23.10.2023

BSW: Kein Erwachen aus dem Albtraum

aus e-mail von Doris Pumphrey, 23. Oktober 2023, 21:37 Uhr


Bündnis Sahra Wagenknecht

Pressekonferenz am 23.10. 2023

<https://rumble.com/embed/v3oiylj/?pub=105gth>


Dokumentiert: „Warum wir DIE LINKE verlassen“

Austrittserklärung von Sahra Wagenknecht und neun weiteren

Bundestagsabgeordneten <https://www.nachdenkseiten.de/?p=105706>


Bündnis Sahra Wagenknecht

Gründungsmanifest <https://buendnis-sahra-wagenknecht.de/bsw/>



https://freedert.online/meinung/184724-buendnis-sahra-wagenknecht-kein-erwachen/

23.10.2023

*Bündnis Sahra Wagenknecht:

Kein Erwachen aus dem Albtraum

*/Von Dagmar Henn


/Es dürfte weniger Hoffnung als Verzweiflung sein, die hinter den hohen

Umfragewerten für die noch nicht einmal gegründete Wagenknecht-Partei

steckt. Die Pressekonferenz, auf der das Projekt nun vorgestellt wurde,

hat nun belegt, dass auch nicht viel Hoffnung im Spiel ist.


Wer darauf gehofft hatte, die Pressekonferenz

<https://www.youtube.com/watch?v=avR8qxj1Fvs> des Vereins "Bündnis Sahra

Wagenknecht" wäre der Anfang eines Erwachens aus dem Albtraum, in den

sich die deutsche Politik verwandelt hat, wurde heute enttäuscht. Im

Gegenteil, es wurde klar, dass auch hier nicht viel erwartet werden kann

und dass die grundsätzlich falschen Motive im Vordergrund stehen.


Eine Übertreibung? Betrachten wir ein paar Beispiele. Das Erste: Was ist

der Grund für den Plan, eine neue Partei zu gründen? Die Antwort, die

Sahra Wagenknecht und ihre Mitstreiter auf dieser Pressekonferenz gaben,

bestand aus zwei Punkten ‒ "eine Lücke im deutschen Parteiensystem

schließen" und:


/"Wären heute Bundestagswahlen, wäre die Linke ziemlich sicher nicht

mehr im Bundestag vertreten und die Rechten würden mit über 20 Prozent

dort einziehen. Das können und wollen wir so nicht akzeptieren, und wir

möchten uns der Verantwortung stellen, uns dieser Entwicklung

entgegenzustemmen."/


Es ist nicht der Zustand des Landes, auch nicht die Wiederherstellung

der Souveränität oder die Tatsache, dass die herrschende Politik gegen

die Mehrheit der Bevölkerung gerichtet ist, sondern das fehlende

"politische Angebot" und der Aufstieg der AfD, die als Grund benannt

werden, jetzt einen Schritt zu tun, dessen politische Notwendigkeit

bereits seit Jahren auf dem Tisch liegt.


Und die Orientierung geht nicht auf eine Partei als Organisation von

Menschen, die gemeinsam einen politischen Willen umsetzen wollen,

sondern auf einen Wahlverein. Ähnlich wie in den Anfangstagen der WASG,

einer der beiden Ursprungsorganisationen der Linken, ist zu merken, dass

alle Fragen von Selbstermächtigung, von politischer Beteiligung der

Bürger weit unter "ferner liefen" kommen. Was angesichts der realen Lage

im Land ein schwerer Fehler ist, denn wenn der Karren so tief im Dreck

steckt (und er steckt weit tiefer darin, als alle bisherigen Aussagen

des Wagenknecht-Vereins erkennen lassen), dann braucht es eine große

Anstrengung, ihn wieder herauszuziehen, bei der Abgeordnete, egal auf

welcher Ebene, egal in welcher Zahl, nur einen kleinen Teil darstellen

können.


Alle Vertreter auf dem Podium der Bundespressekonferenz bewegen sich

gleichermaßen vor allem in der abgeschotteten Welt der Berufspolitik.

Das merkt man auch daran, wie bereitwillig sie sich die Zukunft der

Fraktionsmitarbeiter als bedeutsames Thema aufs Auge drücken lassen.


Die versammelte Journaille verfolgt natürlich das Ziel, aus dem ganzen

Projekt Haare in Suppe zu machen, aber sich mehrmals auf die Frage nach

der Zukunft von, wie Dietmar Bartsch jüngst erklärte

<https://www.zdf.de/nachrichten/politik/linke-linksfraktion-bartsch-wagenknecht-partei-gruendung-100.html>,

108 Fraktionsmitarbeitern einzulassen, statt schlicht kategorisch zu

erklären, für die Gründung einer Partei sei die Zukunft eines Landes von

80 Millionen Einwohnern entscheidend und nicht die persönliche Karriere

von 108 Fraktionsmitarbeitern, das ist peinlich.


Ja, es sind die Menschen, mit denen man in Berlin täglich umgeht. Aber

man muss sich, wenn man einen sozialen Anspruch hat, auch darüber im

Klaren sein, dass sie nicht wichtiger sind als beispielsweise die

Mitarbeiter der chemischen Industrie, die ebenfalls gerade ihre

Perspektive verlieren und die weit mehr als 108 Köpfe zählen.


In der Geschichte der deutschen Sozialdemokratie hat diese Sicht ein

unangenehmes Vorbild. Ein damaliger linker Sozialdemokrat, Julian

Borchardt, beschrieb

<https://www.marxists.org/deutsch/archiv/borchardt/1915/august1914/abgedankt.htm

die Argumente, die die Mehrheit der Reichstagsfraktion 1914 dazu

brachten, für die Kriegskredite zu stimmen, und die danach einen

völligen Umschwung in den etwa 600 Zeitungen der Partei in Deutschland

auslösten. Es war die Furcht vor den dann möglichen Repressionen.


/"Am 28. September, in einer Konferenz der sozialdemokratischen

Redakteure, setzte der Kassierer des Parteivorstandes, Otto Braun,

auseinander, dass in den geschäftlichen Unternehmungen der Partei 20

Millionen Mark Kapital stecken und ca. 11.000 Angestellte beschäftigt

werden. […] So entschloss man sich, die Erlaubnis zum Wiedererscheinen

des "Vorwärts" mit der bekannten Versicherung zu erkaufen, dass er

während des Krieges das Thema Klassenkampf nicht behandeln werde."/


Nun, die Zahlen sind mittlerweile geschrumpft, aber selbst 108

Mitarbeiter einer Fraktion erhalten noch mehr Gewicht als das restliche

Land. Von beiden Seiten in dieser Pressekonferenz. Das ist leider

symptomatisch.


Genauso, wie die Argumentation schwach bleibt, als, ebenfalls mehrfach,

die Frage erfolgt, warum sie denn nicht alle ihre Mandate abgäben, um

durch ein Nachrücken von den Landeslisten im Interesse besagter 108

Fraktionsmitarbeiter den Fraktionsstatus der Linken zu erhalten.

Eigentlich eine völlig absurde Fragestellung, da das Mandat nach der

Verfassung durch die Wähler vergeben wird ‒ nicht die Parteien sind der

Souverän. Doch für beide Seiten spielt die Bevölkerung keine große

Rolle, eine Verpflichtung dieser gegenüber schon gar nicht.


Ja, es gibt auch zutreffende Aussagen. "Selbst als die Wirtschaft in

Deutschland noch brummte, sind viele Menschen mit ihrem Einkommen kaum

über den Monat gekommen", sagt Wagenknecht beispielsweise. Weder sie

noch das Gründungsmanifest <https://www.nachdenkseiten.de/?p=105712

erwähnt aber explizit, dass dies die Folge zielgerichteter Politik ist.

Da war die Linke zum Zeitpunkt ihrer Gründung noch deutlicher.


Es gibt Nachfragen zum Thema EU; schließlich wird angekündigt, die neue

Partei, die im kommenden Januar gegründet werden soll, werde zur

nächsten Europawahl antreten. Auch hier: Eine grundsätzliche Kritik an

der EU findet nicht statt.


/"Wir sind nicht der Meinung, dass immer mehr Befugnisse an die

EU-Kommission verlagert werden sollen. Wir wünschen uns, dass im

Interesse der Demokratie auch wieder mehr in den einzelnen Ländern

entschieden wird./


Sich dagegen auszusprechen, noch weitere Befugnisse an die EU-Kommission

zu verlagern, ist etwas anderes, als zu sagen, dass die EU-Kommission

bereits viel zu viele Befugnisse hat. Man denke nur an den Deal von

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Pfizer. Oder die Art

und Weise, wie die EU-Kommission die Außenpolitik an sich reißt.


