Wie könnte sich das Blatt wenden. Sehen Sie irgendwo eine Gegenbewegung?
Ja, die sehe ich, aber nicht primär in Europa. Die Initiativen von China, von Lula da Silva und Obrador, von sechs afrikanischen Staatschefs oder Indonesiens, die jetzt auch nochmal einen Versuch gestartet haben, zu einer Verhandlungslösung zu kommen. Aus ihrer wachsenden geopolitischen Bedeutung heraus versuchen die Länder des sogenannten globalen Südens, Einfluss zu nehmen. Sie versuchen, den Konflikt in der Ukraine einzudämmen, da sie die Triebkräfte für die kriegerischen Entwicklungen auch auf der Seite der westlichen Staaten, inklusive Südkoreas, Japans, Singapurs etc. verorten, aber ganz besonders auf der als imperialistisch wahrgenommenen USA. Es geht inzwischen um einen als erbarmungslos wahrgenommen Selbsterhalt der westlichen Hemisphäre, der bereits zu einem wirtschafts- und finanzpolitischen Entkoppelungsprozess des globalen Südens geführt hat. Wie weit der schon gediehen ist und dass «Entdollarisierung» nicht mehr nur eine erklärte Absicht ist, sieht man ja schon beispielsweise am Kränkeln des IWFs, der gegen die neue Finanzordnung nach dem gegenseitigen Win-Win-Prinzip mit seinen Zwangsprogrammen und Dauerverschuldungen nichts mehr auszurichten hat. Der grösste Teil der Welt hat erkannt, dass eine respektvolle, auf gegenseitige Finanz- und Wirtschaftshilfe ausgerichtete Weltwirtschaft durch eine neue Finanzordnung – ausgehend vom BRICS plus-Prozess mit derzeit rund 25 Anwärterländern – allen mehr Vor- als Nachteile bringt. Jetzt kommt es darauf an, dass auch massgebliche Kräfte in Europa sich mit dieser Bewegung koordinieren.
Das scheint doch sehr wichtig, dass diese Länder sich auf gleicher Stufe neben die Europäer stellen und diese Vorschläge zur Beendigung des Krieges unterbreiten …
Das machen sie natürlich auch im eigenen Interesse. Gerade in China ist man sich bewusst, dass der Konflikt in der Ukraine die Blaupause für den Konflikt China-Taiwan bedeutet. Dieser wird seit langem, seit Obamas «Pivot to Asia», und seit dem russischen Krieg gegen die Ukraine gerade ganz systematisch hochgezogen. In vielen Teilen der Welt spürt man zudem die wirtschaftlichen Folgen des Krieges, zum Beispiel die beschränkten Lieferungen von Getreide, worunter die Länder auch leiden. Deswegen haben sie auch ein Interesse daran. Diese Länder nehmen den Wirtschaftskrieg gegen Russland als fatale Fehlentscheidung westlicher Staaten wahr, die das ausgelöst hat, zugunsten einer bedingungslosen Gefolgschaft der Selbsterhaltungsstrategie der US-Hegemonie. Man muss die eigentlichen Beweggründe verstehen, warum alles bisher Gültige aufs Spiel gesetzt wird, statt dass Europa sich auf eine positive Zukunft in einer neuen, gleichberechtigten Weltwirtschaft an der Seite der Länder des Globalen Südens orientiert. Das scheinbar Absurde ist, dass die Europäer, insbesondere die Deutschen, auch darunter leiden. Die deutsche Rezession reisst nun auch die europäische Wirtschaft runter. Was sich langsam in Deutschland abzeichnet, ist ein dauerhafter wirtschaftlicher Niedergang, wenn die Firmen wegen der hohen Energiepreise und wegen des 400 Mrd. $ US-«IRA»-Subventionsprogramms abwandern. Aber trotzdem macht die deutsche Regierung immer weiter. «What ever it takes», «We stand with Ukraine, whatever it takes.» Also bis zum bitteren Ende. Diese Formulierung ist auch in der Erklärung von Reykjavik enthalten. Dagegen sollte sich dringend eine neue europäische Vernunft durchsetzen.
Herr Bundestagsabgeordneter Hunko, vielen Dank für das Gespräch.
Interview Thomas Kaiser
Artikel veröffentlicht am 15.6 2023
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Hashim Thaçi und der Präzedenzfall Kosovo Aus den Balkankriegen wären Lehren zu ziehen für den Konflikt in der Ukraine. Dabei träte die Doppelmoral des Westens zutage.
von Dr. phil. Helmut Scheben*
Am 24. März 1999 begann die Nato einen Angriffskrieg gegen Restjugoslawien, das damals faktisch nur noch aus Serbien und Montenegro bestand. Der Krieg entbehrte eines Uno-Mandats und jeder Rechtsgrundlage. Er verstiess gegen die Uno-Charta, die Nato-Statuten und auch gegen nationale Verfassungen der angreifenden Staaten.
Begründet wurde er mit dem Argument, es gelte, auf dem Balkan die Menschenrechte durchzusetzen. Die Nato erklärte, sie müsse die Bevölkerung des Kosovo schützen. Die Serben hätten den Plan, die ethnisch-albanische Mehrheit der Region Kosovo zu vertreiben und zu vernichten.
Falsche Narrative verbreitet
Der deutsche Verteidigungsminister Rudolf Scharping war einer der schrillsten Kriegsbefürworter. Seine Versuche, die Serben als Täter und alle anderen Konfliktparteien als Opfer darzustellen, führten zu grotesken Behauptungen: Die Serben «spielen mit den abgeschnittenen Köpfen Fussball, zerstückeln Leichen, schneiden den Schwangeren die Föten aus dem Leib und grillen sie».1
Schon während der Nato-Luftangriffe wurden Zweifel an den offiziellen westlichen Rechtfertigungen laut. Scharping hielt jedoch daran fest. Er publizierte noch im selben Jahr 1999 seine Kriegstagebücher unter dem Titel «Wir dürfen nicht wegsehen». Dort heisst es: «Erhalte von Joschka Fischer aus Geheimdienstquellen ein Papier, das die Vorbereitungen und die Durchführung der ‹Operation Hufeisen› der jugoslawischen Armee belegt (…) Endlich haben wir einen Beweis dafür, dass schon im Dezember 1998 eine systematische Säuberung und Vertreibung der Kosovo-Albaner geplant war.»
Der Westdeutsche Rundfunk widerlegte Scharping mit dem Dokumentarfilm «Es begann mit einer Lüge». Der deutsche General Heinz Loquai und zahlreiche andere Experten bezeichneten die Operation Hufeisen später als Fälschung.
Wenn aus den Balkankriegen der neunziger Jahre eine Lehre zu ziehen wäre, dann wäre es die, dass es meist schwierig ist, in Kriegen Täter und Opfer eindeutig zu benennen. Propagandalügen grosser PR-Agenturen, False-Flag-Operationen, versteckte Interessen und Intrigen sind im Fall Kosovo erst viel später ans Licht gekommen.2
Verbrechen wurden auf dem Balkan von allen Konfliktparteien verübt. Der Glaube, ein Militärpakt wie die Nato sei berufen, ethnische Konflikte auf dieser Welt zu lösen, indem man die einen als «Opfer» und die andern als «Täter» definiert und Letztere dann bombardiert, ist ein Irrglaube. Er nützt vor allem der Rüstungsindustrie.
Umso erstaunlicher ist es, dass die grossen westlichen Medien letzte Woche die Anklage gegen den ehemaligen kosovarischen Präsidenten Hashim Thaçi nicht zum Anlass nahmen, Bezüge zum Krieg in der Ukraine herzustellen. Denn der Fall Kosovo zeigt in aller Deutlichkeit die kurze Halbwertszeit sogenannter historischer «Wahrheiten».
Thaçi als strahlendes Vorbild verkauft – jetzt vor Gericht
Aber der Reihe nach. Hashim Thaçi war einer der Führer der paramilitärischen UÇK, die im Kosovo-Krieg mit Hilfe der Nato die gewaltsame Abtrennung der Region Kosovo von Serbien erkämpfte. Im Februar 2008 rief Thaçi die Unabhängigkeit aus, kurz vorher war er zum ersten Ministerpräsidenten der neu entstandenen Republik gewählt worden.
Thaçi figurierte in den führenden westlichen Medien lange als strahlender Volksheld, seine UÇK wurde und wird im Kosovo bis heute verehrt als eine Guerrilla, die das Volk aus der serbischen Unterdrückung befreit hat. 2008 bezeichnete Joe Biden, damals Vizepräsident der USA, Herrn Thaçi als den «George Washington des Kosovo». Unsere Medien ergriffen Partei für die UÇK. Die «Rundschau» des Schweizer Fernsehens zum Beispiel sendete 1998 und 1999 Beiträge, die man nicht anders nennen konnte als massive UÇK-Propaganda.
Seit Anfang April steht Thaçi nun vor einem Kosovo-Sondertribunal in Den Haag. Ihm wird vorgeworfen, für etwa hundert Morde an Serben, Roma, Juden und Angehörigen anderer ethnischer Minderheiten verantwortlich zu sein. Darunter nicht zuletzt Fememorde an Kosovo-Albanern, die als «Verräter» angesehen wurden.
Vom Beginn des Nato-Angriffs bis zum serbischen Rückzug herrschte im Kosovo ein Zustand der Anarchie, der auch noch lange andauerte, als die Uno mit ihren Nato-Einheiten die Verwaltung des Protektorats Kosovo übernahm. Sowohl die serbische Polizei und Armee wie auch die UÇK führten ethnische Vertreibungen und «Säuberungen» durch.
Für die Gräuel, die damals von serbischen Einheiten begangen wurden, sind serbische Offiziere und Politiker in Den Haag verurteilt worden. Für die Gräuel, die die UÇK begangen hat, muss sich UÇK-Führer Hashim Thaçi erst heute – ein Vierteljahrhundert später – vor Gericht verantworten. 1999 war er in der veröffentlichten Meinung der Freiheitsheld schlechthin.
Freiheitskämpfer mit kurzem Verfallsdatum
Unsere Freiheitskämpfer haben oft ein kurzes Verfallsdatum. Von den gefeierten syrischen «Rebellen» erschienen viele ab 2014 plötzlich als üble Dschihadisten und Kopfabschneider des Islamischen Staates, und von den jugendlichen Turnschuhkämpfern des arabischen Frühlings, die 2011 auf allen TV-Kanälen den Sturz Gaddafis und den Ausbruch der Demokratie bejubelten, ist nichts übriggeblieben als ein Haufen Warlords in einem zerfallenen Staat.
Am 24. März 1999 endete der Nachkriegsfrieden in Europa. Die Nato-Allianz, die drei Tage zuvor um Tschechien, Polen und Ungarn auf 19 Staaten erweitert worden war, griff den souveränen Staat Jugoslawien an. Es gab keine Kriegserklärung. Rund tausend Kampfjets bombardierten in 35 000 Lufteinsätzen 78 Tage lang nicht nur militärische Ziele, sondern auch Fabriken, Raffinerien, Wasserwerke, Brücken und Eisenbahnlinien. 850 000 Vertriebene, 6500 getötete Zivilisten und brennende serbische Dörfer waren das Resultat. Rathäuser, Kirchen, Klöster, Schulen, Spitäler, Universitäten lagen teilweise in Schutt und Asche.
«Der Holocaust in dieser Region entstanden»
Das Ganze wurde von beteiligten Regierungen und grossen Medien als «Krieg für die Menschenrechte» dargestellt. Kein Propagandamittel war zu billig, kein Fake zu durchsichtig, um einen Angriffskrieg zu rechtfertigen. US-Präsident Bill Clinton verteidigte den Angriff noch in der Nacht auf den 24. März mit einer infamen Geschichtsklitterung. In einer Erklärung auf CNN an das einheimische Publikum deutete er an, die Serben hätten nicht nur den Ersten Weltkrieg ausgelöst, sondern auch der Holocaust sei «in dieser Region» entstanden.
Dass es ganz im Gegenteil die kroatische Ustascha war, die im Bündnis mit der deutschen Wehrmacht Serben und Juden massakrierte, und dass es kein Volk auf dem Balkan gab, welches seine jüdischen Mitbürger dermassen gegen Hitler-Deutschland in Schutz genommen hatte wie die Serben: Wen interessierte das? Wer wollte etwas hören von der SS-Division Skanderbeg, die 1944 mehrheitlich aus Kosovo-Albanern bestand und auf Befehl Hitlers mit äusserster Brutalität gegen Serben, Juden und Roma vorging? Niemand wollte das hören. Westeuropa applaudierte 1999 der Nato und ihrem Krieg gegen Serbien.
Die Instrumentalisierung des Holocaust für die Kriegspropaganda griff um sich wie ein Lauffeuer. Der deutsche Aussenminister Joschka Fischer schlug im Gleichschritt mit US-Kollegin Madeleine Albright die Kriegstrommel mit der Parole «Nie wieder Auschwitz». Verteidigungsminister Rudolf Scharping wusste angeblich von einem «Konzentrationslager» im Fussballstadion von Pristina, was sich später als freie Erfindung herausstellte.
«Bitterste Erfahrung»
Carla del Ponte, ehemalige Chefanklägerin des Jugoslawien-Strafgerichts in Den Haag, widmete in einem autobiographischen Buch ein ganzes Kapitel dem Kosovo. Sie schildert dort ausführlich, wie sie bei ihrem monatelangen Versuch, den zahlreichen Informationen über Verbrechen der UÇK nachzugehen, gegen eine Wand lief. Es sei ihre bitterste Erfahrung in Den Haag gewesen: «Le indagini sull’ UÇK si sarebbo rivelate le piu frustranti tra quelle intraprese dal Tribunale per la Yugoslavia.»3
Del Ponte sprach bei KFor-Offizieren und Chefs der Kosovo-Mission Unmik vor, klopfte in Washington und London an Türen, liess nichts unversucht, um UÇK-Kommandanten wie Hashim Thaçi vor Gericht zu bringen. Sie stiess auf eine Mauer von höflicher Zurückhaltung, Untätigkeit und Schweigen. Die Nato hatte alles Interesse daran, die Sache unter dem Deckel zu halten. Sie hatte der UÇK militärisch zum Sieg verholfen und hätte ihrem eigenen «humanitären Kriegseinsatz» die Legitimation entzogen, wenn sie zugeben hätte, dass das simple Täter-Opfer-Schema auf dem Balkan ein Fantasiegebilde war.
