de.rt.com, 19. Juni 2021 17:02 Uhr, von Dagmar Henn
Nichtregierungsorganisationen oder NGOs wurden im politischen Leben auch bei uns in den letzten Jahrzehnten immer wichtiger. Aber ist das wirklich ein Gewinn an Demokratie, wie das vor allem behauptet wird, wenn es irgendwo Auseinandersetzungen um NGOs gibt, oder eher das Gegenteil?
Symbolbild. Indonesische Greenpeace-Aktivisten in Tiger-Kostümen kriechen während einer Demonstration, die den Schutz des Sumatra-Tigers fordert, vor dem Forstministerium in Jakarta, Indonesien, Mittwoch, 18. April 2012.
Zitat: Irgendwie gelten sie als die Guten: die NGOs, oder Nicht-Regierungsorganisationen, wie man auf Deutsch sagt. Darum lässt es sich auch leicht skandalisieren, wenn irgendwo ihre Tätigkeit eingeschränkt wird. Allerdings finden sich unter diesem Etikett völlig verschiedene Organisationen, und während bei klassischen Vereinen und Verbänden relativ klar ist, wer dahinter steht und wessen Interessen vertreten werden, ist das bei vielen NGOs nicht so leicht zu erkennen. Auffällig ist allerdings, dass im Verlauf der letzten Jahrzehnte Organisationen, die von Großspendern abhängig sind oder gleich direkt von ihnen betrieben werden, immer mehr Einfluss gewinnen.
Der Begriff besagt oft nicht einmal das, was er besagen soll. Die Auslandsstiftungen der deutschen Parteien gelten im Ausland auch als NGOs, obwohl ihre Mittel vollständig vom Auswärtigen Amt stammen. Auch wenn man die Strukturen betrachtet, die im Verlauf der letzten Jahre beispielsweise mit der Internetzensur beauftragt wurden, wie Correctiv, handelt es sich dabei um vorwiegend staatlich finanzierte Akteure; und in den Fällen, in denen staatliche Mittel keine Rolle spielen, treten an deren Stelle Großspenden. Für die Spender hat das einen doppelten Nutzen – zum einen können sie ihre Spenden steuermindernd geltend machen, zum anderen können sie die betreffenden Organisationen letztlich in ihrem eigenen Interesse einsetzen.
Als der Begriff NGO aufkam, ging es unter anderem um die Einbindung von realen Organisati-onen realer Menschen wie z. B. von Gewerkschaften, Berufs- oder Frauenverbänden in die Debatten innerhalb der Vereinten Nationen, die ja grundsätzlich aus Regierungen bestehen. Damals war das eine nötige und sinnvolle Erweiterung, die es ermöglichte, soziale und sozio-kulturelle Entwicklungen früher aufzugreifen. Schließlich umfasst die Menschenrechtscharta der UN nicht nur politische, sondern auch soziale Menschenrechte.
Innerhalb der BRD galt dieser Begriff bis in die 1980er Jahre schlicht für die vorhandenen Ver-eine und Verbände. Sie wurden üblicherweise von jenen finanziert, deren Interessen sie vertra-ten. Der Regelfall war tatsächlich eine demokratische Binnenstruktur, bei der sich eventuell vorhandene hauptamtliche Apparate den inhaltlichen Entscheidungen der ehrenamtlichen Führung unterzuordnen hatten, zumindest in der Theorie. Eine Vorgabe, die so auch für die Parteien gilt, die juristisch in Deutschland eine Sonderform des Vereins sind.
Der Wellenbrecher für die Etablierung des Mythos der NGO als einer neuen Form des Guten war Greenpeace. Die Aktionen, die die Organisation bekannt machten, waren spektakulär und erzielten ein – im Verhältnis zum Aufwand – ungeheures Medienecho. Jeder Verein, der sich jahrelang zu seinem Thema abmühte, wurde da blass vor Neid. Greenpeace schien gerade für die Jüngeren das Versprechen, Themen schneller auf die Tagesordnung setzen zu können, als das durch die bekannten demokratischen Strukturen der vorhandenen Verbände möglich war, die wesentlich langsamer auf Veränderungen reagierten.
