Neues vom Wirtschaftskrieg (224): Mehr Flüssiggas aus Russland
lostin.eu, 31. August 2023
Die EU bereitet eigene Sanktionen gegen die Putschisten im Niger vor. Hilfsorganisationen protestieren scharf gegen die bereits verhängten ECOWAS-Sanktionen. Und die EU importiert mehr Flüssiggas aus Russland.
- EU importiert mehr Flüssiggas aus Russland. The EU is set to import record volumes of liquefied natural gas from Russia this year, despite aiming for the bloc to wean itself off Russian fossil fuels by 2027. In the first seven months of this year, Belgium and Spain were the second and third-biggest buyers of Russian LNG behind China, according to analysis of industry data by Global Witness, a nongovernment organisation. Overall, EU imports of the super-chilled gas were up 40 per cent between January and July this year compared with the same period in 2021, before Russia’s full-scale invasion of Ukraine. The jump comes from a low base as the EU did not import significant amounts of LNG before the war in Ukraine due to its reliance on piped gas from Russia. But the rise is much sharper than the global average increase in imports of Russian LNG, which was 6 per cent over the same period, Global Witness said. (Financial Times) Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander…
- Hilfsorganisationen protestieren scharf gegen die ECOWAS-Sanktionen gegen Niger. Die westafrikanische Regionalorganisation ECOWAS hat unter deutsch-europäischem Beifall scharfe Sanktionen verhängt, um die Putschisten in Niamey zur Aufgabe zu zwingen. Seither stecken Dutzende Container des UN-Kinderhilfswerks UNICEF mit dringend benötigten Medikamenten an der Grenze zu Niger fest; das UN-Welternährungsprogramm WFP klagt, es könne rund 6.000 Tonnen Lebensmittel nicht ins Land bringen. In Niger leiden schon heute fast 20 Prozent der Bevölkerung an Unterernährung. (German Foreign Policy)
- Die EU bereitet eigene Sanktionen gegen die Putschisten im westafrikanischen Niger vor. Man werde versuchen, die gleiche Art von Strafmaßnahmen zu verhängen, die die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas beschlossen habe, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Mittwoch nach einem Verteidigungsministertreffen im spanischen Toledo. Die Vorbereitungen dafür liefen bereits. Bei einem Außenministertreffen an diesem Donnerstag sollten sie weiter vorangetrieben werden. Insbesondere Deutschland und Frankreich hatten im Vorfeld der EU-Treffen für Sanktionen geworben. (dpa) Diese Sanktionen treffen die Ärmsten der Armen, die jetzt schon leiden (siehe oben). Doch wenn es um „europäische Werte“ geht, kennt die EU offenbar kein Mitleid….
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3 Comments
Stef
31. August 2023 @ 09:17Die „Erfolge“ das Sanktionitis waren nicht gering, sie waren extrem negativ, wie man gerade am Thema Gas sieht. Insbesondere für die Grünen ist dies eine Bestätigung des kompletten Versagens:
Unabhängigkeit von russischem Gas: Fehlanzeige
Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen: Fehlanzeige
Nachhaltige Energieversorgung: Fehlanzeige
Klimaschonende Energieversorgung: Fehlanzeige
Versorgungssicherheit: Fehlanzeige
Kosteneffiziente Energieversorgung: Fehlanzeige
Sozial verträgliche Energieversorgung: Fehlanzeige
Industrieverträgliche Energieversorgung: Fehlanzeige
Kollaps der russischen Wirtschaft: Fehlanzeige
Diplomatische Erfolge: Fehlanzeige
Den ukrainischen Bürgern irgendwie damit geholfen: Fehlanzeige
Und haben wir dafür wenigstens Erfolge im Krieg? Ebenfalls FehlanzeigeSpätestens jetzt kann man einfach nicht mehr darüber hinwegsehen, dass die Sanktionen von vornherein so konzipiert waren, den maximalen Schaden in Zentraleuropa und Deutschland anzurichten und Europa strategisch von russischen Rohstoffen trennen. Nicht das das schon genügen würde, auch noch hält sich Deutschland und teilweise Europa wie der Klassenstreber auf Punkt und Komma an die Sanktionen, während andere Teile der Welt (zuallererst die USA) das wesentlich entspannter sehen. Kein Wunder, ging es ja bei den Sanktionen zuallererst um die Schädigung Europas. Sie waren doch gar nicht für die USA gemeint…
Misst man den Erfolg der Bundesregierung an ihren Zielen, müsste sie geschlossen zurücktreten. Aber die Grünen, als die militantesten Verfechter dieser Selbstmordpolitik, müssten inzwischen pulversisiert sein. Dies ist erkennbar nicht der Fall. Offensichtlich gibt es noch zu viel Potenzial, sich selbst und die Wähler hinter die Fichte zu führen. Das wird im schlechtesten Fall noch Jahre dauern und gibt dann einen umso härteren Aufschlag.
Mein Benchmark für eine politische Trendwende ist folgender: Besserung wird erst kommen, wenn sich die Bundesregierung wieder aktiv um russisches Pipelinegas bemüht. Durchaus möglich, dass die Russen dann schon nichts mehr von Deutschland wissen wollen. Aber dann ist zumindest soviel Ehrlichkeit und Realismus in die politische Debatte zurückgekehrt, dass man darauf etwas aufbauen kann, das nicht bei erster Gelegenheit kollabiert.
Und rein vorsorglich @Kleopatra: Ja, wir kaufen auch Gas von Kriegsverbrechern und völkerrechtswidrigen Invasoren, siehe USA, Aserbaidschan und Saudi-Arabien.