Del Ponte berichtet von Informationen, dass die UÇK serbischen Gefangenen, bevor sie sie töteten, Organe entnahm, um diese zu verkaufen. Del Pontes detaillierte Schilderung der Vorgänge und der Indizien, die bei einer späteren Besichtigung des vermutlichen Tatortes gefunden wurden, deuten darauf hin, dass sie die Vorwürfe ernst nahm und für glaubwürdig hielt.
Es kam nie zu einer entsprechenden Anklage, und der Sachverhalt wird auch im nun anlaufenden Prozess gegen Thaçi kaum zur Sprache kommen. Das hängt nicht zuletzt mit der Omertà zusammen, die die kosovarische Clan-Gesellschaft traditionell kennzeichnete. Es finden sich keine Zeugen, die gewillt sind, vor Gericht auszusagen.
Zeugen umgebracht
Der ehemalige UÇK-Kommandant Ramush Haradinaj, vom Dezember 2004 bis März 2005 Premierminister des Kosovo, wurde 2008 in Den Haag mangels Beweisen freigesprochen vom Vorwurf der Folter, des Mordes und der Entführung in zahlreichen Fällen. Denn von zehn Zeugen, die gegen ihn aussagen sollten, war zu diesem Zeitpunkt nur noch einer am Leben, und sie waren keines natürlichen Todes gestorben. Die Kosovo Force (KFor) der Uno hatte den Haradinaj-Clan als «the most powerful criminal organisation» der Region bezeichnet. Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) kam in geheimen Rapporten zu ähnlicher Einschätzung in Hinsicht auf die Verwicklung von Hashim Thaçi und Kumpanen in die organisierte Kriminalität auf dem Balkan.4
1999 galt es unseren führenden Medien als erwiesen, dass die Nato Serbien angriff, weil Belgrad sich geweigert hatte, in Rambouillet einen Friedensvertrag zu unterschreiben, den Hashim Thaçi fernsehwirksam unterschrieben hatte, während die serbischen Stühle leer blieben. Dass man die Serben mit einem späten Zusatz im Kleingedruckten über den Tisch ziehen wollte, kam erst ans Licht, als man schon lange daran war, «die jugoslawische Führung mit massiver Feuerkraft zum Nachgeben zu zwingen», so die damalige Sprachregelung in unseren News. Der ominöse Zusatz sah eine faktische Übernahme Serbiens durch die Nato vor. Henry Kissinger, fürwahr kein Milosevic-Sympathisant, schrieb damals zur Abtrennung der Provinz Kosovo:
«Von Jugoslawien, einem souveränen Staat, verlangt man die Übergabe der Kontrolle und Souveränität über eine Provinz mit etlichen nationalen Heiligtümern an ausländisches Militär. Analog dazu könnte man die Amerikaner auffordern, fremde Truppen in Alamo einmarschieren zu lassen, um die Stadt an Mexiko zurückzugeben, weil das ethnische Gleichgewicht sich dort verschoben hat.»5
Unabhängigkeitserklärung unter Missachtung der Verfassung
1991 erklärten Kroatien und Slowenien – unter Missachtung der jugoslawischen Verfassung – ihre Unabhängigkeit und schlugen die Warnungen vieler unabhängiger Beobachter in den Wind, dass dies unvermeidlich in den Krieg führen würde. Die westeuropäischen Industrieländer erwiesen sich als Kriegstreiber und beriefen sich darauf, dass die jugoslawischen Völker ein Recht auf Sezession hätten, was die Uno-Charta tatsächlich in Fällen schwerer Unterdrückung ethnischer Gruppen zubilligt. Es ging in Wirklichkeit wohl weniger um Völkerrecht und Menschenrechte als um das Interesse am Balkan als einem grossen zukünftigen Markt. Es ging um das Interesse am freien Verkehr von Waren, Kapital und Arbeitskräften.
Das schwer zu Begreifende an dieser Geschichte ist, dass die Nato-Staaten, die sich gerne als «Wertegemeinschaft» darstellen, heute in Abrede stellen, dass die russischsprachige Minderheit in der Ukraine dasselbe Recht auf Sezession beanspruchen kann, welches dem Kosovo zugebilligt wurde. Eine Unredlichkeit tritt zutage, wenn grosse westliche Medien den Krieg im Februar 2022 beginnen lassen und die Vorgeschichte des Konfliktes ignorieren. Schon die übliche Sprachregelung, «Putin hat die Ukraine angegriffen» erfasst nur die halbe Wahrheit, denn es gibt nicht «die Ukraine», sondern spätestens seit 2014 zwei Ukrainen, die sich bekämpfen. 2014 leisteten auf der Krim und in den Bezirken Luhansk und Donezk Hunderttausende Menschen Widerstand gegen eine Regierung in Kiew, die durch einen Umsturz an die Macht kam, der vom Westen unterstützt wurde.
Wenn es nach der Logik ginge, die im Kosovo galt, dann müsste die Nato Kiew bombardieren. Aber Krieg löst – wie man heute im Kosovo sieht – die Probleme nicht. Sowohl im Kosovo als auch in der Ukraine hätte Krieg vermieden werden können, wenn über Autonomie-Befugnisse oder eventuelle Grenzänderungen in einem verfassungsgemässen Verhandlungsprozess entschieden worden wäre.
In Erich Kästners Gedicht «Alter Mann geht vorüber» heisst es: «Die nach uns kamen, hatten schnell vergessen. Die nach uns kamen, hatten nichts gelernt. Sie hatten Krieg. Sie sahen, wie er war. Sie litten Not und sah’n, wie sie entstand. Die grossen Lügen wurden offenbar. Die grossen Lügen werden nie erkannt.»
Kästner publizierte diese Verse zweimal: erst 1933 nach dem Ersten Weltkrieg und dann 1945 nach dem Zweiten Weltkrieg.
1 Le Monde Diplomatique: Das Märchen vom Plan Hufeisen. April 2019
2 vgl. Jörg Becker u. Mira Beham: Operation Balkan: Werbung für Krieg und Tod. 2008
3 La Caccia: Io e i criminali di guerra. 2008. S. 291
4 Jürgen Roth, in: Weltwoche 43/2005
5 Welt am Sonntag, 28. Februar 1999
* Helmut Scheben studierte Romanistik. 1980 promovierte er zum Dr. phil. an der Universität Bonn. Von 1980 bis 1985 war er als Presseagenturreporter und Korrespondent für Printmedien in Mexiko und Zentralamerika tätig. Ab 1986 war er Redaktor der Wochenzeitung (WoZ) in Zürich, von 1993 bis 2012 Redaktor und Reporter beim Schweizer Fernsehen SRF, davon 16 Jahre bei der Tagesschau.
Quelle: www.infosperber.ch/politik/welt/hashim-thaci-und-der-praezedenzfall-kosovo/
Wir danken für die Abdruckgenehmigung.
Artikel veröffentlicht am 18.6.2023
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Der Fall Credit Suisse von Reinhard Koradi
Ständerat und Nationalrat haben beschlossen, eine parlamentarische Untersuchungskommission einzusetzen, um die Not-Übernahme der Credit Suisse durch die UBS zu durchleuchten. Die PUK soll Antworten auf die Frage finden: Wer hat wann was rund um die Not-Übernahme der Credit Suisse durch die UBS gewusst? Mag sein, dass da die eine oder andere Ungereimtheit ans Tageslicht kommen wird. Aber ist es die richtige Fragestellung? Stellt sich uns nicht viel mehr die Frage: Was geschah und geschieht in den letzten Jahrzehnten mit dem einst sehr soliden Finanzplatz Schweiz?