Diese Langsamkeit war allerdings eine Folge der demokratischen Struktur, und die Schnelligkeit und Effizienz, die Greenpeace ausstrahlte, eine Folge dessen, dass diese Organisation nur sehr begrenzt als demokratisch betrachtet werden kann.
Demokratische Entscheidungen sind, das kann jeder bestätigen, der zumindest schon einmal in einem Verein aktiv war, naturgemäß langsam. Solange die Struktur tatsächlich demokratisches Leben aufweist, die Mitglieder also aktiv inhaltlich mitbestimmen wollen, muss überzeugt werden, bis eine Mehrheit eine Position unterstützt. Im Gegensatz dazu können zentral gelenkte Organisationen sehr schnell bestimmte Entscheidungen treffen und umsetzen. Allerdings funktioniert das für gesellschaftliche Prozesse nicht, in denen unterschiedliche Interessen aufeinanderstoßen, und in denen sich Einstellungen in der Breite verändern müssen, um bestimmte Veränderungen zu erreichen.
In der Praxis ist jede Organisation gezwungen, eine Balance zwischen Demokratie und Effizienz zu finden. Dass gerade in den 1980er Jahren der Glaube an die Effizienz ohne Demokratie in der BRD so um sich greifen konnte, hatte zwei Gründe. Der eine war die beginnende neoliberale Seelenmassage, die – klar im Interesse der großen Konzerne, die ja völlig demokratiefreie Zonen sind – die Vorstellung verbreitete, privat sei immer besser als öffentlich, wegen der höheren Effizienz. Der andere war die Erfahrung der Protagonisten der 68er Revolte, mit ihren Vorstellungen von Veränderung geradewegs gegen die Wand gelaufen zu sein.
Eine zentralistische Organisation, die keine demokratischen Prozesse beachten muss, lässt sich natürlich auch leichter an die Vorgaben einer Medienlandschaft anpassen, die von PR beherrscht wird. Was getan wird, und wie es getan wird, ist nicht mehr Ausdruck der Bedürfnisse der Beteiligten, sondern wird von der möglichst großen medialen Reichweite bestimmt. Die spektakulären Aktionen, die Greenpeace so viel Bewunderung eintrugen, waren eine Mischung aus Kommandoaktion und Werbekampagne, deren Ziel mindestens ebenso sehr in der Erzeugung von Spendenbereitschaft lag wie in der Vermittlung einer inhaltlichen Botschaft.
Die Spender sind bei Greenpeace und anderen Organisationen, die einem ähnlichen Muster folgen, völlig von den Entscheidungen abgekoppelt. Sie dürfen sich zwar so fühlen, als hätten sie etwas Gutes getan, aber die Definition, worin dieses Gute besteht, entzieht sich ihrem Einfluss. Letztlich wird damit die eigentlich auch mit der Spende angestrebte politische Handlung eingedampft auf eine Kaufentscheidung und an die Stelle der Teilnahme an politischen Prozessen tritt eine Wahl zwischen zu konsumierenden Produkten.
Traditionelle Organisationsformen wie etwa die Gewerkschaften gingen davon aus, dass die Mitglieder nicht nur Finanzquelle, sondern ebenso Handelnde und Entscheidende sind. So sieht es auch das deutsche Vereinsrecht vor; weshalb man bei den neuen Formen der NGOs oft zwei Vereine findet; einen kleinen mit handverlesener Mitgliedschaft, der in sich demokratisch ist und die Entscheidungen trifft, und einen großen, einen Förderverein, der die Gelder einsammelt und dessen Mitglieder keinerlei Mitbestimmungsrechte haben.
(Wer ein Beispiel für diese Organisationsform sehen will, kann das auf der Webseite von Campact tun. Der eigentliche Verein, der die politische Richtung bestimmt, hat ganze zwölf Mitglieder... das Fußvolk darf spenden und die Kampagnen ausführen.)