Die Antwort, die Wagenknecht gibt, ist vorsichtig, zahm. Das ist das

nächste Problem – die neue Partei scheint sich bereits vor ihrer

Gründung in die gleiche Gefangenschaft begeben zu haben, die so viel zum

Untergang der Linken beitrug, das Schielen auf mögliche Koalitionen, das

sich unverkennbar auch auf die Grünen richtet, mithin die

kriegslüsternste, US-gläubigste Partei, die in Deutschland zu finden

ist. Der deutlichste Beleg findet sich in einer Aussage Wagenknechts:


/"Ich finde es gut, wenn Menschen, die die Ampel gewählt haben und die

jetzt zutiefst enttäuscht sind, wenn sie jetzt auf unser Projekt

Hoffnung setzen."/


Und im Gegensatz dazu die einzige Stelle, an der sie eine feste Position

einnimmt:

/"Selbstverständlich werden wir nicht gemeinsame Sache mit der AfD machen."/


Die Angst vor den Vorwürfen, die in der Presse erhoben werden könnten,

ist stärker als der politische Wille. Denn es wäre durchaus möglich, zu

sagen: "Wir sehen, dass es in der AfD starke neoliberale Kräfte gibt,

aber wir entscheiden es an den konkreten Fragen, mit wem wir

zusammenarbeiten." Man kann sagen, die AfD vertrete nicht die Interessen

der arbeitenden Bevölkerung; aber das unterscheidet sie mitnichten von

SPD, Grünen, CDU und FDP. Man kann sagen, dass man die AfD für zu

NATO-freundlich hält, aber dazu müsste man erst selbst eine klare

Position einnehmen.


Aber explizit, und gleich mehrfach, die angestrebte Gründung vor allem

als ein Projekt gegen die AfD zu definieren, das ist Selbstmord aus

Angst vor dem Tod. Was immer man der AfD vorwerfen will oder kann, für

den augenblicklichen Zustand der deutschen Politik ist sie nicht

verantwortlich, und man muss zumindest zugestehen, dass sie in Bezug auf

die Beziehungen mit Russland kein gar so jämmerliches Bild abgab wie die

Linke und nach dem Anschlag auf Nord Stream das Thema der deutschen

Souveränität wenigstens ins Gespräch gebracht hat.


Die Antworten, die Sahra Wagenknecht auf die Fragen nach der EU gegeben

hat, zeigen ebenso wie die Formulierung im Gründungsmanifest, dass die

Schärfe, in der sich diese Frage stellt, nur ansatzweise erkannt ist.

Das Gründungsmanifest:


/"Unser Land verdient eine selbstbewusste Politik, die das Wohlergehen

seiner Bürger in den Mittelpunkt stellt und von der Einsicht getragen

ist, dass US-amerikanische Interessen sich von unseren Interessen

teilweise erheblich unterscheiden."/


Unterscheiden? Es dürfte doch wohl seit Nord Stream klar sein, dass die

Interessen der deutschen Bevölkerung und jene der US-Regierung

miteinander unvereinbar sind. Wenn auf der wirtschaftlichen Ebene die

deutschen Milliardäre ein ebenso großes Interesse an der Erhaltung der

US-Hegemonie haben wie die US-amerikanischen (aber nicht die

Bevölkerung), ändert das nichts an der Tatsache, dass die völlige

Unterordnung unter die US-Politik, die gegenwärtig betrieben wird, für

die Interessen Deutschlands absolut selbstzerstörerisch ist.


Um aber aus dem augenblicklichen politischen Elend überhaupt wieder zu

einer Formulierung dieser Interessen zu kommen, wäre es nötig, die

ganze, reichhaltige Astroturf-Landschaft, das Gestrüpp aus Stiftungen

und "Nichtregierungsorganisationen", trocken zu legen. Da genügt es

nicht, nur "demokratische Willensbildung wiederbeleben" zu wollen. Wenn

es einen Beschluss bräuchte, irgendeiner Seite gegenüber von Anbeginn an

die Zusammenarbeit zu verweigern, dann wären es derzeit alle

US-finanzierten Strukturen. Und natürlich alles, was irgendwie mit dem

grünen Parteigeheimdienst zu tun hat. Und hier reden wir von den

Voraussetzungen einer Rückgewinnung von Demokratie und noch lange nicht

von einer Wiederbelebung demokratischer Willensbildung.


Es kann in manchen Momenten geradezu zu Tränen rühren, mit welchem Eifer

zu kurz gesprungen wird. Zwar benutzt Wagenknecht die Bezeichnung

"Freiluftgefängnis" für Gaza – eine Formulierung, die übrigens selbst

Amnesty International mal in Umlauf brachte ‒, aber als sie mehrfach

gefragt wird, wer denn der Gefängniswärter sei, weicht sie jedes Mal

aus, in lange Satzperioden, wie wichtig doch Verhandlungen seien

(übrigens, das Wort Ukraine fiel in der Pressekonferenz kein einziges

Mal, so geht es dem Thema von gestern).


Sie redet vom brutalen Angriff der Hamas, verliert aber kein Wort über

die brutale Bombardierung der palästinensischen Zivilbevölkerung, und

bezieht sich sogar positiv auf US-Präsident Joe Biden, der auch von der

Belastung der Zivilbevölkerung gesprochen habe. Als wäre Biden nicht

jener eine Mensch, der eine Waffenruhe und eine Aufhebung der

völkerrechtswidrigen Blockade durch einen einzigen Anruf erwirken

könnte. Sie sagt, dass "die Gefahr besteht, dass sehr, sehr viele

Menschen sterben und dass der ganze Nahe Osten ein Pulverfass werden

könnte." Nachricht aus der Wirklichkeit: Das ist bereits geschehen, das

Pulverfass steht mit offenem Deckel da, und es ist die israelische

Regierung, die derzeit mit dem Streichholz in der Hand davor steht.


"Den Pudding müssen wir jetzt doch noch an die Wand kriegen", wurde die

dritte Nachfrage zum Thema Freiluftgefängnis eingeleitet.


Der Meinungskorridor in Deutschland müsse wieder breiter werden, sagte

Wagenknecht relativ zu Beginn, die Hälfte der Bevölkerung traue sich

nicht mehr, außerhalb geschützter Räume die eigene Meinung überhaupt

noch zu äußern. Das ist allerdings nicht nur die Folge von Diffamierung

und Stigmatisierung, sondern auch von unzähligen Strafverfahren. Der

Raum einer rein ideellen Verweigerung von Meinungsfreiheit wurde längst

verlassen, inzwischen steht vielfach die Äußerung der Wahrheit unter

Strafe, und Wagenknecht selbst ist ein lebendes Beispiel dafür, zu

welchen Verzerrungen der dauerhafte Druck und die Angst vor den

Angriffen führt.


Denn es gibt, etwa ab Minute 14 der Pressekonferenz, eine überaus

peinliche Passage. Peinlich weniger, weil sie Wagenknechts Schwäche

zeigt, sondern vor allem, weil diese Schwäche tatsächlich die

Möglichkeiten, die Entwicklung in Deutschland umzukehren, einschränkt.

Es ist eine Sache, nicht zu verstehen oder nicht zu sagen, wie sich die

globalen Verhältnisse gerade ändern, und die Aufgabe nicht zu sehen, für

Deutschland einen Weg in eine Welt der globalen Gleichheit zu finden. Es

ist eine andere, sich dem aktiv zu verweigern, indem man selbst die

üblichen Verleumdungen aufgreift.


Sie kritisiert, dass man ihr Nähe zu Putin unterstelle. Dann bittet sie

die versammelte Presse, sie nicht "in die Nähe von zwielichtigen

Personen zu bringen, mit denen wir nichts zu tun haben". Der

darauffolgende Satz beginnt mit "neben der unterstellten Putinnähe".


Das mag keine bewusste Aussage gewesen sein, so raffiniert ist sie

nicht. Aber die Abfolge der Sätze verknüpft den Begriff "zwielichtige

Person" mit dem russischen Präsidenten, und nur mit dem russischen

Präsidenten (während sie sich auf den US-Präsidenten Joe Biden, ein

Paradebeispiel politischer Korruption, positiv bezieht, von der Leyen

als Mutter der EU-Korruption nicht benennt und den chinesischen

Präsidenten nicht einmal wahrzunehmen scheint).


Das ist ein mindestens ebenso tiefer Kotau vor dem Gespinst des

Mainstreams wie ihr mehrfach belegter Gebrauch der Floskel vom

"russischen Angriffskrieg". Sie sollte die Frisur ändern. Auf der Skala

von 1914 schafft sie es höchstens bis Hugo Haase, aber keinesfalls bis

Rosa Luxemburg.


Das wäre kein großes Problem, stünde hinter ihr eine lebendige Partei,

die diesen persönlichen Mangel an Mut ausgleichen könnte. Aber der

Verein hat erklärt, er wolle strenge Kontrolle über die Mitgliedschaft

der künftigen Partei ausüben, wobei nicht die mögliche Unterwanderung

durch transatlantische Netzwerke als Problem benannt wird, sondern die

Befürchtung, dass es zu "Chaos und Streitigkeiten" kommen könnte.


Abgesehen davon, dass das deutsche Parteienrecht eine solche Kontrolle

nur begrenzt zulässt und die versammelten Vorstandsmitglieder des

Vereins kaum den Eindruck erwecken, auf eine Kandidatenzeit

zurückgreifen zu wollen, stellen sich in diesem Zusammenhang zwei

Fragen: Wer sind die Personen, die darüber entscheiden, wer genehm ist

und wer nicht, und wer sind die Personen, die diese Struktur jetzt tragen?


Es war zu einem guten Teil die Zurichtung auf eine Koalitionsfähigkeit

mit SPD und Grünen, die die Linke in den heutigen Zustand gebracht hat.

Dieselben Gründe führen schon vor der Gründung zu wachsweichen

Formulierungen in Bezug auf die NATO, die EU, die gegen die Bevölkerung

gerichtete Klimapolitik und die Frage der nationalen Souveränität.