Das Bankwesen war in der Anfangsphase eine Domäne der Genossenschaft. Eine grosse Zahl von Geldinstituten sind in Europa dem Genossenschaftsgedanken entsprungen. Raiffeisen ist wohl eine der bekanntesten Banken, deren Ursprung auf die Genossenschaftsbewegung zurückzuführen ist. Auch die Schweizerische Volksbank (SVB) orientierte sich an der Idee «Einer für alle, alle für Einen.» Sie wurde 1869 von Vertretern aus Arbeiter-, Beamten- und Gewerbekreisen unter dem Namen «Volksbank in Bern» gegründet. Der statutarische Zweck der Genossenschaft bestand nach dem Vorbild der deutschen Vorschuss- und Kreditvereine in der Förderung des allgemeinen Wohlstands und speziell desjenigen der Genossenschafter¹.
Die damalige Geschäftsidee hat sich im Laufe der Jahre sehr stark verändert. Dies unter anderem auch durch den massiven Einfluss und Druck seitens der Finanzaristokratie, politisch gestützt durch die US-Administration und London. Deren Eingriffe auf die Finanz-, Geld- und Kapitalmärkte bewirkten eine Marktdynamik, die kaum kontrollierbar war und erhebliche Klumpenrisiken mit weitreichendem Zerstörungspotential in sich barg. Mit der Deregulierung und Liberalisierung der Finanzmärkte einher geht die Globalisierung, die letztlich die Kontrolle und Beeinflussung der nationalen Finanzmärkte in den einzelnen Staaten weitgehend ausser Kraft setzte. Eindrückliche Beispiele sind die Geldmengenausdehnung, um die durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise ausgelöste Überschuldung einzelner Staaten abzufedern und um am Abgrund stehende Banken zu retten, wie auch die Währungspolitik der Schweizerischen Nationalbank, die gegen die Interessen der Schweiz Fremdwährungen aufkaufen musste, um den Schweizer Franken zu schwächen.
Mit Druck nationales Recht ausschalten
Über verschiedene transnationale Organisationen (OECD, Weltbank, Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ, (Internationaler Währungsfonds IWF) wurde länderübergreifend Einfluss auf die nationale Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik genommen. Wer nicht spurte, wurde auf schwarze Listen oder unter anhaltenden Druck gesetzt. Die Schweiz spürte dies unter anderem, als es um die Abschaffung des Bankgeheimnisses ging.
Im Jahr 2008 prahlte Bundesrat Hans-Rudolf Merz noch, dass sich das Ausland am Schweizer Bankgeheimnis die Zähne ausbeissen werde. Doch der Beissdruck aus Übersee war stärker, als unser Wille, das Bankgeheimnis zu verteidigen. Die US-Steuerbehörde (IRS) stellte ein formelles Amtshilfegesuch, um Einblick in Kundenbeziehungen mutmasslicher Steuerbetrüger bei der UBS zu erhalten. Im Februar 2009 segnete der Bundesrat die Einigung zwischen der IRS und der UBS ab. Die Schweizer Grossbank lieferte daraufhin Informationen über 255 amerikanische Kunden. Gleichzeitig einigte sich die UBS mit dem amerikanischen Justizministerium und der US-Börsenaufsicht auf einen Vergleich und zahlte 780 Millionen Dollar.
Wirtschaftskrieg oder doch Wohlstand für alle?
Liberalisierung und Deregulierung brachten die sogenannte Marktwirtschaft und leiteten den Übergang zur neoliberalen, globalen Wirtschaftsform ein. Parallel zu dieser Neuordnung der Wirtschaftsphilosophie setzte sich auch eine neue Managementdoktrin in allen Wirtschaftskreisen und somit auch im Bankwesen durch. Galt es früher, die Unternehmen durch eine ausgeprägte Kundenorientierung und hervorragende Leistungen im Markt zu positionieren, setzte sich im Laufe der Zeit die Optimierung des Shareholder-Values immer mehr durch. Ziel des Managements war nicht mehr eine hohe Produktequalität, innovative Produkte und einen optimalen Kundenservice zu vernünftigen Preisen auf den Markt zu bringen, sondern den Wert des Unternehmens kurzfristig zu steigern. Das Management befasste sich also weniger mit dem Markt, dafür umso mehr mit der Gewinnmaximierung und möglichen Firmenübernahmen. So verwirrend es auch klingt, primäres Ziel der Unternehmen war es nicht mehr, die Realwirtschaft aufrecht zu erhalten, sondern die Gewinnmaximierung zu Gunsten der Aktionäre und des Top-Managements (Boni). Entsprechend wurde das Kapital der Realwirtschaft entzogen und in die Finanzmärkte umgeleitet. Ein Prozess, der im überbordenden Spekulationsfieber allerhand an Blüten und Blasen hervorbrachte, und die Krisenanfälligkeit von Finanz- und Kapitalwirtschaft enorm anheizte.
Die Globalisierung sollte entsprechend der Propaganda die Menschheit von Hunger und Armut befreien. Was jedoch nie geschehen ist. Vielmehr öffnete sich der Graben zwischen einer kleinen Minderheit von Superreichen und der grossen Mehrheit, die täglich um ihre Existenz kämpfen musste. Selbstverständlich gibt es so etwas wie einen Mittelstand, der allerdings in der Globalisierungsfalle gefangen ist und zusehen muss, wie seine Errungenschaften sich immer mehr durch höhere Abgaben, Inflation und ruinösen Wettbewerb im Nichts auflösen. Die Globalisierung entpuppt sich immer mehr als Angriff auf die souveränen Nationalstaaten und damit auf deren Fähigkeiten, die Interessen des Landes und seiner Bürger wahrzunehmen. Insofern kann schon behauptet werden, dass wir mit einem massiven Angriff seitens der USA zusammen mit ihren Helfershelfern auf die Selbstbestimmung der Völker konfrontiert sind. Dazu gehört dann eben auch die Wirtschaft, die in den vergangenen Jahrzehnten in Europa eine völlig neue Logik entwickelt hat, und sich immer mehr vom Erfolgsmodel «Soziale Marktwirtschaft» entfernte und sich vermehrt dem «Diktat des Kapitals» unterordnete. Ein Paradigmenwechsel, der in einigen Ländern erheblichen Schaden verursachte, und da die Wirtschaft die Achillesferse souveräner Staaten ist, auch zu Desorientierung und Destabilisierung des gesamten Selbstverständnisses führte.
Hat eine Verkettung ungünstiger Vorfälle die Credit Suisse zu Fall gebracht?
