aus e-mail von Doris Pumphrey, 20. Oktober 2023, 12:59 Uhr
/Siehe auch:
/*Nun muss sich die Linkspartei einen neuen Sündenbock suchen
*Die Ankündigung Sahra Wagenknechts, nun zusammen mit politischen
Weggefährten eine neue Partei zu gründen
<https://www.nachdenkseiten.de/?p=105495>, wurde von ihren Gegnern
innerhalb der Linkspartei zumindest nach außen hin weitestgehend positiv
aufgenommen. Doch dieser Zweckoptimismus ist fehl am Platz. Nun muss
sich die Linkspartei endlich ehrlich machen. Hatte man in den letzten
Jahren mit Sahra Wagenknecht stets einen Sündenbock
<https://www.nachdenkseiten.de/?p=76459> für die immer schlechteren
Wahlergebnisse parat, wird es künftig schwer, die Schuld für das eigene
Versagen bei anderen zu suchen <https://www.nachdenkseiten.de/?p=54544>.
Doch die Linkspartei wäre nicht die Linkspartei, würde sie ihre Zukunft
im Parteien-Sammelbecken „Sonstige“ selbstkritisch akzeptieren. Neuer
Streit ist vorprogrammiert. Wer nun die Rolle des Sündenbocks übernehmen
wird, ist freilich noch unklar. Wahrscheinlich wird es wieder Sahra
Wagenknecht sein. Doch das ist dann auch egal. Ein Kommentar von *Jens
Berger*.
/Hier: /https://www.nachdenkseiten.de/?p=105530
https://freedert.online/meinung/184345-agonie-einer-partei-die-linke-mit-schaum-vorm-mund/
19.10.2023
*Agonie einer Partei: Die Linke mit Schaum vorm Mund
*/Von Gert Ewen Ungar
/
Mit der Ankündigung, eine eigene Partei zu gründen, hat Sahra
Wagenknecht das Ende der Partei Die Linke eingeläutet. Die Parteispitze
schäumt und weist anklagend auf Wagenknecht. Dabei sind die Probleme
hausgemacht. Die Linke hat sich von der eigenen Wählerklientel abgewandt.
Es ist klar, dass mit der Gründung einer Wagenknecht-Partei das Ende der
Partei Die Linke am Horizont aufscheint. Es ist anzunehmen, dass man
dies auch im Karl-Liebknecht-Haus und in der Führung der Partei klar
sieht, auch wenn man dort noch große Töne spuckt. Im August meinte
<https://www.spiegel.de/politik/deutschland/frueherer-linkenchef-bernd-riexinger-wagenknecht-fluegel-hat-bruch-laengst-vollzogen-a-f5a81c37-70f2-4d38-a590-08dc83b395a1>
der ehemalige Parteivorsitzende Bernd Riexinger, das Wählerpotenzial der
Partei liege bei 18 Prozent. Er ist sich noch immer sicher, dass nach
einem Ausscheiden von Sahra Wagenknecht die Partei ihr Potenzial wieder
besser ausschöpfen kann. Er sagte dem Nachrichtenportal /The Pioneer/
angesichts der bevorstehenden Parteigründung Wagenknechts:
/"Für die Linke ist es eine Befreiung. Alle, die durch Frau Wagenknecht
daran gehindert wurden, uns zu wählen oder sogar bei uns Mitglied zu
werden, sind herzlich eingeladen."/
Ob er damit richtig liegt, wird sich bei den kommenden Wahlen zeigen.
Für seine These spricht insgesamt wenig. Dass die Partei durch den
Weggang von Wagenknecht mehr Wähler hinzugewinnt, als sie verliert, kann
bezweifelt werden.
Dass man an die Rückkehr zu zweistelligen Wahlergebnissen auch in der
Parteiführung nicht recht glaubt, machen die Schuldzuweisungen der
Parteispitze an Wagenknecht deutlich. Unlauter wirken die Versuche
jedoch, die Schuld für das absehbare Scheitern der Partei auf sie
abzuwälzen.
Parteichefin Janine Wissler wirft Wagenknecht in einem Interview
<mit" rel="noopener">https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/wagenknecht-parteigruendung-102.html>mit
der /Tagesschau/ vor, auf einem Egotrip zu sein. Das ist angesichts des
seit Jahren schwelenden Konflikts und der Bereitschaft Wagenknechts, ihn
bis zur Klärung auszuhalten, eine bizarre Wortwahl. Im Juni war es
Wissler selbst gewesen, die verkündet hatte
<:" rel="noopener">https://www.spiegel.de/politik/deutschland/die-linke-parteivorstand-beschliesst-zukunft-ohne-sahra-wagenknecht-a-b6c39c6a-0106-45a1-a5e5-7da1960f1de4>:
/"Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagneknecht."/
Im Anschluss an ihre Anschuldigung wirft Wissler den Floskel-Automaten
an und behauptet, die Linke setze sich für bezahlbaren Wohnraum,
gerechte Löhne, gegen Zwei-Klassen-Medizin und für die soziale Frage
ein. Das wirkt angesichts der jüngsten Positionierungen der Partei
unglaubhaft.
Hätte sie dies in den letzten Jahren tatsächlich und uneingeschränkt
getan, stünde die Partei für die Wähler deutlich wahrnehmbar für linke,
soziale Politik. Es gäbe dann zum einen den massiven Einbruch bei der
Wählerzustimmung nicht.
Zum anderen gäbe es auch den innerparteilichen Streit nicht, der zum
Bruch führte. Der zentrale Vorwurf Wagenknechts ist, dass die Partei die
Sorgen und Belange ihrer eigenen Klientel aus dem Blick verloren hat.
Die Linke setzt sich eben nicht mehr vorrangig für soziale Politik,
gerechte Löhne und bezahlbare Mieten ein, wie Wissler behauptet, sondern
hat sich der woken Lifestyle-Themen und Polit-Moden der urbanen
Mittelschicht angenommen.
Dass der Vorwurf Wagenknechts an die Parteiführung nicht von der Hand zu
weisen ist, führt eine Personalie ganz deutlich vor Augen: Für die im
nächsten Jahr anstehende Wahl zum EU-Parlament kürten die
Parteivorsitzenden Wissler und Schirdewan die Seenotretterin Carola
Rackete an allen Gremien und vor allem an den Interessen der Stammwähler
vorbei zur Spitzenkandidatin. Viel deutlicher als mit dieser Personalie
kann eine vormals linke Partei ihrer Wählerklientel nicht mitteilen,
dass sie sich bitte eine andere Partei zur Vertretung ihrer Interessen
zu suchen habe.
Wissler macht dies im Interview selbst deutlich, wenn sie sagt, die
Interessen von Flüchtlingen dürften nicht gegen die soziale Frage
ausgespielt werden. Wie sie das konkret umsetzen will, sagt sie
allerdings nicht. Sie will die Kommunen stärken, floskelt sie wenig
überzeugend vor sich hin. Mit Rackete als Spitzenkandidatin hat die
Linke ein Statement abgegeben: Seenotrettung und Flüchtlinge sind als
Wahlkampfthemen gesetzt und die soziale Frage eben nicht. Der Wähler
wird es goutieren. Die 18 Prozent rücken in ganz weite Ferne.
Die Ursachen für den Niedergang der Linken liegen nicht im internen
Streit. Der mag das Problem verschärft und dem Ansehen der Partei
geschadet haben, aber er ist nicht ursächlich für den Vertrauensverlust
beim Wähler. Die Linke, es wurde oft gesagt und kann hier daher nur
wiederholt werden, unternahm einen anbiedernden Schwenk in Richtung
urbanes, liberales Bürgertum. Die Linke angelt nun ihre Wähler in dem
Teich, in dem auch die Grünen ihre Netze auswerfen. Seitdem geht's bergab.
Zu erklären ist der Abstieg einfach. Wem das Wohlergehen der
LGBT-Community am Herzen liegt, wer an die Existenz von 72 Geschlechtern
glaubt und meint, Deutschland habe Platz für alle, die kommen wollen,
der wählt gleich das Original. Die Grünen repräsentieren
Identitätspolitik besser und authentischer als die Linke, die sich immer
noch genötigt sieht, faktisch grüne Forderungen rötlich anzupinseln und
in ein paar sozial klingende Phrasen einzubetten, wie das Wissler im
/Tagesschau/-Interview vorführt. Das wirkt weder für die Stammklientel
glaubwürdig, noch zieht es in einem nennenswerten Maß Wähler der Grünen ab.
Wer in einer strukturschwachen Region wohnt, über ein niedriges
Einkommen verfügt und sich mit steigenden Preisen für Miete, Energie und
Lebenshaltung konfrontiert sieht, wer seine sexuelle Identität darüber
hinaus politisch unkorrekt mit "normal" angibt sowie Familie und Kinder
für ein erstrebenswertes Lebensziel hält, der wählt eben nicht mehr die
nun hippe und woke Linke. Auch wer Frieden mit Russland und ein Ende der
Sanktionspolitik will, wem zudem die Maßnahmen während der
COVID-19-Pandemie repressiv und die Forderung nach einer Impfpflicht
autoritär erschienen, dem blieb bisher – man muss es deutlich sagen –
eigentlich nur die Wahl, bei der AfD sein Kreuz zu machen – auch dann,
wenn das Wähler-Herz eigentlich kräftig auf der linken Seite schlug.
Dass diese Wähler nun nach dem Weggang von Wagenknecht den Weg zurück
zur Partei die Linke finden, kann ausgeschlossen werden. Sie finden eher
den Weg in die neue Wagenknecht-Partei.
Dass eine angeblich linke Partei ihre eigenen Wähler politisch heimatlos
gemacht und so in die Arme einer rechtskonservativen Partei getrieben
hat, ist das eigentliche Versagen der Partei Die Linke, das die
Parteiführung aber ganz offenkundig unaufgearbeitet lassen möchte. Sie
hat es schließlich selbst maßgeblich mitzuverantworten. Stattdessen
ergeht sich in Schuldzuweisungen an Wagenknecht. Das ist billig und
unaufrichtig.
Seit dem Schwenk der Partei Die Linke in Richtung urbanes Bürgermilieu
gibt es in Deutschland faktisch keine linke Alternative im
Parteienspektrum mehr. Aus diesem Grund ist der Schritt Wagenknechts zu
begrüßen, eine eigene Partei zu gründen. Es braucht in Deutschland
dringend eine linke Alternative, eine soziale und sozialistische
politische Interessenvertretung.
Der Streit wird noch ein wenig weitergehen, denn es geht auch um die
Existenz der Fraktion Die Linke im Bundestag. Es ist sozusagen das
letzte Zucken einer in Agonie liegenden Partei. Verlassen Wagenknecht
und mit ihr noch weitere Abgeordnete die Fraktion, dann verliert die
Partei ihren Fraktionsstatus. Dabei geht es auch ums Geld und um Mittel.
Es wird also noch ein bisschen Dreck in Richtung Wagenknecht geworfen
werden. Dann aber, dann ist es vorbei. In Deutschland ist ab Montag das
Parteienspektrum voraussichtlich endlich wieder vollständig.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.