Das ist traurig. So vieles müsste in der deutschen Politik gesagt und

diskutiert werden, wird es aber nicht. Wenn die neue Partei dem

entspricht, was heute auf der Pressekonferenz präsentiert wurde, wird

sie kein Ansatz zur Veränderung, sondern nur ein weiteres

Trostpflästerchen, ein Quell für vorsichtige Einwände, die nichts am

realen Niedergang ändern. Das Land hat Besseres verdient.


23.10.2023

medizinische Lage im Gazastreifen / Baerbocks "brennendes Herz"

aus e-mail von Doris Pumphrey, 23. Oktober 2023, 20:12 Uhr


*"Keine Ressourcen mehr für medizinische Versorgung" – Ärzte in Gaza am

Limit ihrer Kräfte

*Ärzte in Gaza schlagen Alarm: Die medizinische Versorgung ist

angesichts der unterbrochenen Versorgung mit wichtigen Gütern nicht mehr

gewährleistet. Es fehlt sogar sauberes Wasser und Mittel zur

Schmerzlinderung und Infektionsversorgung. Angesichts der sich

zuspitzenden humanitären Krise wird es für die Ärzte im Gazastreifen

immer schwieriger, Menschenleben zu retten. Ihnen zufolge wurde die

Stromversorgung sowie die Versorgung mit Lebensmitteln und anderen

lebenswichtigen Gütern unterbrochen. Es fehlt derzeit an sauberem Wasser

und an grundlegenden Mitteln zur Schmerzlinderung und

Infektionsvorbeugung. Der Treibstoff für die Generatoren geht zur Neige.

Die ersten Lebensmittel, Wasser und Medikamente kamen am Samstag aus

Ägypten in den Gazastreifen, nachdem sie tagelang an der Grenze

aufgehalten worden waren.

Laut Mitteilung der palästinensischen Gesundheitsbehörde vom

Montagmorgen wurden durch Luftangriffe der israelischen Armee "in den

letzten 24 Stunden mindestens 436 Menschen, darunter 182 Kinder", im

Gazastreifen getötet.

/Siehe Video mit deutschen Untertiteln/:

https://odysee.com/@RTDE:e/keine-ressourcen-mehr-f%C3%BCr-medizinische-versorgung-%C3%A4rzte-in-gaza-am-limit-ihrer-kr%C3%A4fte:3



https://freedert.online/international/182960-updates-zur-gaza-israel-eskalation/

23. 10 2023

*UN-Hilfswerk für Palästinensische Flüchtlinge schlägt Alarm über

humanitäre Lage im Gazastreifen

*Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen

Osten (englisch: "United Nations Relief and Works Agency for Palestine

Refugees in the Near East", UNRWA) teilt auf X/Twitter alarmierende

Informationen über die sich verschlechternde humanitäre Lage im

Gazastreifen. Der Video-Post beinhaltet Nachrichten, die das UNRWA aus

dem Krisengebiet erhält.

In den auf diesem Weg geteilten Nachrichten geben die Kontaktpersonen

des UNRWA in Gaza unter anderem an, dass die Wasservorräte aufgebraucht

seien und dass man bereits zwölf Tage lang ohne Strom lebe. Man sei

deshalb dazu übergegangen, technisches Wasser abzukochen, um es trinken

zu können. Die könne aber auch nicht fortgesetzt werden, da nun die für

das Abkochen des Wassers nötigen Gasflaschen aufgebraucht seien.



'*Palästinensische Gesundheitsbehörden: 400 Menschen getötet in den

vergangenen 24 Stunden *

Laut Mitteilung der palästinensischen Gesundheitsbehörde tötete die

israelische Armee durch ihre rücksichtslosen Luftangriffe aktuell rund

400 Bewohner im Gazastreifen, 60 davon allein in der Nacht von Sonntag

zu Montag.

Israel bombardierte dabei unter anderem Wohngebiete im Gazastreifen,

darunter "das dicht besiedelte Flüchtlingslager Jabalia und Orte in der

Nähe der Krankenhäuser Al-Shifa und Al-Quds in Gaza", so /Al Jazeera/

berichtend.

Palästinensische Medien hatten zuvor berichtet, dass israelische

Kampfflugzeuge am Sonntag die Umgebung der Krankenhäuser Al-Shifa und

Al-Quds angegriffen haben. In Videoaufnahmen, die am frühen Montag durch

die palästinensische Rothalbmond-Gesellschaft (PRCS) auf der

Social-Media-Plattform X veröffentlicht wurden, sind mindestens zwei

Explosionen zu hören, während Menschen rennen und anderen zurufen, sie

sollten sich in Sicherheit bringen.



*UNO: Treibstoffmangel "stranguliert" Palästinenser*

Ohne Treibstoff würden die Menschen im Gazastreifen, darunter Kinder und

Frauen, weiter "stranguliert", warnt der Generalkommissar des

UNO-Palästinenserhilfswerks (UNRWA), Philippe Lazzarini, in einer

Mitteilung.

Treibstoff wird unter anderem zum Weiterbetrieb von Stromgeneratoren in

Krankenhäusern benötigt. Das UNRWA werde seine Reserven innerhalb der

nächsten drei Tage aufbrauchen, sagt das UNO-Nothilfebüro (OCHA).



*Für Außenministerin Baerbock wird nur auf der Seite der Hamas ein

"Drehbuch des Terrors" geschrieben*

Laut Darlegungen des /Spiegel/-Tickers zum "Krieg in Nahost" ist

Baerbock auf dem Weg nach New York, "um für Deutschland an einer Debatte

des UNO-Sicherheitsrats zum Krieg zwischen Israel und der Hamas

teilzunehmen". Vor ihrem Abflug gab sie demnach noch das Statement ab,

dass "die Welt mit unterschiedlichen Augen und brennenden Herzens auf

die Lage im Nahen Osten" schaue.

Es gehe daher bei den Gesprächen in New York darum, "einen Flächenbrand

zu verhindern". Weiter heißt es im Spiegel-Ticker

<:" rel="noopener">https://www.spiegel.de/ausland/israel-gaza-news-heute-israel-zerstoert-zwei-hisbollah-zellen-im-libanon-a-ac67680e-dfeb-4d5b-b047-71d6c1d886dd>: 

/"Der Hamas warf sie vor, ein 'Drehbuch des Terrors' zu verfolgen.

Dieses sehe nicht nur vor, 'die arabische Welt gegen Israel und seine

Partner aufzubringen.'"/

Laut Baerbocks Wahrnehmung wolle die Hamas "auch in unseren

Gesellschaften, in Europa, Hass und Antisemitismus den Weg brechen". Am

13. Oktober, dem fünften Tag ununterbrochener israelischer

Bombardierungen des Gazastreifens, ließ sie über ihr X-Team folgendes

Posting <https://twitter.com/ABaerbock/status/1712679558678261969

verfassen: /"Israel erlebt in diesen Tagen barbarischen Terror. Er ist

durch nichts zu rechtfertigen. Israel hat jedes Recht, sich gegen diesen

Terror im Rahmen des int. Rechts zu verteidigen." /Deutschland stehe

daher "unverbrüchlich an Israels Seite".


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

23.10.2023

Washington Post: Ukrainische Geheimdienste haben Mordtaten auf Russlands Territorium organisiert

freedert.online, 23 Okt. 2023 19:36 Uhr
Laut einem Bericht der Washington Post sollen die ukrainischen Geheimdienste hinter den Tötungen bekannter russischer Staatsbürger wie Darja Dugina stecken. Die Operationen seien mit gewisser Beihilfe der CIA organisiert worden, aber ohne ihre direkte Beteiligung.


Quelle: Sputnik © Grigori Syssojew



Alexander Dugin, Philosoph und Politikwissenschaftler, am 23. August 2023 bei der Abschiedszeremonie für seine Tochter, die Journalistin Darja Dugina


Am Montag ist ein Artikel der Zeitung Washington Post erschienen, in dem Journalisten über die vermeintliche Teilnahme ukrainischer Sicherheitsdienste an mehreren Operationen auf Russlands Territorium berichten. Unter Berufung auf mehr als zwei Dutzend amtierende und ehemalige Beamte aus ukrainischen und US-amerikanischen Sicherheitskreisen sei bestätigt worden, dass der Inlandssicherheitsdienst (SBU) und der Militärnachrichtendienst (GUR) der Ukraine Ermordungen zahlreicher russischer Staatsbürger begangen haben sollen, wie etwa von Darja Dugina, der Tochter des Philosophen und Politologen Alexander Dugin, und vom Ex-U-Boot-Kommandanten Stanislaw Rschizki. Die Autoren erwähnen im Artikel einen Militärblogger, der in einem Café in Sankt Petersburg ermordet wurde. Unter solchen Umständen kam im April 2023 der Kriegsberichterstatter Wladlen Tatarski ums Leben. Darüber hinaus habe die Ukraine Angriffe auf die Krim-Brücke und russische Schiffe im Schwarzen Meer sowie den Drohnenanschlag auf den Kreml durchgeführt.


Tochter des russischen Philosophen Alexander Dugin kommt bei Explosion nahe Moskau ums Leben





Tochter des russischen Philosophen Alexander Dugin kommt bei Explosion nahe Moskau ums Leben





Die Washington Post führte keine Einzelheiten in Bezug auf die Tötung des Militärbloggers an, präsentierte aber dennoch einen detaillierten Bericht über den Tod Duginas. Demnach seien die Bombenkomponenten, die in Duginas Auto explodierten, im Pkw einer Frau versteckt worden, und zwar in einer Katzentransportbox. Auf diesem Weg habe das tödliche Material im Sommer 2022 unbemerkt die russische Grenzkontrolle passiert. Russische Behörden verdächtigten Natalja Wowk dieses Verbrechens, eine Staatsbürgerin der Ukraine. Die Washington Post gab den Namen der Frau allerdings nicht bekannt. Wie die Quellen der Zeitung verrieten, sei das eigentliche Ziel der Explosion Ende August nicht Dugina gewesen, sondern ihr Vater, der sich als aktiver Befürworter der militärischen Sonderoperation Russlands in der Ukraine positioniere.


Stanislaw Rschizki wurde im Juli dieses Jahres in der Stadt Krasnodar getötet, erinnert die Zeitung. Ihm soll beim Joggen in einem Park ein Unbekannter mehrmals in den Rücken und in die Brust geschossen haben. Rschizki war als Ex-Kommandant eines U-Boots der russischen Schwarzmeerflotte und zum Zeitpunkt des Todes als Vize-Leiter der Abteilung für Mobilisierungsarbeit in Krasnodar bekannt. Nach dem Unfall gab die GUR eine zurückhaltende Erklärung ab, in der sie ihre Verantwortung dementierte. Gleichzeitig seien genaue Einzelheiten von Rschizkis Tod verzeichnet worden. Unter anderem habe die GUR festgestellt, dass "der Park wegen des starken Regens menschenleer war", weshalb es keine Zeugen gegeben habe. Beamte in Kiew bestätigten gegenüber der Washington Post, dass die GUR für die Mordtat verantwortlich gewesen sei.


Russland: Vize-Leiter der Mobilisierungsabteilung bei Morgenlauf erschossen





Russland: Vize-Leiter der Mobilisierungsabteilung bei Morgenlauf erschossen






Als wichtiger Bestandteil dieser und anderer Operationen nannte die Zeitung Kiews Kooperation mit dem US-Auslandsgeheimdienst (CIA). Seit dem Jahr 2015 habe die CIA die ukrainischen Geheimdienste aktiv ausgebildet. Im Rahmen dieser Arbeit seien zwei Einheiten eingerichtet und Personalreformen durchgeführt sowie neue Ausrüstung und Spezialfahrzeuge angeschafft worden. Die Ukraine habe Aufklärungsdaten mit amerikanischer Ausrüstung erhalten und an Kollegen in den USA weitergeleitet, die sie entschlüsselt und die erforderlichen Analysen durchgeführt haben sollen. Dabei sei die aktive Beteiligung der CIA an ukrainischen Operationen entschlossen zurückgewiesen worden. Der Auslandsgeheimdienst ziele mit der Kooperation nur auf eine Ausweitung der Möglichkeiten der ukrainischen Kollegen. Darüber hinaus hätten die USA alle potenziellen Probleme der Operationen der Ukraine klar mitgeteilt, so ein US-Beamter. Die Zeitung verweist hierbei darauf, dass keine größere Operation des SBU oder der GUR ohne eine Genehmigung, wenn auch eine stillschweigende, des Präsidenten Wladimir Selenskij unternommen werde.


Mehr zum Thema – Warum der Westen wegschaut, wenn der ukrainische Geheimdienst Journalisten und Aktivisten tötet


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info: https://freedert.online/international/184707-washington-post-ukrainische-geheimdienste-organisierten


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

23.10.2023

Deutschland gegen Forderung nach humanitärer Waffenruhe für Gaza

br.de, 23.10.2023 11:15 Uhr, BR24 MeldungenSendung: BR24 Nachrichten, .

Luxemburg: Deutschland lehnt die EU-Forderung nach einem sofortigen humanitären Waffenstillstand für den Gazastreifen ab. Bei einem Treffen mit Amtskollegen in Luxemburg, sprach Außenministerin Baerbock von einer "Quadratur des Kreises". Wörtlich sagte sie: "Wir können die humanitäre Katastrophe nicht eindämmen, wenn der Terrorismus von Gaza so weiter geht". Nach wie vor stehe Israel massiv unter Beschuss, so Baerbock. Frieden und Sicherheit werde es für die Menschen nur geben, wenn der Terrorismus bekämpft werde. Die EU-Minister beraten zu Stunde in Luxemburg über die Krise im Nahen Osten und wie eine weitere Eskalation verhindert werden kann. Zuvor hatte unter anderem UN-Generalsekretär Guterres zu einem sofortigen Waffenstillstand aufgerufen. Unterstützung bekam er dafür aus Ländern wie Spanien, Belgien, den Niederlande und Irland. Auch der EU-Außenbeauftragte Borrell zeigte sich offen für den Vorschlag einer Feuerpause.

Sendung: BR24 Nachrichten, 23.10.2023 11:15 Uhr


Weitere Meldungen Rotes Kreuz bestätigt die Freilassung von zwei weiteren Hamas-Geiseln UN fordern deutlich mehr Hilfe für Bevölkeurng im Gazastreifen Linken-Spitze reagiert empört auf Partei-Austtritt Wagenknechts Koalitionsverhandlungen in Bayern sind auf der Zielgeraden Erdogan legt Parlament Beitrittsantrag Schwedens zur Nato vor Bayerns Innenminister fordert Sondervermögen des Bundes für Polizei Einwanderung in OECD-Länder steigt auf Rekordstand Steuerexperten empfehlen internationale Mindeststeuer von 25% Studie: Mond ist offenbar älter als angenommen


Info: https://www.br.de/nachrichten/meldung/deutschland-gegen-forderung-nach-humanitaerer-waffenruhe-fuer-gaza,3005f24c9

23.10.2023

Bericht und Forderungen von Amnesty International zum Gazakrieg

aus e-mail von Ingrid Rumpf, 23. Oktober 2023, 14:33 Uhr


400 ermordete Zivilisten allein in der letzten Nacht in Gaza und unsere

Außenministerin Baerbock spricht sich gegen einen humanitären

Waffenstillstand aus!


*Bericht und Forderungen von Amnesty International zum Gazakrieg


*Martin Breidert


/Martin Breidert

Beueler Kreuz 1

53604 Bad Honnef

02224/9118059

martin.breidert@gmx.de/


*Amnesty International*


Englisches Original:

https://www.amnesty.org/en/latest/news/2023/10/damning-evidence-of-war-crimes-as-israeli-attacks-wipe-out-entire-families-in-gaza/


  20. Oktober 2023


*Vernichtende Beweise für Kriegsverbrechen, da israelische Angriffe

ganze Familien in Gaza auslöschen*


Während die israelischen Streitkräfte ihre katastrophalen Angriffe auf

den besetzten Gazastreifen weiter verstärken, hat Amnesty International

rechtswidrige israelische Angriffe dokumentiert, darunter auch wahllose

Angriffe, die massenhaft Opfer unter der Zivilbevölkerung forderten und

als Kriegsverbrechen untersucht werden müssen.


Die Organisation sprach mit Überlebenden und Augenzeugen, analysierte

Satellitenbilder und überprüfte Fotos und Videos, um die von den

israelischen Streitkräften zwischen dem 7. und 12. Oktober

durchgeführten Luftangriffe zu untersuchen, die schreckliche

Zerstörungen verursachten und in einigen Fällen ganze Familien

auslöschten. Im Folgenden legt die Organisation eine eingehende Analyse

ihrer Erkenntnisse zu fünf dieser unrechtmäßigen Angriffe vor. In jedem

dieser Fälle verstießen die israelischen Angriffe gegen das humanitäre

Völkerrecht, u.a. weil sie es versäumten, praktikable Vorsichtsmaßnahmen

zu treffen, um Zivilisten zu schonen, oder weil sie wahllose Angriffe

durchführten, bei denen nicht zwischen Zivilisten und militärischen

Zielen unterschieden wurde, oder weil sie Angriffe durchführten, die

möglicherweise gegen zivile Objekte gerichtet waren.


"In ihrer erklärten Absicht, die Hamas mit allen Mitteln zu vernichten,

haben die israelischen Streitkräfte eine schockierende Missachtung des

Lebens von Zivilisten an den Tag gelegt. Sie haben eine Straße nach der

anderen mit Wohnhäusern gesprengt und dabei massenhaft Zivilisten

getötet und lebenswichtige Infrastrukturen zerstört, während neue

Beschränkungen dazu führen, dass in Gaza bald kein Wasser, keine

Medikamente, kein Treibstoff und kein Strom mehr vorhanden sind.

Berichte von Augenzeugen und Überlebenden zeigen immer wieder, wie die

israelischen Angriffe palästinensische Familien dezimieren und eine

solche Zerstörung anrichten, dass die Hinterbliebenen nur noch Trümmer

haben, um sich an ihre Angehörigen zu erinnern", sagte Agnès Callamard,

Generalsekretärin von Amnesty International.


*„Seit 16 Jahren hat Israels illegale Blockade den Gazastreifen zum

größten Freiluftgefängnis der Welt gemacht - die internationale

Gemeinschaft muss jetzt handeln, um zu verhindern, dass er zu einem

riesigen Friedhof wird.“ *


/Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International/


"Die fünf vorgestellten Fälle kratzen kaum an der Oberfläche des

Grauens, das Amnesty dokumentiert hat, und veranschaulichen die

verheerenden Auswirkungen, die Israels Luftangriffe auf die Menschen in

Gaza haben. Seit 16 Jahren hat Israels illegale Blockade den

Gazastreifen zum größten Freiluftgefängnis der Welt gemacht - die

internationale Gemeinschaft muss jetzt handeln, um zu verhindern, dass

er zu einem riesigen Friedhof wird. Wir fordern die israelischen

Streitkräfte auf, die rechtswidrigen Angriffe im Gazastreifen sofort

einzustellen und sicherzustellen, dass sie alle erdenklichen

Vorkehrungen treffen, um den Schaden für die Zivilbevölkerung und die

Beschädigung ziviler Objekte so gering wie möglich zu halten. Israels

Verbündete müssen sofort ein umfassendes Waffenembargo verhängen, da

schwere Verstöße gegen das Völkerrecht begangen werden."


Seit dem 7. Oktober haben die israelischen Streitkräfte Tausende von

Luftangriffen auf den Gazastreifen geflogen, bei denen nach Angaben des

palästinensischen Gesundheitsministeriums in Gaza mindestens 3.793

Menschen getötet wurden, die meisten von ihnen Zivilisten, darunter mehr

als 1.500 Kinder. Etwa 12.500 Menschen wurden verletzt, und mehr als

1.000 Leichen sind noch immer unter den Trümmern begraben.


In Israel wurden nach Angaben des israelischen Gesundheitsministeriums

mehr als 1.400 Menschen, die meisten von ihnen Zivilisten, getötet und

etwa 3.300 weitere verletzt, nachdem bewaffnete Gruppen aus dem

Gazastreifen am 7. Oktober einen beispiellosen Angriff auf Israel

gestartet hatten. Sie feuerten wahllos Raketen ab und schickten Kämpfer

in den Süden Israels, die Kriegsverbrechen wie die vorsätzliche Tötung

von Zivilisten und Geiselnahmen begingen. Nach Angaben des israelischen

Militärs haben die Kämpfer auch mehr als 200 zivile Geiseln und

militärische Gefangene in den Gazastreifen zurückgebracht.


"Amnesty International fordert die Hamas und andere bewaffnete Gruppen

auf, dringend alle zivilen Geiseln freizulassen und den wahllosen

Raketenbeschuss sofort einzustellen. Es gibt keine Rechtfertigung für

die vorsätzliche Tötung von Zivilisten unter allen Umständen", sagte

Agnès Callamard.


Wenige Stunden nach Beginn der Angriffe begannen die israelischen

Streitkräfte mit der massiven Bombardierung des Gazastreifens. Seitdem

haben die Hamas und andere bewaffnete Gruppen auch weiterhin wahllos

Raketen auf zivile Gebiete in Israel abgefeuert, Angriffe, die ebenfalls

als Kriegsverbrechen untersucht werden müssen. In der Zwischenzeit

wurden im besetzten Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem,

mindestens 79 Palästinenser, darunter 20 Kinder, von israelischen

Streitkräften oder Siedlern getötet, während die israelische Armee immer

häufiger exzessiv Gewalt anwendet und die staatlich unterstützte Gewalt

der Siedler eskaliert.


Amnesty International untersucht weiterhin Dutzende von Angriffen in

Gaza. Diese Ausgabe konzentriert sich auf fünf ungesetzliche Angriffe,

die Wohnhäuser, ein Flüchtlingslager, ein Familienhaus und einen

öffentlichen Markt trafen. Die israelische Armee behauptet, sie greife

nur militärische Ziele an, aber in einer Reihe von Fällen fand Amnesty

International keine Beweise für die Anwesenheit von Kämpfern oder

anderen militärischen Zielen in der Nähe zum Zeitpunkt der Angriffe.

Amnesty International fand auch heraus, dass das israelische Militär

nicht alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen vor den Angriffen getroffen hat,

unter anderem, indem es die palästinensische Zivilbevölkerung nicht

wirksam vorgewarnt hat - in einigen Fällen wurde die Zivilbevölkerung

überhaupt nicht gewarnt, in anderen Fällen gab es unzureichende Warnungen.


"Unsere Nachforschungen weisen auf vernichtende Beweise für

Kriegsverbrechen in Israels Bombenkampagne hin, die dringend untersucht

werden müssen. Jahrzehntelange Straflosigkeit und Ungerechtigkeit sowie

das beispiellose Ausmaß an Tod und Zerstörung im Rahmen der aktuellen

Offensive werden nur zu weiterer Gewalt und Instabilität in Israel und

den besetzten palästinensischen Gebieten führen", sagte Agnès Callamard.


"Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Anklagebehörde des

Internationalen Strafgerichtshofs ihre laufenden Ermittlungen zum

Nachweis von Kriegsverbrechen und anderen Verbrechen nach

internationalem Recht durch alle Parteien dringend vorantreibt. Ohne

Gerechtigkeit und die Abschaffung des israelischen Apartheidsystems

gegen die Palästinenser kann es kein Ende des entsetzlichen Leidens der

Zivilbevölkerung geben, dessen Zeuge wir sind."


Die unerbittliche Bombardierung des Gazastreifens hat unvorstellbares

Leid über die Menschen gebracht, die sich bereits in einer schweren

humanitären Krise befinden. Nach 16 Jahren illegaler israelischer

Blockade ist das Gesundheitssystem des Gazastreifens bereits dem Ruin

nahe, und die Wirtschaft liegt in Trümmern. Die Krankenhäuser brechen

zusammen, da sie die schiere Zahl der Verwundeten nicht mehr bewältigen

können und es ihnen an lebensrettenden Medikamenten und Geräten mangelt.


Amnesty International appelliert an die internationale Gemeinschaft,

Israel zu drängen, die totale Belagerung zu beenden, durch die die

Menschen im Gazastreifen von Lebensmitteln, Wasser, Strom und Treibstoff

abgeschnitten sind, und dringend humanitäre Hilfe nach Gaza zuzulassen.

Außerdem muss Israel dazu gedrängt werden, die seit langem bestehende

Blockade des Gazastreifens aufzuheben, die einer kollektiven Bestrafung

der Zivilbevölkerung des Gazastreifens gleichkommt, ein Kriegsverbrechen

darstellt und ein wesentlicher Bestandteil des israelischen

Apartheidsystems ist. Schließlich müssen die israelischen Behörden ihren

"Evakuierungsbefehl" zurücknehmen, der auf eine Zwangsumsiedlung der

Bevölkerung hinauslaufen kann.


*Die Zivilbevölkerung in Gaza zahlt den Preis *


Amnesty International hat fünf israelische Angriffe auf den Gazastreifen

untersucht, die zwischen dem 7. und 12. Oktober stattfanden. Zwischen

2012 und 2022 haben die israelischen Behörden alle Ersuchen von Amnesty

International, Zugang zum Gazastreifen zu erhalten, abgelehnt oder nicht

darauf reagiert. Aus diesem Grund arbeitete die Organisation mit einem

im Gazastreifen ansässigen Feldforscher zusammen, der die Schauplätze

der Angriffe besuchte und Zeugenaussagen und andere Beweise sammelte.

Die Forscher von Amnesty International befragten 17 Überlebende und

andere Augenzeugen sowie sechs Angehörige von Opfern am Telefon zu den

fünf Fällen, die in diesem Bericht behandelt werden. Das Crisis Evidence

Lab der Organisation analysierte Satellitenbilder und überprüfte Fotos

und Videos von Angriffsorten.


In den fünf im Folgenden beschriebenen Fällen stellte Amnesty

International fest, dass die israelischen Streitkräfte Angriffe

durchführten, die gegen das humanitäre Völkerrecht verstießen, u.a. weil

sie keine praktikablen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, um Zivilisten zu

verschonen, oder weil sie wahllose Angriffe durchführten, bei denen

nicht zwischen Zivilisten und militärischen Zielen unterschieden wurde,

oder weil sie Angriffe durchführten, die möglicherweise gegen zivile

Objekte gerichtet waren.


Nach dem humanitären Völkerrecht müssen alle Konfliktparteien jederzeit

zwischen Zivilisten und zivilen Objekten sowie zwischen Kämpfern und

militärischen Zielen unterscheiden und ihre Angriffe nur auf Kämpfer und

militärische Ziele richten. Direkte Angriffe auf Zivilisten oder zivile

Objekte sind verboten und stellen Kriegsverbrechen dar. Wahllose

Angriffe - also solche, bei denen nicht wie vorgeschrieben unterschieden

wird - sind ebenfalls verboten. Wenn bei einem wahllosen Angriff

Zivilisten getötet oder verletzt werden, handelt es sich um ein

Kriegsverbrechen. Unverhältnismäßige Angriffe, d. h. Angriffe, bei denen

der zu erwartende Schaden für Zivilisten und zivile Objekte im Vergleich

zu dem "erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil"

übermäßig hoch ist, sind ebenfalls verboten. Die wissentliche

Durchführung eines unverhältnismäßigen Angriffs ist ein Kriegsverbrechen.


*Ganze Familien ausgelöscht*


Am 7. Oktober gegen 20.20 Uhr griffen die israelischen Streitkräfte ein

dreistöckiges Wohnhaus im Viertel al-Zeitoun in Gaza-Stadt an, in dem

sich drei Generationen der Familie al-Dos aufhielten. Fünfzehn

Familienmitglieder wurden bei dem Angriff getötet, darunter sieben

Kinder. Zu den Opfern gehören Awni und Ibtissam al-Dos und ihre

Enkelkinder und Namensvettern Awni, 12, und Ibtissam, 17, sowie Adel und

Ilham al-Dos und alle fünf ihrer Kinder. Das jüngste Opfer war der erst

18 Monate alte Adam.


*„Unsere gesamte Familie wurde zerstört.“*


/Mohammad al-Dos/


Mohammad al-Dos, dessen fünfjähriger Sohn Rakan bei dem Angriff getötet

wurde, berichtete Amnesty International:


"Zwei Bomben fielen plötzlich auf das Dach des Gebäudes und zerstörten

es. Meine Frau und ich hatten Glück, dass wir überlebten, weil wir im

obersten Stockwerk wohnten. Sie war im neunten Monat schwanger und

brachte ihr Kind einen Tag nach dem Angriff im al-Shifa-Krankenhaus zur

Welt. Unsere gesamte Familie wurde zerstört."


Amnesty International befragte einen Nachbarn, dessen Haus bei dem

Angriff beschädigt worden war. Wie Mohammad al-Dos sagte er, dass er von

den israelischen Streitkräften nicht gewarnt worden sei, und auch

niemand aus seiner Familie.


"Es war plötzlich, bumm, niemand hat uns etwas gesagt", sagte er.


Die Tatsache, dass das Gebäude zum Zeitpunkt des Luftangriffs voller

Zivilisten war, untermauert die Aussagen der Überlebenden, die sagten,

dass die israelischen Streitkräfte keine Warnungen ausgesprochen haben.

Verwandte, Nachbarn und Rettungsteams brauchten mehr als sechs Stunden,

um die Leichen unter den Trümmern zu bergen.


Die Nachforschungen von Amnesty International haben keine Hinweise auf

militärische Ziele in der Gegend zum Zeitpunkt des Angriffs ergeben.

Wenn die israelischen Streitkräfte dieses Wohngebäude angegriffen haben,

obwohl sie wussten, dass sich dort zum Zeitpunkt des Angriffs nur

Zivilisten aufhielten, wäre dies ein direkter Angriff auf ein ziviles

Objekt oder auf Zivilisten, was verboten ist und ein Kriegsverbrechen

darstellt. Israel hat keine Erklärung für diesen Vorfall abgegeben. Es

obliegt dem Angreifer, die Legitimität seines militärischen Vorgehens zu

beweisen. Selbst wenn die israelischen Streitkräfte ein Ziel

anvisierten, das sie als militärisches Ziel betrachteten, wäre es

wahllos, ein Wohnhaus inmitten eines dicht besiedelten Viertels, in dem

sich viele Zivilisten aufhielten, in einer Weise anzugreifen, die zu

einer derartigen Zahl ziviler Opfer und einem derartigen Ausmaß an

Zerstörung führt. Wahllose Angriffe, bei denen Zivilisten getötet und

verletzt werden, sind Kriegsverbrechen.


Am 10. Oktober wurden bei einem israelischen Luftangriff auf ein

Familienhaus in der al-Sahaba-Straße in Gaza-Stadt 12 Mitglieder der

Familie Hijazi und vier ihrer Nachbarn getötet. Unter den Getöteten

waren auch drei Kinder. Das israelische Militär gab an, Ziele der Hamas

in der Gegend getroffen zu haben, machte jedoch keine weiteren Angaben

und lieferte keine Beweise für das Vorhandensein von militärischen

Zielen. Die Recherchen von Amnesty International haben keine Hinweise

auf militärische Ziele in der Gegend zum Zeitpunkt des Angriffs ergeben.


Amnesty International sprach mit Kamal Hijazi, der bei dem Angriff seine

Schwester, seine beiden Brüder und deren Frauen, fünf Nichten und Neffen

sowie zwei Cousins verloren hat. Er sagte:


"Unser Familienhaus, ein dreistöckiges Haus, wurde um 17.15 Uhr

bombardiert. Es geschah plötzlich, ohne jede Vorwarnung; deshalb waren

alle zu Hause".


Ahmad Khalid Al-Sik, einer der Nachbarn der Familie Hijazi, wurde

ebenfalls getötet. Er war 37 Jahre alt und hatte drei kleine Kinder, die

alle bei dem Anschlag verletzt wurden. Ahmads Vater beschrieb den Vorfall:


"Ich war zu Hause in unserer Wohnung und Ahmad war unten, als das

gegenüberliegende Haus [der Familie Hijazi] bombardiert wurde und er

getötet wurde. Er war auf dem Weg zum Friseur, der direkt neben dem

Eingang unseres Hauses liegt, um sich die Haare schneiden zu lassen. Als

Ahmad ging, um sich die Haare schneiden zu lassen, konnte ich mir nicht

vorstellen, dass ich ihn nicht wiedersehen würde. Der Bombenanschlag kam

plötzlich und unerwartet. Es gab keine Vorwarnung; die Menschen waren

mit ihren täglichen Aufgaben beschäftigt.


Der Friseur, der Ahmad die Haare schneiden sollte, wurde ebenfalls getötet.


Nach den Erkenntnissen von Amnesty International gab es in dem Haus oder

seiner unmittelbaren Umgebung keine militärischen Ziele, was darauf

hindeutet, dass es sich um einen direkten Angriff auf


*Unzureichende Warnungen*


In den von Amnesty International dokumentierten Fällen stellte die

Organisation wiederholt fest, dass das israelische Militär die

Zivilbevölkerung entweder überhaupt nicht oder nur unzureichend gewarnt

hatte. In einigen Fällen wurde nur eine einzige Person über einen

Angriff informiert, der ganze Gebäude oder Straßen voller Menschen

betraf, oder es wurden unklare "Evakuierungs"-Anweisungen gegeben, die

die Bewohner über den Zeitrahmen im Unklaren ließen. In keinem Fall

sorgten die israelischen Streitkräfte dafür, dass die Zivilbevölkerung

an einen sicheren Ort evakuiert werden konnte. Bei einem Angriff auf den

Jabalia-Markt verließen die Menschen ihre Häuser aufgrund eines

"Evakuierungsbefehls", um dann an dem Ort getötet zu werden, an den sie

sich geflüchtet hatten.


Am 8. Oktober wurden bei einem israelischen Luftangriff auf das

Flüchtlingslager Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens Mohammed und

Shuruq al-Naqla sowie zwei ihrer Kinder, Omar, drei, und Yousef, fünf,

getötet und ihre zweijährige Tochter Mariam und ihr dreijähriger Neffe

Abdel Karim verletzt. Etwa 20 weitere Personen wurden bei dem Anschlag

verletzt.


Ismail al-Naqla, der Bruder von Mohammed und Vater von Abdel Karim,

berichtete Amnesty International, dass sein Nachbar gegen 10.30 Uhr

einen Anruf des israelischen Militärs erhalten habe, in dem er gewarnt

wurde, dass sein Gebäude bombardiert werden würde. Ismail und Mohammed

und ihre Familien verließen sofort das Gebäude, ebenso wie ihre

Nachbarn. Um 15:30 Uhr hatte es keinen Angriff gegeben, so dass die

al-Naqlas und andere nach Hause gingen, um das Nötigste zu holen. Ismail

erklärte, dass sie dachten, es sei sicher, dies zu tun, da seit der

Warnung fünf Stunden vergangen waren, obwohl sie vorhatten, sehr schnell

wieder zu gehen.


Doch als sie in ihre Wohnungen zurückkehrten, schlug eine Bombe im

Nachbarhaus ein, zerstörte das Haus der al-Naqlas und beschädigte

weitere Häuser in der Nähe. Mohammed und seine Familie befanden sich

noch im Innenhof ihres Hauses, als sie getötet wurden. Ismail beschrieb,

wie er einen Teil des Gehirns seines fünfjährigen Neffen Yousef

"außerhalb seines Kopfes" sah, und sagte, dass die Leiche des

dreijährigen Omar erst am nächsten Tag aus den Trümmern geborgen werden

konnte. Er sagte Amnesty International, dass Mariam und Abdel Karim, die

beiden überlebenden Kinder, schnell aus dem Krankenhaus entlassen

wurden, da die Krankenhäuser in Gaza mit der Menge der Opfer überfordert

sind.


Die Abgabe einer Warnung entbindet die Streitkräfte nicht von ihren

sonstigen Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht. Insbesondere

in Anbetracht der Zeit, die seit der Warnung verstrichen war, hätten die

Angreifer vor dem Angriff prüfen müssen, ob Zivilisten anwesend waren.

Wenn es sich, wie es den Anschein hat, um einen direkten Angriff auf ein

ziviles Objekt handelt, würde dies ein Kriegsverbrechen darstellen.