Der freie Markt ohne staatliche Einflussnahme und die globale Ausrichtung der Finanzmärkte schufen Raum für eine höhere Risikobereitschaft. Neue spekulative Finanzprodukte kamen auf den Markt, die aufgrund der Geldmengenausweitung eine überbordende Nachfrage auslösten. Künstlich erweiterte Investitionsvolumen blähten den Finanzsektor auf. Die Aussicht auf Boni verdrängte die Sorgfaltspflicht und beflügelte eine generöse Risikobereitschaft. Aber sind das die wirklichen Gründe, die die Schweizer Bank ins Taumeln brachte? Bestimmt hat das oberste Führungsgremium Fehler gemacht, vor allem auch in der Öffentlichkeitsarbeit und der Wahrnehmung der Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit. Es wird aber auch hinter vorgehaltener Hand die Vermutung geäussert, dass ein entsprechendes E-Mail die Bankkunden verunsichert habe und es daher zu erheblichen Geldabzügen gekommen sei. Tatsache bleibt, die Bank war grundsätzlich sehr solide, hatte aber einen Liquiditätsengpass, der letztlich die Krisensituation auslöste. Für das bessere Verständnis der Vorgänge rund um die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS wäre es bestimmt sehr nützlich, wenn die PUK auch die Frage klären könnte: Welche Ursachen haben die CS zu Fall gebracht? Wohl keiner kann ausschliessen, dass nicht die unsichtbare Hand des freien Marktes mit im Spiel war. Es wäre nicht der erste unfreundliche Angriff auf den Finanzplatz Schweiz!
Zusammengefasst lässt sich unschwer festhalten, dass die CS das Opfer einer überbordenden Risikofreudigkeit in einer deregulierten, globalen Finanz- und Kapitalmarktunordnung sowie einem diffusen Geschäftsmodell wurde; angeheizt durch eine unverhältnismässige Ausdehnung der Geldmengen durch die Notenbanken und einer ungebremsten Profitgier des Top-Managements. Dabei kann es sehr gut passen, dass ein kleiner Schubser von aussen das Zusammenbrechen des Spekulationscasinos auslöste.
Welche Lehren sollten wir ziehen?
Ganz einfach! Die in der Zusammenfassung erwähnten Ursachen ins Positive umkehren und vielleicht wieder einmal die Idee der Genossenschaft aufleben lassen, um die Macht des Kapitals über die Allgemeinheit und die Politik zu brechen.
¹ Jan-Henning Baumann: «Schweizerische Volksbank (SVB )», in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 30.10.2012.
https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/041976/2012-10-30/, aufgerufen am 23.05.2023.
Artikel veröffentlicht am 15.6 2023
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Eine der blühendsten und schönsten Ausdrucksformen des Wissens des sahraouischen Volkes ist seine Poesie von Dr. phil. Henriette Hanke Güttinger
Die 2020 erschienene Antología de la Poesia Nacional Saharaui,1 die die sahraouische Dichtung sichtbar macht und ihren Poeten eine Stimme gibt, entstand in einer Forschungsarbeit von sahraouischen und spanischen Sozialwissenschaftlern gemeinsam mit sahraouischen Sozial- und Kulturaktivisten. Die Dichter «bekannt zu machen, ist an sich schon ein wertvoller Beitrag zur Entkolonialisierung der eurozentrischen Literatur», schreibt der Sozialwissenschaftler Boaventura de Sousa Santos im Vorwort der Antología². Es ist universitäre Forschung, die ihre politische Verantwortung wahrnimmt, so de Sousa Santos: «Sie verstehen ihre Arbeit als ein Wissen mit dem sahraouischen Volk, nicht als Wissen über das sahraouische Volk. Es ist ein Wissen in Solidarität mit dem politischen Kampf des sahraouischen Volkes für seine Selbstbestimmung, für seine politische, soziale und kulturelle Befreiung.»
Die sahraouische Dichtung, ursprünglich in Hassania, wurde von sahraouischen Dichtern der «La generation de la Amistad», die selber auf Spanisch schreiben, für die Antología ins Spanische übersetzt.

In den von der Polisario befreiten Gebieten nomadisieren auch heute noch Sahraouis mit ihren Herden. (Bilder hhg)
Dichter – Weber des Gedächtnisses des Lebens und der Wüste
Poetisch ist auch die Sprache in der Boaventura de Sousa Santos sahraouisches Leben, Tradition, Geschichte und Dichtung zu einem faszinierenden Ganzen fügt:
«Das Volk der Sahraouis, das Volk der Beduinen, nomadisch, das während Jahrhunderten seine Herden geweidet hat in den Weiten der Wüste, lebt in der Wüste und von der Wüste. Es kennt die Wüste in ihrem Inneren, weil die Wüste in ihm ist (…) aus dem Wissen geboren im Kampf gegen die Wüste und für die Wüste, im Kampf gegen mächtige Feinde wie das Klima oder die Kolonisatoren, letztlich im Kampf ums Überleben und um die Würde, oft unter widrigen Bedingungen. Eine der blühendsten und schönsten Ausdrucksformen des Wissens des sahraouischen Volkes ist seine Poesie. Die Dichter sind los tejedores (Weber, Flechter) des Gedächtnisses des Lebens und der Wüste. Mit ihrer Dichtung verbinden sie Generationen, da die Gedichte die Geschichte der Familien und der Stämme nachzeichnen in der ganzen Breite der Pfade der Wüste und der Zeit. »
Mündliche Dichtung gehört zum sahraouischen Alltag. «Manchmal sagt man mit einem Vers, dass ein Tee sehr bitter ist, oder wenn man möchte, dass du einen Tee zubereitest, sagt man es dir ebenfalls in einem Vers», äussert der Dichter Badi Mohamed Salem, «manchmal schreiben wir Verse an eine Akazie, einen Busch, eine Düne».³
Auch Diskussionen wurden auf poetischer Ebene geführt, so auch eine hitzige Debatte zwischen sahraouischen Dichtern über die Frage, ob bei der traditionellen Teezeremonie auch weiterhin vier Gläser gereicht oder diese auf drei Gläser reduziert werden sollten. Die Befürworter der vier Gläser argumentierten religiös:
Gott hat bereits vier Engel
herabgesandt, höre zu, du, der du hören kannst, und er hat vier der umfassendsten Bücher herabgesandt, die mit der Weihe und den berühmtesten Kalifen kamen, das ist die endgültige Antwort, und vier Gläser sind besser und von höherem Range als jene drei.⁴
Während der Kolonialzeit arbeiteten Sahraouis auch für spanische Unternehmen und hatten nur wenig Zeit für Familie und Freunde. Daher argumentierten die gegnerischen Dichter zugunsten der drei Gläser mit dem Faktor Zeit.
Die Dichtung befasst sich auch mit zwischenmenschlichen Beziehungen. Luali Leshan, ein junger sahraouischer Dichter, beschreibt seelische Empfindungen bei einer herzlichen Begrüssung, wenn man die Hände des anderen länger in den seinen hält, einfühlsam poetisch: «Hände sind die Vorhut⁵ der Seele und verstehen es, mit anderen Händen zu verschmelzen und zu einer Stütze in Zuneigung und als Richtschnur⁶ zu werden. Und sie sind befähigt, die Grenze zum anderen aufzuheben und ihn in die unmittelbare Nähe der Seele zu führen. Sie verstehen es, das Seil zu sein, das andere Hände zieht, und sie können die Wunden heilen, die von den Stürmen auf ihrem Weg durch das Leben hinterlassen werden».⁷

Nomadisierende Sahraouis in den befreiten Gebieten leben häufig in ihren traditionellen Zelten.