Die Erfolge, die das Modell Werbekampagne mit angeschlossener Spendenbüchse dabei erzielte, politische Themen zu setzen, führten dazu, dass sich auch in den Gewerkschaften und Parteien die Vorstellung der "Kampagnenfähigkeit" verbreitete; oft schlicht, weil es schwerer wurde, mit traditionell formulierten politischen Themen in der Öffentlichkeit durchzudringen. Der Preis dafür bestand in einem Verlust an innerer Demokratie und einer Verstärkung der Spaltung zwischen Berufspolitikern mit ihrem Apparat und Mitgliedern, die teils inzwischen bereits daran gewöhnt waren, Spenden und die Durchführung vorgegebener Werbemaßnahmen mit politischer Aktivität zu verwechseln.
Das waren jetzt nur die Folgen der Entstehung der ersten Generation von neuen NGOs. Inzwischen hat man es bereits mit einer zweiten Generation zu tun, die das undemokratische Modell fortführt, aber zusätzlich noch Großspender ins Spiel bringt (wie z. B. Human Rights Watch). In manchen Fällen (wie bei Amnesty International) ist eine solche NGO der ersten Generation mittlerweile zusätzlich noch in den Sog der Großspender geraten. Es ist auch wesentlich leichter, eine Organisation unter Kontrolle zu bringen oder zu korrumpieren, die nur eine Handvoll Mitglieder umfasst; bei Hunderttausenden wird das bedeutend schwerer.
Eine solche NGO der zweiten Generation legt nicht einmal mehr Wert auf einen Förderverein und dessen Mitglieder, da der Finanzbedarf für den hauptamtlichen Apparat bereits durch die Großspender gedeckt ist. Die Entscheidung, für welche Themen sie sich einsetzt, welche Aussagen sie macht, liegt logischerweise letztlich bei diesem (oder diesen) Großspendern. Vor der Erfindung der Kategorie NGO und ihrer Glorifizierung durch Greenpeace etc. wären solche Strukturen sogleich als Lobbyorganisationen für eben diese Großspender klassifiziert worden. Inzwischen werden sie aber behandelt, als hätten sie die gleiche politische Legitimität wie Gewerkschaften und ähnliche Mitgliedsorganisationen. Schlimmer noch – ihre Glaubwürdigkeit wird höher eingeschätzt als jene der Parteien, die zumindest ein Grundmaß an innerer Demokratie gehalten haben.
Wenn nun unterschiedliche NGOs, die alle am Tropf, sagen wir mal, einer Open Society Foundation des George Soros hängen, gemeinsam handeln, erweckt das den Anschein eines breiten gesellschaftlichen Bündnisses, ohne dass real mehr vorhanden ist als einige Hauptamtliche und ein paar volle Konten. Im Gegensatz zu wirklichen politischen Bündnissen, in denen die Verhandlungen über die Grundlagen, über Aufrufe und Aktionen immer kompliziert, mühsam und langwierig sind, können sich diese Apparate auf einen kleinen Hinweis der Spendengeber hin leicht verständigen. Die Simulation von Politik ist leichter zu haben als das wirkliche Ding.
Das, was in der "naturwüchsigen", tatsächlich demokratischen Variante der Erfahrung und Kooperation hunderter ehrenamtlich aktiver Personen bedarf, wie die Organisation einer bundesweiten Demonstration, kann von diesen mit viel Geld versehenen Hauptamtlichenapparaten im Dienste von Oligarchen geradezu aus dem Ärmel geschüttelt werden. Die Finanzierung großer Bühnen, von Sonderzügen und Bussen, die Produktion von Flugblättern, Webseiten und Transparenten, die erforderliche Pressearbeit, alles kein Problem. Nur wirkliche Bürger, also politisch engagierte ganz gewöhnliche Menschen, wird man in diesen Zusammenhängen nicht finden.