Armin Christ
31. August 2023 @ 08:32
Den Menschen im Niger geht es sowieso schon verdammt schlecht dank der jahrzehntelangen westlichen Fürsorge (Kolonialismus und Neokolonialismus) und nun sollen sie von den westlichen Vasallen von ECOWAS und dem Westen noch mehr ausgehungert werden ?
Die Leute brauchen ESSEN und da ist „westliche Demokratie“ zweitrangig.
„westliche Werte“ ? das will doch in der Welt kaum noch jemand hören; schon gar nicht von einer Analena Bigotta Doppelmoralika Baerbock und Co.
Thomas Damrau
31. August 2023 @ 06:19
Es lebe die Sanktionitis – auch wenn die Erfolge in der Vergangenheit eher gering waren.
Die Grundannahme „wenn wir den Stecker ziehen, gehen die Lichter aus“, hat sich in vielen Fällen als falsch erwiesen: Es gibt noch andere Steckdosen (um im Bild zu bleiben). Und gerade für den augenblicklichen strategischen Brennpunkt Westafrika werden sich schnell andere Stromversorger finden.
Wirtschaftliche Verflechtungen sind Kommunikationskanäle, über die man mit anderen Ländern im Gespräch bleibt. Wer diesen Kanal kappt, muss sich nicht wundern, wenn er an Einfluss verliert.
Info: https://lostineu.eu/neues-vom-wirtschaftskrieg-224-mehr-fluessiggas-aus-russland
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält
Weiteres:
lostineu.eu, 30. August 2023
Vor einem Jahr hat die EU der Ukraine den Beitritt versprochen. Seitdem genießt die Erweiterung wieder Priorität, Ratspräsident Michel hat sogar eine große Beitrittswelle bis 2030 angekündigt. Doch sein Vorstoß führt zu Streit.
Zuerst ging die EU-Kommission auf Distanz. Auf ein Jahresdatum wolle man sich nicht festlegen, hieß es in der Brüsseler Behörde. EU-Chefin von der Leyen sitzt die Ukraine im Nacken, die am liebsten schon 2024 beitreten würde.
Dann muckten die Beitrittskandidaten auf dem Balkan auf. Sie warten schon seit 20 Jahren und fürchten nun, von der Ukraine überholt zu werden. Die EU müsse selbst tätig werden und Barrieren beseitigen, heißt es etwa in Albanien.
Auch Serbien und Montenegro sind verärgert. Die EU ändere ständig ihre Vorgaben und halte den Westbalkan hin, heißt es dort. „2030 ist viel zu spät“, sagte Dritan Abazović, Regierungschef aus Montenegro.
Streit gibt es aber auch unter den Alt-Mitgliedern. Deutschland mahnt EU-Reformen an – ohne eine Abschaffung des Vetorechts könne es keine Erweiterung geben. Frankreich schwebt dagegen eher ein Europa der zwei Geschwindigkeiten vor.
Kein Konsens, nirgends
Österreich wiederum lehnt ein neues „föderales“ Reformprogramm ab. Wer institutionelle Reformen forderte, wolle in Wahrheit gar keine Erweiterung, so Außenminister Alexander Schallenberg.
Doch wenn die EU bei den aktuellen Regeln bleibt, droht eine Dauerblockade. Schon jetzt stellt sich bei fast jedem EU-Gesetz mindestens ein Land quer, zuletzt zog Deutschland beim Verbrennerverbot die (eigentlich nicht vorgesehene) Notbremse.
Die chaotische Debatte zeigt, dass die Einladung an die Ukraine nichts anderes war als eine Notlösung, eine Flucht nach vorn. Den viel beschworenen neuen Erweiterungs-Konsens gibt es nur auf dem Papier. In Wahrheit herrscht Streit auf allen Etagen.
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4 Comments
Stef
31. August 2023 @ 09:21@KK: Voll Zustimmung.
Das einzig Gute an einer neuen Beitrittswelle ist, dass sie den notwendigen Kollaps beschleunigt. Diese EU ist schon jetzt nicht mehr zu retten und zu reformieren. Je früher wir auf dem harten Boden der Tatsachen aufschlagen, umso besser.
*Sarkasmus off*
Michael Conrad
31. August 2023 @ 08:34
Das, worum es eigentlich geht, wird garnicht erwähnt. Das Geld.
Die Ukraine saugt ja jetzt schon die finanziellen Mittel an, wie das
schwarze Loch im inneren der Galaxis die Materie.
Arthur Dent
30. August 2023 @ 23:33
Europa setzt keine Maßstäbe mehr. Es befindet sich in einer Abwärtsspirale, deren Ende noch lange nicht in Sicht ist – Europa ist am Ende seiner zivilisatorischen Reise angekommen.
KK
30. August 2023 @ 16:58
Komplett abwickeln und noch einmal von vorn anfangen. Diesmal dann aber richtig, als transparente Demokratie, die diesen Namen auch verdient! Und nur mit denen, die sich auch auf eine wirklich verbindliche, für alle gültige und vor allem bei Verstössen wehrhafte Verfassung – bis zum Ausschluss von Mitgliedern – einlassen können.
Diese EU bzw. das, was aus ihr geworden ist, wirkt auf mich nur noch abstossend, und der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf – in diesem Fall von vielen Köpfen! Nur das schöne Geld lockt offenbar noch einige Beitrittswillige, aber damit wirds auch bald vorbei sein – das geht alles gerade in Kriegs- und Sanktionsrauch auf!
Info:https://lostineu.eu/eu-erweiterung-streit-auf-allen-etagen
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält