzusehen und Vorerkrankungen zu berücksichtigen.
2. Wer alt ist und stirbt, hat vielleicht eh seine Lebenserwartung überschritten. Niemand lebt ewig.
3. Leben ist nun mal Risiko, man muss gewisse adverse Effekte in Kauf nehmen.
4. Eigenverantwortung ist wichtig; ich will nicht, dass der Staat mir vorschreibt, ob ich AstraZeneca nehme oder nicht.
5. Wir dürfen uns nicht von emotionalen Bildern und tragischen Einzelfallgeschichten in den Medien Angst machen lassen und in Panik verfallen.
6. Wir können nicht die Grundrechte und Freiheiten von Millionen einschränken, nur weil einige erkranken und die bloße Möglichkeit eines Kollapses des Gesundheitssystems besteht.
So erobern sie sich auf perverse Weise das zurück, was sie einst als gesunden Menschenverstand kannten. Aber da in ihrer Welt gesund das neue krank ist ...
Es ist ein kranker Menschenverstand, und da Krankheit für sie symptomlos ist, können sie es nicht erkennen.
Aber ein paar Fragen an die Coronazis und Lockdownfetischisten hätte ich da noch:
Fühlt ihr euch eigentlich schlecht, wenn ihr daran denkt, dass sie bei den vergangenen Überlastungen des Gesundheitssystems nicht lauthals nach grundrechtseinschränkenden Maßnahmen geschrien haben?
Und auf wessen Kosten machen wir eigentlich die Lockdowns, wenn die Menschen nichts mehr haben, was sie opfern können?
Überhaupt sollte man, bevor man mit Maßnahmengläubigen und Grundrechteleugnern sich auf eine Diskussion einlässt, folgende drei Fragen stellen:
1. Hat dich die Pflegesituation vieler älterer Menschen bereits in den letzten Jahren empört und dazu gebracht, tätig zur Verbesserung beizutragen oder sie lautstark von der Politik zu fordern?
2. Hast du bereits vor, während oder nach den letzten Grippeepidemien drastische Einschnitte in das gesellschaftliche Leben gefordert, um erneute Überlastungen des Gesundheitssystems und 25.000 Tote zu vermeiden?
3. Hast du dein Kind einem Pharmaunternehmen oder „der Wissenschaft“ zur Verfügung gestellt, damit an ihm die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Impfstoffen für Kinder getestet werden können?
Wenn eine oder mehrere Fragen davon mit nein beantwortet werden, wäre die Anschlussfrage: Sagt dir der Begriff “Heuchelei“ etwas?
Und uns selber können wir fragen:
Welchen Spruch werden wir wohl in fünf Jahren von denjenigen, die mit ihrem Mitläufertum derzeit die Zukunft und die Gesundheit unserer Kinder zerstören und zur Traumatisierung einer ganzen Generation beitragen, am häufigsten hören?
1. Wir wussten es doch nicht besser!
2. Das hat uns so niemand gesagt!
3. Alle haben es so gemacht, das konnte doch nicht falsch sein.
4. Was soll man als Einzelner schon groß tun?
5. Was hätte man denn anderes tun sollen?
6. Wir haben es doch nur gut gemeint!
7. Wir wurden halt von Politik und Medien manipuliert!
8. Aber die Wissenschaft war sich doch einig!
9. Ich war gar nicht richtig mit dabei, ich hab immer nur so getan?
10. Ich hab doch nur Befehle befolgt!
Oder wird es doch ein herzliches “Heil Corona!” sein?
Aber stellt euch nur mal vor, wie es sein muss, Anhänger eines Kults zu sein, dessen Propagandisten die geistige Klarheit, die Ausstrahlung und die rhetorische Potenz eines Karl Lauterbach haben. Ein Mensch, der einfach nur einmal fest in den Arm genommen werden muss. Ganz fest.
Manchmal tun sie mir fast leid, die Kultopfer. Nicht mal einen anständigen Kult wie früher, mit charismatischen Führerpersönlichkeiten, einnehmender Ästhetik und leidenschaftlicher Rhetorik, mit Flaggen, Symbolen und Liedern gönnt man ihnen.
Ihr Kult ist nach außen hin so banal und bieder wie er im Innern inkonsistent, ängstlich und lebensfeindlich ist.
Doch heute ist mir auch eines klar geworden: An einem gesellschaftlichen Leben, das von denjenigen gestaltet wird, die die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben vom Impfstatus eines Menschen abhängig machen wollen, möchte ich gar nicht teilnehmen.
Irans Wende nach Osten China sichert sich mit Ölkäufen und einem Kooperationsabkommen langfristig Einfluss in Iran. Berlin und Brüssel scheitern an US-Sanktionen.
German-Foreign-Policy.com, 30. März 2021 BERLIN/TEHERAN/BEIJING (Eigener Bericht) - Berlin und die EU stehen vor dem dauerhaften Verlust politischen Einflusses und nennenswerter Geschäfte in Iran. Das zeichnet sich als Ergebnis neuer Vereinbarungen zwischen Iran und China auf der einen sowie der anhaltenden US-Blockade gegenüber Teheran auf der anderen Seite ab. Der Volksrepublik ist es nicht nur gelungen, ihre Öleinfuhren aus Iran trotz der US-Sanktionen zumindest in gewissem Umfang weiterzuführen und sie seit Jahresbeginn sogar deutlich zu steigern; sie hat zudem am Wochenende ein umfassendes Kooperationsabkommen mit Teheran geschlossen, das immense Investitionen vorsieht und Chinas Wirtschaftseinfluss in Iran langfristig dominant werden lassen kann. Die Bundesrepublik ist mit ihrem Versuch, die US-Sanktionen zugunsten des deutschen Iran-Geschäfts auszuhebeln, hingegen gescheitert und hat keinerlei Aussichten, ihre traditionell hochprofitablen Wirtschaftsaktivitäten in dem Land wieder in Gang zu bringen. Experten beklagen, dass die Biden-Administration sogar humanitär erforderliche Importe von Lebensmitteln und Covid-19-Impfstoffen blockiert.
Durchbruch beim Ölexport
Fortschritte im Einflusskampf im Mittleren Osten hat China bereits seit Jahresbeginn erzielen können - im Streit um Öllieferungen aus Iran. Während Washington diese immer noch möglichst vollständig zu unterbinden sucht, um Teheran zu Zugeständnissen im Konflikt um eine Rückkehr zum Atomabkommen zu zwingen, ist es Beijing nicht nur gelungen, seit Anfang 2020 insgesamt 17,8 Millionen Tonnen Öl aus Iran zu importieren, im Durchschnitt rund 306.000 Barrel pro Tag. Die Lieferungen konnten zudem seit Januar 2021 beträchtlich gesteigert werden; im März werde nun möglicherweise ein Durchschnitt von gut 918.000 Barrel pro Tag erreicht, sagen Experten voraus. Die US-Sanktionen können das offensichtlich nicht mehr verhindern. Man habe "gewisse Probleme mit den Geldüberweisungen" gehabt, erläutert Irans Vizepräsient Eshaq Jahangiri: Das habe dazu geführt, dass man "gewisse Pläne" habe entwickeln müssen, "Methoden, um die Einkünfte aus dem Ölexport ins Land zu bringen". Dabei habe man "kürzlich einen Durchbruch" erzielt.[1] Details sind nicht bekannt. Branchenkreise berichten allerdings, dass mittlerweile auch indische Unternehmen Interesse an einer Wiederaufnahme von Ölkäufen in Iran bekundet haben. Offiziell heißt es in Indien freilich, man gehe von einem baldigen Ende der US-Sanktionen aus.
"Die westliche Karte"
Hinzu kommt nun noch das am Samstag unterzeichnete Abkommen, das für den Zeitraum von 25 Jahren eine umfassende Kooperation zwischen Iran und China vorsieht - wie es heißt, "politisch, strategisch und wirtschaftlich". Chinas Präsident Xi Jinping hatte schon 2016 bei einem Besuch in Teheran eine Vereinbarung über eine langfristige Zusammenarbeit beider Länder vorgeschlagen; Irans Staatsspitze hatte damals allerdings recht verhalten reagiert: Der wirtschaftliche Einfluss der Volksrepublik war ohnehin schon stark - und im Vorjahr hatte die Einigung auf den Nukleardeal eine engere Handels- und Investitionskooperation mit den westlichen Staaten möglich erscheinen lassen; unmittelbar vor seinen Gesprächen mit Xi hatte Irans Präsident Hassan Rohani auf einer Europareise Geschäfte unter anderem mit Total und Airbus angebahnt.[2] Auch Unternehmen aus Deutschland gaben sich damals in Teheran die Klinke in die Hand.[3] Eine Wende brachte erst die Trump'sche Sanktionspolitik, der auch das Iran-Geschäft europäischer Konzerne zum Opfer fiel. "Zu lange" habe man "alles auf die westliche Karte gesetzt", erklärt ein iranischer Ökonom; nun ziehe man die Konsequenzen daraus und orientiere sich "nach Osten".[4] Ergebnis ist das aktuelle Kooperationsabkommen.
25 Jahre, 400 Milliarden
Die darin vorgesehene Zusammenarbeit bezieht sich zunächst vor allem auf die Ökonomie. Details sind kaum bekannt. Entwürfe, die vergangenes Jahr durchgestochen wurden [5] und mit dem nun unterzeichneten Abkommen weitgehend identisch sein sollen, sahen für die kommenden 25 Jahre chinesische Investitionen in Iran in Höhe von insgesamt 400 Milliarden US-Dollar vor. Geplant ist demnach der Ausbau von Verkehrsinfrastruktur wie Eisenbahnen und Häfen; dies passt dazu, dass Iran als ein Teil von Chinas Neuer Seidenstraße (Belt and Road Initiative, BRI) fungiert. Geplant haben beide Seiten zudem eine enge Kooperation beim Ausbau von Telekommunikation und Informationstechnologie. Im Gegenzug erhält die Volksrepublik langfristig Öllieferungen - dies zu vergünstigten Konditionen. Unklar ist, ob das neue Abkommen auch eine intensivere militärische Zusammenarbeit umfasst, etwa gemeinsame Manöver. Allerdings wäre das nicht neu; bereits Ende 2019 hielten die Seestreitkräfte Irans, Chinas und Russlands gemeinsame Übungen im Golf von Oman sowie im nördlichen Indischen Ozean ab. Konkret wurden dabei Operationen gegen Piraten sowie Rettungsmaßnahmen geprobt.[6] An einem Mitte Februar abgehaltenen iranisch-russischen Manöver hat sich China allerdings - entgegen ursprünglich anderslautenden Berichten - nicht beteiligt.
Der Westen unter Druck
Für die westlichen Mächte sind Chinas Vorstöße mit erheblichen Rückschlägen verbunden. Dies trifft bereits auf die schnelle Ausweitung der iranischen Öllieferungen in die Volksrepublik zu: Sie schwächt den US-Sanktionsdruck und damit die Chancen der Biden-Administration, Teheran zu politischen Zugeständnissen zwingen zu können. Kürzlich stellte ein Regierungsmitarbeiter in Washington fest, Beijings Ölkäufe hätten für Iran "die Notwendigkeit, über die Ölsanktionen zu verhandeln, verringert".[7] Ähnliches gilt auch für das neue Kooperationsabkommen: Sofern es Beijing gelingt, Handel und Investitionen trotz weiterbestehender US-Sanktionen im gewünschten Umfang auszuweiten, erhielte es in Teheran mutmaßlich eine ökonomisch dominante Stellung; für Unternehmen aus der EU, nicht zuletzt aus Deutschland, die unmittelbar nach Abschluss des Atomabkommens noch auf Milliardengeschäfte gehofft hatten, bliebe nur eine marginale Position. Berlin ist es trotz jahrelanger Bestrebungen nicht gelungen, geeignete Instrumente zu entwickeln, um die extraterritorialen US-Sanktionen auszuhebeln.[8] Genau dies haben kürzlich Russland und China nun jedoch zum gemeinsamen Ziel erklärt (german-foreign-policy.com berichtete [9]). In Iran steht Beijing womöglich die erste Nagelprobe bevor.
"Ein gefährlicher Präzedenzfall"
Experten in der EU fordern mit Blick auf den sich abzeichnenden langfristigen Einflussverlust in Iran, Washington solle sich endlich bewegen und zum Atomabkommen mit Teheran zurückkehren; nur so könne man hoffen, eine gewisse "iranische Unabhängigkeit" gegenüber Beijing zu sichern, urteilt etwa der langjährige französische Diplomat Michel Duclos.[10] Duclos wie auch eine aktuelle Analyse aus dem European Council on Foreign Relations (ECFR) weisen darauf hin, dass die Biden-Administration bislang nicht einmal bereit ist, Teheran Zugang zu wenigstens einem geringen Teil seiner Auslandsguthaben zu gewähren; dies wäre nötig, um humanitär erforderliche Einfuhren von Lebensmitteln und medizinischen Produkten inklusive Covid-19-Impfstoffen zu bezahlen. Iran hat bisher rund zwei Millionen Impfdosen aus China, Russland und Indien erhalten; allerdings kamen die indischen Lieferungen zuletzt wegen der US-Sanktionen zum Erliegen.[11] US-Außenminister Antony Blinken habe kürzlich bestätigt, Washington werde selbst humanitäre Lieferungen lediglich dann per Freigabe iranischer Auslandsguthaben ermöglichen, wenn Teheran die Bestimmungen des Atomabkommens in vollem Umfang erfülle, hält die ECFR-Analyse fest: Dass die Biden-Administration sogar die humanitäre Versorgung der Bevölkerung von politischen Bedingungen abhängig mache - praktisch nimmt sie damit die Bevölkerung zur Geisel -, sei "ein gefährlicher Präzedenzfall".[12] Dem müsse die EU entschlossen entgegentreten. Dazu sind allerdings bislang weder Berlin noch Brüssel bereit.
[1] Benoit Faucon, Ian Talley: China Buys More Iranian and Venezuelan Oil, in a Test for Biden. wsj.com 19.03.2021.
[2] Jane Perlez: President Xi Jinping of China Is All Business in Middle East Visit. nytimes.com 30.01.2016.
us20.campaign-archive.com, NEOPresse, 29. März 2021
Zitat: Die EU-Kommission kündigte schon vor Monaten an, einen Impfpass für EU-Bürger einzuführen, um „risikofreies“ Reisen innerhalb der EU zu ermöglichen. Was lange Zeit als Verschwörungstheorie galt, wird nun sehr schnell Realität, denn das EU-Parlament hat nun ein Eilverfahren für eine rasche Einführung des sogenannten „grünen Impfpasses“ eingeführt. Der EU-Impfpass soll bereits ab 1. Juni verfügbar sein.
Schnelle Reisen als Versprechen Vergangene Woche stimmten die EU-Abgeordneten dafür, den Impfpass als „Eilverfahren“ zu behandeln. Die EU-Kommission selbst hatte zuvor auf ein „Dringlichkeitsverfahren“ gedrängt, damit der digitale Impfpass möglichst schnell eingerichtet werden könne. Offenbar wollen sich die EU-Behörden trotz massiver Kritik nach dem israelischen „Vorbild“ richten. Israel, welches besonders drastische Restriktionen und Anti-Corona-Maßnahmen erlassen hat und massive Impf-Werbung betrieben hat, hat mit der Einführung des „digitalen grünen Impfpass“ nach Meinung von Kritikern bereits eine Zweiklassengesellschaft geschaffen.
Da die EU dieses „grüne digitale Impfzertifikat“ nun schnellstmöglich einführen will, scheinen die Bedenken einer Zweiklassengesellschaft in der EU verflogen zu sein. Offiziell hieß es, man wolle eine „gemeinsame technische Lösung der 27 EU-Staaten schaffen und die aktuellen Reisebeschränkungen überwinden“. In dem Impfpass sollen Corona-Tests, überstandene Corona-Infektionen und Impfungen EU-weit festgehalten werden. Ein QR-Code soll die Echtheit des Zertifikats garantieren.
Ob der Impfpass „nur“ für Reisen innerhalb der EU eingesetzt werden wird, ist zu bezweifeln. Er dürfte schon recht bald als Einlass-Werkzeug für Einrichtungen des täglichen Lebens herangezogen werden, ohne welches ein normales Leben kaum mehr möglich sein wird. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang allerdings auch eine Studie, die im Lancet-Magazin publiziert wurde. Demnach würden in Großbritannien etwa die Impfungen noch nicht als Instrument reichen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Die Maßnahmen müssten aufrecht erhalten werden, um die Verbreitung zu reduzieren. Dies wiederum lässt gleichfalls am Instrument Impfpass zweifeln.
Neu: Mehr Informationen zu Von der Leyen auf Facebook und der neuen Telegramm-Gruppe. Hier klicken
Aufruf an alle Menschen, die sich noch an Freiheit und Menschenrechte als linke Ideale erinnern
★
Zitat: Wir sind Linke unterschiedlicher Strömungen, die sich aufgrund der Zuspitzung der globalen Entwicklungen auf verschiedenen Ebenen zusammengefunden haben, um gemeinsam für eine demokratische Zukunft in Freiheit und Frieden und den Erhalt von Grund- und Menschenrechten für alle Menschen zu kämpfen.
Wir haben uns in der Gruppe Freie Linke zusammengeschlossen. Uns eint die Ablehnung der demokratiefeindlichen Maßnahmen, die in Deutschland wie auch weltweit zum vorgeblichen Schutz vor dem Corona-Virus ergriffen wurden.
Wir finden: Kapitalistische Strukturen, unverhältnismäßig autoritäres Regierungshandeln und eine Linke, die sich ausschließlich auf Identitäts- und Symbolpolitik beschränkt, können keine adäquaten Antworten auf die in der Coronapandemie sichtbar gewordenen globalen Missstände in Zeiten von massivem Umbruch liefern.
Globale Zunahme an Hungerkrisen (einschließlich in Europa)
Massive Rückschläge bei der Armutsbekämpfung, Zerstörung von gesellschaftlichem Fortschritt und globalem Wohlstand, sowie Massenarbeitslosigkeit
Zerstörung von Errungenschaften in Lichtgeschwindigkeit, vor allem im globalen Süden bezüglich Menschenrechten, Gleichstellung, Geschlechtergerechtigkeit
Massive Beschleunigung der Digitalisierung, ohne demokratische Teilhabe und Abwägung der Auswirkungen auf Gesellschaft, Demokratie und den Menschen (Bsp. Zweiklassengesellschaft)
Zwangsdigitalisierung und damit einhergehende Kontrolle und Überwachung
Telemedizinische Versorgung aus der Retorte, Krankenhausschließungen auch während der Pandemie, KI-basierte Patientenversorgung ohne die Bedürfnisse der Menschen zu beachten
Zunahme an autoritärem Regierungshandeln und Führungsstil; daraus folgt eine drohende globale Transformation von Demokratien in autoritäre Postdemokratien
Weiterer Abbau von Grund- und Menschenrechten
Wegbrechen von sozialen Grundlagen, Zerstörung von Infrastruktur, Gemeinschaftsbesitz, Autarkie. Privatisierung von wichtiger Infrastrutkur in immer weniger Superkonzerne
Massive Medienkonzentration, Einflussnahme von Digitalkonzernen auf den Journalismus
Vermögenskonzentration; weitere massive Umverteilung von unten nach oben
Abhängigkeit von Großkonzernen bei der Versorgung
Massive Spaltung der Gesellschaft und Verengung des Meinungskorridors
Drohende Verstädterung und erzwungene Landflucht und damit Prekarisierung der Wohn- und Lebensverhältnisse
Risiken durch Krieg und gewaltsame Aufstände
Wegbrechen von erkämpften ethischen Standards in den Wissenschaften. Beispiel: Der lebenslange Kampf Ruth Hubbard (erste ordentliche Naturwissenschafts-Professorin an der Harvard University) für ethische Grundsätze in der Humangenetik und den Wissenschaften wird mit Füßen getreten. Stattdessen droht ein neues Aufkommen von unethischen Praktiken wie den New Eugenics
Zunahme von häuslicher Gewalt, Vergewaltigungen, Misshandlungen, psychischen und seelischen Erkrankungen durch Lockdown und Maßnahmenbelastung. Zu den Leidtragenden zählen auch sehr junge und sehr alte Menschen und Minderheiten, die ihre Leiden oft gar nicht mitteilen können
Wachsende ökologische Bedrohungen
Steigende Diskriminierung und Benachteiligungen für Menschen mit attestierter, notwendiger Maskenbefreiung
Zerstörung von Kunst, Kultur und Abwälzung der Maßnahmenbelastung vor allem auf den Privatbereich
Die Liste ließe sich lange fortsetzen. Deshalb braucht es eine starke Linke, um den aktuellen Entwicklungen und wachsenden Problemen als Folge des Pandemiegeschehens und der Maßnahmen entgegen zu treten.
Wer ist die Freie Linke?
Die Freie Linke will sich für die Errichtung einer freien und gerechten Gesellschaft und die Abschaffung der Ausbeutung der Menschen durch das unterdrückerische System einsetzen und hält am klassischen linken Ideal fest. Da sich viele linke Parteien, Organisationen und Gruppierungen fast vollständig davon entfernt haben und damit dem ausbeuterischen System in die Hände spielen, richtet sich unsere Kritik auch an sie. Der Zenit ist längst überschritten, eine Umkehr, die von unten kommen muss, ist zwingend notwendig!
Des Weiteren lehnen wir die Verzerrung und Umdeutung von Begriffen und Definitionen vollständig ab, die jegliche Kritik am herrschenden System, Regierungen, Konzernen und Machteliten als wahlweise „genuin antisemitisch“ (vgl. Aussagen von Anetta Kahane) oder „strukturell antisemitisch“, „rechtsoffen“, „krude Behauptungen“ und „verschwörungs-schwurblerisch“ etc. zu framen versuchen. Hier sehen wir insbesondere weite Teile der Medien als gesellschaftliche und politische Brandbeschleuniger, die jegliche demokratische Prozesse vergiften, unterbinden und die Spaltungen und Zerwürfnisse politisch und innerhalb der Gesellschaft weiter vorantreiben. Zudem werden damit Begriffe wie Antisemitismus oder rechts jeglicher Bedeutung beraubt, was das Verständnis des gesellschaftlichen Problems des tatsächlichen Antisemitismus verzerrt und verharmlost und damit dem Kampf gegen rechte und antisemitische Strukturen und Denkmuster mehr schadet als nutzt.
Die demokratische Widerstandsbewegung gegen die Corona-Maßnahmen ist eine der größten Bewegungen „von unten“ seit der Nachkriegsgeschichte Deutschlands. Sie geht mit den traditionellen Werten und Zielen von emanzipatorischen und linken Bewegungen vor 2020, wie Basisdemokratie und Selbstbestimmung, völlig konform, einzelne Instrumentalisierungsversuche und Trittbrettfahrer ausgeschlossen. Diese Chance einfach verstreichen zu lassen und jegliche positiven Errungenschaften vergangener Widerstands- und Freiheitsbewegungen kritiklos durch eine reaktionäre und autoritäre Regierungs-entwicklung zunichtemachen zu lassen, lassen wir nicht zu!
Da ein Großteil der politischen Linken diese Bewegung pauschal bekämpft, statt sich mit ihren Inhalten konstruktiv einzubringen, verpasst sie eine einzigartige historische Gelegenheit, sich Gehör zu verschaffen, essentielle Forderungen für das Gemeinwohl zu stellen, Visionen für ein künftiges Zusammenleben zu entwickeln und autoritären Entwicklungen Einhalt zu gebieten. Zu weiten Teilen erleben wir Reaktion statt Aktion. Weitestgehend bleibt es bei einer Reaktion „gegen rechts“ auf jegliche Proteste von unten.
Das ist ein Verrat an allen emanzipatorischen und linken Idealen und Vorhaben und treibt letztlich die neue Bewegung nach rechts (und das soll wohl gemäß den Absichten der imperialen Propaganda auch so sein).Wir lehnen es ausdrücklich ab, dass linke Ideen in einen sogenannten Stakeholder-Kapitalismus eingehegt werden und damit zur Erfüllung kapitalistischer Zwecke, nicht humaner Ideale, entwertet und verfremdet werden. Diesen Unterschied heraus zu stellen, ist uns ein dringendes Anliegen.
Die Freie Linke will eine breite, vereinte und strömungsübergreifende Bewegung ins Leben rufen, sich dezentral und von unten organisieren, um eine mit echter Solidarität erfüllte Erneuerung der emanzipatorischen Bewegung zum Keimen zu bringen.
Die massiven Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft können nur auf humane Weise und nur gemeinsam mit allen Menschen gemeistert werden. Deshalb brauchen wir eine freie Linke, gewappnet mit traditionellem Leitbild und zukünftigen Visionen, um diese Ziele zu erreichen.