Im Angloamerikanischen gibt es dafür den schönen Begriff "Astroturfing". Astroturf ist die Markenbezeichnung des größten Kunstrasenherstellers. Der Kunstrasen wurde zum Bild für künstlich erzeugte Bewegungen, weil der Begriff für von Mitgliedern aufgebaute Organisationen "grassroots organisation", Graswurzelorganisation ist. Gräser wachsen von unten nach oben. Kunstrasen wird von oben verlegt und sieht nur so aus, als wäre er gewachsen.
Die letzte große Astroturfing-Kampagne in der BRD war "Fridays for Future". Überhaupt ist die ganze Klimawandel-Szene voll mit NGOs der zweiten Generation; klassische Mitgliederorgani-sationen finden sich so gut wie überhaupt nicht. Dazu kommen dann Stiftungen und Forschungsinstitute, deren Finanzquellen erstaunlicherweise wieder die gleichen Oligarchen sind...
Ganz unabhängig von der politischen Bewertung der gesetzten Inhalte und der Frage, wessen Interessen damit durchgesetzt werden, gegen wen – unter dem Etikett NGO verbergen sich überwiegend Organisationen, die schon durch ihre Struktur und ihre Vorgehensweise für das demokratische Leben eines jeden Landes toxisch sind. Dafür müssen sie nicht einmal aus dem Ausland finanziert und gegen die Souveränität gerichtet sein. Ein Blick auf die Bertelsmann Stiftung, die NGOs, die sie fördert, das sie umgebende Netzwerk an Instituten und ihre vielfältigen Methoden, die politischen Interessen der Bertelsmann AG in der politischen Landschaft durchzusetzen, genügt.
Die Frage sollte folglich nicht sein, Handlungsfreiheit für alle NGOs zu fordern oder Länder zu kritisieren, die das Astroturfing begrenzen wollen. Die Frage lautet, wie es gelingen kann, an die Stelle der Simulation von Demokratie durch Kunstrasenstrukturen wieder eine wirkliche, lebendige, authentische Demokratie zu setzen. Oder zum Mindesten zu verhindern, in einer Art Matrix-Republik zu erwachen, in deren politischen Diskurs sich nur noch die unterschiedlichen Oligarchen bespielen.
RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Mehr zum Thema - Mademoiselle Neubauer auf dem Steckenpferd
Info: https://de.rt.com/meinung/119126-wie-man-demokratie-verhindert-ngo
Kommentar: Als persönliches Beispiel nenne ich hier eine Veranstaltung von Mehr Demokratie e.V. in Hannover von 2020, auf der sich Vorstandsmitglied Claudine Nierth ganz entschieden gegen zur Stimmabgabe legitimierte Bürgerbeteiligungen aussprach, wie es auch ein direkt-demokratische Ziel für Volksabstimmungen auf allen politischen Ebenen ist. Stattdessen emp-fahl sie nicht zur Stimmabgabe legitimierte Bürgerräte zu etablieren, die zwischenzeitlich ihre Arbeit aufgenommen haben, unterstützt nicht zuletzt durch Wolfgang Schäuble. Das ist n.m.E. ein weiteres Beispiel für "Astroturfing" und eigentlich nur lächerlich, wenn es die Entfaltung der direkten Demokratie nicht so konkret ersetzen d.h. aushebeln würde.
Solche Artikel zitierte ich bevorzugter aus unseren Qualitätsmedien, wenn möglich! Th. Bauer
Weiteres:
aus E-Mail von Doris Pumphrey, vom 19.6.2021 09:10
vom 26.5.2021, *von Rick Sterling – <https://popularresistance.org> Übersetzung LZ
*Wie milliardenschwere Stiftungen NGOs finanzieren, um US-außenpolitische Ziele voranzutreiben
<https://linkezeitung.de/2021/05/26/35128/>
Zitat: Die US-Außenpolitik wird zunehmend von milliardenschweren Stiftungen gefördert. Die neoliberale Ära hat Individuen mit unglaublichem Reichtum hervorgebracht, und durch „Philanthropie“ üben sie ihren Einfluss aus und fühlen sich gleichzeitig gut dabei. Während diese Philanthropen in einigen Fragen liberal sein können, unterstützen sie durchweg die US-Außenpolitik und den „freien Markt“. Da viele dieser superreichen Individuen ihren Reichtum durch Investitionen und Spekulationen gemacht haben, mögen die meisten keine Planwirtschaft,
keine sozialisierten Dienstleistungen jenseits des privaten Sektors oder eine größere staatliche Kontrolle.