*Jeder suchte nach seinen Kindern*


Gegen 10.30 Uhr am 9. Oktober trafen israelische Luftangriffe einen

Markt im Flüchtlingslager Jabalia, das einige Kilometer nördlich von

Gaza-Stadt liegt, und töteten mindestens 69 Menschen. Die Marktstraße

ist als eines der belebtesten Geschäftsviertel im nördlichen

Gazastreifen bekannt. An diesem Tag war sie sogar noch voller als sonst,

da sie mit Tausenden von Menschen aus den umliegenden Gebieten gefüllt

war, die am frühen Morgen mit leeren Händen aus ihren Häusern geflohen

waren, nachdem sie Textnachrichten von der israelischen Armee erhalten

hatten.


Das Crisis Evidence Lab von Amnesty hat sechs Videos ausgewertet, die

die Folgen des Luftangriffs auf den Markt im Lager Jabalia zeigen. Die

Bilder zeigen ein dicht besiedeltes Gebiet mit mehrstöckigen Gebäuden.

Auf den Videos und Satellitenbildern ist zu sehen, dass mindestens drei

mehrstöckige Gebäude vollständig zerstört und mehrere Gebäude in der

Umgebung schwer beschädigt wurden. Auf dem Bildmaterial sind auch

zahlreiche Leichen unter den Trümmern zu sehen.


Nach Angaben des israelischen Militärs zielten die Angriffe auf eine

Moschee, in der sich Hamas-Mitglieder aufhielten, als sie den

Jabalia-Markt angriffen, aber es wurden keine Beweise für diese

Behauptung vorgelegt. Unabhängig davon macht die Mitgliedschaft in einer

politischen Gruppierung eine Person nicht per se zur Zielscheibe. Die

von Amnesty International analysierten Satellitenbilder zeigten keine

Moschee in unmittelbarer Nähe der Marktstraße.


Aufgrund von Zeugenaussagen, Satellitenbildern und verifizierten Videos

war der Angriff, der viele zivile Opfer forderte, wahllos und muss als

Kriegsverbrechen untersucht werden.


Der 19-jährige Imad Hamad wurde bei dem Angriff auf den Jabalia-Markt

getötet, als er auf dem Weg war, um Brot und Matratzen für seine Familie

zu kaufen. Sein Vater, Ziyad Hamad, beschrieb Amnesty International, wie

die Familie am Tag zuvor ihr Haus in Beit Hanoun nach einer Warnung der

israelischen Armee verlassen hatte und fast fünf Kilometer zu einer von

der UNRWA betriebenen Schule im Lager Jabalia gelaufen war, die als

Schutzraum diente.


Auf dem Weg dorthin hatte sein Sohn Imad seinen kleinen Bruder auf den

Schultern getragen. Am nächsten Tag, so Ziyad gegenüber Amnesty

International, trug er Imads Leiche auf seinen eigenen Schultern und

brachte seinen Sohn zur Beerdigung.


*Meine Kinder machen sich in die Hosen, vor Panik, vor Angst, vor Kälte.

Wir haben nichts damit zu tun. Welchen Fehler haben wir begangen?*


/Ziyad Hamad/


Ziyad beschrieb die höllischen Szenen, die er in der Leichenhalle

erlebte, wo er die Leiche seines Sohnes zusammen mit vielen anderen fand.


"Die Leichen waren verbrannt, ich hatte Angst, sie anzusehen. Ich wollte

nicht hinsehen, ich hatte Angst, Imads Gesicht zu sehen. Die Leichen

lagen verstreut auf dem Boden. Jeder suchte nach seinen Kindern in

diesen Haufen. Meinen Sohn erkannte ich nur an seiner Hose. Ich wollte

ihn sofort begraben, also trug ich meinen Sohn und holte ihn heraus. Ich

habe ihn getragen."


Als Amnesty International mit Ziyad und seiner vertriebenen Familie

sprach, befanden sie sich in einer vom UNRWA betriebenen Schule, in der

Vertriebene untergebracht waren. Er sagte, dass es dort keine

Grundversorgung und keine sanitären Einrichtungen gab und dass sie keine

Matratzen hatten.


Ziyads Verzweiflung über die Ungerechtigkeiten, die er erlitten hat, ist

deutlich spürbar.


"Womit habe ich das verdient?", fragt er.


"Meinen Sohn zu verlieren, mein Haus zu verlieren, auf dem Boden eines

Klassenzimmers zu schlafen? Meine Kinder machen sich in die Hosen, vor

Panik, vor Angst, vor Kälte. Wir haben nichts damit zu tun. Welchen

Fehler haben wir begangen? Ich habe mein Kind aufgezogen, mein ganzes

Leben lang, und wofür? Um es sterben zu sehen, während es Brot kauft."


Während der Amnesty-Rechercheur mit Ziyad telefonierte, fand in der Nähe

ein weiterer Luftangriff statt.


Seit dem Interview mit Ziyad am 10. Oktober haben sich die Bedingungen

für die Binnenvertriebenen aufgrund des Ausmaßes der Vertreibung und der

Zerstörung sowie der verheerenden Auswirkungen der seit dem 9. Oktober

verhängten totalen Blockade weiter verschlechtert. Nach Angaben des

Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer

Angelegenheiten hatte die Zahl der Binnenflüchtlinge im Gazastreifen am

19. Oktober die Zahl von 1 Million erreicht, darunter mehr als 527 500

Menschen, die in Notunterkünften des UNRWA im Zentrum und im Süden des

Gazastreifens untergebracht sind.


*Wir können nicht einmal unsere Toten zählen*


Am 10. Oktober traf ein israelischer Luftangriff um 16:30 Uhr ein

sechsstöckiges Gebäude in Sheikh Radwan, einem Stadtteil von Gaza-Stadt.

Der Treffer zerstörte das Gebäude vollständig und tötete mindestens 40

Zivilisten.


Satellitenbilder deuten darauf hin, dass die Gebäude in dieser Straße

zwischen 12:11 Uhr UTC am 10. Oktober und 7:30 Uhr UTC am 11. Oktober

beschädigt wurden. Das Crisis Evidence Lab hat zwei Videos in sozialen

Medien geortet, die die Zerstörung von Häusern in Sheikh Radwan

bestätigen. Eines der Videos, das am 10. Oktober online gestellt wurde,

zeigt Menschen, die den Körper eines toten Säuglings aus den Trümmern

ziehen.


Amnesty International sprach mit Mahmoud Ashour, dessen Tochter Iman und

ihre vier Kinder Hamza (sechs Monate), Ahmad (zwei Jahre), Abdelhamid

(sechs) und Rihab (acht) bei dem Angriff getötet wurden.


*Ich konnte sie nicht beschützen, von meiner Tochter ist keine Spur mehr

übrig.*


/Mahmoud Ashour/


Er sagte:


"Meine Tochter und ihre Kinder kamen hierher, um Sicherheit zu suchen,

weil diese Gegend bei früheren Angriffen relativ sicher war. Aber ich

konnte sie nicht beschützen, von meiner Tochter ist keine Spur mehr übrig."


Mahmoud beschrieb das Ausmaß der Verwüstung:


"Ich spreche jetzt zu Ihnen, während ich versuche, die Trümmer mit

meinen Händen zu beseitigen. Wir können nicht einmal unsere Toten zählen."


Fawzi Naffar, 61, sagte, dass 19 seiner Familienmitglieder, darunter

seine Frau, Kinder und Enkelkinder, bei dem Luftangriff getötet wurden.

Als Amnesty International fünf Tage nach dem Luftangriff mit Fawzi

sprach, hatte er nur die Überreste seiner Schwiegertochter und die

Schulter seines "Sohnes" bergen können.


Die Nachforschungen von Amnesty International ergaben, dass ein

Hamas-Mitglied in einem der Stockwerke des Gebäudes wohnte, aber zum

Zeitpunkt des Luftangriffs nicht dort war. Die Zugehörigkeit zu einer

politischen Gruppierung macht eine Person nicht automatisch zu einem

militärischen Ziel.


Selbst wenn es sich bei dieser Person um einen Kämpfer handelte, macht

die Anwesenheit eines Kämpfers in einem zivilen Gebäude dieses Gebäude

oder die darin befindlichen Zivilisten nicht zu einem militärischen

Ziel. Nach dem humanitären Völkerrecht sind die israelischen

Streitkräfte verpflichtet, alle möglichen Vorkehrungen zu treffen, um

den Schaden für Zivilisten und ziviles Eigentum so gering wie möglich zu

halten, einschließlich der Absage oder des Aufschubs des Angriffs, wenn

sich herausstellt, dass er wahllos oder in anderer Weise rechtswidrig wäre.


Diese Vorsichtsmaßnahmen wurden vor dem Luftangriff auf Scheich Radwan

nicht getroffen. Es war bekannt, dass sich in dem Gebäude viele

Zivilisten, darunter auch viele Kinder, aufhielten, und die Gefahr für

sie hätte vorausgesehen werden können. Dies ist ein wahlloser Angriff,

bei dem Zivilisten getötet und verletzt wurden und der als

Kriegsverbrechen untersucht werden muss.


*Amnesty International fordert*


*die israelischen Behörden auf:*


- Sofortige Beendigung der rechtswidrigen Angriffe und Einhaltung des

humanitären Völkerrechts, einschließlich der Sicherstellung, dass alle

möglichen Vorkehrungen getroffen werden, um den Schaden an Zivilisten

und an zivilen Objekten so gering wie möglich zu halten, und dass von

direkten Angriffen auf Zivilisten und zivile Objekte sowie von wahllosen

und unverhältnismäßigen Angriffen abgesehen wird.