Unsere Vision:
Sofortige globale Wiederherstellung sämtlicher Grund- und Menschenrechte, Wahrung dieser auch und gerade im Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen in der Digitalisierung, Automatisierung und die fortschreitenden Errungenschaften in der Biotechnologie
Vollumfängliche Transparenz von Regierungen, führender Institutionen und Organisationen und ihre Überführung in demokratisch-gesellschaftliche Kontrolle, auch von privatwirtschaftlichen Medienstrukturen, einschließlich Internetkonzerne und sozialer Netzwerke
Wissenschaftlich-interdisziplinär fundierte Überprüfung des Corona-Geschehens, umfassende Nutzen-Schaden-Analyse, Ermittlung der Profiteure, der Einflussnahmen (Lobbyismus etc.) und weiterer Hintergründe im Namen und/oder Schatten von Corona
Eine volle und faire Entschädigung und darüber hinausgehende Unterstützung aller von den Coronamaßnahmen Betroffenen. Bisherige Profiteure der Krise müssen für die finanziellen und gesellschaftlichen Folgen verpflichtet werden und dafür aufkommen
Beförderung einer gesamtgesellschaftlichen Diskussion, wie zukünftig antidemokratische Top-Down-Maßnahmen verhindert werden können
Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung, Recht auf analoges Leben, Intimität der eigenen Gedanken und Handlungen. Keine konzernkontrollierte Mogelpackung via Blockchain-Identitäten
Gemeinwohlorientierter Ausbau des Gesundheitssystems statt reiner Systemerhaltung, tatsächlicher Schutz der Risikogruppen, Schutz und Heilung für alle, die sie brauchen und wollen. Keine Zwangsisolation, kein Zwangsschutz, keine wirtschafts- und profitorientierten Vorgehensweisen
Vergesellschaftung zum Schutz vor Privatisierung und Profitorientierung wichtiger Infrastruktur
Freiwillige Impfungen: umfassende Aufklärung und Sicherheitsüberprüfung neuer Technologien auf Gentherapiebasis (mRNA, Vektor), absolute Freiwilligkeit ohne sozialen oder existenziellen Druck und Benachteiligungen. Für eventuelle Impfschäden muss seitens der Hersteller gehaftet werden. Kein Patentrecht bei Finanzierung durch Steuergelder
Förderung eigenverantwortlicher, selbstbestimmter und mündiger Bürger statt „Tittytainment“
Wahrung autarker Strukturen für eine freie Gesellschaft (Beispiel Bargelderhalt)
Gleichbehandlung und volle Rechte für Menschen, die aufgrund dringender Gründe (medizinisch, aufgrund von Behinderungen, …) keine Masken tragen können; hier besteht dringender Handlungsbedarf!
Nutzung von Digitalisierung und neuer Technologien zur Stärkung freierer, selbstbestimmter Lebensweisen und zur Förderung einer lebendigen echten Demokratie
Wir laden Euch dazu ein, gemeinsam für einewahrhaft freie und gerechte Gesellschaft zu kämpfen.
Wir sind derzeit im Aufbau von Regionalgruppen,die sich auf Euch freuen! Schließt Euch an!
Als Linke betrachten wir folgende Werte und Grundsätze als nicht verhandelbar:
Alle Menschen sind gleichwertig und haben die gleichen unveräußerlichen Grundrechte!
Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung etc. lehnen wir ab!
Uns eint das Ziel der Errichtung einer freien, demokratischen und gerechten Gesellschaft und der Abschaffung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen!
Zitat: Vorbemerkung der Redaktion: Der nachfolgende Brief an Boris Reitschuster muss selbstverständlich nicht unbedingt für die Freie Linke in ihrer heterogenen Gesamtheit stehen.
Sehr geehrter Herr Reitschuster,
ich bin Mitglied der Freien Linken und war gestern auf der Demo in Berlin. Nachdem ich Zuhause ankam, habe ich mir, wie viele andere auch, nochmal Ihre Aufnahmen angesehen, um einen Überblick über die gesamte Veranstaltung zu bekommen. Dabei ist mir aufgefallen, wie irritiert Sie waren, dass es neben der „Antifa“, welche die Gegendemo stellte, weitere politisch links orientierte Menschen gibt, die sich diesem absurden Treiben entgegenstellen und Position beziehen. Viele von Ihnen sind ebenfalls Antifaschisten und Antiglobalisten und beobachten mit Sorge die Entwicklungen weltweit und in unserem Land. Dies ist der Grund, weshalb ich Ihnen als Privatmensch schreibe.
Was die Demonstrationen gegen die in unseren Augen unverhältnismäßigen Corona-Maßnahmen auszeichnet, ist die breite gesellschaftliche Basis, auf der sie stehen. Menschen aller politischer Richtungen gehen gemeinsam gegen die Politik der Regierung, für das Grundgesetz und die in ihm verbrieften Grundrechte auf die Straße. Dabei versuchen einzelne Kräfte ganz sicher Kapital aus der ohnehin undurchsichtigen Lage zu schlagen.
So ist beispielsweise nicht bestreitbar, dass der Volkslehrer Nikolai Nerling, der mittlerweile offen für die NPD wirbt, oder Attila Hildmann, der, aus welchen dubiosen Gründen auch immer, zum Star der Reichsbürgerbewegung mutierte, auf diversen Demos aktiv sind und waren. Sie haben eine breite Anhängerschaft, die sie immer wieder mobilisieren. Des Weiteren engagieren sich viele Mitglieder der AFD, von der noch immer nicht ganz klar ist, welche Rolle sie im ganzen Spektakel spielt. So muss konstatiert werden, dass zwar einzelne Orts- und Landesverbände, die zum Teil offen rechtsradikales Gedankengut kultivieren, die Corona-Maßnahmen ablehnen, die nationalliberalen, nationalkonservativen und rechtsliberalen Kräfte auf Bundesebene halten sich jedoch wesentlich bedeckter. Dort wird primär das Missmanagement der Regierung beanstandet, weniger die Maßnahmen sowie der Einsatz experimenteller „Impfstoffe“, mit denen meiner Ansicht nach massiv gegen den Nürnberger Kodex verstoßen wird.
Auf der anderen Seite besuchen nicht nur viele Vertreter des linken Spektrums die Demonstrationen. Es waren Linke wie Anselm Lenz, Hendryk Sodenkamp etc., die den Widerstand initiierten. Ihr Anliegen ist nicht nur die Kritik an den Maßnahmen, sondern auch die Kritik am vorherrschenden neoliberalen Finanz- und Monopolkapitalismus amerikanischer Prägung, der uns überhaupt erst in diese Krise, die sich letztlich als Demokratiekrise entpuppt, hineinmanövrierte. Viele von uns glauben, dass die im Zuge der vorgeblichen tödlichen Pandemie erlassenen autoritären Maßnahmen direkt in ein faschistisches System einmünden, dass uns die „Eliten“ aus Politik und Wirtschaft, deren Gier und Versagen Schuld an den herrschenden globalen Missständen sind, mit markigen Werbeslogans wie „Build Back Better“, „Great Reset“, „Green New Deal“, „Agenda 2030“, „Global-Health-Security“ oder „Stakeholder-Kapitalismus“ schmackhaft machen wollen. Inhaltlich handelt es sich dabei schlicht und ergreifend um nichts anderes als die programmatische Fortsetzung von Public-Private-Partnership und Global Governance mit dem Ziel, die Macht der Konzerne weiter auszubauen und die Herrschaft der Wenigen über die Vielen endgültig zu festigen.
Die Corona-Pandemie ist das trojanische Pferd. Sie wird dazu benutzt, die groß- und kleinbürgerliche Herrschaft in Diktaturen mit Massenideologie und Massenanhang unter kapitalistischen Prämissen zu transformieren. Der Begriff des Faschismus ermöglicht dabei eben jene Benennung dieses Transformationsprozesses. Vergleiche zu den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts lassen sich leicht aufzeigen. Einzig die Methoden der gesellschaftlichen Implementierung unterscheiden sich. Brauchte man früher Schlägertrupps auf der Straße, um die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen, reicht heute der gleichgeschaltete mediale Terror, um die Menschen einzulullen und gefügig zu machen
Ich weiß, dass der Faschismusbegriff unscharf ist. Es gibt eine Vielzahl an Versuchen, ihn zu erfassen und zu füllen. Benito Mussolini wird das Zitat zugeschrieben: „Der Faschismus sollte Korporatismus heißen, weil er die perfekte Verschmelzung der Macht von Regierung und Konzernen ist.“ Hierin zeigt sich sein eigentliches Wesen. Wie schon in den Jahren nach dem 1. Weltkrieg ist der Faschismus das effektive Krisenlösungsmodell der herrschenden Oligarchie, um sicherzustellen, dass die ihnen dienlichen kapitalistischen Strukturen den eingeleiteten Zusammenbruch des bestehenden Wirtschaftssystems nach dem Crash der Repo-Märkte in September 2019 überdauern und keinerlei Abkehr von den respektive Änderung der kapitalistischen Verhältnisse erfolgt. Der Faschismus ist somit nicht links. Er ist vielmehr eine spezifische Bewegungs- und Herrschaftsform unter kapitalistischen Verhältnissen, getragen von der Mitte der bürgerlichen Gesellschaft, und damit dezidiert rechts. Um das zu erkennen genügt ein Blick in das politische Spektrum. Jeder, der den politischen Kompass kennt, weiß dass die ökonomische Achse in links (kollektivistisch/kommunistisch) und rechts (marktliberal/kapitalistisch) unterteilt wird. Hierin liegt der wesentliche Grund für die Unterscheidung in links und rechts.
Kurzum: es darf in der Krise keine Diskussion über die herrschenden Zustände, über die Verteilung von Vermögen und keine Abkehr von üblichen kapitalistischen Praktiken geben. Eine Revolution von unten muss mit allen Mitteln ausgeschlossen werden. Darin liegt das konterrevolutionäre Moment des Faschismus. Oder um es anders zu formulieren: Niemand in Davos hat ein ernsthaftes Interesse daran, nach einem Zusammenbruch der Wirtschaft in einer 2-Zimmer-Wohnung zu leben und arbeiten zu gehen. Dafür ist man bereit, sämtliche Bevölkerungen der Welt mit Krieg und Terror zu überziehen und diktatorisch zu unterdrücken.
Das größte Problem in unserem Kampf gegen den aufziehenden Totalitarismus ist nun, dass es die politische Kaste als verlängerter Arm der Konzerne geschafft hat, sämtliche Gruppierungen, die Ihnen gefährlich werden könnten, zu infiltrieren und zu zersetzen. Wir wissen beispielsweise seit dem NSU und dem versuchten Verbot der NPD, dass große Teile der rechten, rechtsradikalen und rechtsextremen Bewegungen vom deutschen Inlandsgeheimdienst mit dem orwellschen Namen Verfassungsschutz unterwandert sind. Hingewiesen sei an dieser Stelle ausdrücklich auf den „Sturm auf den Reichstag“, der, wie sogar die Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten (Hamburger Signal) e.V. feststellte, von V-Leuten angezettelt wurde. Und das ist nur ein Beispiel, wie der Widerstand von Seiten der Regierung ins Visier genommen wird. Wir müssen davon ausgehen, dass im gesamten Umfeld der Bewegung gezielt Desinformationen gestreut und weite Teile der für rechte Parolen empfänglichen Bürgern gezielt bearbeitet werden. Außerdem wird allzu oft Gewalt unter rechter Flagge provoziert. Damit werden gleich mehrere Ventile bedient:
Man kann alle Teilnehmer pauschal als rechts, rechtsoffen, rechtsradikal oder rechtsextrem diffamieren, was abschreckend wirkt, denn niemand möchte damit vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte in Verbindung gebracht werden.
Die Menschen vor den Fernsehern, werden von den eigentlichen Skandalen abgelenkt und kommen nicht auf die Idee die Maßnahmen zu hinterfragen, zu kritisieren oder sich dem Widerstand anzuschließen, siehe 1.
Sollte der Widerstand wider Erwarten doch erstarken, bestünde die Möglichkeit, ihn mit den ohnehin vorhandenen aufgebauten rechten und rechtsradikalen Strukturen zu übernehmen und anzuführen, um sicherzustellen, dass sich eben keine bspw. demokratische Revolution ereignet.
Bitte vergessen Sie nie, es war Kanzlerin Angela Merkel höchstselbst, die die NSU-Akten für 120 Jahre sperren ließ. Das ist ein Skandal sondergleichen, aber auch nichts wirklich Neues in diesem Land. Seit Bestehen der Bundesrepublik werden die Dienste zum Machterhalt eingebunden. Erinnern möchte u.a. auch an die Unterwanderung der RAF, die Finanzierung islamistischen Terrors sowie die Manipulationen und Lügen im Fall Anis Amri . Machen wir uns endlich bewusst, dass wir von kriminellen Cliquen regiert werden, die sich selbst Parteien nennen, deren Macht vom Bundesverfassungsgericht bis hinein in kleine Behörden reicht. Sie sind in offiziellen und inoffiziellen Netzwerken organisiert, die wiederum strukturell mit privaten Stiftungen und Konzernen verflochten sind. Eine Vielzahl der im Bundestag aber auch in Landtagen sitzenden Volksvertreter haben „Dreck am Stecken“. Mir fallen spontan dutzende Namen aus allen Parteien ein, beginnend beim Bundespräsidenten.
In diesem Kontext muss man auch die Attacken der „Fake“-Antifa auf den zunehmenden bürgerlichen Protest gegen die autoritären Corona-Maßnahmen betrachten. Diese vornehmlich jungen, von transatlantischen Rechten aber links konnotierten Antideutschen, allem voran der staatlich finanzierten Amadeu-Antonio-Stiftung und der Millionärin Anetta Kahane aufgehetzten und instrumentalisierten Menschen, sind gar nicht in der Lage abzuschätzen, was um sie herum geschieht und welche Folgen dies hat. Sie sind, wie im Interview bereits deutlich gemacht wurde, in keiner Weise diskursfähig. Die im Hintergrund agierenden staatlich assoziierten Akteure und Einpeitscher (der nette Herr mit Hut in Ihrem Video, der bei der Antifa stand und Sie beschimpfte) leisten dabei ganze Arbeit, die jugendliche Begeisterung für die gute Sache, den antifaschistischen und antinazistischen Widerstand, zu missbrauchen. Viele von diesen jungen Menschen sind völlig irritiert, wenn man ihnen den Spiegel vorhält und aufzeigt, dass man selbst Linker ist und gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert. Der eigentliche Irrsinn aber offenbart sich dort, wo eben jene Antifas, staatlich finanziert, ein korruptes kapitalistisches System verteidigen und stützen, das auf Ausbeutung und menschenverachtende Praktiken setzt. So ist es völlig unverständlich, wie diese Antifas „Wir impfen Euch alle!“ rufen können, wo allein die Tatsache, dass bei den „Impfungen“ unzureichend getestete Vakzine mit teilweise schwersten Nebenwirkungen zum Einsatz kommen, gegen jede kritische Vernunft und jedes natürliche Menschenrecht verstößt. Das hat mit „Links-Sein“, mit dem Eintreten für Freiheit, Solidarität und universelle Menschenrechte, wie bspw. die Unversehrtheit des eigenen Körpers, überhaupt nichts mehr zu tun. Hier werden die kapitalen Interessen von Pharmakonzernen unter fadenscheinigen Begründungen verteidigt und deren Verbrechen gerechtfertigt. Diese Antifa-Gruppen sind damit mitverantwortlich für das aufziehende Unheil. Sie wollen den Faschismus einerseits bekämpfen, helfen aber andererseits, ihn direkt und indirekt zu implementieren. Sie sind aus unserer Sicht nicht links, sondern ebenso rechts wie SPD, Grüne und mittlerweile sogar die Partei Die Linke. Nur weil sie linke Symboliken vor sich hertragen, haben sie noch lange nicht verstanden, was Links-sein bedeutet.
Der Stempel „rechts“ hat sich unterdies zum Totschlagargument entwickelt. Obwohl die wenigsten der Demonstranten die Existenz des Virus anzweifeln oder seine Gefährlichkeit für Risikogruppen verharmlosen, sind wir medial zu Aussätzigen und Gefährdern degradiert worden. Das ist historisch nichts neues. Die Nationalsozialisten haben sich in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts ähnlich geriert. Verwiesen sei hierzu auf den Artikel von Ralph Altmann „Nationalsozialismus ist ein Lügenwort“, erschienen in Telepolis auf Heise Online am 11.03.2021. Die Nationalsozialisten warnten permanent vor den bolschewistischen Gräueltaten, appellierten an den Zusammenhalt und die Solidarität, bedienten oberflächlich das Bedürfnis der Bevölkerung nach Schutz, Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit und nannten das Ganze sozialistisch. Auf diese Weise köderten sie die Arbeiterschaft, lösten aber das damit verbundene Versprechen auf sozialökonomische Partizipation nie ein. Gleichzeitig exkludierten sie nicht nur systematisch Juden, sondern sämtliche Gegner ihrer Politik aus der Gesellschaft. Man beachte in diesem Zusammenhang auch die Parallelen in der Notstandsgesetzgebung damals und heute.
Dem demokratischen Widerstand und insbesondere den Linken innerhalb der Bewegung wird von Seiten der Staats-Antifa vorgeworfen, sie wären Teil einer Querfront und würden mit Rechtsradikalen gemeinsame Sache machen. Oft heißt es, wir distanzierten uns nicht ausreichend, und würden Nazis nicht von den Demos entfernen. Beide Vorwürfe sind lächerlich. Wer das Versammlungsrecht kennt, weiß, dass die Entfernung unerwünschter Teilnehmer gar nicht oder nur unter ganz speziellen Bedingungen möglich ist. Des Weiteren muss einmal klar formuliert werden, dass sie es sind, die rechte und rechtsradikale Praktiken in Politik und Wirtschaft gegen jeden Widerstand verteidigen und gerade im Rahmen der Corona-Krise aufkommende emanzipatorische Bestrebungen im Keim ersticken. Eigentlich müsste man erwarten, dass sie gemeinsam mit uns diesen Widerstand gegen Kapital und autoritäre Herrschaft anführen und damit gegen jede Unterwanderung von rechts respektive dem Verfassungsschutz immunisieren. Mehr noch: hätte die politische Linke den Widerstand von Beginn angeführt, hätten wir heute vielleicht sogar eine echte revolutionäre Situation und die Möglichkeit, nachhaltige gesellschaftliche Veränderungen auf demokratischer Basis herbeizuführen. Dies haben die staats- und systemtragenden Akteure, wie die Amadeu-Antonio-Stiftung oder der Verfassungsschutz zu verhindern gewusst. Mit der Privatisierung und semi-staatlichen Finanzierung von Zensur und Korrektur wird überdies der öffentliche Diskurs zu nahezu allen gesellschaftlichen Fragen von Politik und Wirtschaft gezielt im Sinne der herrschenden kapitalistischen Narrative manipuliert und gesteuert.
In meinen vielen Gesprächen mit bisher zumeist unpolitischen Bürgern am Rande der Proteste kristallisierte sich immer wieder heraus, dass viele gar nicht nicht wissen, warum man Linke und Rechte überhaupt unterscheidet. Viele die sich als rechts verorten stehen eigentlich politisch links. Das Mindeste, was sie sich wünschen, ist mehr demokratische Teilhabe, ein Ende der Kriege unter Beteiligung der Bundeswehr, eine Wiederbelebung der sozialen Marktwirtschaft und dass die neoliberalen Verursacher und Profiteure der weltweiten Krisen endlich zur Verantwortung gezogen werden. Die meisten sind sich sehr wohl bewusst, welche ökologischen und sozialen Schäden unser Wirtschaftssystem in seiner jetzigen Form anrichtet.
Abschließend möchte ich noch einmal festhalten, dass es aus meiner Sicht keine echte parlamentarische Linke mehr gibt, die diesem fortschreitenden Wahnsinn Einhalt gebietet. In dem Maße, in dem man der CDU fälschlicherweise vorwirft, sie sei sozialdemokratisiert worden und nach links gerückt, haben sich Grüne und SPD nach rechts ziehen lassen. Dies zeigt sich insbesondere in der Interventionspolitik und dem sozialen Kahlschlag im Land. Exemplarisch dafür stehen Hartz4 und die Bundeswehreinsätze in Afghanistan oder Mali. Die CDU hat sich derweil inhaltlich kaum bewegt. Im Gegenteil, sie ist unter Merkel immer neoliberaler und autoritärer geworden. Gender-Mainstreaming und die vorgeblich humane Flüchtlingspolitik bei gleichzeitig ausgeweiteter Interventionspolitik mit den transatlantischen Partnern können darüber nicht hinwegtäuschen. Hierin liegt der mediale Coup, mit dem man vielen Rechten aber auch Linken vorgaukelt, die CDU sei nach links gerückt. Die von Antideutschen unterwanderte Partei Die Linke folgt SPD und Grünen auf dem Fuße. Sie ist z.B. in Berlin gerade dabei, die S-Bahn zu privatisieren und will zukünftig den transatlantischen Militarismus und Interventionismus mittragen, um „regierungsfähig“ zu sein. Gleichzeitig befürworten alle Parteien der „Neuen Mitte“, die „Neue Nationale Front“ oder „Kapitalistische Einheitspartei“, wie wir sie nennen, einen immer autoritäreren Kurs. Dagegen wehren wir uns als Linke und rufen alle Menschen im Land auf: Wehret den Anfängen!
Es bringt nichts die Bewegung in kapitalismuskritisch und nicht kapitalismuskritisch zu unterteilen.
Der Faschismusbegriff selbst ist ein Problem, denn er ist viel zu verbrannt. In den 30er Jahren der Weimarer Zeit wurde er von den Komintern benutzt, um vor den sogenannten "Sozialfaschisten" zu warnen, damit war damals die SPD gemeint und die Warnung kam von der KPD. Man sah also andere linke Kräfte als Konkurrenz und setzte sie mit der NSDAP gleich. Damit hat man der NSDAP Vorschub geleistet, nur um einen politisch links stehenden Konkurrenten zu bekämpfen.
Mit der Benutzung des Faschismusbegriffes besteht die Gefahr die Bewegung zu spalten und zu versuchen sie auf eine marxistische Analyse der Ungerechtigkeit festzulegen. Zwar ist m.E. der Besitz der Produktionsmittel ein Machtfaktor, für viel bedeutender halte ich jedoch die Ausbeutung durch das herrschende Bodenrecht und die Umverteilung über den Zins bzw. den ungerechten Tausch.
Man kann Meinungen kritisieren, aber durch eine generelle Verurteilung von "Reichsbürgern", samt der von ihnen vorgetragenen, bedenkenswerten Fragen/Argumente verwirft man die notwendige Diskussion darüber, wenn es z.B. um die Frage der deutschen Souveränität und amerikanischen Militärbasen geht, von denen aus das Völkerrecht und die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Von der Feindstaatenklausel bishin zum Friedensvertrag. Von Seiten der ehemals basisdemokratischen und gewaltfreien Grünen oder/und auch von den Sozialdemokraten vermisse ich seit Jahrzehnten konkretes dazu. Anderes, wie die Behauptung, dass Deutschland eine Firma sei halte ich persönlich für abwegig und begründe das mit der Gültigkeit unseres Grundgesetzes, das seit 1990 weiter darauf wartet Verfassung zu werden.
Die Spaltung entsteht auch, wenn ich eine ideologische Kontrolle einführe mit wem ich demonstrieren darf! Es ist ein Diskurs der Herrschenden, die Menschen zu spalten, wie es auch der Offene Brief richtig beschreibt. Rassismus-, Antisemitismus- und Querdenkvorwürfe werden schnell auch unberechtigt ausgesprochen. Überhaupt ist das ewige auseinanderdividieren, mit wem man sprechen soll und mit wem nicht, eine Sache, die ich ablehne. Ich spreche grundsätzlich mit jedem, der mit mir sprechen will und gegen mich keine Gewalt anwendet. Bei Menschen, die gegen Sachen und andere Menschen Gewalt anwenden, versuche ich sie davon abzubringen und wenn das nicht geht, gehe ich weg.
Demonstrationen und Versammlungen, die den Völkerfrieden und den Frieden in unser
Gesellschaft erhalten wollen, dürfen nicht länger gespalten werden! Die Grundanschauungen der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung z. B. auf gemeinwohlorientierte und direktdemokratische Weise zu entfalten, ist kein Angriff auf unsere Verfassung! Thomas Bauer
29.03.2021
Lobbyismusaffäre der Union 2021
de.wikipedia.org, Diese Seite wurde zuletzt am 27. März 2021 um 10:10 Uhr bearbeitet.