Diese megareichen Individuen und die Leute, die ihre Stiftungen leiten und sind oft eng mit dem außenpolitischen Establishment der USA verbunden. Zuschüsse werden an Projekte, Kampagnen und Organisationen vergeben, die mit ihren langfristigen Zielen übereinstimmen. Auf diese direkte Weise werden vermeintlich unabhängige ThinkTanks und NGOs beeinflusst, wenn nicht sogar kontrolliert. Es ist viel Wahres an dem alten Sprichwort: „Wer zahlt, bestimmt die Melodie.“
*Unabhängiges Nicaragua
*Nicaragua ist ein gutes Beispiel. Aus historischen und aktuellen Gründen steht Washington der nicaraguanischen Regierung feindlich gegenüber. Die Sandinistische Front stürzte 1979 den von den USA unterstützten Diktator und regierte bis 1990. Dann, nach einem Jahrzehnt des von den USA unterstützten „Contra“-Krieges und Wirtschaftssanktionen, wurden die Sandinisten abgewählt. Nach 16 Jahren neoliberaler Regierungen stimmte das nicaraguanische Volk 2006 für die Rückkehr der Sandinisten an die Macht. Seitdem gewann die Sandinistische Front (FSLN) die Wahlen mit mehr Unterstützung im Jahr 2011 und erneut mit 73% im Jahr 2016.
Nicaragua hat eine kapitalistische Wirtschaft, aber die Regierung stellt viele soziale Dienste zur Verfügung, einschließlich Gesundheitsversorgung und Bildung, zusammen mit einer gemeinde-basierten Polizeiarbeit und einer beeindruckenden Selbstversorgung mit Lebensmitteln von 90%. Nicaragua pflegt eine unabhängige Außenpolitik, die sich manchmal mit Kuba, Venezuela und anderen unabhängigen Bewegungen in Lateinamerika verbündet.
Nicaragua hat Pläne für einen transozeanischen Kanal gemacht. Da dieser mit dem Panamaka-nal konkurrieren und unabhängig von starkem US-Einfluss sein würde, sind die Vereinigten Staaten nicht damit einverstanden. Mit dem finanziellen Zusammenbruch des chinesischen Investors des Kanals wurden die Pläne auf Eis gelegt, wenn nicht sogar abgesagt. Unabhängig
davon, ob der Plan umgesetzt wird, stehen das außenpolitische Establishment der USA und die dazugehörigen Medien der nicaraguanischen Regierung feindlich gegenüber, weil sie es gewagt haben, dieses Projekt zu planen.
*US hat es auf Nicaragua abgesehen
*Die US-Einmischung in Nicaragua ist wenig verschleiert hinter der von den USA finanzierten „Zivilgesellschaft“, einer „neuen Generation demokratischer Führer“ und einem „Ökosystem unabhängiger Medien“ auszumachen. Im September 2016 sagte ein hoher USAID-Beamter dem
Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses, dass 2.200 Jugendliche ein Führungstraining erhalten hätten. Die Heuchelei der US-Regierung ist ziemlich verblüffend. Stellen Sie sich vor, Nicaragua (oder Russland oder irgendein anderes Land) würde Tausende von US-Aktivisten ausbilden, um die „Demokratie“ in den USA zu fördern.
Im Dezember 2018 haben die USA den „Nicaragua Human Rights and Anticorruption Act“ ratifiziert, der Sanktionen verhängt und die USA verpflichtet, zu verhindern, dass Nicaragua einen Kredit, finanzielle oder technische Unterstützung von US-dominierten Finanzinstitutionen erhält. Im August 2020 berichtete der Journalist Ben Norton von Grayzone über Details eines neuen US-AID-„Auftrags“ namens Responsive Assistance in Nicaragua (RAIN). Das Dokument „umreißt Pläne für ein US-Regime-Change-Schema gegen Nicaraguas gewählte linke Regierung“.