Mohamed Salem Uld Abdelahe, Badi, el decano der sahraouischen Dichtung
Dichter in der Sahara kommen aus Dichterfamilien über Generationen, so auch Badi: «Ich erinnere mich daran, wie ich als Kind neben meinem Vater sass und den Leuten erzählte, was sie sich gegenseitig vorgesungen hatten. Auf diese Weise habe ich auch meinen älteren Brüdern zugehört.»⁸ Badi wuchs in einer grossen Familie auf, die mit ihren Kamelen und Ziegen nomadisierte. In guten Zeiten versammelten sich die Nomaden abends um die Wasserquellen, um Legenden und Geschichten zu erzählen und Gedichte zu rezitieren.
Unter der spanischen Kolonialmacht begann Badi mit einem Freund Verse zu schreiben anlässlich der Proteste vom 17. Juni 1970 gegen die Spanier in Zemla bei El Aiun. «Ich erinnere mich», so Badi, «dass wir in dieser Zeit viele Verse schrieben, und ich erinnere mich auch an ein ganzes Gedicht, das ich über die Spitzel schrieb. […] der Prophet selbst warnt uns vor ihnen.» ⁹
Ein grosser Teil sahraouischer Dichtung spiegelt die Sehnsucht der Vertriebenen nach dem verloren Land ihrer Kindheit wieder, so auch bei Badi, wie sein Gedicht «Imbeidi und seine Düne» zeigt.
Imbeidi und seine Düne
Imbeidi und seine Düne, wo der Abhang des Hügels beginnt,
der nach dem Berg von Ashalai ausgerichtet ist,
ich liebe sie,
Berg, Düne, Hügel und Orientierung.
Ich mag diesen Ort, nach Süden ausgerichtet
und die Lage des kleinen Berges im Schatten
des Hügels,
in der Nähe der Akazie und dem Felsenbrunnen am Fusse des
Berges.
Die schwarzen Hügel des Westens,
die das Tal überblicken und die sich nach Süden erstrecken, ich liebe sie.
Aber von dem Hügel nach Norden
ich wünschte es so, und das sind keine leeren Worte.
An Imbeidi und seine Düne, wo der Abhang des Hügels beginnt,
der nach dem Berg von Ashalai ausgerichtet ist,
ich liebe sie,
Berg, Düne, Hügel und Orientierung.
Im Osten die Grenzen von Sueid, die ich liebe,
und der Berg von El Id und die kleine Erhebung
von Elmusful und Dums. Oh herrlich! Ich liebe sie
voller Intensität und aus tiefster Seele und wenn es einen Ort gibt, den ich am
meisten liebe,
oh Herrlicher! Es ist nur Imbeidi und seine Düne.
Die Hügel von Amashkarif,
der Fluss von Abd y Lasquilla,
die Rinnen der Saline und der kleine Weg der Dünen
und im Hintergrund der schwarze Berg.
Dies ist die Heimat derer, die nicht vergessen,
und wenn sie sich erinnern, im Guten wie im Schlechten,
dann bleibt nichts anderes, als sich
an Imbeidi und seine Düne zu erinnern.
Ich erinnere mich also an die schönen Zelte
in der Nähe der Berge von Buserz, Budarga,
und in der Nähe von Buguetaya.
Ich erinnere mich an geliebte Menschen, die ich nicht vergessen kann.
Wie sie gibt es nichts mehr auf der Erde.
Es gibt keine Freunde der ewigen Jugend mehr,
keine Tage mehr wie die Tage von
Imbeidi und seiner Düne, wo der Abhang des Hügels beginnt,
der nach dem Berg von Ashalai ausgerichtet ist, ich liebe sie,
Berg, Düne, Hügel und Orientierung.13
Noch mit 80 Jahren wandte sich Badi mit grossem Interesse Neuem zu: «Ich entdecke Reime und Meere, neue musikalische Hintergründe, die ich nicht kannte. Der Strom des Wissens wächst und wächst, er nimmt kein Ende.» 10
Kurz vor seinem Tode wandte sich Badi 2019 an sein Volk mit dem weisen Rat, im Kampf für die nationale Souveränität die Einheit zu bewahren:
Oh, mein Volk, bleib standhaft
in Deinen Prinzipien,
stell Deine Einheit nicht in Frage, nutzte sie nicht,
um dem Wütenden nachzugeben
noch entwerte sie,
um dem Söldner zu schmeicheln.11
Ljadra Mint Mabrouk, la poetisa del fusil
Die sahraouische Dichterin «wurde in der Nähe des Brunnens von Amoigiz geboren», liest man in der Antología, «in einem Jahr, das ihre Familie das Jahr von Gleib Lajdar nannte, weil man zu dieser Zeit die Zelte in der Nähe eines grünen Hügels aufgeschlagen hatte.»12 Mit ihrer Familie gehörte sie zu einem grossen nomadisierenden sahraouischen Stamm. Lesen und Schreiben hat Ljadra nicht gelernt. Ihre Gedichte bewahrte sie in ihrem Gedächtnis und rezitierte sie alle auswendig.
Mit dem Krieg Marokkos gegen die Sahraouis flüchtete Ljadra 1975 mit ihrer Familie in die Lager nach Algerien, wo sie mit ihren Gedichten die Frente Polisario in ihrem Unabhängigkeitskrieg sowie den Aufbau der DARS in den Flüchtlingslagern begleitete und unterstützte. Gerade die Frauen leisteten beim Aufbau einen grossen Einsatz, so Ljadra in der Antología: «In jenen Jahren arbeiteten wir alle, aber die Frauen arbeiteten sehr viel.» Wenn die gemeinsamen Arbeiten beim Aufbau beendet waren, ruhten die Männer. Die Frauen hatten noch viel zu tun, «machten Tee, kochten, kümmerten sich um die Kinder, bereiteten das Essen für den morgigen Tag vor und gingen dann zur Ruhe. […] Die Sahraouis haben viel gearbeitet. Haben Sie das nationale Krankenhaus in Rabuni besucht? Wir haben es selbst gebaut. Backstein für Backstein, wir haben den ganzen Zement gemacht.»14
Bei einem Besuch mit dem Schweizerischen Unterstützungskomitees für die Sahraouis (SUKS) in den Lagern waren wir 2019 bei der Dichterin Ljadra zu Besuch. Mit grosser Ausdruckskraft, Energie und innerer Beteiligung trug sie einige ihrer Gedichte vor. Unsere sahraouischen Begleiterinnen und Begleiter waren tief bewegt, und in ihren Augen standen Tränen. Von den Sahraouis, die Dichtung lieben, wird ihre grosse Dichterin hochgeschätzt. Ihre Gedichte sind gelebte Geschichte:
«Ihr seid als Kolonisatoren zu uns gekommen.
Andere waren aber vor euch da, und ihr habt keine Rechte hier.»
In einem anderen Gedicht trug Ljadra vor, wie sie als ältere Frau mit jungen Soldaten in der Frente Polisario gekämpft hatte. Die jungen Sahraouis kämpften – ohne Angst vor dem Tode – wie die Löwen.
In der Antología, in der das folgende Gedicht verschriftlicht wurde, wird die Dichterin als «La poetisa del fusil» charakterisiert.
Die jahrzehntelange Unterdrückung, die Missachtung ihres Selbstbestimmungsrechts, das ihnen von der Uno explizit zuerkannt wurde, die militärischen Übergriffe Marokkos prägen die Stimmung in diesem Gedicht.
Unsere politische Führung
Unsere Anführer sind ein Vorbild als Avantgarde und für unsere Einigkeit.