Als Lobbyismusaffäre der Union 2021 wird ein Komplex von Vorfällen mutmaßlicher Vorteilsnahme mehrerer Bundestags- und Landtagsabgeordneter der CDU und CSU bezeichnet. Hierunter fallen insbesondere Vorgänge im Zusammenhang der Beschaffung von Atemschutzmasken vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie in Deutschland. Deshalb wurden die Vorgänge auch als Maskenaffäre,[1]Maskenskandal[2] oder Korruptionsaffäre[3] bezeichnet.
Im Zuge der Berichterstattung wurden zudem Verquickungen von Unionsabgeordneten und Personen aus Aserbaidschan sowie Taiwan öffentlich, die als Aserbaidschan-Affäre bezeichnet wurden.
Als Reaktion auf die Affäre kam es zu Rücktritten und Parteiaustritten.
Überblick
Die Affäre wurde Anfang März 2021 durch Recherchen des Spiegel publik. Im Mittelpunkt der Affäre standen mutmaßlich Handlungen von Unionspolitikern im Zuge der Beschaffung von Atemmasken. Im Zuge der Berichterstattung wurden zudem Verquickungen von Unionsabgeordneten und Aserbaidschan sowie Taiwan öffentlich, die zwar in keinem direkten, aber übergreifenden Zusammenhang zur Maskenaffäre stehen.[4] Teilweise wurden auch Bezüge zur kurz zuvor öffentlich gewordenen Lobbyismusaffäre von Philipp Amthor gezogen.[5]
Die Ausübung von Nebentätigkeiten ist Abgeordneten nicht untersagt, wenngleich veröffentlichungspflichtig. Auch die Vermittlung von Kontakten ist durchaus als Teil des Mandates zu verstehen. So wurden etwa bereits Anfang 2021 Berichte publik, dass die Schweizer Firma Emix Masken zumindest teuer an die Gesundheitsministerien in Nordrhein-Westfalen und Bayern geliefert hatte. Das Bundesgesundheitsministerium schloss einen Vertrag in Höhe von mindestens 300 Millionen Euro ab. Vermittelt wurde dies, unter anderem durch persönlichen Einsatz bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von der Tochter des ehemaligen CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler.[6] Kritisiert wird jedoch, dass in anderen Fällen persönliche und/oder finanzielle Vorteile entstanden und über Firmengeflechte keine Transparenz herrsche. Ob tatsächlich strafrechtliches Verhalten vorliegt ist zum derzeitigen Zeitpunkt noch unklar.
Im Zuge der COVID-19-Pandemie kam es im Jahr 2020 zu einem erhöhten Bedarf und einer Knappheit von Coronaschutzausrüstung, insbesondere von Atemschutzmasken. Ministerien waren daher auf Lieferungen angewiesen. Die in der Kritik stehende Vorgänge bezogen sich auf Lieferungen an das Bundesgesundheits- und das Innenministerium sowie das bayerische Gesundheitsministerium.[8] Der Umfang des Auftrages des bayerischen Gesundheitsministeriums belief sich auf 3,5 Millionen Euro.[8] Im Zuge von Recherchen wurde öffentlich, dass für die Vermittlung von Aufträgen der genannten Ministerien an die Lieferanten in Höhe mehrerer Millionen Euro teils hohe Provisionszahlungen flossen. Die Provisionszahlungen alleine sollen sich auf fünf bis sechs Millionen Euro belaufen.[8]
2.1CSU
Ausgangspunkt der Affäre waren Zahlungen, die der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein erhielt. Ende Februar 2021 wurde die Immunität Nüßleins aufgehoben.[9] Über eine Beraterfirma mit dem Namen Tectum soll er für die Vermittlung von Schutzausrüstung 660.000 Euro Provision erhalten haben. Das Geld soll laut Spiegel-Angaben über das Liechtensteiner Konto einer Offshorefirma geflossen sein.[4] Diese Firma gehörte dem Unternehmer Thomas Limberger.[1] Vereinbart waren Zahlungen in Höhe von 1,2 Millionen Euro.[1] Weil eine Liechtensteiner Bank die Zahlungen stoppte und der Finanzaufsicht Financial Intelligence Unit meldete, die wiederum die Generalstaatsanwaltschaft München meldete, wurde die Maskenaffäre publik.[1]
Seit dem 25. März 2021 befindet sich aufgrund der Vorgänge der Unternehmer Thomas Limberger in Untersuchungshaft. Das Oberlandesgericht München hatte den Untersuchungshaftbefehl auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft erlassen und vermögenssichernde Maßnahmen ergriffen, wobei offenbar ein Zusammenhang zur Maskenaffäre besteht.[10] Daher wurde gemutmaßt, dass nicht nur ein Anfangsverdacht, sondern ein dringender Tatverdacht bestehe.[1]
Über das Firmengeflecht von Limberger sollen auch die Provisionen an den CSU-Landtagsabgeordneten Alfred Sauter geflossen sein.[1] Aus Kreisen von Kennern des Falles heißt es laut SZ vom 18. März 2021, 1,2 Millionen Euro seien bereits versteuert worden, allerdings nicht von Sauter. Ermittelt werde auch wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Nach Ansicht der Ermittler hätte Sauter die Umsatzsteuer abführen müssen. Das habe aber Sauters schwäbischer Parteifreund Nüßlein übernommen. Unklar sei der Verbleib des Geldes. Sauter hatte am 17. März 2021 in einer nichtöffentlichen Fraktionssitzung erklärt, das Geld sei gespendet worden, abzüglich Steuern. Das werfe Fragen auf, wer wann an wen angeblich etwa 600.000 Euro gespendet habe.[11] Sauter versicherte, von der Provision nichts gewusst zu haben.[12] Sauter spendete nach Recherchen einen Betrag in Höhe von 450.000 Euro an eine Stiftung in Günzburg. In Günzburg war Georg Nüßlein JU-Kreisvorsitzender und Mitglied des Kreistags. Das Geld wurde vom Oberlandesgericht München im Rahmen der Ermittlungen gegen Thomas Limberger sichergestellt.[1]
2.2 CDU
Der Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel offerierte laut Spiegel Unternehmen die Besorgung von Schutzmasken von einer Firma aus Baden-Württemberg, wofür er 250.000 Euro Provision erhielt.[4][9] In einer E-Mail, in der er explizit als Bundestagsabgeordneter auftrat, verlangte er vom Käufer pro Maske 0,12 Euro zzgl. MwSt.[9]
Der Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann wies mehrfach auf Angebote der TY-Capital Ug hin, deren Webseite im April 2020 registriert wurde. In mehreren Thüringen Landkreisen wurden Masken, laut Spiegel zu überhöhten Preisen, über die Firma beschafft.[4] Der CDU-Kreisverband, dessen Vorsitzender Hauptmann zum damaligen Zeitpunkt war, erhielt von der Firma eine Spende in Höhe von 7000 Euro erhalten.[6] Am 25. März 2021 teilte die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft mit, gegen Hauptmann sei im Zusammenhang mit Maskengeschäften ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit von Mandatsträgern eingeleitet worden. Das Thüringer Landeskriminalamt (LKA) ließ an jenem Tag die Wohnräume Hauptmanns in Thüringen und Brandenburg, sein Büro im Bundestag in Berlin und laut CDU Thüringen die Kreisgeschäftsstellen der Partei in Suhl, Hildburghausen, Sonneberg und Meiningen durchsuchen. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt auch wegen des mutmaßlichen Engagements Hauptmanns für Aserbaidschan, Vietnam und Taiwan. Dabei geht es um kostenpflichtige Anzeigen in Hauptmanns Werbezeitung Südthüringen Kurier. Das Thüringer Oberlandesgericht ordnete im Falle von Hauptmann zudem einen Vermögensarrest in Höhe von 997.000 Euro an, um unrechtmäßig erworbenes Geld zu sichern.[13] Die Provisionen sollen sich nach derzeitigen Erkenntnissen auf 7,5 Millionen Euro belaufen.[14]
Aserbaidschan-Affäre
Bereits im Januar 2020 wurde gegen die Bundestagsabgeordneten Karin Strenz (CDU) und Eduard Lintner (CSU) ermittelt. Es bestand ein Anfangsverdacht der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern, da diese entlohnte Lobbytätigkeiten für Aserbaidschan ausgeübt haben sollen.[4]
Sonstiges
Im Zuge der Berichterstattung über die Maskenaffäre wurde zudem publik, dass der ehemalige CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler vom Unternehmer August von Finck junior während seiner Abgeordnetentätigkeit elf Millionen Euro für Gutachten erhielt.[15] Gauweiler hat eine gemeinsame Anwaltskanzlei mit Alfred Sauter.
Reaktionen und Folgen
Georg Nüßlein und Nikolas Nöbel verließen nach Forderungen aus der Union die Bundestagsfraktion und traten aus der Partei aus.[4] Die Unions-Bundestagsfraktion verlangte von allen Abgeordneten eine Ehrenerklärung, mit der sie bestätigten, keine finanziellen Vorteile aus Geschäften mit dem Staat in der Corona-Krise erzielt zu haben. Diese wurde von allen Abgeordneten unterschrieben. Kritisiert wurde, dass lediglich keine persönliche Bereicherung erfolgte und Parteispenden nicht hierunter fallen.[6] Im Fall des Abgeordneten Mark Hauptmann wurde publik, dass er entgegen der abgegebenen Ehrenerklärung Provisionen in Höhe von einer Million Euro erhalten haben soll.[16]
Nachdem dies vorher noch abgelehnt wurde, sprach sich die Union im Zuge der Maskenaffäre für eine Verschärfung der Transparenzregeln aus.[1]
Die Union verbuchte bei der Sonntagsfrage im Zeitraum März deutliche Verluste in der Wählergunst, die zumindest teilweise auf die Lobbyismusaffäre zurückgeführt werden.[17]
"Der Versöhnung verpflichtet "Eine Sammelabschiebung tamilischer Flüchtlinge nach Sri Lanka droht, obwohl die UNO vor einer drastischen Verschlechterung der Menschenrechtslage dort warnt.
German-Foreign-Policy.com, 29. März 2021
BERLIN/COLOMBO (Eigener Bericht) - Vertreter von Kirchen und Flüchtlingsorganisationen fordern die sofortige Absage einer für morgen in Aussicht stehenden Sammelabschiebung nach Sri Lanka. Wie Angehörige und Unterstützer berichten, sind mehrere Dutzend, womöglich bis zu 100 tamilische Flüchtlinge in Abschiebehaft genommen worden und sollen voraussichtlich morgen in den südasiatischen Inselstaat abgeschoben werden, wo ihnen Repression und Gewalt droht. Die Verschlechterung der menschenrechtlichen Lage in Sri Lanka hat erst Ende Januar der UN-Menschenrechtsrat in einem - von der Bundesregierung gelobten - Bericht angeprangert. Demnach hat die neue, Ende 2019 ins Amt gelangte Regierung nicht nur die Aufarbeitung schwerster Verbrechen aus der Endphase des Bürgerkriegs im Jahr 2009 beendet; der damals verantwortliche Verteidigungsminister amtiert heute als Staatspräsident. Die Regierung verstärkt zudem den Druck auf die tamilische Minderheit und bahnt so neuen Menschenrechtsverletzungen den Weg. Berlin benötigt Sri Lanka, dessen Regierung es nun mit der Sammelabschiebung zufriedenstellt, im Machtkampf gegen China.
"Ein äußerst fatales Signal"
Vertreter von Kirchen, Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen fordern den sofortigen Stopp einer wohl unmittelbar bevorstehenden Sammelabschiebung tamilischer Flüchtlinge nach Sri Lanka. Laut Berichten sind in den vergangenen Tagen Dutzende, womöglich bis zu 100 Flüchtlinge aus dem südasiatischen Inselstaat in Abschiebehaft genommen worden. Demnach wurden einige von ihnen unter dem Vorwand, sie würden eine erneuerte Aufenthaltserlaubnis bekommen, zu den zuständigen Behörden gelockt, dort dann aber von der Polizei ergriffen und in einschlägig bekannte Haftanstalten überführt. Andere wurden im Morgengrauen aus ihren Wohnungen geholt. Ihren Verwandten und Unterstützern gelingt es nicht mehr, Kontakt zu ihnen aufzunehmen, weil ihnen ihre Mobiltelefone abgenommen wurden. Flüchtlingsorganisationen gehen von ihrer Abschiebung am morgigen Dienstag aus.[1] Die umgehende Absage des Abschiebeflugs verlangen unter anderen der Flüchtlingsrat NRW, das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) aus Berlin sowie der Krefelder Pfarrer Albert Koolen. Eine Sammelabschiebung sei, urteilt Koolen, angesichts der menschenrechtlichen Lage in Sri Lanka ein "äußerst fatales Signal".[2]
Keine Aufarbeitung mehr
Mit der menschenrechtlichen Lage in Sri Lanka hat sich erst kürzlich der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen befasst - im Anschluss an die Vorlage eines UN-Berichts zur aktuellen dortigen Entwicklung am 27. Januar. Hintergrund ist der alte, aber nach wie vor ungelöste Konflikt um die blutige Beendigung des Bürgerkriegs im Jahr 2009, in deren Verlauf Sri Lankas Regierungstruppen zahllose schwerste Verbrechen an aufständischen Tamilen, aber auch an Zivilisten begingen. Die Regierung in Colombo hatte dem UN-Menschenrechtsrat im Jahr 2015 ursprünglich zugesagt, eine Aufarbeitung der Verbrechen - sowie mutmaßlicher Kriegsverbrechen der Aufständischen - in die Wege zu leiten. Der Prozess ist allerdings zum Stillstand gekommen, nachdem die Präsidentenwahl vom November 2019 den Verteidigungsminister des Jahres 2009, Gotabaya Rajapaksa, an die Staatsspitze brachte. Gotabaya ernannte seinen Bruder Mahinda Rajapaksa zum Premierminister; Mahinda hatte von 2004 bis 2015 das Präsidentenamt in Colombo inne. Entsprechend kündigte die Regierung Sri Lankas am 27. Februar 2020 offiziell an, die vorsichtig gestartete Aufarbeitung der Kriegsverbrechen nicht weiterzuführen.[3] Daran hält sie bis heute unverändert fest.
"Diskriminierende Rhetorik"
Dies stößt beim UN-Menschenrechtsrat auf Protest. In dem am 27. Januar vorgelegten UN-Bericht heißt es, die Weigerung, Verbrechen aus dem Bürgerkrieg aufzuarbeiten, sei nicht nur an sich sehr bedauerlich; sie erhöhe vor allem auch "das Risiko signifikant, dass Menschenrechtsverletzungen sich wiederholen". Der Bericht attestiert der Regierung eine "ethno-nationalistische Rhetorik", die "Einschüchterung der Zivilgesellschaft" sowie eine "Militarisierung von Regierungsposten".[4] So würden die Minderheiten der Tamilen und der Muslime in den Stellungnahmen und in der Politik der Regierung "zunehmend marginalisiert"; "spalterische und diskriminierende Rhetorik" seitens ranghöchster Staatsstellen drohe zu immer "weiterer Polarisierung und Gewalt" zu führen. Zu beklagen sei, heißt es, eine zunehmende Überwachung und Einschüchterung zivilgesellschaftlicher Organisationen sowie von Menschenrechtlern und von überlebenden Opfern des Bürgerkriegs. Es drohe "eine Wiederkehr der Politiken und Praktiken, die zu schweren Menschenrechtsverletzungen führten". Verstärkt werde die Gefahr dadurch, dass die Regierung mittlerweile 28 Führungsposten mit Militärs und Geheimdienstlern besetzt habe, darunter einige, denen Verantwortung für schwere Kriegsverbrechen vorgeworfen wird.
Unter schärfster Beobachtung
Vor diesem Hintergrund hat der UN-Menschenrechtsrat am Dienstag vergangener Woche eine Resolution verabschiedet, in der er eine stärkere Befassung mit den Menschenrechten in Sri Lanka verlangt. So sollen die zuständigen UN-Stellen nicht nur "Informationen und Beweismittel" zu früheren Menschenrechtsverletzungen "sammeln, verdichten, analysieren und bewahren", sondern auch "mögliche Strategien entwickeln", um in Zukunft die Verantwortlichen für gravierende Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen. Insbesondere gelte es, die aktuelle Lage der Menschenrechte in Sri Lanka noch ausführlicher als zuvor "zu beobachten und über sie zu berichten".[5] Der UN-Menschenrechtsrat hält es darüber hinaus für unumgänglich, sich in seinen nächsten Sitzungen jeweils ausführlich mit der weiteren Entwicklung in Sri Lanka zu befassen. Dazu fordert er ausführliche mündliche und schriftliche Stellungnahmen ein.
"Das Prinzip der Verantwortlichkeit"
Die Kritik und die Warnungen des UN-Menschenrechtsrats werden von der Bundesrepublik, die dem Gremium zur Zeit angehört, verbal unterstützt. So äußerte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, am 28. Januar auf Twitter, der tags zuvor vorgelegte UN-Bericht gebe "Anlass für ernste Sorgen über die Menschenrechtslage in Sri Lanka"; sie "freue" sich, teilte Kofler mit, "dass Deutschland der Versöhnung und dem Prinzip der Verantwortlichkeit verpflichtet bleibt". Entsprechend beteiligten sich die zuständigen deutschen Stellen an der Ausarbeitung der Resolution, in der der UN-Menschenrechtsrat vor einer gravierenden Verschlechterung der Lage in Sri Lanka warnte und die am vergangenen Dienstag - mit deutscher Zustimmung - verabschiedet wurde. Nur wenige Tage später will die Bundesregierung freilich mehrere Dutzend, womöglich bis zu 100 tamilische Flüchtlinge nach Sri Lanka abschieben, wo ihnen die - ausdrücklich vom UN-Menschenrechtsrat beschriebene - staatliche Repression gegen Minderheiten droht.
Im Machtkampf gegen China
Mit der Sammelabschiebung stellt Berlin Sri Lankas gegenwärtige Regierung zufrieden, die damit Zugriff auf einige ihrer Gegner erhält. Der Inselstaat, strategisch vorteilhaft mitten im Indischen Ozean gelegen, ist einer der Schauplätze, auf denen der Machtkampf des Westens gegen China ausgetragen wird. Colombo kooperiert wirtschaftlich eng mit Beijing, von dem es nicht zuletzt Kredite erhalten hat; entsprechend setzen die westlichen Mächte, aber auch Indien alles daran, Sri Lanka anderweitig möglichst eng an sich zu binden. Die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) sagte unlängst voraus, Colombo werde "versuchen, einen Ausgleich in seinen Beziehungen zu China und zu Indien zu finden".[6] Das setzt allerdings voraus, dass der Westen die Regierung des einstigen Bürgerkriegs-Verteidigungsministers Gotabaya Rajapaksa nicht verprellt.
[1] Keine Abschiebung nach Sri Lanka! frnrw.de 26.03.2021.
[3] Sri Lanka: Politisches Porträt. auswaertiges-amt.de 06.11.2020.
[4] Sri Lanka on alarming path towards recurrence of grave human rights violations - UN report. ohchr.org 27.01.2021.
[5] Human Rights Council Renews Mandate of Special Rapporteur on the Environment, Adopts Resolutions on Sri Lanka, Nicaragua, Occupied Palestinian Territory, and on Unilateral Coercive Measures. ohchr.org 23.03.2021.
[6] Christian Wagner: Politischer Umbruch in Sri Lanka. SWP-Aktuell Nr. 69. September 2020.
Offener Brief des französischen «Cercle de Réflexion Interarmées» an Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg
Zitat:Geopragma/zf. Sollte der Plan «Nato 2030», der Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg im Februar 2021 vorgelegt wurde, von den Mitgliedern des Bündnisses angenommen werden, würde dies einen fast nicht umkehrbaren Schritt in der strategischen Unterordnung Europas und Frankreichs unter das amerikanische Hegemoniestreben bedeuten. Das in dem genannten Dokument in vielerlei Ausprägungen angeführte Hauptargument hat als Leitmotiv den angeblich notwendigen Kampf gegen zwei natürliche «Feinde», Russland und China, der die totale Nato-Solidarität und eine weitere Stärkung der Konzentration der Entscheidungsfindung in amerikanischen Händen rechtfertige.
Als Reaktion auf diesen Plan veröffentlicht der «Cercle de Réflexion Interarmées» einen offenen Brief an den Generalsekretär der Nato. Der «Cercle de Réflexion Interarmées» (CRI) ist eine von Regierungsbehörden und der Militärhierarchie unabhängige Organisation. Er vereint aus dem Dienst ausgeschiedene Generäle und höhere Offiziere der drei Armeen (Landstreitkräfte, Marine und Luftwaffe) sowie einige Zivilisten. Sein Ziel ist es, Energien zu mobilisieren, um bei den politischen Entscheidungsträgern und der öffentlichen Meinung besser Gehör zu finden und so dazu beizutragen, die Armee wieder in den Mittelpunkt der Nation zu stellen, aus der sie hervorgeht. Es ist höchste Zeit, so die Verfasser des offenen Briefes, die Augen zu öffnen und sich gegen Manöver zu wehren, die nicht unseren nationalen Interessen entsprechen, sondern darauf hinauslaufen, jedem Bestreben nach europäischer strategischer Autonomie den Todesstoss zu versetzen. Wir dokumentieren im folgenden den Wortlaut des Briefes.
Ausrichtung der Nato auf russische und chinesische «Bedrohung»
Am Donnerstag, dem 18. Februar 2021, wurde Ihnen die auf Ihr Verlangen hin erstellte Studie «Nato 2030» vorgestellt. Sie führt aus, was die Aufgaben der Nato in den nächsten zehn Jahren sein werden. Von Anfang an wird klar ersichtlich, dass die gesamte Ausrichtung der Nato auf dem Paradigma einer doppelten Bedrohung beruht, einer russischen, die als akut dargestellt wird, und einer chinesischen, die potentiellen Charakter hat und in Zukunft auftreten wird. Aus dieser Studie ergeben sich zwei grosse Hauptlinien: Die erste ist die Frontstellung der Europäer gegen die weltweite Vorherrschaft Chinas als Gegenleistung Europas für den amerikanischen Schutz gegen die russische Bedrohung, die auf dem Kontinent laste. Die zweite betrifft die Ausserkraftsetzung der Konsensregel,1 dies in mehrfacher Hinsicht: Operationen in Koalitionen Freiwilliger, Umsetzung derjenigen Entscheidungen, die keinen Konsens mehr erfordern, sowie – und dies vor allem – die Abtretung von Befugnissen an den SACEUR (Supreme Allied Commander Europe, ein amerikanischer General) mit den Argumenten gesteigerter Effizienz und der Beschleunigung der Entscheidungsfindung. Die Lektüre dieses «Nato 2030»-Plans offenbart seinen wahren Charakter: Es ist deutlich ein Dokument zwar als friedlich präsentierter, aber böswilliger Absichten, der unerschütterlich betriebenen Desinformation und Instrumentalisierung dieser «russischen Bedrohung», einer «Bedrohung», die von langer Hand geschaffen wurde und nun aufrechterhalten wird, um den europäischen Verbündeten endlich Beine zu machen, sich hinter den Vereinigten Staaten in Stellung zu bringen – mit Blick auf den bevorstehenden Kampf mit China um die Welthegemonie.
Geschichtslektion über die Nato: Schlimmer als nur Bedrohungen
Deshalb, Herr Generalsekretär, ist es unabdingbar, vor jeder weiteren Betrachtung der Zukunft, wie sie im Plan «Nato 2030» vorgeschlagen wird, eine Bestandesaufnahme über die Ursachen und die Realität dieser russischen Bedrohung vorzunehmen, und zwar anhand einiger historischer Erinnerungen.
Denn in der Tat beginnt die Geschichte ja nicht im Jahr 2014, und es ist ein Zeichen unerschütterlicher historischer Böswilligkeit in bezug auf die europäisch-amerikanisch-russischen Beziehungen, in einem einzigen Satz (gleich zu Beginn des mit «Russland» überschriebenen Abschnitts) von der Beschwörung der «konstruktiven Partnerschaft», die von der Nato Anfang der 1990er Jahre ins Leben gerufen worden sei, direkt zur Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 überzugehen, als ob zwischen 1991 und 2014, zwischen dem «netten Russland» von damals und dem bösen «russischen Bären» von heute, nichts passiert wäre.
Nato-Ost-Erweiterung Es ist aber tatsächlich die Nato gewesen, die sich seit den neunziger Jahren gewaltsam in Richtung Osten erweiterte, sicherlich auf Wunsch der betroffenen Länder, aber in Verletzung der Zusicherungen, welche sie Russland 1991 bei der Unterzeichnung des Moskauer Vertrags gegeben hatte2 – eine Bewegung, die Jahr für Jahr die Nato-Armeen näher an die Grenzen Russlands heranführte und dabei den Zerfall der ehemaligen UdSSR ausnutzte.