Kurz gesagt, Washington ist nicht nur feindselig, sondern versucht aktiv, die sandinistische Regierung zu untergraben, zu destabilisieren und zu ersetzen.
*Das außenpolitische Establishment, Nicaragua und Elliot Abrams
*Eine Schlüsselinstitution des außenpolitischen Establishments ist der Council on Foreign Relations (CFR). Seine Rolle und Bedeutung wird in dem Buch „Wall Street’s Thinktank“ analysiert. CFR-Veranstaltungen und -Publikationen, darunter die Zeitschrift „Foreign Affairs“, geben ein gutes Bild der wichtigsten außenpolitischen Prioritäten und Debatten.
Die Feindseligkeit gegenüber der nicaraguanischen Regierung spiegelt sich in den Berichten und Publikationen des CFR wider. Ein wichtiges Beispiel ist ein Artikel von Elliott Abrams. Abrams ist
seit vierzig Jahren ein wichtiger außenpolitischer Funktionär. Er wurde verurteilt, weil er den Kongress belogen hat, dennoch ist er ein Senior Fellow beim Council on Foreign Relations (CFR). Im September 2015 schrieb er einen Artikel, der beim CFR veröffentlicht wurde, mit dem Titel „The Sandinistas Attack the Miskito Indians – Again“. Er beendet den Artikel mit einem Appell an Umwelt- oder Menschenrechtsgruppen:
/„Die offene Frage ist, ob irgendjemand – Gruppen, die die Umwelt verteidigen, oder Gruppen, die die Rechte der Indianer oder die Menschenrechte im Allgemeinen verteidigen, oder Gruppen, die gegen die sandinistische Unterdrückung kämpfen – ihnen helfen werden.“/
Scheinbar als Reaktion auf Elliott Abrams‘ Vorschlag haben mehrere große Stiftungen eine Berichterstattung über Nicaragua finanziert, die den Konflikt und die Spannungen in der indigenen Miskitu-Zone betont. Im März 2017 beschrieb ein von der Bill and Melinda Gates Foundation finanzierter Artikel im Guardian „Lush Heartlands of Nicaragua’s Miskito
people sparkly deadly land disputes“.
Im Herbst 2018 erhielt das Oakland Institute von der Howard G Buffet Foundation einen Zuschuss in Höhe von 237.294 US-Dollar für das „Land Dispute Project – Nicaragua“. In diesem Jahr veröffentlichte das Oakland Institute den Bericht „Nicaragua’s Failed Revolution“. Der
Untertitel des Berichts lautet „The Indigenous Struggle for Saneamiento“, wobei „saneamiento“ der letzte Schritt des Prozesses zur Wiedererlangung indigener Rechte ist.
Die Finanzierung dieser Berichte kam von Stiftungen, deren Hauptakteure mit dem außenpolitischen Establishment verflochten sind. Zum Beispiel ist Howard W. Buffet, der ehemalige Geschäftsführer der Howard G. Buffet Foundation, Mitglied des CFR. Melinda Gates, Co-Vorsitzende der Bill and Melinda Gates Foundation (BMGF), ist Autorin für CFR-Publikationen
und Rednerin bei CFR-Veranstaltungen.
Wir wissen nicht, ob sie durch den Aufruf von Elliott Abrams beeinflusst wurden, aber die anti-sandinistische Botschaft wurde wahrscheinlich auf die eine oder andere Weise gehört. Landstreitigkeiten, an denen indigene Gruppen beteiligt sind, sind in Amerika, einschließlich Nordamerika, weit verbreitet. Recherchen und Berichte könnten über fast jedes Land gemacht werden. Aber anstatt über indigene Landkonflikte in Kolumbien oder Honduras oder British Columbia zu recherchieren und zu berichten, finanzierten die Milliardärsstiftungen Berichte über Nicaragua.