Sie tragen nichts als Flicken,
Sie essen nichts als die Reste von unserem Teller, und wenn uns jemand angreift sind sie die Ersten, die unsere Kinder retten, so wie sie uns gerettet haben als Bomben fielen auf uns, auf unsere alten Leute und unser Hab und Gut.
Was im Ausland von den Sendern ausgestrahlt wird, ist Frucht der Kämpfe einer mutigen und tapferen Armee geboren aus unserem Volk und ohne Fehl und Tadel.
Treu ergeben unserem Einsatz gegenüber und ironisch gegenüber jenen, die auf Kosten des Volkes leben und sich rühmen eine Monarchie zu sein.
[…]
Wir verspotten jene Menschen die auf Kosten des Volkes leben und sich rühmen, eine Monarchie zu sein.15
Diese ungebrochene Würde und die sahraouische Identität sowie der Wille zur Rückkehr in die ursprüngliche Heimat, die Ljadra in diesem Gedicht zum Ausdruck bringt, ist bei allen Generationen auch heute noch da – trotz aller Widrigkeiten! Dazu haben die sahraouischen Dichter einen bedeutenden Beitrag geleistet.

¹ Mit Anthologie wird eine Sammlung oder Auswahl von Gedichten oder Prosastücken bezeichnet. Die «Antología de la Poesía Nacional Saharaui» ist der erste Sammelband in spanischer Sprache zur mündlichen sahraouischen Dichtung in Hassania.
² Poetas y Poesía Del Sahara Occidental, Antología de la Poesía Nacional Saharaui, Malaga 2020, S. 11–14.
³ Antología, S. 79
⁴ Antología, S. 30–31.
⁵ La vanguardia del alma
⁶ en sosten y en caricia y en norte
⁷ Antología, S. 58.
⁸ Antología, S. 53.
⁹ Antología, S. 57.
10 Antología, S. 59
11 Antología, S. 79.
12 Gemäss Ljadra handelt es sich um das Jahr 1930. Die sahraouischen Nomaden benannten die Jahre entsprechend ihren aktuellen Lagerorte. Geographisch handelt es sich um das Gebiet um Tiris. Antología, S. 154.
13 Antología, S. 87.
14 Antología, S. 165.
15 Antología, S. 172.
Übersetzung der Texte aus dem Spanischen hhg.
Westsahara – Heimat der Sahraouis
Bis heute völkerrechtswidrig von Marokko besetzt
hhg. Die Westsahara mit riesigen Phosphatvorkommen und ergiebigen Fischgründen vor der Atlantikküste war lange Zeit spanische Kolonie. 1960 entschied die Uno, dass alle kolonisierten Länder und Völker das Recht auf Unabhängigkeit und Selbstbestimmung haben, so auch die Sahraouis in der spanischen Kolonie Spanisch-Sahara, der heutigen Westsahara. 1975 zog sich Spanien aus der Westsahara zurück, die daraufhin von Marokko und Mauretanien besetzt wurde. Viele Sahraouis flohen in die algerische Sahara, wo sie bis heute in Flüchtlingslagern leben, während die sahraouische Widerstandsarmee Polisario gegen die Besatzer kämpfte. 1979 verzichtete Mauretanien auf seine Ansprüche auf die Westsahara zugunsten der Sahraouis. 1991 vermittelte die Uno einen Waffenstillstand zwischen Marokko und der Polisario, unter der Bedingung, dass in der Westsahara unter Aufsicht der Uno eine Volksabstimmung stattfindet, ob die Westsahara unabhängig werden soll, oder ob sie in das Königreich Marokko integriert wird.
Seit 1991 warten die Sahraouis in der besetzten Westsahara und in den Flüchtlingslagern in der algerischen Sahara auf die von der Uno versprochene Volksabstimmung über die Zukunft ihres Landes, die von Marokko bis heute hintertrieben wird.
Artikel veröffentlicht am 15.6.2023
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Bildung: «Lesen – wahrlich ein selt’nes Glück» von Dr. phil. Carl Bossard*
Es wird weniger gelesen. Die Lesekompetenz der Jugendlichen sinkt. Ein verdrängtes Faktum. Bildungspolitik und Schule müssten gegenhalten und diese Kulturtechnik fördern, wie dies schon einmal der Fall gewesen ist. Ein Blick zurück zeigt es.
Eine Kindheit als eigene Lebensphase und mit Schulzeit gab es lange nicht. Die Kinder werden als ökonomische Ressource schnell zu kleinen Erwachsenen. Früh treten sie in die handwerklich und landwirtschaftlich dominierte Arbeitswelt ein. Man braucht sie fürs Werken und Rackern auf Feld und Hof – und später in den Fabriken. Der Stall ist notgedrungen stärker als die Schiefertafel, das Brot wichtiger als ein Buch. «Lesen [ist darum] wahrlich ein selt’nes Glück», wie es der arme Mann aus dem Toggenburg, Ulrich Bräker, um 1775 ausdrückt.¹

Früh übt sich: Ein ausgeprägtes Leseverständnis ist zentral. Wer gut liest, hat es in der Schule einfacher.
(Bilder zvg)
Unterricht aus dem Wirrwarr des Zufallslernen befreien
Viele Kinder bleiben Analphabeten; sie sind aufs Vorlesen oder bestenfalls auf gemeinsames Buchstabieren und Deuten eines Textes angewiesen. Eindrücklich schildert dies der Pädagoge und Sozialreformer Johann Heinrich Pestalozzi (1746 – 1827) im «Stanser Brief»: «Unter zehn Kindern, konnte kaum eins das A b c.» Und er fügt bei: «Von anderm Schulunterrichte […] war noch weniger die Rede.»2
Das will die neue helvetische Regierung um 1800 ändern. Sie möchte die Kinder aus den Ar-beitswelten herausholen und ihren Schulunterricht aus dem Wirrwarr des Zufallslernens befreien. Die Helvetik (1798 – 1803) versteht sich als konsequente Antithese zum Ancien Régime. Sie realisiert Ideen der Aufklärung und nimmt mit dem bislang ungewohnten Gedanken der Gleichheit einen irreversiblen Mentalitätswandel vor: etwas völlig Neues, gar Radikales. Die patrizisch-aristokratische Oberschicht, das «Volk in Seide», wie Pestalozzi es formuliert, hat sich bis dahin kaum richtig bemüht, den gewöhnlichen Leuten, dem «Volk im Zwilch», zu politischer Gleichheit zu verhelfen. «Der gemeine Mann darf kein Gelehrter werden», so die Denkweise. Bildung bleibt darum ein Privileg weniger.
Kampf zwischen Idealität und Realität
Die helvetische Regierung versteht sich als eine Art Sarastro – und dieser Sarastro setzt sich zur Aufgabe, die Menschen zu bilden. Der Glaube, dass eben nur ein gebildetes Volk die Prinzipien der neuen Zeit anerkennen könne, gibt im neuen helvetischen Staat dem Auf- und Ausbau der Schulen höchste Priorität. Das Unterfangen ist dornig und der Pfad steinig, der pädagogische Wandel zäh und der Fortschritt ein hartnäckiger Kampf zwischen Utopie und Machbarkeit, zwischen Idealität und Realität. Er braucht Zeit und Energie.