Angriffskrieg gegen Serbien Es war auch die Nato, die ohne jegliches Uno-Mandat Serbien 78 Tage lang mit mehr als 58 000 Lufteinsätzen bombardierte,3 und dies auf der Grundlage einer ausgedehnten Operation von Manipulation und Verhetzung wichtiger Mitglieder des Bündnisses durch bestimmte Geheimdienste (mittels des angeblichen serbischen «Potkova»-Plans und der Racak-Affäre) und damit, in Verletzung bindenden internationalen Rechts, die Schaffung eines unabhängigen Kosovo einleitete, indem sie einem souveränen Staat im Namen des Selbstbestimmungsrechts der Völker einen Teil seines Territoriums entriss und so Russland mittels seines serbischen Verbündeten demütigte.
Liesse sich dieses Prinzip auch auf Parallelen anwenden, etwa wenn es um die Krim geht, welche zu mehr als 90 % von Russen bevölkert ist und die sich Russland angeschlossen hat, ohne dass ein Schuss gefallen ist?
«Eroberung des Ostens» und Ablehnung eines «Europäischen Sicherheitspaktes» Es war wiederum die Nato, die 2008 im Zuge ihrer dynamischen «Eroberung des Ostens» die von Russland ausgestreckte Hand für einen erneuerten «Europäischen Sicherheitspakt» ablehnte, der die ungelösten Konflikte in Osteuropa (Transnistrien, Abchasien, Südossetien) regeln sollte, im Austausch für eine gewisse Neutralität Georgiens, der Ukraine, Moldawiens – also des unmittelbaren russischen «Hinterlandes» – gegenüber der Nato.
Staatsstreich in der Ukraine Und mit demselben Eroberungsgeist, der von Russland als echte Würgebewegung empfunden wird, wurden 2013 die schweren Unruhen des «Euro-Maidan» gefördert, ein echter Staatsstreich, der zur Beseitigung des rechtmässig gewählten ukrainischen Präsidenten führte, der als zu pro-russisch beurteilt wurde, als dass er die Politik der Annäherung der Ukraine an die Nato hätte fortsetzen können. Wir wissen, was dann geschah, mit den Sezessionen der Krim und des Donbass.
Raketen gegen Russland Nachdem die Nato in den frühen 2000er Jahren Russland mit einem Theatre missile defence system (Raketenabwehrsystem für den Kriegsschauplatz)4 an sich gebunden hatte, das «die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten, einschliesslich Russlands» vor Raketenangriffen «von Schurkenstaaten», insbesondere Iran und Nordkorea [sic], hätte schützen sollen, wandelte sie 2010, auf dem Nato-Gipfel in Lissabon, dieses System in eine globale Architektur zur Abwehr ballistischer Raketen in Europa um (BMDE), jetzt allerdings nicht mehr nur ein Theatersystem, sondern ein echter Schutzschild, nun allerdings gegen Russ-land gerichtet und alles andere als zu dessen Schutz.
Es war wiederum die Nato, die Russland versicherte, dass die vor seiner Haustür stationierten Abschussrampen für ballistische Antiballistik-Raketen (ABM) niemals zu Anlagen für Angriffe gegen sein nahes Territorium umfunktioniert werden könnten, «nur vergass sie zu erwähnen», dass diese Trägerraketen (MK-41) von ABM-Raketen in Wirklichkeit genauso gut dazu verwendet werden konnten, offensive Tomahawk-Raketen gegen das russische Territorium abzufeuern (nukleare oder konventionelle Raketen mit Reichweiten von mehr als 2000 km, je nach Version), was in eklatantem Widerspruch zum INF-Vertrag stand, der zum Zeitpunkt ihrer Stationierung noch in Kraft war. Damit ging man weit über die Frage hinaus, ob die russische 9M729 eine Reichweite von 480 km oder 520 km hatte!
Russland hat Konsequenzen gezogen
Die damit real praktizierte potentielle Bedrohung der russischen Zweitschlagskapazität, der Grundlage seiner nuklearen Abschreckung, stellte das amerikanisch-russische strategische Gleichgewicht ernsthaft in Frage und führte dazu, dass Russland Ende 2013, also noch vor der Krim-Affäre 2014, jegliche Zusammenarbeit im NRC (Nato-Russland-Rat) aussetzte, was dann von der Nato genutzt wurde, um – a posteriori – den BMDE-Schutz Europas angesichts der neuen «russischen Bedrohung» zu rechtfertigen!
20 Jahre «Feinbild Russland», um Russland von Europa zu trennen
Nun also, Herr Generalsekretär, jawohl: Am Ende dieser zwanzig Jahre anhaltender Bemühungen seitens der Nato, den «russischen Feind» neu zu erschaffen, der für das Überleben einer theoretisch rein defensiven Organisation ja unerlässlich ist – ja, in der Tat: ist Russland schliesslich seine eigenen Wege gegangen und hat im Osten die Zusammenarbeit gesucht, die ihm der Westen verweigert hat.
Das Unternehmen, Russland von Europa zu trennen, das von Ihren Vorgängern und Ihnen selbst unter der ständigen Aufsicht der Vereinigten Staaten über Jahre hinweg mit Ausdauer durchgeführt wurde, ist heute in vollem Gange, da Russland endlich wieder «zur russischen Bedrohung» geworden ist, welche die provokativsten Manöver (wie Defender 2020, die auf 2021 verschoben wurden) – immer näher an seinen Grenzen – rechtfertigt, sowie die verrücktesten neuen Konzepte des Mini-Atomeinsatzes auf europäischem Territorium, unter der Befehlsgewalt des amerikanischen Verbündeten, der allein den Schlüssel dazu in Händen hält.
1000 Milliarden Euro Nato-Rüstung gegen 70 Milliarden in Russland
Also wirklich, Herr Generalsekretär, heute – und dies trotz all Ihrer gegenteiligen Bemühungen – stellt Russland mit seinem Militärhaushalt von 70 Milliarden Euro (knapp doppelt so viel wie Frankreich) in keinster Weise eine Bedrohung für die Nato dar, die Nato mit ihren 1000 Milliarden Euro, von denen 250 von den europäischen Ländern im Bündnis aufzubringen sind! Aber das ist ja auch nicht Ihr wirkliches Anliegen, denn was mit diesem neuen Konzept der «Nato 2030» angestrebt wird, ist ein viel umfassenderes Projekt: nämlich die Einbeziehung des Atlantischen Bündnisses in den Kampf um die Weltherrschaft, der zwischen China und den Vereinigten Staaten ausgetragen werden soll.
Terrorismus – die wahre Bedrohung
In Wirklichkeit ist die wahre Bedrohung der Terrorismus. Die Studie widmet dem Terrorismus zwar einen Abschnitt und verwendet dort den Begriff immer wieder, ohne aber seine Quellen, seine Motive, seine ideologischen und politischen Hintergründe zu kennzeichnen. Mit anderen Worten: Die einzige Bedrohung ist demzufolge also eine Handlungsweise, denn das ist das Wesen des «Terrorismus». Damit wird allerdings einer beunruhigenden Realität ausgewichen, nämlich der des radikalen Islamismus und seines Messianismus, der demjenigen des Kommunismus der Vergangenheit in nichts nachsteht. Das Problem ist, dass eben dieser Messianismus durch das immense Chaos genährt wird, das durch die amerikanischen Initiativen nach dem Kalten Krieg entstanden ist, und dass er sogar auf ideologischer Ebene sowohl von Erdogans Türkei, einem Mitglied der Nato, als auch von Saudi-Arabien, einem treuen Verbündeten der Vereinigten Staaten, getragen wird.
Nato: Umwandlung in eine Organisation mit globaler politischer Berufung …
Wie nicht anders zu erwarten, wird schon in den ersten Zeilen deutlich, dass dieses Dokument nichts Gutes für die strategische Unabhängigkeit Europas verheisst, denn es zielt eindeutig darauf ab, die europäischen Verbündeten, die sich nur ansatzweise ein Erwachen der europäischen Autonomie vorstellen konnten, wieder in den Griff zu nehmen.
Das ist aber noch nicht alles, denn Sie planen nicht nur, die Nato von einem Defensivbündnis, das zum Schutz Europas vor einem nicht mehr existierenden Feind aufgebaut wurde, in ein Offensivbündnis gegen einen Feind umzuwandeln, den es für Europa nicht gibt (selbst wenn wir uns von den territorialen Ambitionen Chinas, den Auswirkungen seiner Wirtschaftsmacht und dem totalitären Charakter seines Regimes nicht täuschen lassen), sondern dieser Bericht geht sogar noch weiter, indem er sich in Richtung einer Organisation mit einer globalen politischen Berufung bewegt, die Vorrang vor jeder anderen internationalen Organisation hat.
… vor jeder anderen internationalen Organisation
Laut diesem Bericht hiesse das:
Die Nato sollte eine Praxis der Konsultation zwischen den Alliierten vor den Treffen anderer internationaler Organisationen (UN, G20 usw.) einführen, was eindeutig bedeutet, dass man «am Vortag kommt, um Anweisungen entgegenzunehmen», um sie am nächsten Tag im Plenum massiv durchzusetzen!
Die Nato muss eine starke politische Dimension haben, die ihrer militärischen Anpassung angemessen ist. Die Nato sollte in Erwägung ziehen, die dem Generalsekretär übertragenen Befugnisse zu stärken, damit er konkrete Entscheidungen über Personal und bestimmte Haushaltsfragen treffen kann.
Die Nato sollte einen besser strukturierten Mechanismus für den Aufbau von Koalitionen innerhalb der bestehenden Strukturen des Bündnisses schaffen. Ziel ist es, dass die Bündnispartner neue Operationen unter das Nato-Banner stellen können, auch wenn nicht alle an einer möglichen Mission teilnehmen wollen.
Die Nato sollte überlegen, ob es für eine einzelne Nation möglich sein sollte, eine Angelegenheit nur auf Ministerebene zu blockieren.
Die Nato sollte die Konsultationen und die Zusammenarbeit mit den Partnern im indo-pazifischen Raum – Australien, Japan, Neuseeland und der Republik Korea – vertiefen.
Die Nato sollte beginnen, intern über die Möglichkeit einer Partnerschaft mit Indien nachzudenken.
Gefährdung des Friedens in Europa
Herr Generalsekretär, weil diese Organisation, als sie ihren Feind verloren hat, nicht aufhörte, sich mit ganzem Herzen in die politische Rechtfertigung für den Erhalt ihres militärischen Werkzeugs zu stürzen, indem sie sich ihren neuen russischen Feind zusammenschmiedete, wird sie heute in ihrer Tendenz eine Gefahr für Europa.
Denn die Nato, die sich nicht damit begnügt, Europa die Chance auf einen wirklichen und dauerhaften Frieden, der von allen, auch von Russland, gewünscht wird, verunmöglicht zu haben, angetrieben von der Sorge um ihr Überleben und der Rechtfertigung ihrer Ausdehnung, hat nur eine gewaltige Aufrüstung auf beiden Seiten der Grenzen Russlands, von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer, provoziert und damit den Frieden in diesem Europa gefährdet, das sie nur noch als ihr künftiges Schlachtfeld betrachtet.
«Nato 2030» widerspricht elementarster Logik
Und nun möchten Sie mittels dieses Nato-2030-Dokumentes, das der elementarsten Logik widerspricht, die doch besagt, dass die Mittel durch das Ziel gerechtfertigt sein müssen und nicht umgekehrt – denn schon die Römer sagten doch «Cedant arma togae» (Die Waffen müssen der Toga, im alten Rom die Bekleidung der Senatoren, weichen) – nun möchten Sie mit diesem Dokument das militärische Instrument dieser Allianz für die Zukunft rechtfertigen, indem Sie es in ein politisches Instrument umwandeln, das unvermeidlich ist, um riesige internationale Koalitionen zu verwalten, zugunsten einer eigentlichen Weltregierung, die sogar so weit geht, die Entscheidungen der Vereinten Nationen ausser Kraft zu setzen und nationale Souveränitäten zu zerschlagen!
Das soll nicht geschehen, Herr Generalsekretär! Wir müssen diesen verrückten Zug zum Stehen bringen, bevor es zu spät ist! Was Frankreich angeht, so kann es, in Erinnerung an seine von General de Gaulle vor einem halben Jahrhundert bekräftigten Grundsätze, dem abenteuerlichen Konzept niemals zustimmen, das Europa unter amerikanische Vormundschaft stellen will.
Für den Cercle de Réflexion Interarmées, Grégoire Diamantidis, Brigadegeneral a. D. der französischen Luftstreitkräfte
1 Bislang müssen im obersten politischen Entscheidungsgremium der Nato, im Nato-Rat, alle Entscheidungen einstimmig gefällt werden. Der Nato-Rat hat seinen Sitz in Brüssel und setzt sich aus den ständigen Vertretern (Botschaftern) der Nato-Mitgliedsstaaten zusammen. (Anm. d. Red.)
2 Der Moskauer Vertrag oder «Zwei-plus-Vier-Vertrag», der am 12. September 1990 in Moskau zwischen den Vertretern der beiden deutschen Staaten und denen der vier alliierten Mächte des Zweiten Weltkriegs unterzeichnet wurde, ist der «Vertrag über die endgültige Regelung Deutschlands», der den Weg für die deutsche Wiedervereinigung ebnete und den internationalen Status des vereinigten Deutschlands festlegte. 3Operation Allied Force. Diese Operation, die von der Nato nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen den kosovarischen Unabhängigkeitskämpfern und Serbien unter der Ägide der OSZE (Konferenz von Rambouillet, 6. Februar bis 19. März 1999) beschlossen worden war, wurde am 24. März ohne UN-Mandat auf der Grundlage einer breit angelegten Kampagne in den westlichen Medien über einen angeblich von Serbien im grossen Stil im Kosovo durchgeführten Plan zur ethnischen Säuberung (Potkova-Plan) gestartet. Ein Plan, der sich als Fälschung bulgarischer und deutscher Geheimdienste herausstellte. 4Theatre missile defence: Stationierung nuklearer und konventioneller Raketen, um die Sicherheit einer bestimmten Region oder eines Kriegsschauplatzes aufrechtzuerhalten, offiziell also ein Raketenabwehrsystem zum Abfangen feindlicher Raketen. (Anm. d. Red.)
Deutschlands Außenminister sagt, was Souveränität ist
lebenshaus-alb.de, Lebenshaus Newsletter vom 27.03.2021, Von Christian Müller
Heiko Maas hielt am 9. März eine Rede, wohin Deutschlands Politik künftig führen soll - und wie es seine Souveränität versteht.
Zitat: Am US-amerikanischen Think-Tank "Brookings Institution" in Washington wird es künftig einen Lehrstuhl geben, der den Namen des Historikers Fritz Stern trägt. Aus Anlass der Einweihung dieses Lehrstuhls hielt der deutsche Außenminister Heiko Maas, Mitglied der SPD, eine Rede . Einige Zitate daraus zeigen, wohin die Reise Deutschlands gehen soll.
"In europäische Souveränität zu investieren, bedeutet, in die transatlantische Partnerschaft zu investieren."
"Einige vertreten die Ansicht, diese Partnerschaft hatte mit dem Ende des Kalten Krieges ihren Zweck verloren, da es unseren gemeinsamen Feind nicht mehr gab. Dies ist grundlegend falsch. Unsere Partnerschaft beruhte nie auf Angst, sondern auf Freiheit und geteilten Werten. Und diese bestehen fort."
"Für Deutschland mit seiner Geschichte, die von furchtbaren Verfehlungen geprägt ist, bedeutet Verlässlichkeit, dass wir wissen, wo wir stehen - und an wessen Seite."
"Meine Damen und Herren, wie schaffen wir gleiche Wettbewerbsbedingungen mit einem China, das uns immer stärker herausfordert und auf Konfrontation geht? Und wie gehen wir mit einem immer aggressiveren und repressiveren Russland um? Antworten auf diese Fragen zu finden, wird für die Zukunft unseres Bündnisses von entscheidender Bedeutung sein. Ein wichtiger Schritt wird die Stärkung der politischen Rolle der NATO sein. Aber mehr noch kommt es darauf an, dass wir uns zu einer gemeinsamen Haltung bekennen."
"In den letzten Jahren haben wir massiv in die europäische Verteidigung und Sicherheit investiert. Unsere Verteidigungsausgaben sind seit 2014 um 50 Prozent gestiegen. Auf diesem von uns eingeschlagenen Weg werden wir weiter fortschreiten."
"Als Handelsnation bekennen wir uns auch zur Aufrechterhaltung freier Seewege. Erst vor ein paar Tagen haben wir als deutsche Bundesregierung uns entschlossen, erstmals eine Marineeinheit in den Indo-Pazifik zu entsenden."
"Meine Damen und Herren, ‹Amerika ist zurück› - so lautete Präsident Bidens Botschaft vor zwei Wochen in München. ‹Und Deutschland ist an Ihrer Seite›, lautet unsere Antwort heute."
Aufstieg Eurasiens: Neue Konzepte zur Eindämmung von globalen Ambitionen des Westens
Der westliche Druck auf China und Russland nimmt zu. Nun beraten China und Russland über neue Maßnahmen zur Eindämmung der globalen Ambitionen des Westens, indem sie auch nach alternativen Modellen zur globalisierten Weltordnung streben.
Zitat: Zwei Monate nach der Amtseinführung von Präsident Joe Biden wird immer deutlicher, dass die Politik der neuen US-Regierung gegenüber Russland und China mehr Merkmale der Kontinuität als des Wandels zur bisherigen US-Außenpolitik enthält. Mit der Amtsübergabe im Weißen Haus an Biden verschärft sich noch den Kurs der Unipolarität des Westens in der internationalen Politik.
Aufgrund der angeblichen "Unterdrückung der Uiguren" verhängte auch die EU jüngst erstmals seit 30 Jahren Sanktionen gegen die Volksrepublik China. Die muslimische Minderheit der Uiguren werde in China "ausgebeutet und unterdrückt". Der US-Außenminister Blinken hatte kurz zuvor gegen die "Unterdrückung der muslimischen Uiguren" in der chinesischen Region Xinjiang beim Spitzentreffen mit außenpolitischen Repräsentanten Chinas in Alaska protestiert.
Unter der Maske der moralischen Überheblichkeit des Westens gegenüber China stecken gewiss geopolitische Ambitionen. Das autonome Gebiet Xinjiang, wo türkischsprachige Uiguren gesiedelt haben, ist in letzter Zeit zunehmend in den Mittelpunkt der Außenpolitik sowohl der EU als auch seitens der USA gerückt worden, da das Gebiet auch ein geografischer Eckpfeiler der Seidenstraße-Initiative Chinas sowie der Hauptroute des Landes in den Großraum Eurasien ist. Der Westen will Unruhe in diesem strategischen Gebiet stiften – möglicherweise, um das Projekt der Seidenstraße zu gefährden und somit globale Ambitionen fortzusetzen.
Die neue US-Regierung hat auch gegenüber Russland einen aggressiveren und schärferen Kurs eingeschlagen. Der neue US-Präsident nannte bekanntlich in einem Fernsehinterview unlängst seinen russischen Amtskollegen einen "Killer". Seine Hollywood-affine Selbstdarstellung machte deutlich, wie tief Biden in den Gedanken des Kalten Krieges verstrickt geblieben ist. In diese Gedanken wollen die US-Amerikaner auch Europäer miteinbeziehen. US-Außenminister Blinken machte beim ersten Treffen unter vier Augen mit seinem deutschen Amtskollegen Heiko Maas neuerlich Druck auf Deutschland, um die Fertigstellung der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 doch noch zu stoppen.
Vor dem Hintergrund der Spannungen mit den USA traf sich am Montag der russische Außenminister mit seinem chinesischen Amtskollegen Wang Yi in dem südchinesischen Touristenort Guilin in der Region Guangxi. China und Russland wollen ihre Kooperation vertiefen. Weder in Moskau noch in Peking macht man sich Illusionen über die realen Möglichkeiten, die Probleme mit Washington bald zu lösen. Die beiden Länder werden daher in den kommenden Jahren ein neues, verbessertes Modell der bilateralen strategischen Partnerschaft ausarbeiten. Ein gemeinsames Interesse an den Reaktionen auf den zunehmenden Druck der USA ist jedoch nicht die einzige Triebkraft für die engeren wirtschaftlichen, politischen und militärischen Beziehungen zwischen Russland und China. Die beiden Großmächte wollen eine Alternative zur globalisierten Weltordnung des Westens konzipieren. Beide Seiten werden gemeinsam ein neues multilaterales Modell der internationalen Beziehungen aufbauen. Die USA und der Westen mischen sich mutwillig in die inneren Angelegenheiten anderer Länder ein, um ihre Agenda westlicher Ansichten über Demokratie und Menschenrechte durchzusetzen. Dabei sind insbesondere Staaten auf der Welt betroffen, die der westlichen Weltherrschaft standhalten können.
Der russische Außenminister Lawrow erklärte kürzlich in einem Interview mit den chinesischen Medien, Moskau unterstütze die Idee, eine breite Koalition von Ländern zu bilden, um damit gegen einseitige Sanktionen des Westens vorzugehen. Lawrow sagte, jede Initiative, die gegen den illegitimen Einsatz von Sanktionen als Druckmittel ausgerichtet sei, "verdient jede mögliche Unterstützung". Russland und China wollen eine breitestmögliche Koalition von Ländern bilden, die diese illegale Praxis bekämpfen, um damit westliche Sanktionsregime zu sabotieren. Anfang dieses Monats drängte auch eine Gruppe von 16 Ländern, darunter Iran, Venezuela, Russland und China, auf eine Koalition bei den Vereinten Nationen, um der Androhung von einseitigen Sanktionen durch den Westen entgegenzuwirken. In einem fortgeschrittenen Format könnte sich diese Koalition auch in eine Wirtschaftsunion umbilden, um damit einseitige Sanktionen des Westens zu umgehen.
Nun bereiten Peking und Moskau auch die Abkopplung vom westlich dominierten globalen Zahlungsverkehr vor. Der russische Außenminister Lawrow kündigte am Montag bei seinem Staatsbesuch in China an, dass beide Staaten das Sanktionsrisiko verringern könnten, wenn sie ihre finanzielle Unabhängigkeit stärken würden. Gemeint war damit ausdrücklich ein Abkoppeln vom westlich dominierten Zahlungssystem. Diese Idee bringt nicht nur zwei Großmächten, sondern bietet auch den anderen Staaten, die Opfer der westlichen Sanktionen werden könnten, alternative Möglichkeiten zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs, nämlich ohne den in Brüssel ansässigen weltweiten Zahlungsverkehrsdienstleister Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication, abgekürzt SWIFT. Der ehemalige US-Präsidenten Trump hatte seinerzeit nach dem einseitigen Ausstieg aus dem internationalen Atomabkommen mit Teheran 2018 auch die SWIFT-Banken unter Druck gesetzt. Diese sollten iranische Banken von diesem Zahlungssystem ausschließen. Dieser Schritt wäre insofern eine "finanzielle Atombombe", wie es der Chef der russischen Staatsbank VTB, Andrei Kostin, vor einiger Zeit in einem Interview mit dem Handelsblatt ausdrückte. China und Russland sind seit Längerem dabei, neue Konzepte zur Eindämmung von globalen Ambitionen des Westens zu entwickeln, wobei sie auch nach alternativen Modellen zur globalisierten Weltordnung des Westens streben.
EU peitscht Einführung eines digitalen Impfpasses im Eilverfahren durch
deutsche-wirtschafts-nachrichten.de, vom 25.03.2021 15:23 Im Eilverfahren wird die Einführung eines digitalen "Grünen Passes" in der EU durchgepeitscht. Damit werden seit Jahren existierende Pläne nun in aller Eile realisiert.
Der High-Tech-Kampfjet der EU Der geplante deutsch-französische Kampfjet der nächsten Generation und das Luftkampfsystem FCAS stehen womöglich vor dem Scheitern.
German-Foreign-Policy.com, 26. März 2021
BERLIN/PARIS (Eigener Bericht) - Fortdauernde Rivalitäten zwischen den beteiligten Konzernen lassen ein Scheitern des bedeutendsten Rüstungsprojekts in der EU, des Future Combat Air System (FCAS), möglich erscheinen. Das FCAS, das sich um einen Kampfjet der nächsten, mittlerweile sechsten Generation zentriert und insbesondere Drohnen und Drohnenschwärme umfasst, wird von 2040 an einsatzbereit sein; die Kosten werden inzwischen auf bis zu 300 Milliarden Euro beziffert. Die internen Streitigkeiten haben zugenommen, seit - vor allem auf deutsche Initiative - Spanien dem ursprünglich deutsch-französischen Projekt beigetreten ist und sich deshalb der Anteil der beiden zentralen Konzerne, Dassault (Frankreich) und Airbus Defence and Space (Deutschland), auf nur noch ein Drittel reduziert. Vor allem für Dassault ist das mit schweren Verlusten verbunden: Der Konzern wäre fähig, den Jet im Alleingang zu bauen, und zieht dies mittlerweile in Betracht. Das wäre für Berlin auch deshalb ein Rückschlag, weil London mit seinem Konkurrenzmodell "Tempest" Fortschritte erzielt und mit Italien und Schweden zwei EU-Staaten einbezieht.