Die Miskitu-Indianer in Nicaragua sind nicht neu im Konflikt. In den 1980er Jahren manipulierte die CIA sie, um ihre Proxy-Contra-Armee voranzubringen. Viele Nicaraguaner starben infolgedessen. Jetzt, 35 Jahre später, versuchen Leute wie Elliott Abrams, die Miskitu erneut zu
benutzen. Die Miskitu mögen berechtigte Probleme und Beschwerden haben. Aber suchen die Befürworter eine Lösung oder versuchen sie, den Konflikt zu verschärfen? Das macht einen großen Unterschied aus.
*Wirtschaftskriegführung und „Rindfleischkonflikt“
*Die Vereinigten Staaten setzen zunehmend Sanktionen und Wirtschaftskriegsführung ein, um jenen Regierungen zu schaden, die als „Gegner“ gelten. Einige rechte außenpolitische Berater würden gerne den wirtschaftlichen Schaden für Nicaragua verstärken. Einige würden gerne
verhindern, dass die USA Rindfleisch aus Nicaragua importieren.
Die Rinderzucht ist ein wichtiger Teil der Wirtschaft Nicaraguas. In der Vergangenheit exportierte Nicaragua viel Rindfleisch nach Venezuela. Aber mit der extremen wirtschaftlichen Notlage sind die Exporte zurückgegangen. Nicaragua hat geholfen, die Lücke zu schließen, indem es größere Mengen an hochwertigem Rindfleisch in die USA exportiert hat.
Am 21. Oktober zeigte PBS Newshour ein 9-minütiges Video über den „Rindfleischkonflikt“. In dem Dokumentarfilm hieß es, dass der Anstieg der nicaraguanischen Exporte „zu einem hohen Preis für indigene Gemeinden kommt, die von ihrem Land vertrieben werden, um Platz für
Rinderfarmen zu schaffen“. Diese Anschuldigung und der Vorschlag, dass vielleicht kein nicaraguanisches Rindfleisch importiert werden sollte, war eine Kernaussage des Videos, das Journalismus mit Aktivismus verband.
Nachfolgende Recherchen, einschließlich Interviews mit indigenen Anführern aus der Region, zeigen, dass der PBS Newshour-Bericht grundlegend ungenau ist. Der Journalist John Perry, der in Nicaragua lebt, gibt Details in dem Artikel Progressive Media Promoted a False Story of Conflict Beef from Nicaragua, veröffentlicht von Fairness and Accuracy in Reporting. Ein Teil der berichteten Gewalt wurde erfunden, ein anderer Teil wurde übertrieben. Die Behauptungen von „Völkermord“ sind nicht glaubwürdig.
Die übertriebenen und unwahren Anschuldigungen in dem PBS-Bericht beruhen auf vier Quellen. Lottie Cunningham ist eine indigene Anwältin, die das Zentrum für Gerechtigkeit und Menschenrechte an der Atlantikküste Nicaraguas (CEJUDHCAN) leitet. Ihre Organisation ist
Empfänger von US AID und sie steht dem US-Botschafter in Nicaragua nahe. Die Menschen-rechtskommission der Vereinten Nationen hat Pressemitteilungen herausgegeben, die sich ausschließlich auf ihre Anschuldigungen stützen. Nach diesem „Conflict Beef“-Bericht zu urteilen, sind ihre Anschuldigungen manchmal übertrieben und manchmal unwahr.
Eine weitere Quelle für diesen Bericht ist Anuradha Mittal vom Oakland Institute. Das Institut erhielt einen Zuschuss von fast einer Viertelmillion Dollar für ihre Forschung zum nicaraguanischen „Landkonflikt“.