Die Wirklichkeit im Schweizer Bildungswesen erfährt in Struktur und Programm nach und nach eine zeitgemässe Verbesserung. Die pädagogische «Frühlingssaat» der Helvetik und ihrer bahnbrechenden Schulpolitik geht langsam auf. Der neue Bundesstaat nach 1848 realisiert ideell und dann auch materiell-organisatorisch, was die Helvetische Republik erreichen wollte: eine umfassende Bildung und Erziehung als Fundament des demokratischen Staates. Die Kulturtechniken Lesen und Schreiben und ebenso Rechnen werden zum Allgemeingut. Ein zäher und langer Weg!
Lesekompetenz und Textverständnis schwinden
Die Lesekompetenz hat stetig zugenommen, speziell spürbar seit Ende des Zweiten Weltkrieges. In den Schulen wurde intensiv gelesen und geübt. Doch heute sinkt das Lesevermögen wieder – besonders einschneidend bei jenen Personen, die ab Ende der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts zur Welt gekommen sind. Die internationalen Vergleichsstudien wie PISA (Programme for International Student Assessment) oder PIRLS (Progress in International Reading Literacy Study) zeigen es: Die jüngere Generation hält weder bei der gelesenen Textmenge pro Zeiteinheit noch beim Textverständnis mit.³ Lesefreude und Lesekompetenz schwinden.
Das gilt auch für die Schweiz; beim Lesen liegt sie heute unterhalb des OECD-Durchschnitts von 75 Ländern.⁴ Der Anteil schwacher Leserinnen und Leser steigt. Jeder vierte Schulabsolvent kann nach neun Schuljahren nicht richtig und verständig lesen, diagnostiziert die PISA-Studie von 2019. Er verharrt auf dem untersten Niveau von sechs Kompetenzstufen. Das heisst, er ist nicht imstande, einem einfachen Text alltagsrelevante Informationen zu entnehmen. Konkret: Ein Viertel vermag das Geschriebene zwar zu entziffern, versteht aber das Gelesene im Ge-samtkontext nicht. Dabei wäre ein ausgeprägtes Leseverständnis elementar. Die sprachliche Heterogenität heutiger Klassen akzentuiert das Problem noch.⁵
Wenn Verstehen zur Schwerstarbeit wird
Das Kernproblem der mangelnden Lesekompetenz nicht weniger junger Menschen liegt beim Verstehen. Konzentrierte Lektüre wird seltener. Usanz ist heute das Lesen von WhatsApp-Nachrichten und von flüchtig gescannten Kurztexten. Das gehört zum Leben junger Leute. Der Lesemodus liegt im Überfliegen von Texten und im Gebrauch von Tablets oder Smartphones: Fast-Food Information, in Sekundenhäppchen präsentiert und konsumiert. Wie soll man da Gedanken zu Nikolaus Kopernikus oder Charles Darwin verstehen? Dabei können Alerts die Lektüre jederzeit unterbrechen. Wer in den sozialen Netzwerken viele Freunde kennt, wird täglich von fünfzehnsekündigen Videoausschnitten förmlich überschwemmt. Mit Bildwelten aber kann sich kein Denken verbinden. Sie rauschen unkontrolliert oder unreflektiert an mir vorbei.
Dazu kommt, dass elektronische Geräte – anders als gedruckte Bücher – kaum materielle Orientierung im Text ermöglichen. Dies schmälert das kognitive Weiterkommen und führt zu Verste-hens- wie auch zu Akzeptanzproblemen. Nicht alltägliche Texte lesen und den Sinn verstehen wird so für manche Schülerinnen und Schüler zur Schwerstarbeit und die Aufgabe einer differenzierten Versprachlichung zur subjektiven Zumutung. Für die Lehrer bedeutet diese Unbehagens-Disposition der jungen Leute einen erheblichen Zuwachs an Anstrengung. Manche schauen weg und resignieren. «Was soll’s?» So öffnen sich neue Sprachbarrieren. Der Lesenotstand verschärft sich.
Lektürestunden in jeder Schulart und in jedem Schulfach
Vertieftes und konzentriertes Lesen oder «deep reading»,⁶ wie es die Leseforschung nennt, muss geduldig gelehrt, intensiv und auch gemeinsam geübt und reflektiert werden. Aus Sicht der Wissenschaft zuerst mit analogen und erst dann mit digitalen Medien. Dazu schreibt Klaus Zierer, Erziehungswissenschaftler und Ordinarius für Schulpädagogik an der Universität Augsburg: «Wir brauchen eine Renaissance der Lektüre, nicht als Beschäftigungstherapie vor den Ferien, nicht begleitend im Film, sondern im Kern des Curriculums, mit Lektürestunden in jeder Schulart und in jedem Schulfach.» ⁷

Das didaktische Medium «Schulbuch» legt die Basis fürs Lesen. Erstklass-Lesebuch aus den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts .
Bedingung gesellschaftlicher Teilhabe
Nur ein gebildetes und lesefähiges Volk ist auch ein demokratiefähiges Volk! – Davon war die helvetische Regierung von 1798 zutiefst überzeugt. Sie förderte die Kulturtechnik des Lesens wie auch des Schreibens. Für den Einzelnen und die Gesellschaft. Was damals so wichtig war, gilt auch heute noch: Zur sozialen und politischen Teilhabe gehört eine angemessene Lesekompetenz. Nur informierte und unabhängige Bürgerinnen und Bürger interessieren sich für gesellschaftliche und demokratische Prozesse. Es ist kein Zufall, dass die Helvetik ein erster Schritt zur schweizerischen Demokratie wurde. Sie wusste: Die Förderung des demokratischen Lebens basiert auf der kollektiven Lesekompetenz.
Der Bildungspolitik und der Schule kommt darum eine hohe Verantwortung zu. Lesen darf nicht «zum selt’nen Glück» verkommen.
Erstveröffentlichung: www.journal21.ch, 20. März 2023.
Wir danken dem Autor für die Abdruckgenehmigung.
¹ Ulrich Bräker: Lebensgeschichte und natürliche Ebenteuer (sic) des armen Mannes im Tockenburg. In: Bräkers Werke in einem Band. Berlin und Weimar 1966, S. 83ff.
² Pestalozzi über seine Anstalt in Stans [kurz: «Stanser Brief» von 1799] (1997). Mit einer Interpretation und neuer Einleitung von Wolfgang Klafki. Weinheim und Basel: Beltz Verlag, S. 9.
³ Klaus Zierer: Wir brauchen eine Renaissance der Lektüre. In: DIE ZEIT, 21. 04. 2022, S. 38.
⁴ Vgl. https://www.edk.ch/dyn/32703.php [abgerufen: 19.03.2023]
⁵ Tanja Polli: Spricht hier jemand Deutsch? In: Beobachter 7/2023, S. 17 – 19. Jedes dritte Kind hat heute ein Sprachproblem, wenn es in den Kindergarten kommt.
⁶ Häufig liest man auch den Ausdruck «higher-lever reading». Man möchte so das Idyll des kindlichen Lesens und die Assoziation mit dem vertrauten Buchgenuss vermeiden.
⁷ Zierer, a.a.O.
Artikel veröffentlicht am 15.6.2023
Info: https://zeitgeschehen-im-fokus.ch/de/newspaper-ausgabe/nr-9-vom-15-juni-2023.html#article_1529
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.