Bis zu 300 Milliarden Euro
Das FCAS (Future Combat Air System) ist das aktuell wohl bedeutendste Rüstungsprojekt auf EU-Ebene. Kern des Vorhabens ist ein Kampfjet der nächsten, sechsten Generation (Next Generation Fighter, NGF); dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung der heute modernsten, fünften Generation, zu der unter anderem die US-amerikanische F-35, die russische Suchoi Su-57 oder die chinesische Chengdu J-20 gehören. Die modernsten europäischen Kampfjets wie der Eurofighter oder die französische Rafale werden zur vierten Generation gezählt. Zeichnet sich die fünfte Generation insbesondere dadurch aus, dass ihre Jets über Tarnkappeneigenschaften verfügen, so ist die sechste darüber hinaus als Teil eines komplexen Kampfsystems, vernetzt unter anderem mit Drohnen und mit Drohnenschwärmen, definiert. Auf die gemeinsame Entwicklung und Produktion des neuen Kampfjets (NGF) bzw. des gesamten Luftkampfsystems (FCAS) haben sich Berlin und Paris auf Regierungsebene bereits im Juli 2017 geeinigt; vergangenes Jahr wurde offiziell noch Spanien in das Vorhaben integriert. Hauptsächlich getragen wird das Projekt von den Konzernen Dassault (Frankreich) und Airbus (Deutschland, Spanien). Die Kosten für das FCAS, das ab 2040 einsatzbereit sein soll, werden auf einen Wert zwischen 80 und 300 Milliarden Euro beziffert.
Die neue Dreierkonstellation
Gab es innerhalb des FCAS-Projekts schon seit je Rivalitäten und Einflusskämpfe zwischen den beteiligten Konzernen, so sind diese Ende vergangenen Jahres [1] und dann besonders seit Februar 2021 eskaliert. Ein wichtiger Auslöser ist die Einbindung Spaniens in das Vorhaben gewesen, die Berlin gegen Paris durchgesetzt hat. Für die Bundesregierung ist die neue Dreierkonstellation taktisch günstig: Da der deutsche und der spanische FCAS-Hauptbeteiligte - Airbus Defence and Space aus Taufkirchen bei München bzw. der Airbus-Ableger in Spanien - demselben Konzern angehören, sind sie gegenüber dem französischen Hauptbeteiligten Dassault tendenziell im Vorteil. Für die französische Regierung wiegt das schwer. Paris legt traditionell besonderen Wert darauf, in der Rüstungsindustrie eigenständig handlungsfähig zu sein; so stammt die Rafale allein aus französischer Produktion, während der Eurofighter in multinationaler Kooperation hergestellt wird. Entsprechend trägt Dassault am meisten Know-how zum neuen Kampfjet (NGF) bei - und muss nun zusehen, wie die deutsch-spanische Konkurrenz Wissen abschöpft und sich lukrative Teile der Fabrikation sichert. Bei Dassault habe man "den Eindruck ..., bei FCAS mehr zu verlieren als zu gewinnen" zu haben, erläuterte vor kurzem der französische Militärexperte Jean-Charles Larsonneur: "Verschleudern wir nicht unser technologisches Wissen?"[2]
"Schwierige Diskussionen"
Im Februar ist es trotz energischen politischen Drucks im Anschluss an den deutsch-französischen Verteidigungsrat vom 5. Februar nicht gelungen, eine Lösung für die industriellen Einflusskämpfe zu finden: "Es gibt schwierige Diskussionen", hieß es Ende vergangenen Monats aus dem unmittelbaren Umfeld des französischen Präsidenten Emmanuel Macron.[3] Anfang März schien sich dann zunächst ein wenig Entspannung abzuzeichnen: "FCAS ist nicht mehr in Lebensgefahr", äußerte Dassault-Chef Eric Trappier.[4] Inzwischen werden jedoch wieder Zweifel laut. Zu den industriellen Differenzen kommt nach wie vor hinzu, dass Paris fordert, der neue Kampfjet müsse atomwaffenfähig und darüber hinaus in der Lage sein, von einem Flugzeugträger aus zu starten; Berlin, das weder über Atomwaffen noch über einen Flugzeugträger verfügt, legt darauf keinen Wert. Umgekehrt hieß es zuletzt aus der deutschen Hauptstadt, das FCAS könne eventuell zu teuer werden: Da "die Betriebskosten der Streitkräfte pro Jahr um zwei bis drei Prozent" stiegen und die Aufstockung der Bundeswehr auf 203.000 Soldaten "jährlich zwei Milliarden Euro zusätzlich" koste, müsse man womöglich "im Rüstungsbereich neue Prioritäten" setzen, erklärt der ehemalige Wehrbeauftragte des Bundestags (2015 bis 2020) Hans-Peter Bartels. Er fordert: "Deutschland braucht ... einen Plan B".[5]
"Plan B"
Einen "Plan B" hat Anfang des Monats zudem Dassault-Chef Trappier ins Spiel gebracht. Trappier bekräftigt zwar, nach wie vor "Plan A" zu favorisieren - Entwicklung und Produktion des neuen Kampfjets sowie des gesamten FCAS gemeinsam mit Airbus Defence and Space und Airbus Spanien. Aufgrund der weiterhin ungelösten Differenzen komme man allerdings nicht umhin, über mögliche Alternativen nachzudenken. Trappier erklärt: "Was die Technologie betrifft - Dassault weiß, wie man ein Flugzeug alleine baut."[6] Die französischen Konzerne Safran und Thales seien fraglos fähig, Motoren für Kampfflugzeuge zu konstruieren bzw. die Elektronik zu gewährleisten; MBDA mit Sitz in Le Plessis-Robinson, einem Vorort von Paris, könne die Raketen herstellen. Die französische Industrie verfüge also über das notwendige Know-how. Experten bestätigen dies: Frankreich sei "fast mit Gewissheit" in der Lage, zumindest den Kampfjet der sechsten Generation zu produzieren, heißt es in einer aktuellen Einschätzung des Londoner Royal United Services Institute (RUSI).[7] Die Konzernspitze von Airbus Defence and Space wiederum räumt offen ein, über keinen "Plan B" zu verfügen: Scheitere "Plan A", dann werde die US-amerikanische F-35 den europäischen Rüstungsmarkt vollständig erobern, wurde kürzlich der Airbus-Manager Antoine Bouvier zitiert.[8]
Konkurrenzmodell "Tempest"
Die Streitigkeiten um das FCAS und die französische Option, gegebenenfalls einen Alleingang mit dem Projekt zu starten, sind für Berlin umso misslicher, als ein europäisches Konkurrenzvorhaben, das britische Luftkampfsystem "Tempest", nicht nur Fortschritte macht, sondern inzwischen auch EU-Staaten einbezieht. Die Arbeit an "Tempest" ist offiziell im Juli 2018 eingeleitet worden, ein Jahr nach dem Startschuss für das FCAS; Ziel ist es gleichfalls, einen Kampfjet der sechsten Generation und ein Begleitsystem aus Drohnen und Drohnenschwärmen zu konstruieren. An dem Projekt beteiligen sich mittlerweile zwei EU-Staaten, die nicht am FCAS beteiligt wurden - Italien mit seinem Rüstungskonzern Leonardo sowie Schweden mit Saab. Experten attestieren dem "Tempest" beachtliche Fortschritte. Die britische Regierung hat beschlossen, den ursprünglich geplanten Kauf von 138 US-amerikanischen F-35 signifikant zu reduzieren und die frei werdenden Mittel in das "Tempest"-Projekt zu investieren; erst kürzlich hat London für die kommenden vier Jahre zwei Milliarden Pfund bereitgestellt.[9] Das britische Luftkampfsystem soll den Plänen zufolge ab 2035 einsatzbereit sein - vier Jahre vor dem FCAS, sofern dieses tatsächlich zustande kommt.
novo-argumente.com, vom 15.10.2018, Von Frank Furedi
Von Herder zum Trans-Aktivismus: Über den Siegeszug einer gegenaufklärerischen Idee.
Identitätspolitik bestimmt heute das öffentliche Leben im Westen. Viele halten die identitären Aktivisten des 21. Jahrhunderts einfach für die aktuelle Version der Aktivisten, die sich in den 1960er-Jahren für die Befreiung der Frau oder der Schwarzen engagiert haben. Diese Annahme ist jedoch falsch. Sie übersieht, wie sehr sich der Antrieb und die Belange der Identitätspolitik über die Jahrzehnte verändert haben.
Zitat: Die Identitätspolitik hat sich seit ihrem Aufkommen im späten 18. Jahrhundert erheblich verändert. Konservative Bewegungen haben sie aufgenommen und sie wurde von Radikalen gefeiert. Sie schloss umfassende Identitäten wie die Nation oder das Volk ein und konzentrierte sich auf bestimmte Individuen. Und obwohl sie heute als linke Kraft angesehen wird, hat sie oft auch den Rechten, ob Traditionalisten oder Nationalisten, ein politisches Narrativ zur Verfügung gestellt. Wer verstehen will, was die gegenwärtige Identitätspolitik einzigartig macht, kommt nicht darum herum, sich mit ihrer Geschichte auseinanderzusetzen. Diese kann in vier Phasen unterteilt werden.
Phase 1: Aufstand gegen den Universalismus
Im späten 18. Jahrhundert wurde die Saat der späteren Identitätspolitik gesät. In dieser Zeit bezog die Politisierung der Identität ihre Kraft aus der konservativen Reaktion gegen den Universalismus der Aufklärung. Diese Gegenaufklärung verdammte die Idee menschlicher Universalität und behauptete, nur die Identität bestimmter Völker oder Gruppen sei von Bedeutung. Diese partikularistische Feindseligkeit gegenüber den universalistischen Ideen der Aufklärung war im 19. Jahrhundert eines der wirkmächtigsten Merkmale der politischen Vorstellungswelt der Rechten.
In Deutschland betonte die konservative Bewegung der Romantik die Relevanz kultureller Unterschiede und sprach diesen größere Authentizität zu als den abstrakten Bindungen des Universalismus. Derartige Einstellungen entstanden teilweise als Reaktion auf den wachsenden Einfluss der rationalistischen und universalistischen Ideen der Französischen Aufklärung, die alle europäischen Gesellschaften erfassten. Die deutschen Romantiker stellten damit die authentische Kultur dem abstrakten Geist des Universalismus der Französischen Revolution entgegen. Der deutsche Philosoph Johann Gottfried Herder (1744–1803) fing den partikularistischen Geist der neuen romantischen Verehrung kultureller Identität ein. Ihm zufolge definiere die Kultur jedes Volk – das Volk –, indem sie es mit seiner individuellen Identität und einem eigenen Geist ausstatte.
Feindseligkeit gegenüber universalen Werten und menschlicher Solidarität beschränkte sich nicht nur auf Deutschland. In Frankreich kamen ähnliche Empfindungen unter anti-aufklärerischen Identitätsdenkern auf. Joseph de Maistre, ein reaktionärer französischer Politikphilosoph, verachtete die Ideale, die mit den Menschenrechten verbunden sind, als abstrakten Unsinn. Er erklärte, es gebe „den Menschen an sich nicht“. „Ich habe Franzosen, Italiener und Russen kennengelernt“, so de Maistre weiter, „aber was den Menschen betrifft, dem bin ich nie begegnet.“
Im 19. Jahrhundert bezog sich die Romantik auf besonders erhabene Verschiedenheiten von Identität und feierte die Charakteristika, die mit dem vermeintlich einzigartigen Geist der unterschiedlichen Völker verbunden wurden. Allmählich inspirierte diese Auffassung eines individuellen kulturellen Geistes das Narrativ des Nationalismus und die Idee, jede Nation besäße einzigartige Charakteristika. Ernest Renan, ein französischer Philosoph des 19. Jahrhunderts, drückte das so aus: „Die Nation ist eine Seele, ein spirituelles Prinzip“.
Die Förderung kultureller Heterogenität und Verschiedenheit durch die Gegenaufklärung hatte eine Form des erkenntnistheoretischen Separatismus zur Folge. Die Auffassung, dass unterschiedliche Kulturen auf sich unterscheidenden Wegen zu Erkenntnis gelangen, ließ nationale Identitäten erstarren. Gleichzeitig fungierte das als kulturelle Vorstufe der Rassentypologien, die das westliche Denken im 19. und frühen 20. Jahrhundert prägten. Für den Geist der Aufklärung war dies ein Fluch. Die Aufklärung stellte sich immer gegen die traditionelle Idee, dass durch Biologie und die natürliche Ordnung von Geburt an bestimmt ist, wer man ist. Die Denker der Aufklärung waren der Meinung, dass die Menschen sich selbst zu dem machen, was sie sind, indem sie Geschichte schreiben. Nur deshalb konnte die Aufklärung ein Bewusstsein entwickeln, das das Erleben bestimmter Individuen und individueller Gruppen überstieg. Wenn gegenwärtig das Streben nach Universalismus Zynismus hervorruft, wird leicht vergessen, dass grundlegende
In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen nahm der Fokus der Gegenaufklärung auf nationale Identität im Nationalsozialismus eine extreme Form an. Das führte dazu, dass anti-universalistische partikularistische Politik in Verbindung mit Rassismus und schlussendlich dem Holocaust geriet. So nimmt es nicht Wunder, dass rechte Identitätspolitik in die Defensive geriet und ihre Anhänger versuchten, ein moderateres Image aufzubauen.
Phase 2: Neue soziale Bewegungen
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde nationalistische Identitätspolitik marginalisiert. Bis zu deren Wiederbelebung dauerte es zwei weitere Jahrzehnte. Diesmal war es aber die Linke, die gruppenbezogene Identitätspolitik vorantrieb und nicht die Rechten. Trotz des formellen Festhaltens an universalen Rechten tat sich die Linke immer schwer damit, sich ihnen in der Praxis konsequent zu verschreiben. Insgesamt besehen fiel ihre Rolle bei der Unterstützung der Anti-Kolonialbewegung, beim Einsatz für die Gleichberechtigung der Frau oder beim Kampf gegen Rassismus allenfalls durchwachsen aus. Infolgedessen mussten die Befreiungsbewegungen der 1960er-Jahre ihre eigenen Strategien entwickeln, um ihre Ziele zu verwirklichen. In den USA kamen Teile der Bürgerrechtsbewegung zu dem Schluss, dass der richtige Weg in der Politisierung einer schwarzen Identität läge. Andere Gruppen und Minderheiten wählten ähnliche Vorgehensweisen, um neue Rechte zu gewinnen. Um die Rechte und Freiheiten zu erlangen, die ihnen bislang verwehrt blieben, konzentrierten sich Bewegungen, die für die Freiheit von Frauen und Homosexuellen eintraten, deshalb auf spezifische Alleinstellungsmerkmale von Frauen und Homosexuellen.
Diese Neuen Sozialen Bewegungen beeinflussten die Linke, die große Schwierigkeiten damit hatte, einem umfassenden Begriff von Solidarität mit Bedeutung zu füllen. Und so wanderte der Fokus der Linken allmählich von der Klasse zur Identität. Für die Neue Linke der 1960er und 70er diente die Unterstützung von Befreiungsbewegungen der Dritten Welt als besonderer Quell radikaler Identität. Da in ihren heimischen westlichen Gesellschaften jegliche radikale Impulse fehlten, war die Neue Linke dazu gezwungen, nach Anliegen im Ausland zu suchen. In Frankreich identifizierte sich die Linke beispielsweise deutlich stärker mit der chinesischen Kulturrevolution als mit den gesellschaftlichen Kräften vor Ort.
Diese Dritte-Welt-Orientierung vermengte sich mit einer gegenkulturellen Ablehnung des in westlichen Gesellschaften vorherrschenden Weltbildes. Aus dieser Feindseligkeit gegenüber der alten Ordnung erwuchs allerdings nie eine systematische politische Existenz, die eine eigene Ideologie hervorbrachte oder dem Status quo eine ernsthafte Alternative entgegenstellen konnte. Auch aus den kulturellen Konflikten über Lebensstile und Werte, die in den 1960ern losbrachen und in den 70ern an Fahrt gewannen, entwickelten sich nicht die von manchen befürchteten anti-parlamentarischen Bewegungen wie in der Zwischenkriegszeit. Stattdessen förderte die Logik der Gegenkultur, wonach alles Persönliche politisch sei, die Identitätspolitik. Man wandte sich von Massenbewegungen ab und Ein-Thema-Kampagnen zu.1
Obwohl sich radikaler Befreiungsrhetorik bedient wurde, war die Hinwendung zur Identitätspolitik im Kern konservativer Natur. Eine Empfindsamkeit, die das Besondere zelebrierte und dem Streben nach universellen Werten mit Misstrauen begegnete. Die Politik der Identität konzentrierte sich auf das Bewusstsein des Selbst und seine Wahrnehmung. Identitätspolitik war und ist die Politik des „Alles dreht sich um mich“.
Auch wenn Selbstidentität in Gruppenform Ausdruck fand, zielte sie doch darauf ab, Anerkennung von anderen zu erlangen. 2 Wie der Historiker Tony Judt bemerkt, waren die Lehren, die der Identitätspolitik Ausdruck verleihen sollten, eher psychologischer Natur und „traditionellen Projekten der sozialen Revolution“ gegenüber oft gleichgültig. Vielmehr „versuchten sie den eigentlichen Begriff des menschlichen Subjekts zu zersetzen, der diesen zugrunde gelegen hatte“ 3.
Das Aufkommen verschiedener identitätsorientierter Gruppen während der 1970er-Jahre spiegelte sinkende Erwartungen auf Seiten der Linke wider. Ihre neue Sensibilität fand unübersehbaren Ausdruck in dem so genannten „Cultural Turn“ der Linken. Der Fokus auf die Politik der Kultur, des Images und der Repräsentation lenkte die Linke von ihrem traditionellen Interesse an gesellschaftlicher Solidarität ab. Das augenfälligste Merkmal des Cultural Turn war die Sakralisierung der Identität. Die Ideale von Differenz und Vielfalt ersetzten das der menschlichen Solidarität.
Phase 3: Verschmelzen von Identität und Viktimisierung
Eine der folgenreichsten Entwicklungen in der Geschichte der Identitätspolitik war ihr Verschmelzen mit der aufkommenden Opferpolitik in den 1970er-Jahren. Dies geschah nicht zufällig. Beide Trends drückten die Bewusstseinskrise der Linken aus. Während der 1960er- und 70er-Jahre veränderte sich auch deren Politik stark. Radikale linke Politik erschöpfte sich zunehmend und wurde immer weniger genutzt, um sozialen Wandel herbeizuführen. Während dieser Periode wurden viele traditionelle Verbündete der Linken als Opfer des Systems ausgemacht. Ein ähnliches Muster zeigte sich schon während der Frauenbewegung. In den späten 1960er- und frühen 70er-Jahren widersetzten Feministen sich noch heftig gegen die Darstellung von Frauen als Opfer. In den späten 1970er-Jahren hatte sich diese Perspektive fundamental umgekehrt. Kampagnen unterstrichen nun die Rolle der Frau als Opfer – geschlagen, verletzt und vergewaltigt. Auch die Linke betrachtete Leiden als eine wichtige Quelle, um Anhänger für ihre Belange zu mobilisieren.
Während der 1970er wandelte sich das Verständnis davon, wie man zum Opfer wird (Viktimisierung). Anfänglich wurden Menschen als Opfer dargestellt, wenn sie eine spezifische Erfahrung gemacht hatten – zum Beispiel als Opfer von Gewalttaten. In den 1970er-Jahren weitete sich das Verständnis der Viktimisierung jedoch aus, um Erfahrungen einer Vielzahl verschiedener Gruppen erfassen. Dieser neue Ansatz verlieh der Viktimisierung eine neue Bedeutung: Es ging nicht mehr um eine außeralltägliche Art von Schädigung, die ein Individuum erlitten haben muss, um als Opfer angesehen zu werden. Stattdessen wurde der Opfer-Status als integraler Bestandteil einer ungerechten Gesellschaft angesehen. Durch die Neudefinition und Ausweitung der Opfererfahrung erklärten verschiedene Gruppen den Status als Opfer der Gesellschaft zu einem Kernbestandteil ihrer Identität.
Diese Umdefinition der Opferidentität wurde von einer neuen Aktivistenkohorte selbstbewusst vorangetrieben, die solche Kampagnen als eine neue Form radikaler Politik betrachtete. Der Vergleich der ersten Ausgabe von William Ryans Klassiker „Blaming the Victim“ (Opferbeschuldigung) von 1971 mit der 1976 erschienenen Ausgabe spricht Bände. Die Hauptthese von „Blaming the Victim“ ist, dass in den USA Opfern der Ungleichheit – zum Beispiel Schwarzen – ungerechtfertigterweise die Schuld für gesellschaftliche Probleme in die Schuhe geschoben wird. Ryan verfocht die populistische und antikapitalistische These, dass nicht der Kriminelle, sondern das System Menschen zu Opfern mache. Als Ryan 1976 eine neue Einleitung verfasste, hatte sich sein Verständnis von Opfern deutlich ausgedehnt:
„Seit 1970 habe ich meinen Blick, wer die ‚Opfer‘ der amerikamischen Gesellschaft wirklich sind, erweitert. Ich hatte mich auf die Not der Armen und der Schwarzen fokussiert. In Wahrheit ist jeder, der zum Unterhalt seiner selbst und seiner Familie auf Gehalt oder Lohn angewiesen ist, und über keine zusätzliche Einkommensquelle durch nennenswertes Vermögen verfügt, in Amerika ein potentielles Opfer.“ 4
Die Auffassung, dass nahezu jeder außerhalb der herrschenden Elite ein potentielles Opfer ist, suggeriert, dass Viktimisierung nicht eine Ausnahme, sondern die Regel in der existentiellen Realität der amerikanischen Kultur darstellt. Ein alles durchdringendes Gefühl von Viktimisierung bildet wohl die bedeutendste kulturelle Hinterlassenschaft dieser Ära. Die Autorität des Opfers war auf dem aufsteigenden Ast. Teile der Linken sowie der Rechten befürworteten die maßgebende Legitimität des Opferstatus. Die Opferrolle wurde so zur wichtigen kulturelle Quelle für Identitätskonstruktion. Zeitweise schien es, als wolle jeder das Opfer-Label für sich beanspruchen. Konkurrierende Opferrollen führten schnell zu Versuchen, Opfer zu hierarchisieren. Der Studie eines amerikanischen Soziologen zufolge vereinten sich die verschiedenen Bewegungen informell, um „eine gemeinsame Opferstimmung zu schaffen, moralische Entrüstung hervorzurufen und selbstgerechte Feindseligkeit gegen den gemeinsamen Feind – den weißen Mann – zu säen“ 5. Der Ausschluss des weißen Mannes aus dem Kreis der Opfer währte er aber nicht lange. In den 1980er-Jahren entstand eine neue Männerbewegung, die insistierte, dass auch Männer zu den unbeachteten und marginalisierten Opfergruppen gehörten.
Die Bandbreite der Umdeutung bis dato normaler Erfahrungen in Opfererfahrungen vergrößerte sich während der 1980er- und 90er-Jahre weiter. So beanspruchten Gruppen beschnittener britischer und amerikanischer Männer, durch eine der ältesten historisch belegten Operationsmethoden verstümmelt und psychisch geschädigt worden zu sein. Die National Organization to Halt the Abuse and Routine Mutilation of Males (NOHARMM, zu Deutsch: Nationale Organisation zur Beendigung des Missbrauchs und der standardmäßigen Verstümmelung von Männern) behauptet von sich, im Namen der „Opfer von Beschneidung“ zu sprechen. „Wir sind alle erwachsene Männer, die davon ausgehen, dass wir durch die Beschneidung, die im Kindesalter durch britische Ärzte durchgeführt wurde, geschädigt wurden“, schrieb eine Gruppe von 20 Männern in einem 1996 im British Medical Journal veröffentlichten Brief. 6 Sie beklagten dabei nicht so sehr die physische, sondern die vermeintlich psychische Verletzung dieses ansonsten routinemäßigen Eingriffs. Sie strebten die Wiederherstellung ihrer Vorhaut an, weil dies „für Männer von therapeutischem Nutzen“ sei. Zwei Aktivisten zufolge „verbessert [die Wiederherstellung der Vorhaut] das Körperbild, steigert das Selbstbewusstsein, löst die Gefühle der Viktimisierung auf und ermöglicht Männern, selbst Entscheidungen über ihre eigene Sexualität zu treffen“.7
Phase 4: Der therapeutische Ethos
Die Darstellung des Opfers als schuldlos war die Schlüsselinnovation bei der Konstruktion der Opferrolle in den 1970er-Jahren. Eines der verbreitetsten rhetorischen Stilmittel der Opferfürsprecher war, jede Infragestellung der – von Individuen oder Gruppen vorgebrachten – Forderungen als „Opferbeschuldigung“ abzutun. Radikale Kriminologen behaupteten, nicht nur Verbrechensopfer, sondern alle benachteiligten Menschen würden ungerechtfertigt beschuldigt.