Viele ihrer Informationen stammen aus dem Bericht des Oakland Institute und den Behauptungen von Lottie Cunningham, einer USAID-Stipendiatin und Empfängerin des von Lush Cosmetics gesponserten Lush Spring Prize. Kürzlich veröffentlichte Interviews mit zahlreichen gewählten indigenen Führern aus den autonomen Zonen Nicaraguas zeigen, dass Lottie
Cunningham mit Skepsis, wenn nicht gar Feindseligkeit betrachtet wird. Die Anführer glauben, dass ihre Organisation, das Zentrum für Gerechtigkeit und Menschenrechte im atlantischen Distrikt von Nicaragua (CEJUDHCAN), nicht die Interessen der indigenen Gemeinden vertritt und
in Wirklichkeit Gewalt und Publicity für persönlichen Gewinn fördert.
Der leitende Journalist war Nate Halverson für REVEAL beim Center for Investigative Reporting (CIR). CIR ist gut finanziert, mit einem Budget von etwa $10M und großen Zuschüssen von Dutzenden von einzelnen Stiftungen: Hearst ($625K), Soros ($325K), Gates ($247k), Ford ($250K),
Pierre Omidyar ($900K), etc. Ein weiterer Journalist, Camilo de Castro Belli, erschien in dem Video. Er ist der Sohn des Autors und Sandinisten-Kritikers Giacondo Belli und ein „Central America Fellow“ am neoliberalen Aspen Institute. Das Aspen Institute wird durch Zuschüsse der Rockefeller-, Ford-, Gates- und anderer US-Philanthropie-Stiftungen finanziert.
Wichtige Behauptungen in der „Conflict Beef“-Story sind unwahr. Das Rindfleisch für den Export stammt von Rindern, die NICHT aus den indigenen Gebieten stammen. Die Rinder werden individuell gekennzeichnet und vom nationalen IPSA (Institut für landwirtschaftlichen Schutz und Gesundheit) reguliert, das wiederum vom US-Landwirtschaftsministerium geprüft wird. Die Nicaraguaner sind derzeit in Gesprächen mit den europäischen Aufsichtsbehörden, um den
Export dorthin vorzubereiten. Dieses Video, von einem der nicaraguanischen Rindfleischproduzenten, gibt einen Eindruck von der Professionalität.
Schon die Einleitung des PBS-Videos ist unwahr. Es wird sensationell behauptet, dass ein junges Miskitu-Mädchen von jemandem ins Gesicht geschossen wurde, der „eine Botschaft“ an die Gemeinschaft senden wollte. Das Mädchen wurde versehentlich angeschossen, als es mit einem
anderen Jugendlichen spielte, der die Waffe seines Vaters hatte. Diese Version wird vom Präsidenten der örtlichen indigenen Gemeinde bestätigt, der die Familie des Mädchenopfers kennt. Das Mädchen hat den Vorfall überlebt, und die Familie hat eine Bestechung angenommen, um die falsche Geschichte zu fabrizieren.
Eine andere Behauptung, dass „Dutzende bewaffneter Männer ein anderes indigenes Dorf im Nordosten Nicaraguas angegriffen und vier Menschen in der Mayangna-Gemeinde getötet haben“, ist falsch. Eine Version derselben Geschichte wurde zweimal im Bericht des Oakland-Instituts wiederholt und von Lottie Cunningham (CEJUDHCAN) an den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen geschickt, der pflichtbewusst eine Pressemitteilung herausgab. Dies trotz der Tatsache, dass die Behauptungen vom Präsidenten der indigenen Gemeinde Mayangna schnell als falsch entlarvt worden waren. Aber die Medien stürzten sich schnell auf die Geschichte, angeblich nach zwei Anrufen von Menschen und ohne Überprüfung.
Wenn eine Regierung ins Visier Washingtons gerät, wie es bei der sandinistischen Regierung offensichtlich der Fall ist, scheint die Haltung der Medien „schuldig bis zum Beweis der Unschuld“ zu sein.
Diese Geschichte über einen „Rindfleischkonflikt“ zeigt, wie große Stiftungen Berichte beeinflussen, die die Ziele der US-Außenpolitik in Bezug auf Nicaragua fördern: die Diffamierung und wirtschaftliche Bestrafung derjenigen, die zu unabhängig sind.