Die Wahrnehmung des „schuldlosen Opfers“ stattete selbsternannte Opfer mit moralischer Autorität aus. In der Folge wurde die Opferidentität beinahe zur heiligen Kuh. Eine Studie stellte fest, dass „Opfer“ zunehmend als moralischer Begriff verwendet wurde. „Ein Opfer zu sein impliziert einen gewissen Grad an Unschuld und Schuldlosigkeit, wodurch das Opfer nicht für sein Schicksal verantwortlich gemacht werden kann“, schrieb Frank Weed. 8
Fürsprecher der Opferkultur behaupteten nicht nur, dass Opfer keine Verantwortung trügen, sondern auch, dass ihnen geglaubt werden müsse. Der Glaubwürdigkeitsbonus von Opfern nahm mit der Viktimisierung von Kindern an Fahrt auf. Der Mahnung „Glaube dem Kind“ folgte rasch die groteske Ansicht „Kinder lügen nicht“. In den letzten Jahrzehnten wurde das Mantra „Glaubt dem Opfer“ derart institutionalisiert, dass eines Verbrechens Beschuldigte als schuldig gelten, bis sie ihre Unschuld bewiesen haben. Deshalb geht es denjenigen, die sich gegen sexuelle Belästigung, Mobbing und Mikroaggressionen wenden und deren Definitionen immer weiter ausdehnen, darum, ob das „Opfer“ sich viktimisiert fühlt und nicht um die tatsächliche Handlungsabsicht des Beschuldigten.
Das legt eine wichtige psychologische Wende in der Identitätspolitik nahe. Opferschaft hat die Identitätspolitik mit moralischer Autorität versehen. Politische Bewegungen, die sich bislang der Befreiung und der sozialen Umgestaltung verschrieben hatten, begannen, sich als Opfergruppen wahrzunehmen. Sie nutzten die Mahnung „Glaubt dem Opfer“, um sich Respekt und Anerkennung zu verschaffen. Die Behauptung von der Schuldlosigkeit der Opfer sollte nun verhindern, dass die Realitätssicht einer bestimmten Identitätsgruppe hinterfragt oder diskutiert wird.
Äußerlich scheint die aktuelle Version der Identitätspolitik – die sich durch die Synthese von Opferbewusstsein und Suche nach therapeutischer Bestätigung auszeichnet – kaum noch etwas mit ihrem Vorgänger aus dem 19. Jahrhundert gemein zu haben. Eine Tatsache spricht jedoch für die Fortdauer der partikularistischen Sichtweise der Identitätspolitiker des 19. Jahrhunderts. Beide Varianten beharren darauf, dass nur diejenigen, die in der Kultur gelebt und diese erfahren haben, die ihre Identität ausmacht, deren Realität verstehen können. In dieser Sichtweise verleiht Identität das Patent darauf, sich zu Angelegenheiten äußern zu dürfen, die eine bestimmte Kultur betreffen.
Zunehmend behaupten Befürworter der Identitätspolitik, dass über manche Sachverhalte nur Frauen oder Homosexuelle sprechen können. Auf Kultur und Identität bezogene Grenzen haben sich verfestigt und werden nun intensiv kontrolliert. Wer das Monopol der kulturellen Ingenieure über das Verständnis ihrer Identität in Frage zu stellen droht, stößt oft auf ein „Zutritt verboten“-Schild. Wer es trotzdem wagt, in einen abgegrenzten kulturellen Raum einzudringen, wird der ausbeuterischen kulturellen Aneignung (cultural appropiation) bezichtigt.
Das Dem-Opfer-glauben-Dogma wurde zum Argument recycelt, um Diskussionen zu jeglichen Themen zu unterbinden, die Identitätsbewegte als anstößig empfinden. Von deren Standpunkt aus ist jede Kritik an identitätspolitischen Anliegen ein Kulturverbrechen. Die Verpflichtung, Personen, die Opferidentität beanspruchen, zu glauben und sie nicht zu kritisieren, wird therapeutisch gerechtfertigt. Kritik mache psychologisch gesehen nochmals zum Opfer und verursache deshalb psychische Verwundungen und seelische Schäden. Diese therapeutisch geprägte Argumentation gegen kritische Werturteile und Meinungsfreiheit sieht Kritik nicht nur als Angriff auf Ansichten und Meinungen an, sondern auch als Angriff auf die Person, die diese vertritt. Das Ergebnis ist Zensur und Illiberalität. Deshalb ist es in der Gesellschaft, und vor allem an Universitäten, oft unmöglich, bestimmte Themen zu debattieren.
Das Ende der Solidarität
Seit ihrem therapeutischen Wandel ist Identitätspolitik weniger als ihre Vorläufer in den 1960er- und 70er-Jahren auf politische und soziale Themen fokussiert. Die zeitgenössischen Formen der Identitätspolitik verwenden viel Energie darauf, Anerkennung und Respekt einzufordern. Die Identitätspolitik der alten Tage verstand kritisierte Zustände als politische, ökonomische oder soziale Hindernisse und richtete ihre Energie darauf, diese Diskriminierung zu überwinden. Obwohl sie sich der Förderung von Gruppenidentitäten verschrieben hatte, war ihr vornehmliches Ziel die Gleichheit. Ohne Zweifel besaß sie starke separatistische Tendenzen und eine selbstbezogene Weltanschauung. Aber anders als die Identitätspolitik heute übersetzte sie ihre Ziele nicht in die psychologische und narzisstische Sprache des „Alles dreht sich um mich“. Der Feminismus der 1970er-Jahre kämpfte für die Überwindung der Hindernisse, die Frauen davon abhielten, Gleichheit mit Männern zu erreichen. Feministinnen, die mit dem gleichen Maßstab wie Männer gemessen werden wollen, unterscheiden sich deutlich von denen, die Geschlechterunterschiede betonen und herausarbeiten, „Safe Spaces“ und Schutz vor Mikroaggressionen wie unglücklich formulierten Komplimenten fordern.
Die Tendenz zur Fragmentierung und Individualisierung ist eines der am wenigsten beachteten, aber kennzeichnenden Merkmale der aktuellen Identitätspolitik. Ein deutlicher Trend geht dahin, dass Identitätsgruppen ausufern und sich separieren. Überdies will jeder ein Stück vom Kuchen abhaben. Seit die Kontroverse über Cultural Appropriation hochkochte, beanspruchen alle möglichen Akteure ein Patent auf ihre Kultur. Gruppen, die bisher am Rande der Kulturpolitisierung gestanden haben, übernehmen aktuell Sprache und Praktiken der Identitätspolitik. Chinesische Auslandsstudenten haben beispielsweise versucht, Debatten über das Verhalten ihrer Regierung gegenüber Tibet zu beenden, indem sie sich darauf beriefen, diese als kulturell unsensibel und beleidigend zu empfinden. Muslimische und jüdische Studenten haben „Safe Spaces“ verlangt und ein paar konservative Schutz vor verbalen Attacken auf dem Campus gefordert. Durch lauter werdende Rufe nach dem Schutz der „weißen Identität“ ist Identitätspolitik mittlerweile zur Karikatur ihrer selbst geworden.
Manche Anhänger der Identitätspolitik betrachten sich gegenseitig als Verbündete. Allerdings erschwert die Politisierung der Kultur generell das Schmieden belastbarer Allianzen zwischen verschiedenen Gruppen. Das zeigt sich aktuell am scharfen Konflikt zwischen Feministen und Trans-Aktivisten. Zwischenmenschliche Solidarität ist eines der größten Opfer der Identitätspolitik. Sobald sich verschiedene Gruppen in ihre „Safe Spaces“ zurückgezogen haben, bleibt kaum noch Platz für diejenigen, die sich der Politik der Solidarität und dem Ideal des Universalismus verschrieben haben.
Die „Fridays for Future“-Bewegung besteht aus privilegierten Akademikerkindern und Großstädtern, die glauben, auf den Rest der Gesellschaft arrogant herunterblicken zu dürfen. Ein Insiderblick.
Zitat: Am 19. März war es wieder soweit: Fridays for Future rief zum globalen Klimastreik auf. Die einst so lautstark auftretende Bewegung spielte zuletzt jedoch kaum noch eine Rolle. Bilder bunter Demonstrationen sind in Zeiten des Lockdowns menschenleeren Straßen gewichen. Corona bestimmt längst nicht nur die Talkshows und Zeitungen, die Pandemie raubt inzwischen auch Millionen von besorgten Menschen den Schlaf. Einzelhändler, Gastronomen, Künstler: Sie alle tragen seit Monaten ihren einsamen Kampf um die eigene Existenz aus. In meinem Bekanntenkreis erlebe ich deshalb gerade eine gefährliche Spaltung: Meine wohlbehüteten Freunde haben noch immer das Privileg, eine drohende Klimaapokalypse als das zurzeit dringlichste politische Thema ansehen zu können, während andere voller Ohnmacht den tagtäglichen Zusammenbruch ihrer eigenen Welt erleben.
Doch viele privilegierte Aktivisten verhalten sich, als ob all diese Ängste gar nicht existieren würden. Was sind schon zerstörte Biografien im Vergleich zur großen Apokalypse? In den Augen gymnasialer Weltenretter sind dies ohnehin nur weitere Kollateralschäden, welche die Hinfälligkeit des blutrünstigen Systems aufzeigen. Die Systemüberwindung ist jedoch für besorgte Menschen momentan ganz weit weg. Slogans wie „There are no jobs on a dead planet“ oder die Besetzungen von Fabriken empfanden viele Menschen in den vergangenen Monaten daher als zynisch und weltfremd.
Fridays for Future verbreitet auch in unserer Wirtschaftskrise leider noch immer viel zu häufig die Botschaft, dass Industrie und Arbeiter einer ökologischen Zukunft im Wege stehen. So stößt der anhaltende Post-Materialismus des grün-bürgerlichen Nachwuchses in vielen Wohnzimmern auf großes Unverständnis. Was wird wohl ein zutiefst verängstigter Familienvater denken, wenn er in den Nachrichten Plakate wie „We want a hot date not a hot planet“ zu lesen bekommt? Die Klimabewegung, die in ihrem Auftreten bereits vor dem Ausbruch des Virus vielfach als elitär und abgehoben empfunden wurde, muss nun aufpassen, dass sie nicht endgültig den Rückhalt aus der Bevölkerung verliert.
Abgehobene Zirkel
Das typische Milieu der meisten „Fridays for Future“-Demonstranten kenne ich gut. Es ist in gewisser Weise mein eigenes und das meines jetzigen Freundeskreises: großstädtisch, linksliberal, hip. Arzttöchter treffen darin auf Juristensöhne. Gin-Tasting und Diskussionen über plastikfreies Einkaufen und Zero Waste stehen nebeneinander auf der Tagesordnung. Veganismus zählt ebenso zum unausgesprochenen Codex des Hip-Seins wie der Einkauf im Second-Hand-Laden. Und der Bioladen um die Ecke wertet die Lage der eigenen Wohnung selbstverständlich auf.
Akademikerkinder bleiben unter sich. Querschnitt der Gesellschaft also, den die Klimaproteste abbilden? Weit gefehlt! „Fridays for Future“ ist die Rebellion der Privilegierten und die Bewegung bietet ihnen die perfekte Möglichkeit, ihren eigenen kosmopolitischen Lebensstil und das eigene Talent zur Schau zu stellen.
Viele meiner klimabegeisterten Freunde fragen sich, warum die soziale Herkunft der Demonstranten überhaupt eine Rolle spiele. Sei das nicht absolut unwichtig? Hauptsache, die Erde werde gerettet, so ihre Überzeugung. Vom wem, sei dabei doch egal. Lange genug habe die Bevölkerung geschwiegen, und jetzt müsse endlich aufgestanden werden. Ich gebe zu, der Gedanke ist in seiner Konsequenz natürlich überaus reizvoll und die gesellschaftliche Herkunft als Argument gegen eine Gruppe zu verwenden natürlich unsinnig. Auch mich packte der skizzierte Kampfgeist anfangs. Zu Beginn meiner Teilnahme an „Fridays for Future“ zählte für mich nur die Weltrettung; wer an meiner Seite stand, das war mir egal. Und das wäre es mir bis heute.
Doch was mir nicht egal ist, das ist das Verhalten und die Argumentation der Menschen, mit denen ich gemeinsam demonstriere. Und hier schließt sich der Kreis, denn der soziale Background sagt dann eben doch mehr über die Bewegung aus, als den Demonstranten lieb ist. Tatsächlich bin ich der Meinung, dass die soziale Herkunft der jungen Protestler der eigentliche Geburtsfehler von „Fridays for Future“ ist: Die Bewegung war von Anfang an viel zu homogen, viel zu elitär und entsprechend viel zu abgehoben, als dass sie dies selbst überhaupt auch nur bemerkt hätte. Nur wem es materiell gut geht, der hat letztlich die Zeit und auch die Muße, den Klimaschutz als das persönlich wichtigste und auch einzige politische Thema unserer Zeit zu betrachten und ihm alles andere unterzuordnen.
Die Bewegung in ihrem Elfenbeinturm merkt gar nicht, dass ihre Kritik den Lebensstil sozial Schwächerer betrifft, die aus finanziellen Gründen nicht immer die freie Wahl haben. Sie werden als Klimasünder gebrandmarkt, weil sie nicht im Bioladen einkaufen, sondern beim Discounter. Dass es Menschen gibt, bei denen die Sorgen angesichts immer höherer Strom- und Mietpreise die Diskussion über den Verzicht auf Flugreisen von vornherein obsolet machen, das kommt den Demonstranten gar nicht in den Sinn.
Wie auch? In ihrer wohlbehüteten Lebenswelt ist das alles ganz weit weg. Gerade das macht die Bewegung zu einem Risiko, denn sie setzt den sowieso schon fragilen Zusammenhalt unserer Gesellschaft aufs Spiel. Für einen großen Teil der Bevölkerung überwiegen jedoch andere, dringlichere Alltagssorgen. Wer angesichts der Ankündigungen der Industrie Angst hat, vom Jobabbau betroffen zu sein, für den ist im Moment die Brandrodung im tropischen Regenwald zweitrangig. Genauso ist das Aussterben exotischer Tierarten für jemanden weit entfernt, der sich jeden Tag den Kopf über seine spätere Rente zerbricht. Das bedeutet nicht, dass Alltagssorgen den Blick auf die Probleme des Klimawandels komplett verstellen dürfen, aber es erklärt, dass der Klimawandel für Menschen mit ganz existentiellen Sorgen nicht die erste Priorität darstellt. Es erklärt auch, warum Forderungen zur Rettung des Klimas sozial ausgewogen sein müssen. Und es erklärt auch, warum sich immer mehr Menschen fragen, wann endlich für ihre Alltagssorgen auf die Straße gegangen werde: für bezahlbare Wohnungen, für gerechte Renten … Themen gibt es viele.
Mein eigener Weg
Ich stamme selbst nicht originär aus dem großstädtischen Milieu, sondern komme aus einer Region, die gerne als „Provinz“ abgetan wird. Zeitschriften wie „Landlust“ und „Landleben“ erfüllen zwar die Sehnsucht der Städter nach der reinen Natur, doch scheint dieser Traum indes nur für jene Menschen zu gelten, die sich bewusst für ein Wochenendhaus im Wald entscheiden. Wer jedoch in der ländlichen Umgebung aufgewachsen ist, scheint davon kaum zu profitieren.
Meine Eltern leben in der Pfalz. Dort bin ich auch aufgewachsen. Mein Herz hängt an der Region, sie ist landschaftlich wunderschön. Ein Weindorf reiht sich an das nächste. Doch für einen großstädtischen Selbstverwirklicher muss es der größte Albtraum sein. Denn wer die Pfalz nicht kennt: Bei uns gibt es Schlachtfeste statt Whiskey-Verkostung. Die wenigsten Wohnungen sind im Landhausstil eingerichtet. In meinem Heimatdorf werden keine Dokumentarfilme über Gentrifizierung gedreht. Vielleicht verliert sich mal ein Kamerateam bei einer Saumagen-Kerwe in eines unserer vielen Dörfer. Doch das ist selten genug.
Verschlafene Dörfer bieten die perfekte Kulisse, um groß zu werden. Eine heile, idyllische Welt. Doch je älter ich wurde, desto stärker zog es auch mich in die Großstadt. Ich hatte Sehnsucht nach einem Ort, der lebendiger war als die Pfalz. Der mir mehr Abenteuer und Chancen auf dem Weg ins Erwachsenwerden bieten konnte. Eben die große, weite Welt, wie ich dachte. Und deren Vorzüge ich genieße. Immer wenn ich heute nach Hause fahre, habe ich das Gefühl, dass zwei Welten aufeinanderprallen, die nicht wirklich viel miteinander zu tun haben.
Kurz nachdem ich meine ersten „Fridays for Future“-Kundgebungen besucht hatte, stattete ich einmal mehr meiner alten Heimat einen Besuch ab – diese werden immer seltener. Als ich meinen Bekannten dort begeistert von meinen Erlebnissen bei den jüngsten „Fridays for Future“-Demonstrationen erzählte, merkte ich schnell, wie wenig es sie interessierte. Aus reiner Freundschaft und Höflichkeit hörten sie mir mit halbem Ohr zu. Das überraschte mich total. Was in meiner Unistadt das am heißesten diskutierte Gesprächsthema der letzten Wochen war, stieß hier unter meinen alten Schulfreunden auf absolute Gleichgültigkeit. Sie interessierten sich mehr für den letzten Bundesligaspieltag oder ihr letztes Tinderdate als für die große Klimarevolution.
Ehrlich gesagt, reagierte ich zunächst enttäuscht und dann zunehmend wütend auf dieses Desinteresse. Während wir jungen Menschen in den Großstädten versuchen, unseren Planeten zu retten, lassen uns die Menschen in meinem Heimatdorf im Stich, dachte ich. Kapieren die denn nicht, dass auch sie nur einen Planeten zur Verfügung haben, genau wie wir von „Fridays for Future“? Zum Glück behielt ich aus Höflichkeit diese Gedanken für mich.
In den Tagen darauf bekam ich immer häufiger verächtliche Kommentare über „Fridays for Future“ zu hören. In den Augen meiner alten Freunde war „Fridays for Future“ eine „Öko-Sekte“, eben die Selbstinszenierung großstädtischer, linker Spinner. Greta Thunberg nannte jemand „gestörte Nervensäge“. Neben Beleidigungen hörte ich auch heraus, dass sie das bevormundende Auftreten vieler „Fridays for Future“-Demonstranten, die Dieselfahrer und Fleischesser zu Menschen zweiter Klasse machten, immer mehr störte. Je häufiger dies vorkam, desto größer wurde der Keil zwischen meinem aktuellen Großstadtleben und meiner Herkunft aus dem pfälzischen Heimatdorf getrieben. Zwischen meiner alten und neuen Welt. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich nur noch froh, als ich zurück in die Großstadt fahren konnte: endlich wieder die heile Welt, wenn diese auch kurz vor dem Untergang stand.
Seit diesem Besuch reagierte ich ziemlich überempfindlich, wann immer meine „Fridays for Future“-Begeisterung nicht zu 100 Prozent geteilt wurde. In meinen Augen gab es auf einmal nur noch Klimahelden auf der einen Seite oder Klimasünder auf der anderen. Das total Gute oder das absolut Böse. Keine Grautöne. Nichts dazwischen! Ich merkte erst später, wie sehr ich damals bereits beeinflusst von der „Fridays for Future“-Bewegung war.
Am Anfang hatte ich nur Vorwürfe für meine alten Bekannten übrig. Ich unterstellte ihnen, sie seien unpolitisch und ohnehin zu uninformiert über die Welt. Ein Ausgrenzungsmechanismus, der bei „Fridays for Future“ sehr verbreitet ist, wie ich später merkte. Schließlich verspottete ich an der Uni meine alten Bekannten sogar als Provinzler, was ich selbst immer gehasst hatte, wenn meine neuen Freunde aus den Metropolen mich damit aufgezogen hatten. Doch es war so viel einfacher, sie schlicht als uninformierte „Provinzler“ abzutun, statt mit ihnen zu diskutieren und sie ernst zu nehmen. Warum meine Freunde aus der alten Heimat „Fridays for Future“ als überheblich oder abgehoben sahen, das fragte ich nicht, das war mir damals egal. Mögliche Selbstzweifel konnten so gar nicht erst aufkommen.
Was ich noch nicht ahnte: In den kommenden Wochen arbeitete es ordentlich in mir! Immer häufiger dachte ich über die Erlebnisse in meiner Heimat nach. Sie ließen mich einfach nicht los. Woher nur kommt die Ablehnung gegenüber „Fridays for Future“, fragte ich mich. Woher die Gleichgültigkeit angesichts der drängenden weltweiten Klimaprobleme? Das gab es doch einfach nicht, dass meine Freunde diese nicht sahen. Dass sie den Ernst der Lage nicht erkannten. Ich suchte nach Antworten, fand aber keine.
Nach diesem Ereignis änderte sich in mir tatsächlich etwas. Doch ich wollte es mir zunächst nicht eingestehen. Aber je häufiger ich bei „Fridays for Future“ mitdemonstrierte, desto fremder wurde mir die Bewegung. Heute weiß ich: Es brauchte den Aufenthalt in meiner alten Heimat, um die Augen geöffnet zu bekommen. Um zu merken, wie wichtig es ist, andere Lebenswelten verstehen zu wollen, bevor man Menschen einfach abstempelt. Eine Erkenntnis, der sich „Fridays for Future“ in seinem ausgrenzenden Größenwahn verschließt. Doch nur wer auf andere Menschen zugeht, sie ernst nimmt, ihren Alltag verstehen möchte, dem wird auch zugehört. Der kann etwas verändern. Im besten Fall, sogar unseren Planeten retten!
Während „Fridays for Future“ in meinem Heimatdorf keinen Stich machen konnten, waren die Medien umso interessierter. Im Fernsehen kamen immer häufiger Interviews mit Aktivisten. Die Talkshows konnten gar nicht genug von ihnen bekommen. „Markus Lanz“, „Anne Will“ oder „Hart aber Fair“: Alle hatten mindestens einmal eine „FfF“-Aktivistin zu Besuch. Je häufiger ich sie sah, desto mehr störte mich ihr arrogantes Auftreten. Menschen, die ich vor wenigen Monaten noch als inspirierende Persönlichkeiten sah, schaltete ich auf einmal weg. Andauernd hoben sie mahnend den Zeigefinger. Blickten aus dem Elfenbeinturm auf alle Menschen, die anderer Meinung waren, herab.
Bessergestellte Zeigefinger
Dieser Zeigefinger wurde langsam, aber sicher das Wiedererkennungsmerkmal der Bewegung. Ihre Feindbilder waren glasklar. Ihr Weltbild gefährlich eindimensional. Meine Großstadtfreunde bekämpften plötzlich alle, die in ihren Augen eine Mitschuld am Elend der Welt trugen: die Fleischesser, die Plastiktütenträger, die Dieselfahrer, die Kurzstreckenflieger, die Langstreckenflieger, die Kreuzschifffahrtstouristen, die Landwirte und natürlich die bösen SUV-Fahrer. Aber ganz ehrlich: Gehören wir nicht alle immer mal wieder zu einer dieser Gruppen? Als sie auf einmal begannen, jeden Menschen zu verfluchen, der aus Versehen ein Klima-Sündchen beging, und sei es auch nur, den Müll falsch zu trennen, hatte ich das Gefühl, sie befänden sich im ultimativen Kampf gegen den Rest der Menschheit. Elitäre Selbstüberschätzung, wohin ich blickte. In ihrer moralischen Überheblichkeit war (und ist) ihnen gar nicht bewusst, wie viele „normale“ Menschen sie damit vor den Kopf stoßen.
Meine Einschätzung, bei „Fridays for Future“ handle es sich vor allem um eine Bewegung des sozial privilegierten Nachwuchses, ist inzwischen längst mit entsprechenden Zahlen belegt. Das Berliner „Institut für Protest- und Bewegungsforschung“ ging der sozialen Zusammensetzung der Klimabewegung auf den Grund. Dabei befragten sie am 15.März 2019 „Fridays for Future“-Demonstrierende bei Kundgebungen in Berlin und Bremen. Finanziert wurde die Studie von der Bündnis90/Die Grünen-nahen „Heinrich Böll Stiftung“.
Die Studie spricht Bände: Demnach gaben über 90 Prozent der Befragten an, mindestens das Abitur (beziehungsweise die Fachholschulreife) gemacht zu haben oder dies gerade anzustreben. Eine überwältigende Mehrheit von 90 Prozent! Eine Hauptschule besuchte nicht einmal 1 Prozent der Demonstranten. Knapp zwei Drittel der Schüler rechneten sich selbst der oberen Mittelschicht zu. Auch zuvor hatte ich schon keinen Zweifel daran, dass „Fridays for Future“ eine Bewegung der Bessergestellten ist. Aber was ich in dieser Studie zu lesen bekam, übertraf meine Vermutungen noch. „Fridays for Future“ verkörpert damit nicht einmal ansatzweise den Querschnitt der Gesellschaft, wie so oft behauptet wurde.
Mich wunderte, wie wenig das ernüchternde Ergebnis der Studie dann jedoch diskutiert wurde. Dabei musste die Gesellschaft doch aufgeklärt werden über den privilegierten Background und die daraus folgende Abgehobenheit der jungen Protestler. Verändert dies nicht den gesamten Blickwinkel auf die bestimmende gesellschaftliche Debatte der letzten Monate?
Spaltung der Gesellschaft
Mich treiben darüber hinaus auch noch andere Sorgen um. In unserer Zeit wächst nämlich der Verdruss über die Eliten. Das „Wutbürgerphänomen“ ist zu einem der meist diskutierten Themen dieses Jahrzehnts geworden. Intellektuelle weltweit machen sich Gedanken über die Ursache dieser besorgniserregenden Entwicklung. Unsere Gesellschaft erlebt zurzeit einen „Riss“ zwischen zwei großen Bevölkerungsgruppen. Die Politik- beziehungsweise Sozialwissenschaftler Wolfgang Merkel, Ruud Koopmans und Michael Zürn unterscheiden in einem von ihnen herausgegeben Sammelband zwischen „Kosmopoliten und Kommunitaristen“. Es gibt jene, die von der Zukunft profitieren und ihr deswegen gelassen gegenüberstehen. Sie sehen in ihr vor allem die Chancen und betrachten die „Öffnung“ unserer Welt mit Optimismus. Diese Gruppe wird als Kosmopoliten bezeichnet. Doch viele Menschen haben auch Angst vor Veränderungen. Sie glauben, die Zukunft wird nichts Gutes und gegebenfalls nur den stets möglichen gesellschaftlichen Abstieg für sie bereithalten. Angesichts der Öffnung der Welt sehen die Kommunitaristen insbesondere die Gefahren. Sie haben oftmals das Gefühl von den Eliten der Gesellschaft nicht wirklich wahrgenommen zu werden.
Die bekannte Unterscheidung in „Anywheres“ und „Somewheres“ des britischen Journalisten und Autors David Goodhart stützt diesen Befund. Goodhart unterscheidet „Anywheres“, die gebildet und wohlhabend sind und sich auf der ganzen Welt in ihren Kreisen wohlfühlen werden, sowie „Somewheres“. Sie sind ganz anderen sozialen Milieus zugehörig und an einen bestimmten Ort verwiesen, an dem sie arbeiten, leben, ihre Freunde haben und mühsam ihren Status behaupten müssen.
Den allermeisten „Fridays for Future“-Aktivisten gehört die Zukunft. Viele haben die klassische Biographie eines Kosmopoliten. Ihnen wurde durch ihre soziale Herkunft alles in die Wiege gelegt, um zum Profiteur unseres Systems zu werden. Einfach alles stimmt: das Auftreten, das soziale Umfeld und natürlich die Bildung. Obwohl sie den Weltuntergang als permanente Drohung vor sich hertragen, bereitet ihnen ihre Zukunft keine Angst. Warum denn auch? Für sie stehen die Türen der Zukunft sehr weit offen. Sie werden ihr Praktikum in Brüssel und nicht in Bottrop machen. Sie beherrschen die komplizierten Regeln unserer individualisierten Wissensgesellschaft ganz genau. Lieber EU-Kommission als Einzelhandel. Der wird zukünftig eh keine Chance mehr haben. Und außerdem: Connections regeln! Ihr englischer Wortschatz ist meist größer als der deutsche. Perfekt vorbereitet also auf die Zukunft, komme was wolle. Denn sie sind die Elite von morgen. Das Gefährliche: All das ist den Demonstranten meist gar nicht bewusst.
Die gutgebildeten „Fridays for Future“-Demonstranten sehen sich selbst lieber als unverstandene Außenseiter der Gesellschaft. Außenseiter sein, erst das macht das Rebellentum sexy. Dabei denke ich mir: Was muss ein sozial Abgehängter denken, wenn sich auf einmal wohlhabende Kosmopoliten in der Rolle des Außenseiters gefallen! Und sie gefallen sich nicht nur in ihr. Nein, sie inszenieren sie regelrecht. Die klassische Rollenzuteilung zwischen „Täter“ und „Opfer“ wird dadurch gleichsam in fahrlässiger Art und Weise auf den Kopf gestellt: Nicht länger die alleinerziehende Mutter und Multijobberin wird als Opfer der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse gesehen, sondern der klimabewusste Stipendiat und Einser-Abiturient, der erleben muss, wie Billigfleisch-Konsum unsere Umwelt gefährdet.
Doch damit noch nicht genug: Statt den Sorgen hart arbeitender Menschen Gehör zu schenken, wird diesen auch noch ihr umweltfeindliches Dieselauto, das sie für die tägliche Fahrt zum Arbeitsplatz benötigen, zum Vorwurf gemacht. Statt Gerechtigkeitsfragen bei „Fridays for Future“ mitzubedenken, reduzierte sich die Bewegung von Anfang an rein auf Fragen des Lebensstils. Auch in meinem Freundeskreis ist Artensterben einfach cooler als Altersarmut. Ist das Thema Gender hipper als Grundrente.
Vor allem Privilegierte kennen den sozialen Kodex des neuen „moralisch guten“ Lebens. Der neue grün-bürgerliche Habitus regelt das Freund-Feindschema der Klimadebatte. Ein Ausgrenzungsmechanismus, der ohnehin schon schlechter gestellte Menschen oft noch weiter ins Abseits befördert. Ein guter Mensch ist längst, wer ein ökologisch einwandfreies Führungszeugnis vorzeigen kann. Das existenzielle Gefühl vieler, einfach nur irgendwie über die Runden kommen zu müssen, kommt in der Lebenswelt des (groß-)bürgerlichen Nachwuchses nicht vor.
In der Klimadiskussion der letzten Jahre treffen Welten aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein können. Welten, die sich immer weiter auseinanderbewegen. Nicht nur, aber gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise.
Auszug aus dem soeben erschienenen Buch* „Deutschland – verraten und verkauft. Hintergründe und Analysen“ von Wolfgang Bittner, gefolgt von einer Rezension von Willy Wimmer.
Zitat: Unmittelbar nach Bekanntwerden der ersten Covid-19-Erkrankungen haben die deutsche Bundeskanzlerin und Gesundheitsminister Jens Spahn autokratisch quasi den Notstand ausgerufen, und zwar ohne eine genaue Kenntnis über das Virus und ohne eine gewissenhafte Prüfung der Folgen für die Gesellschaft.
Die ohne Einschaltung des Parlaments getroffenen Maßnahmen waren auch nicht auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft worden. Es herrschte zeitweise ein Ausnahmezustand – mit Lockdowns, Sperrstunden, Ausgeh- und Versammlungsverboten –, als befände sich Deutschland im Krieg. Dazu wurden in aller Hast Rettungsprogramme für die Wirtschaft beschlossen, mit denen der Staat riesige Schuldenberge auftürmte.
In diese Zeit fiel eine „Warnung der Kardinäle“.(1) Vier hohe Würdenträger der Katholischen Kirche(2) veröffentlichten Anfang Mai 2020 eine scharfe Kritik an den Corona-Maßnahmen, die jedoch dem großen Verschweigen anheimfiel. Sie warnten: „Es gibt Mächte, die Corona für den Griff nach der Weltherrschaft missbrauchen wollen.“ Es habe sich gezeigt, so die Kardinäle, „dass unter dem Vorwand der Covid-19-Epidemie in vielen Fällen unveräußerliche Rechte der Bürger verletzt und ihre Grundfreiheiten unverhältnismäßig und ungerechtfertigt eingeschränkt werden, einschließlich des Rechts auf Religionsfreiheit, der freien Meinungsäußerung und der Bewegungsfreiheit.“
Die Kardinäle vertraten die Auffassung, die öffentliche Gesundheit dürfe „kein Alibi sein, um die Rechte von Millionen von Menschen auf der ganzen Welt zu verletzen, geschweige denn um die Zivilbehörden von ihrer Pflicht zu entbinden, mit Weisheit für das Gemeinwohl zu handeln.“ Viele maßgebliche Stimmen aus Wissenschaft und Medizin „bestätigten, daß der Alarmismus wegen Covid-19 durch die Medien in keinster Weise gerechtfertigt zu sein scheint“.
Spektakulär ist, was die kirchlichen Würdenträger – wenn auch vorsichtig formuliert – über eine globale Entdemokratisierung sagten:
„Wir haben Grund zu der Annahme – und das auf der Grundlage offizieller Daten zur Epidemie in Bezug auf die Anzahl der Todesfälle –, daß es Kräfte gibt, die daran interessiert sind, in der Bevölkerung Panik zu erzeugen. Auf diese Weise wollen sie dauerhaft Formen inakzeptabler Freiheitsbegrenzung aufzwingen, die Menschen kontrollieren und ihre Bewegungen überwachen. Diese illiberalen Maßnahmen sind der beunruhigende Auftakt zur Schaffung einer Weltregierung, die sich jeder Kontrolle entzieht.“
Die Kardinäle vermuten, „daß in einigen Situationen die Eindämmungsmaßnahmen, einschließlich der Schließung von Geschäften und Betrieben, die zu einer Krise geführt haben, die ganze Wirtschaftssektoren zum Erliegen gebracht haben, ergriffen wurden, um eine Einmischung von fremden Mächten zu begünstigen, mit schwerwiegenden sozialen und politischen Auswirkungen.“ Diese Formen des „Social Engineering“ müssten „von denen, die Regierungsverantwortung tragen, gestoppt werden, indem Maßnahmen zum Schutz der Bürger ergriffen werden, deren Vertreter sie sind und in deren Interessen sie zu handeln haben, wie es ihre ernste Pflicht ist.“
Des Weiteren fordern die Kardinäle die wissenschaftliche Gemeinschaft auf, die medizinische Behandlung von Covid-19 „in aufrichtiger Sorge um das Gemeinwohl“ zu fördern, damit „sorgfältigst vermieden wird, daß zweifelhafte Geschäftsinteressen die Entscheidungen der Regierungen und internationalen Behörden beeinflussen“. Die Regierenden werden aufgefordert, dafür zu sorgen, „daß Formen der Kontrolle über Menschen … auf das Strengste vermieden werden“. Der Kampf gegen die Krankheit, „so ernst er auch sein mag“, dürfe nicht „als Vorwand undurchsichtiger Absichten übernationaler Organisationen und Gruppen dienen, die mit diesem Projekt sehr starke politische und wirtschaftliche Interessen verfolgen“. Auch müsse den Bürgern die Möglichkeit gegeben werden, „Einschränkungen der persönlichen Freiheiten abzulehnen und straffrei sich einer drohenden Impfpflicht zu entziehen und Tracingsysteme oder ähnliche Instrumente nicht zu benutzen“.
Beunruhigend sei, so die Kardinäle, wenn politische Entscheidungen von „Rettern der Menschheit“ getroffen würden, die über keine Legitimation verfügen. Die Medien werden aufgefordert, „sich aktiv zu einer genauen Informationsweitergabe zu verpflichten und Dissens zuzulassen“, anstatt Zensur auszuüben. Korrekte Informationsweitergabe bedeute, „daß auch anderen, von der vorherrschenden Meinung abweichenden Stimmen Raum gegeben wird“ und die Bürger Fakten selber bewusst bewerten können. Eine demokratische ehrliche Debatte sei „das beste Gegenmittel gegen die Gefahr subtiler Formen der Diktatur, vermutlich noch schlimmere als jene, die unsere Gesellschaft in der jüngeren Vergangenheit entstehen und vergehen sah“.
Dass die Aufforderung an die Medien, korrekt zu berichten, ihre volle Berechtigung hatte, bewies sich in den Reaktionen auf den Aufruf. Wenn überhaupt darüber berichtet wurde, dann nur kurz und abwertend. In der ARD-Tagesschau vom 9. Mai 2020 wurden die Kardinäle regierungskonform als Verschwörungstheoretiker herabgewürdigt: „Mehrere katholische Bischöfe kritisieren die Corona-Maßnahmen und greifen dabei auf weitverbreitete Verschwörungstheorien zurück. Sie sehen den ‚Auftakt einer Weltregierung‘.“(3)
Auch aus Kreisen der „Amtskirche“ kam scharfe Kritik. „Krude Verschwörungstheorien ohne Fakten und Belege“, hieß es, jeder, der den Aufruf unterzeichnet habe, entblöße sich selbst.(4) Die Deutsche Bischofskonferenz rügte ihre Würdenträger ebenfalls. Dennoch unterzeichneten im Nachhinein noch zwölf Kardinäle, Bischöfe und Weihbischöfe sowie bekannte Journalisten, Ärzte, Juristen und Organisationen den Aufruf. Allerdings zog Kardinal Robert Sarah, ranghöchster Afrikaner der Weltkirche und amtierender Präfekt der Gottesdienst-Kongregation im Vatikan, seine Unterschrift bereits nach wenigen Stunden zurück.(5) Bis zum Herbst 2020 erhielt der Aufruf etwa 60 000 Unterschriften.
Wie immer man die Warnung der Kardinäle wertet: Allem Anschein nach kam die Corona-Krise den global agierenden Finanz- und Wirtschaftseliten sehr gelegen – soweit sie nicht überhaupt inszeniert worden ist –, um das bestehende Gesellschafts- und Wirtschaftssystem grundlegend umzugestalten. Experten wie der Finanzanalyst und Bestsellerautor Ernst Wolff sprechen von einer digitalen Diktatur, in der „die Entfaltung des Einzelnen von Algorithmen festgelegt, das soziale Zusammenleben überwacht und gesteuert und demokratische Freiheiten nur so weit erlaubt sein werden, wie sie dem Datentransfer von Hochfrequenzrechnern nicht im Wege stehen“.(6) Wenn zum Beispiel Melinda Gates damit renommiert, dass sie jederzeit mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel oder mit der Präsidentin der EU-Ratskommission Ursula von der Leyen sprechen könne, zeugt das von gefährlicher, absolut inakzeptabler Einflussnahme auf die politische Entscheidungsfindung.(7)
Immer wieder war in den letzten Jahren von einem weltweiten „Great Reset“ die Rede, dem eine neue Gesellschaftsordnung folge.(8) In einer Veröffentlichung des Weltwirtschaftsforums (WEF)(9) vom 3. Juni 2020 wurde angekündigt: „‚The Great Reset‘, oder auf Deutsch ‚Der Grosse Neustart‘, wird das Thema eines einzigartigen Zwillingsgipfels im Januar 2021 sein, der vom Weltwirtschaftsforum einberufen wird. Das 51. Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums wird weltweit führende Persönlichkeiten aus Regierung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sowie Stakeholder aus der ganzen Welt in einer einzigartigen Konfiguration zusammenbringen …“(10)Weiter hieß es, der Gipfel – der wegen der Corona-Krise virtuell stattfand – solle dazu dienen, „alle Stakeholder der globalen Gesellschaft in eine Gemeinschaft mit gemeinsamen Interessen, Zielen und Handlungen zu integrieren“. Ein Great Reset sei „notwendig, um einen neuen Gesellschaftsvertrag aufzubauen“. Es geht also um eine neue Weltordnung. Und das Weltwirtschaftsforum ist nur eines von mehreren elitären Zirkeln mit immensem Einfluss ...
Aufschlussreich ist ein Blick auf die Selbstdarstellung des WEF: „Im Sinne des ‚Spirit of Davos‘ soll das Open Forum den Dialog zwischen Entscheidungsträgern aus unterschiedlichen Sparten und Lebenslagen fördern, um Lösungen zu den dringlichsten globalen Herausforderungen unserer Zeit zu suchen.“(11) „Strategische Partner“ sind etwa einhundert Unternehmen von globaler Bedeutung, die den harten Kern bilden und über Programme und Ziele befinden. Um nur einige zu nennen: Allianz, Bank of America, BlackRock, BP, Credit Suisse, Deutsche Bank, Deutsche Post DHL, Facebook, die Gates Foundation, Goldman Sachs, Google, der Pharmakonzern Johnson & Johnson, Mastercard, Mitsubishi Corporation, Paypal, SAP, Saudi Aramco, Siemens oder auch der Medienkonzern Thomson Reuters.(12)
Der Publizist Paul Schreyer schreibt: „Man könnte das WEF als eine Art modernes ‚Politbüro des Kapitalismus‘ bezeichnen, wo große Linien für das weitere internationale Vorgehen überlegt und dann gemeinsam umgesetzt werden. Der rote Faden sind die Bemühungen zur globalen Verzahnung von Regierungs- und Konzerninteressen, freundlich bezeichnet als ‚öffentlich-private Zusammenarbeit‘ (‚Public-Private Cooperation‘).“(13)
Der Gründer und Geschäftsführer des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, und sein Co-Autor, der Wirtschaftswissenschaftler Thierry Malleret, präsentieren in dem 2020 erschienenen Bestseller „Covid-19: Der große Umbruch“ ihre Vorstellungen einer nahen Zukunft. Sie prognostizieren, dass ein radikaler Umbruch eine „neue Realität“ herbeiführen wird und
„die Welt, wie wir sie in den ersten Monaten des Jahres 2020 kannten, nicht mehr ist“.
Es werde eine „neue Normalität“ geben, so die Autoren. „Vieleunserer Überzeugungen und Annahmen darüber, wie die Welt aussehen könnte oder sollte, werden in diesem Prozess zerschlagen werden.“ Schwab und Malleret verbinden die Corona-Pandemie und die panische Angst vor dem Virus mit den nach ihren Intentionen bevorstehenden grundlegenden globalen Veränderungen. So weit ist also nichts geheim, man kann alles erfahren und sogar nachlesen.
Die bekannte US-amerikanische Journalistin Diana Johnstone schreibt dazu in ihrem Essay „The Great Pretext“: „Dies ist die Stimme der Möchtegern-Global Governance. Von oben entscheiden Experten, was die Massen wollen sollen, und verdrehen die angeblichen Wünsche des Volkes, damit sie in die Profitschemata passen, mit denen sie hausieren gehen. Ihre Schemata konzentrieren sich auf digitale Innovation, massive Automatisierung durch ‘künstliche Intelligenz‘ und schließlich sogar auf die ‘Verbesserung‘ des Menschen, indem sie ihn künstlich mit einigen Eigenschaften von Robotern ausstatten: z. B. Problemlösung ohne ethische Ablenkungen.“(14) Johnstone warnt vor dem Weltwirtschaftsforum als einer „Kombination aus kapitalistischer Beratungsfirma und gigantischer Lobby“, die eine „vierte Industrielle Revolution“ vorbereiten soll.
Der Schriftsteller und PublizistDr. jur. Wolfgang Bittnerlebt in Göttingen. 2019 sind von ihm der Roman „Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen“ sowie das Sachbuch „Der neue West-Ost-Konflikt – Inszenierung einer Krise“ erschienen.
Quellen und Anmerkungen
* „Deutschland – verraten und verkauft. Hintergründe und Analysen“, Verlag zeitgeist, Höhr-Grenzhausen, März 2021.
Deutschland – verraten und verkauft - Hintergründe und Analysen
Kurzbeschreibung von der Buchrückseite:
Auf den ersten Blick mag es provokant klingen, doch wird es von Wolfgang Bittner mit Fakten so schlüssig wie erstaunlich belegt: Deutschland war und ist verraten und verkauft. Diese zentrale Erkenntnis vermittelt er im Buch, indem er sich der Thematik gleichsam in konzentrischen Kreisen nähert – stets darauf bedacht, seine Aussagen mit Zitaten von Experten zu stützen. Der Leser erhält so einen umfassenden Überblick über die Hintergründe der derzeitigen weltpolitischen Situation, auch Deutschlands Perspektive in Nach-Corona-Zeiten bleibt nicht unbeachtet.
Zunächst erläutert der Autor die überragende geopolitische Bedeutung Eurasiens und wendet sich dann dem von den USA angeführten fatalen Aggressionsbündnis gegen Russland und China zu. Umfassend geht er auf die Missachtung deutscher Interessen durch die US-amerikanische sowie auch die offizielle deutsche Politik ein und verweist warnend auf das Gewaltmonopol der Vereinigten Staaten und deren unipolaren Machtanspruch. Weitere Stichworte sind Versailles, Weimarer Republik und Hitlers Aufstieg, das Versagen der Medien, aber auch die Corona-Krise in Verbindung mit dem sogenannten Great Reset.
Das vorliegende Werk bietet mit seinen zahlreichen Zitaten und Hinweisen einen unschätzbaren Fundus an politischem, kulturwissenschaftlichem und historischem Wissen.
Klappentext:
Die USA maßen sich an, Einfluss auf alles zu nehmen, was in der Welt geschieht. Als höchstgerüstete Militärmacht setzen sie ihre wirtschaftlichen und strategischen Interessen rücksichtslos mittels völkerrechtswidriger Interventionen, Sanktionen und Kriegen durch. Deutschland, seit 1945 Frontstaat und Brückenkopf der USA, folgt weitgehend den Vorgaben aus Washington und macht sich mitschuldig. Politik und Gesellschaft, Organisationen und Medien, sogar Regierung und Parlament sind durchsetzt mit korrumpierten oder ideologisch befangenen Einflusspersonen, die nicht das Wohl der breiten Bevölkerung im Blick haben. Im Hintergrund agiert eine kleine Gruppe egomanischer Multimilliardäre, die sich als Weltelite versteht. Sie wirkt auf die Politik der westlichen Welt ein und verfügt über die dafür notwendigen Mittel und Hilfskräfte. Insofern ist es an der Zeit für eine fundamentale Umorientierung, wozu es zuvorderst umfassender Aufklärung bedarf.
Erschienen im Verlag zeitgeist am 19.3.2021, Broschur, 320 S. mit 33 Abbildungen, 19,90 €
Rezension von Willy Wimmer
Ein Überblick über die weltpolitische Situation und die Position Deutschlands
Wie schon in seinen Büchern „Die Eroberung Europas durch die USA“ (2014) und „Der neue West-Ost-Konflikt“ (2019), gelingt es Herrn Dr. Wolfgang Bittner, mit seinem neuen Buch Licht in die von Politik und Medien systematisch verdunkelten Hintergründe der aggressiven Sanktions- und Kriegspolitik der von den USA angeführten westlichen Allianz zu bringen. Auch in seinem 2019 erschienenen Roman „Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen“, der den Zeitraum vom Zweiten Weltkrieg bis in die 1950er Jahre abbildet, ging der Autor auf die verheerenden Einflüsse der angelsächsischen Imperialmächte auf das Geschehen in Mittel- und Osteuropa ein. Rückwirkend erzählt er darin auf berührende Weise von dem Erleben einer bürgerlichen Familie aus Oberschlesien, dem damals zweitgrößten deutschen Industriegebiet, und von dem Verlust von Heimat Millionen Deutscher.
Es ist die Welt, die Herrn Dr. Wolfgang Bittner, am Herzen liegt. Da ist es kein Wunder, wenn der Autor sich mit einem bewusst provokanten Titel seines neuen Buches an eine deutsche Öffentlichkeit wendet, die eine ambivalente Haltung zum eigenen Land hat. Die einen erkennen Deutschland, das Land in dem sie entweder in der Bonner Republik oder der DDR groß geworden sind, nicht mehr wieder. Die anderen wollen ein anderes Land. Sie sind offenbar bereit, die Inschrift am Reichstag, der dieses Gebäude "dem deutschen Volke" widmet, in den kommenden Jahren wegzumeißeln.
Der Zugang, den die Leserin und der Leser von "Deutschland – verraten und verkauft" zum Buch finden kann, erfolgt fast zwangsläufig über die jüngsten Veröffentlichungen von Herrn Dr. Bittner. Er blickt auf unseren gemeinsamen Kontinent Europa, und berichtet eigentlich voller Entsetzen darüber, wie eine ortsfremde Supermacht sich unseren Kontinent gefügig macht. Und dies in einer Art und Weise, dass die sehr eigene Kenntlichkeit Europas nicht nur völlig abhandenkommt. Europa ist dabei, dem Weltherrschaftsanspruch der Vereinigten Staaten anheim zu fallen.
Über die Folgen lässt Herr Dr. Wolfgang Bittner keinen Zweifel. Er hat einen nicht nur geschärften Blick dafür, der chirurgisch präzise ist. Dies hat er in seinem Roman über das verlorene Schlesien deutlich gemacht. Wer sich über die Folgen einer Politik des Verhängnisses im Klaren sein will, der muss geradezu "Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen" lesen. Dieses Buch ist nicht nur das manifeste Denkmal für die deutsche Heimat des Autors. Er verschafft damit Schlesien einen Platz in der Erinnerung des deutschen Volkes, wenn es sich denn erinnern will.
Herr Dr. Bittner zeigt in "Deutschland – verraten und verkauft" Konsequenzen auf. Konsequenzen, die er zu Schlesien, Flucht, Vertreibung und Nicht-Willkommen sein einfühlsam beschrieben hat. Wer das nicht vor Augen hat, wenn sie oder er sich mit der heutigen Lage beschäftigt, wird wieder auf Elendszüge durch Europa stoßen.
Es ist ein sehr verdienstvolles Unterfangen des Autors, die jüngste Entwicklung in den Vereinigten Staaten mit der Wahl des Präsidenten Joe Biden und die Corona-Pandemie unter sein eigenes Brennglas für Entwicklungen gelegt zu haben. In den letzten vier Jahren gab es für Europa geradezu eine Zeit, in der Krieg in Europa abwesend zu sein schienen, obwohl die andere Seite des Imperiums weiter ihre Strippen zog, wie gegen Russland gerichtete Großmanöver deutlich gemacht haben. Herr Dr. Bittner weist darauf hin, dass diese Zeit, ungenutzt durch europäische Regierungen mit dem neuen amerikanischen Präsidenten Joe Biden und seiner trainierten Mannschaft vorbei ist. Es ist seine Mahnung, wenn in Berlin und Brüssel eine Politik gestaltet wird, die nicht die Interessen des deutschen Volkes und seiner Nachbarn im Auge hat.
- - - -
Kommentare
cruiser am 25.03.2021 um 13:38 Uhr
Auch wenn wir das alles Lesen und Wissen, aber solange wir nur auf dem Sofa , am Fernseher oder PC sitzen bleiben , wird sich nichts, aber auch gar nichts ändern !
ironalex am 25.03.2021 um 14:28 Uhr
»Die Schockstrategie«, Naomi Klein, erschienen im Hoffmann und Campe Verlag.
Seit Milton Friedman und seinen Chicago-Boys wird das praktiziert, was wir derzeit wieder mal erleben dürfen, Shock and Awe!
Herrn Bittners Bücher habe ich schätzen gelernt. @cruiser: Chapeau! Aber wir sind immer noch zu wenige :–(.
bluestar am 25.03.2021 um 16:14 Uhr
@cruiser Genauso ist es!! Aber WIR sind vielleicht 10% der Bevölkerung und von denen wiederum getraut sich die Hälfte nicht aufzustehen und die andere Hälfte ist zersplittert. Der Glaube und das vertrauen der Massen an das System der Blockparteien scheint unerschütterlich, wie die Wahlen in BW und RPF belegt haben.
juergenlb am 25.03.2021 um 16:35 Uhr
@cruiser: Das stimmt! Und dennoch sei hinzugefügt, dass immer mehr "Stimmen" - Menschen - laut werden und damit die Hintergründe, die viele, viele noch garnicht fassen, geschweige denn glauben wollen, ans Tageslicht bringen! Ich bin nach wie vor frohen Mutes, dass es zu einer besseren Welt kommen wird, in der wir Menschen wieder als Menschen leben können und nicht als Produktionsfaktor oder sogar "Personal" ;-) !!! Liebe Grüße und recht herzlichen Dank für einen weiteren offenen Beitrag!!! JLB
„Desinformation und Propaganda mit falscher Flagge zerstören das unbestechliche Gut der Glaubwürdigkeit von Politik“
nachdenkseiten.de, 24. März 2021 um 8:54
Ein Artikel von: Redaktion
Zitat: Der OVCW-Bericht (Organisation für das Verbot chemischer Waffen) zum angeblichen Giftgasangriff in Duma steht unter scharfer Kritik. Jüngst haben sich 27 ehemalige Diplomaten, hochrangige Militärs, Schriftsteller und Journalisten mit einer „Erklärung der Besorgnis“ an die Öffentlichkeit gewandt. Ihre Sorge: Die OVCW hat sich offenbar einspannen lassen, um die militärischen Interessen des Westens in Syrien durchzudrücken. Karin Leukefeld sprach für die NachDenkSeiten mit dem ehemaligen hochrangigen UN-Diplomaten Hans von Sponeck, der zu den Unterzeichnern dieser Erklärung gehört.
„Wir möchten unsere tiefe Besorgnis über die anhaltende Kontroverse und die politischen Auswirkungen zum Ausdruck bringen, die es um die OVCW und ihre Untersuchung über den angeblichen Angriff mit chemischen Waffen in Duma, Syrien, am 7. April 2018 gibt.“
Mit diesen Worten beginnt die „Erklärung der Besorgnis“, die am 12. März 2021 international bekannt wurde. Seit Veröffentlichung des Abschlussberichts im März 2019 habe es„zahlreiche, beunruhigende Entwicklungen“ gegeben, die „ernste und erhebliche Besorgnis hinsichtlich der Ausführung dieser Untersuchung hervorgebracht“ und „schwerwiegende geo-politische und Sicherheitsfolgen“ bewirkt habe.
27 ehemalige UN-Diplomaten, Politiker, langjährige OVCW-Inspektoren, chemische Waffenexperten, hochrangige Militärs, Schriftsteller und Journalisten unterzeichneten die Erklärung und forderten den OVCW-Generaldirektor auf, dass „ein transparentes und neutrales Forum zur Verfügung gestellt wird, in dem die Bedenken aller Ermittler gehört werden können und zusätzlich sicherzustellen, dass eine vollkommen objektive und wissenschaftliche Untersuchung durchgeführt wird.“ Nur so könnten „Glaubwürdigkeit und Integrität der OVCW wieder hergestellt werden“.
Während in den USA darüber in der Tucker Carlson Show bei Fox News bereits berichtet wurde und in England die Daily Mail on Sunday der Erklärung eine Seite widmete, haben bisher in Deutschland die großen Tages-und Wochenzeitungen ebenso wie Funk und Fernsehen geschwiegen.
Einer der Unterzeichner ist Hans von Sponeck. Der langjährige UN-Diplomat sprach mit Karin Leukefeld darüber, warum er die „Erklärung der Besorgnis“ unterzeichnet hat.
Zur Person: Hans von Sponeck hat von 1968 – 2000 für die Vereinten Nationen gearbeitet. 1998 bis 2000 war er als UN-Koordinator und beigeordneter UN-Generalsekretär verantwortlich für das Programm „Öl für Nahrungsmittel“ im Irak. Aus Protest über die verheerenden Auswirkungen des Programms auf die irakische Bevölkerung trat er von seinem Amt im Februar 2000 zurück. Seine Erfahrungen über „Das Sanktionsregime der UNO im Irak“ fasste er in dem Buch „Ein anderer Krieg“ (deutsche Ausgabe 2005 im Verlag Hamburger Edition) zusammen. Seit 2006 ist von Sponeck Lehrbeauftragter am Zentrum für Konfliktforschung der Universität Marburg.
Herr von Sponeck, Sie sind ein erfahrener UN-Diplomat und kennen den Mittleren Osten, besonders den Irak, aus eigener Erfahrung. Ist der Krieg in Syrien vergleichbar mit dem früheren Geschehen im Irak?
Keine kriegerische Auseinandersetzung im Mittleren Osten ist so komplex wie der andauernde Konflikt, der Krieg in Syrien, der nun schon zehn Jahre dauert. Der interne Aufstand von 2011 wurde schnell zu einer breiten Konfrontation von Gruppen, die wenig mit dem inner-syrischen Konflikt zu tun hatten, aber viel mit nationalen Interessen der Nachbarländer und der von Großmächten, die ihre eigenen geopolitischen Ziele verfolgten.
Im Laufe der Jahre ist es für Beobachter immer schwerer geworden zu erkennen, wer von den internen und externen Parteien für einzelne Angriffe verantwortlich war. Gleichzeitig nahmen die Zerstörung des Landes und die Verschärfung des Leidens der Menschen unaufhaltsam zu.
Sie haben sich mit einer „Erklärung der Besorgnis“ an die Organisation für das Verbot von chemischen Waffen“, die OVCW, gewandt. Warum sind Sie besorgt?
Heute ist der Öffentlichkeit bekannt, dass alle Kontrahenten in Syrien – die syrische Regierung, die internen Oppositionsgruppen, selbst ernannte Herrscher und andere Staaten – das Kriegs- und das humanitäre Völkerrecht auf brutalste Weise und wiederholt gebrochen haben. Die 1997 gegründete Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) hat – ganz allgemein – ja den Auftrag, dieses Verbot umzusetzen und für die Vernichtung von chemischen Waffen zu sorgen. In Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen soll die OVCW alles tun, um ein völkerrechtswidriges Vorgehen und den Einsatz von chemischen Waffen zu verhindern. So jedenfalls ist es in der Chemiewaffen-Konvention vorgesehen, die von den OVCW-Mitglieds- oder -Vertragsstaaten unterzeichnet wurde. Der Auftrag der OVCW in Syrien war genau das, untersuchen und feststellen, ob chemische Waffen eingesetzt wurden.
In der „Erklärung der Besorgnis“ geht es ja konkret um den Fall Duma, wo es im April 2018 angeblich einen Chemiewaffenangriff gab.
Fünfzig syrische Bürger sollen dabei getötet worden sein, und zwar, so der OVCW Abschlussbericht zu Duma, angeblich durch einen Angriff mit chemischen Waffen. Inzwischen ist allerdings die Zahl von Dokumenten, wissenschaftlichen Gutachten und Aussagen von OVCW-Mitarbeitern gestiegen, die bezeugen, dass über das Geschehen damals in Duma ein falsches Bild verbreitet worden ist. Das alles deutet darauf hin, dass ein bestimmtes politisches und militärisches Vorgehen legitimiert werden sollte. Darum haben wir die „Erklärung der Besorgnis“ veröffentlicht.
Das ist ein schwerer Vorwurf.
Es geht hier nicht um Spekulation oder Annahmen, sondern um Fakten, die bezeugen, dass das OVCW-Management in Absprache mit verschiedenen Regierungen ein falsches Bild für das Geschehen in Duma aufgebaut hat. Dabei wurde die Verpflichtung der OVCW vergessen, dass sie sich „zu allen Zeiten professionell und mit Integrität zu verhalten habe“. So steht es in den selbstgesetzten OVCW-Werten.
Einer Ihrer Mitunterzeichner, der britische Lord West, wurde von der Regierung in London beschuldigt, sich an „Desinformation und Propaganda“ zu beteiligen. Das sind schwere Geschütze, um Ihre Glaubwürdigkeit zu zerstören.
Lord West ist Mitglied des Britischen Oberhauses, er ist ein Admiral a.D. und war zeitweise in Großbritannien Minister für Sicherheit. Als Mitunterzeichner der „Erklärung der Besorgnis“ äußerte er, auch gegenüber der britischen Regierung, erhebliche Zweifel an der Behauptung, dass chemische Waffen in Duma benutzt worden seien. Seine Forderung nach einer Untersuchung hat zu harten Vorwürfen gegen ihn geführt. Dahinter steht wohl die Furcht, dass es zu einer Strafverfolgung wegen der Manipulationen kommen könnte.
Die Hinweise auf falsches Verhalten innerhalb des OVCW-Managements sind ernst und werden durch Tatsachen gestützt. Das können die britische oder auch andere Regierungen nicht einfach als „ideologisch gefärbt“ oder etwa als „einfältig und naiv“ abtun. So sollte man jedenfalls meinen. Aber sie tun es und die Politik folgt.
Nun, diese Regierungen werden von Interessensgruppen geleitet, die an den Manipulationen beteiligt waren und sie vehement verteidigen. Sie weigern sich, die Tatsachen zu akzeptieren, und treiben die gefährliche Konfrontation immer weiter. Das schadet der syrischen Bevölkerung und verhindert ein friedliches Ende des langen Krieges. Es geht diesen Gruppen nicht um internationales Recht oder Schutz der Integrität multilateraler Einrichtungen.
Den Unterzeichnern der ‚Erklärung der Besorgnis‘ geht es aber um die Wahrheit. Es ist lächerlich zu meinen, dass sie irgendetwas mit Ideologie zu tun haben oder dass sie einen Diktator verteidigen wollen. Es sind 27 international bekannte Personen, die trotz ihres sehr verschiedenen Hintergrunds eines gemeinsam fordern: Wissenschaftliche Erkenntnisse sollen nicht politisiert werden. Dazu fordern wir den OVCW-Generaldirektor Arias auf. Er soll alles tun, um dem Auftrag der OVCW gerecht zu werden. Die OVCW wurde als eine unparteiliche Weltorganisation geschaffen, ihre Pflicht ist es, der Wahrheit zu dienen.
Wen außer der OVCW haben Sie noch über Ihre Erklärung informiert?
Die Erklärung ist dem OVCW-Generaldirektor und allen 193 OVCW-Mitgliedern Mitte Februar zugestellt worden. Während eine OVCW-Reaktion aussteht, haben verschiedene Mitgliedsstaaten bereits deutlich ihre Sorge über diese Entwicklung ausgesprochen. Andere haben bestätigt, dass sie nicht bereit sind, von ihrer Politik der Falschaussagen abzuweichen. Ähnlich wie im Irak der 1990er Jahre scheinen sie sich darauf vorzubereiten, die Öffentlichkeit ähnlich wie damals mit allen Mitteln irrezuführen. Nur um damit ihre Syrien-Politik aufrechtzuerhalten. Dies wird ernste Folgen haben.
Auch die amtierende Präsidentin des UNO-Sicherheitsrates, US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield, der Präsident der UNO-Generalversammlung Volkan Bozkin als auch der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, haben die „Erklärung der Besorgnis“ erhalten. Wir hoffen, dort Gehör zu finden.
Und wer ist die Berlin Gruppe 21?
Wir sind eine kleine Gruppe von Personen verschiedener Länder, die mit Hilfe der Unterzeichner der Erklärung sicherstellen will, dass eine Untersuchung der Vorgehensweise der OVCW über den Duma-Vorfall stattfindet, dass die Öffentlichkeit die Tatsachen erfährt und informiert bleibt. Dafür haben wir auch Hintergrundmaterial veröffentlicht. Wir werden weltweit im Gespräch bleiben, um das Recht auf Wahrheit über das Geschehen in Duma zu verteidigen.
Lassen Sie uns bitte mehr ins Detail gehen. Worauf basieren Ihre Erkenntnisse, dass etwas mit dem Abschlussbericht zu dem angeblichen Chemiewaffenangriff auf Duma nicht stimmt? Um welche Tatsachen geht es da?
Eine Tatsache ist, dass der ursprüngliche, interne OVCW-Bericht über Duma keine Beweise für den Einsatz von chemischen Waffen beinhaltete. Tatsache ist auch, dass das OVCW-Management kurz vor der geplanten Veröffentlichung des ersten Zwischenberichts im Sommer 2018 und ohne Wissen von mehreren an der Duma-Untersuchung beteiligten OVCW-Wissenschaftler den ursprünglichen durch einen „überarbeiteten“, einen manipulierten Bericht ersetzen wollte. In diesem Bericht hieß es fälschlich, dass in Duma Chlorgas eingesetzt wurde. Schließlich wurde diese „überarbeitete“ Version nicht veröffentlicht, weil die OVCW-Wissenschaftler protestierten. Tatsache bleibt gleichwohl, dass eine Fälschung versucht wurde. Tatsache ist weiterhin, dass der Abschlussbericht zu Duma, der schließlich am 1. März 2019 veröffentlicht wurde, Schlussfolgerungen enthielt, die von dem ursprünglich eingesetzten OVCW-Untersuchungsteam nicht gemacht worden waren. Der ursprüngliche Bericht enthält keine Beweise, dass Chlorgas in Duma eingesetzt wurde, im Abschlussbericht fehlt das.
Und wie ist es mit den 50 Todesopfern, die gefunden wurden?
Auch dazu wurde in dem Abschlussbericht nicht erwähnt, dass Toxikologen des ursprünglichen OVCW-Teams zu dem Schluss gekommen waren, dass der Tod der Zivilisten in Duma nicht durch Chlorgas verursacht worden sein konnte. Und es fehlt auch, dass OVCW-Ingenieure des Teams bezeugt hatten, dass es ballistisch unmöglich war, dass die gefundenen Gaszylinder aus der Luft auf das betroffene Haus abgeworfen worden waren. Vielmehr hielten die Wissenschaftler es für wahrscheinlich, dass diese Zylinder wahrscheinlich in das Haus getragen und an dem Fundort platziert worden waren, um ein falsches Bild des Geschehens zu zeigen. Der veröffentlichte Abschlussbericht geht auch nicht auf die Tatsache ein, dass es unter den beteiligten OVCW-Mitarbeitern zu erheblichen Spannungen zwischen Wissenschaftlern des Duma-Teams und später hinzugezogenen Personen gekommen war.
Warum sollte die OVCW sich so sehr von den eigenen Maßstäben entfernt haben?
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, die Zeitleiste der Geschehnisse zu erwähnen: Am 7. April 2018 ereignete sich der Angriff auf Zivilisten in Duma, eine Woche später, am 14. April 2018, wurden Raketenangriffe der USA, Großbritanniens und Frankreichs durchgeführt. Dabei wurden Flugzeuge und Kriegsschiffe im östlichen Mittelmeer, im Roten Meer und im Persischen Golf eingesetzt. Erklärt oder gerechtfertigt wurden die Angriffe damit, dass die syrische Regierung für den angeblichen Einsatz von Chemie-Waffen in Duma bestraft werden sollte. Die Luftangriffe wurden durchgeführt, bevor die OVCW ihre Duma-Untersuchungen aufgenommen hatte! Mit anderen Worten: Auch ohne die OVCW hatte man „bestätigt“, dass Chemiewaffen in Duma eingesetzt worden waren, und damit waren die Luftangriffe als Bestrafung auch legitim. Nun musste nur noch der OVCW-Abschlussbericht zu Duma, der 2019 veröffentlicht wurde, bestätigen, dass die toten Zivilisten in Duma Opfer eines Chemiewaffenangriffs waren. Und das hatten die Regierungen ja schon mit ihren Angriffen ein Jahr zuvor zur ‚Tatsache‘ erklärt.
Das hört sich wie eine Kriminalgeschichte an. Die Regierungen von drei Ländern, die ein Veto-Recht im UN-Sicherheitsrat haben und zusätzlich auch noch über Atomwaffen verfügen, machen Druck auf die OVCW, den Bericht über das Geschehen in Duma zu manipulieren, um den Angriff der drei Länder auf Syrien zu legitimieren?
Das Ganze ist ohne Frage ein sehr beunruhigender Vorgang, aber es ist kein Geheimnis mehr. Die Unterlagen, die das bestätigen, sind einsehbar. Ich meine die ursprünglichen OVCW-Berichtsentwürfe, die bei Wikileaks, von der Courage Foundation und auch von der Berlin Gruppe 21 veröffentlicht wurden und gelesen werden können. Aussagen von OVCW-Mitarbeitern haben diese Dokumente bona fide bestätigt. Außerdem ist bekannt, dass es andere sehr ernste wissenschaftliche und verfahrenstechnische Unregelmäßigkeiten gegeben hat. „Unbequeme“ OVCW-Mitarbeiter wurden ausgeschlossen. Nur um das noch einmal deutlich zu sagen, das sind keine Vermutungen, sondern Tatsachen.
Wenn die OVCW so unter Druck gesetzt werden kann, und das noch versucht zu verbergen, muss man da nicht fragen, wie glaubwürdig die Organisation noch ist?
Es müssen dringende Fragen gestellt werden. Dazu gehört auch die Frage: Wo lag das Interesse der OVCW, es zuzulassen oder sogar zuzustimmen, ihr Mandat zu vernachlässigen? Und die Frage: Gab es einen Auftrag von „draußen“? In der Antwort auf die zweite Frage erklärt sich wohl das Verhalten der OVCW. Es ist kein Geheimnis geblieben, dass amerikanische Diplomaten in der OVCW vorstellig wurden, um sicherzustellen, dass der Bericht Hinweise auf den Einsatz von chemischen Waffen in Duma enthalten würde. Heute sind Einzelheiten darüber bekannt, wie die US-Amerikaner beispielsweise im Irak Druck auf die OVCW ausgeübt haben. Und obwohl beteiligte Regierungen, wie die der USA, Großbritanniens und Frankreichs, die OVCW verteidigen, ist die Behörde doch immer mehr in Verruf geraten. Erneut will ich darauf hinweisen, dass es sich um Tatsachen handelt, nicht um Unterstellungen.
Wie schätzen Sie die Haltung der Bundesregierung ein? Deutschland ist – nach den USA und Japan – der drittgrößte Geber für die OVCW. Das bedeutet auch, Verantwortung zu übernehmen.
Deutschland ist ein wichtiges Land in den großen multilateralen Organisationen wie der UNO und der OVCW. Unsere Regierung muss verstehen, dass die Welt sie beobachtet. Daher sollte sie besonders darauf bedacht sein, dass Deutschland das Völkerrecht achtet und sich in seiner Grundeinstellung korrekt verhält. Die Entwicklung zu Duma in den letzten zwölf Monaten muss dazu führen, dass die Bundesregierung ernsthaft die deutsche Haltung bei der Mitarbeit bei der OVCW überprüft. Es muss geprüft werden, inwieweit Korrekturen in der Mitarbeit speziell im Fall Duma unausweichlich geworden sind. Auf den jährlichen Münchner Sicherheitskonferenzen wird von Politikern immer wieder betont, dass die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik bereit sei, mehr Verantwortung zu übernehmen. Dabei muss es sich um die Bereitschaft handeln, die Integrität und die Redlichkeit der Politik zu verteidigen. Viele Menschen, die Politik verfolgen und mitdenken, zeigen sich beunruhigt über die gefährliche und unehrliche Verhaltensweise im Fall Duma.
Sie waren als beigeordneter UN-Generalsekretär für humanitäre Hilfe im Irak tätig und sind aus Protest über die UN-Sanktionen damals zurückgetreten. In unserem Gespräch haben Sie wiederholt auf den Irak hingewiesen. Sind es diese Erfahrungen im Irak, warum Sie sich jetzt so für die Wahrheit über den OVCW-Bericht zu Duma engagieren?
Tatsächlich erinnert es an den Schaden, den die amerikanischen und britischen Regierungen im Irak während der Jahre der Sanktionen und 2003 durch den völkerrechtswidrigen Krieg angerichtet haben. Die Verelendung eines Volkes, die Verletzung internationalen Rechts und die Schwächung der Vereinten Nationen basierten auf der Unwahrheit über irakische Massenvernichtungswaffen, die nicht existierten.
Desinformation und Propaganda mit falscher Flagge zerstören das unbestechliche Gut der Glaubwürdigkeit von Politik. Deutschland und Europa müssen dieses Gut stärken und schützen. Eine Wiederholung von militärischen Einsätzen in Syrien, die sich nach der Veröffentlichung des zensierten OVCW-Abschlussberichts zu Duma im März 2019 angebahnt hatte, muss verhindert werden. Als Mitglied der BerlinGroup21 stimme ich dem ehemaligen Generaldirektor der OVCW, José Bustani, mit voller Überzeugung zu. Er hat in seiner Erklärung an den UNO-Sicherheitsrat am 5. Oktober 2020 nachdrücklich den jetzigen Generaldirektor Fernando Arias gebeten, die Inspektoren, die Teile des Duma-Berichts mit wissenschaftlich-kritischer Sorge ablehnen, zu einem Gespräch einzuladen. Das muss sein, wenn die OVCW ihre Glaubwürdigkeit wiederherstellen will. Ein solches Gespräch sollte dazu führen, dass der Duma-Abschlussbericht entpolitisiert wird und Regierungen, die die Vorgehensweise der OVCW unterstützt und gefördert haben, dazu beitragen. Der Weg dorthin wird lang sein.