- Sofortige Ermöglichung der ungehinderten Lieferung von humanitärer

Hilfe an die Zivilbevölkerung des Gazastreifens.


- Die illegale Blockade des Gazastreifens, die einer kollektiven

Bestrafung gleichkommt und ein Kriegsverbrechen darstellt, angesichts

der derzeitigen Verwüstung und der humanitären Notwendigkeiten dringend

aufzuheben.


- Rücknahme des entsetzlichen Evakuierungsbefehls", durch den mehr als

eine Million Menschen vertrieben wurden.


- der unabhängigen Untersuchungskommission für die besetzten

palästinensischen Gebiete sofortigen Zugang zu gewähren, damit sie

Untersuchungen durchführen kann, einschließlich der Sammlung von

zeitkritischen Beweisen und Zeugenaussagen.


*Die internationale Gemeinschaft und insbesondere Israels Verbündete,

einschließlich der EU-Mitgliedstaaten, der USA und des Vereinigten

Königreichs, sollen:*


- konkrete Maßnahmen ergreifen, um die Zivilbevölkerung des

Gazastreifens vor rechtswidrigen Angriffen zu schützen.


- ein umfassendes Waffenembargo gegen alle Konfliktparteien verhängen,

da schwere Verstöße begangen werden, die Verbrechen nach dem Völkerrecht

darstellen. Die Staaten müssen davon absehen, Israel mit Waffen und

militärischem Material zu beliefern, einschließlich damit verbundener

Technologien, Teile und Komponenten, technischer Hilfe, Ausbildung,

finanzieller oder anderer Unterstützung. Sie sollten auch die Staaten,

die Waffen an bewaffnete palästinensische Gruppen liefern, auffordern,

dies zu unterlassen.


- Sie sollten sich jeglicher Äußerungen oder Handlungen enthalten, die

Israels Verbrechen und Verstöße im Gazastreifen auch nur indirekt

legitimieren würden.


- Druck auf Israel ausüben, damit es seine seit 16 Jahren andauernde

illegale Blockade des Gazastreifens aufhebt, die einer kollektiven

Bestrafung der Bevölkerung des Gazastreifens gleichkommt, ein

Kriegsverbrechen darstellt und ein wesentlicher Aspekt des israelischen

Apartheidsystems ist.


- Sicherstellen, dass die laufenden Ermittlungen des Internationalen

Strafgerichtshofs zur Lage Palästinas volle Unterstützung und alle

erforderlichen Mittel erhalten.


*Das Büro des Anklägers des Internationalen Strafgerichtshofs soll:*


die laufenden Ermittlungen zur Lage in Palästina dringend beschleunigen

und dabei die mutmaßlichen Verbrechen aller Parteien untersuchen,

einschließlich des Verbrechens gegen die Menschlichkeit der Apartheid

gegen Palästinenser.


*Die Hamas und andere bewaffnete Gruppen sollen:*


Sofortige Beendigung der absichtlichen Angriffe auf Zivilisten, des

wahllosen Abfeuerns von Raketen und der Geiselnahme. Sie müssen zivile

Geisel


(unvollständig)


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

23.10.2023

Linker Totalitarismus

rubikon.news,vom 29. März 2023, 16:00 Uhr, von Felix Feistel

Im Ukraine-Krieg ebenso wie in der Coronakrise wurden zwei klassisch linke Positionen entkernt: Antimilitarismus und Toleranz.

Screenshot_2023_10_23_at_21_57_17_Linker_Totalitarismus

Foto: kai keisuke/Shutterstock.com


Die Inflation steigt, die Menschen werden immer ärmer, und gleichzeitig wächst der staatliche Repressions- und Überwachungsapparat. Nicht nur wird aktuell Stimmung für einen großen Krieg gegen Ost gemacht; schon in den vergangenen drei Jahren waren Regierungsmaßnahmen an der Tagesordnung, die ebenso spaltend wirkten. Die Energiepreispolitik greift ebenso wie die Coronapolitik tief in das Leben der Bürger ein und erschwert es vielfach — das Gegenteil dessen, was ein Staat leisten sollte. Solche Entwicklungen sollten eigentlich eine Linke auf den Plan rufen, die sich konsequent für die Interessen der Menschen einsetzt. Stattdessen begnügt sich diese Linke damit, die staatlichen Narrative zu verteidigen, sich für den Krieg, für die Menschenrechtsverbrechen des Coronaregimes und für jede Form von Zwang gegen Andersdenkende einzusetzen.


Als die Arbeitsgemeinschaft Frieden der Partei „DieBasis“ vergangenen Herbst eine Konferenz zum Thema Frieden in Hamburg veranstalten wollte, rief das sehr bald das „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ auf den Plan. Dieses wandte sich in mehreren Schreiben an den Eigentümer der Räumlichkeiten, in denen die Konferenz abgehalten werden sollte, die Hamburger Kaffeewelt. In diesen Dokumenten wurden die Parteimitglieder als „Querdenker“ und „rechts“ diffamiert. Das Bündnis riet der Kaffeewelt davon ab, die Räume an die Partei zu vermieten. Sie warfen den sogenannten „Querdenkern“, und damit implizit der Partei DieBasis, menschenverachtende Hetze sowie Antisemitismus vor und forderten den Eigentümer auf, die bereits bestehenden Verträge zur Miete der Räumlichkeiten zu kündigen.


Daraufhin wandte sich die Kaffeewelt an die Veranstalter der parteiinternen Veranstaltung und forderte, dass diese beweisen, nichts rechts zu sein, da dieser Vorwurf überprüft werden müsse. Am Ende musste die Konferenz in anderen Räumlichkeiten abgehalten werden, doch auch da waren schwarz gekleidete Gestalten des selbsternannten Bündnisses gegen Rechts anwesend und beobachteten die ein- und ausgehenden Besucher. Sogenannte Antifaschisten sabotieren damit also demokratisch legitimierte Parteien, die sich in ordentlicher Weise an Landtags- und Bundestagswahlen beteiligen, versuchen, ihnen die Räume streitig zu machen und überziehen sie mit Diffamierungs- und Hetzkampagnen. Dabei berufen sie sich auf eine angebliche „Hetze“ der Gegenseite und werfen dieser ohne jeden Beweis vor, rechts oder antisemitisch zu sein.

Auch das klassisch linke und friedensbewegte Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung sieht sich Angriffen dieses Bündnisses ausgesetzt, wie in zwei Rundbriefen dargelegt wird. Das Hamburger „Bündnis gegen Rechts“ wandte sich in einem Offenen Brief an dieses Forum und attestierte ihm eine Nähe zu rechten Zusammenhängen sowie eine „Rechtsoffenheit“, von der sich die Verantwortlichen zu distanzieren hätten.

Es sind diffuse Begriffe, mit denen hier hantiert wird. Denn wer ganz links im politischen Spektrum steht, muss faktisch schon „rechtsoffen“ sein, weil er sonst mit niemandem mehr sprechen könnte.

Auch in dem offenen Brief werden Anschuldigungen erhoben, die vollkommen ohne Beweise eine Nähe zwischen dem Hamburger Forum, „Coronaleugnern“ und „Rechten“ herstellen, ohne jedoch zu erklären, was „rechts“ in diesem Kontext meinen soll. Operiert wird mit billigen Kontaktschuldvorwürfen, haltlosen Anschuldigungen ohne Beweise und plumpen Unterstellungen. Es wird nicht begründet, sondern nur mit Schlagworten „argumentiert“. So bleibt in der Sache ungeklärt, inwiefern das Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung „rechts“ sein soll.


Dennoch führte diese Kampagne dazu, dass der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) seine Zusammenarbeit mit dem Hamburger Forum eingestellt hat, und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) dem Forum keine Räume mehr kostenlos zur Verfügung stellen will, wie sie das zuvor stets getan hat. Es reichte die Anschuldigung — Beweise wurden gar nicht mehr benötigt, um diese Schritte zu gehen.


Bundesweite Kampagnen

Doch es trifft nicht nur Hamburg. Das Phänomen ist in ganz Deutschland zu beobachten. Auch der Friedensforscher Daniele Ganser sieht sich Anfeindungen gegenüber. Diese kommen jedoch nicht allein von sogenannten Antifaschisten, sondern direkt aus der Politik. So ist für den 27. März 2023 ein Vortrag Daniele Gansers in Dortmund vorgesehen. Widerstand dagegen kommt aus der Lokalpolitik: Vor allem SPD und Grüne drängten darauf, dass Daniele Ganser ausgeladen wird. Überraschenderweise jedoch reiht sich die CDU mit in den Kanon der Zensoren ein und fordert ebenfalls eine Ausladung Gansers. Die Begründungen? Rechts, Nazi, Antisemit. Der Veranstalter, der sich zunächst dem Ersuchen, Ganser auszuladen, widersetzt hatte, knickte schließlich ein und sagte den Vortrag ab, muss aber nach einem Gerichtsurteil die Veranstaltung nun doch stattfinden lassen. Ähnlich erging es Ganser in Nürnberg. Hier sollte am 10. Mai ein Vortrag von ihm stattfinden, doch die Stadt Nürnberg hat ihn abgesagt.


Das Hamburger Forum, Daniele Ganser, die Arbeitsgemeinschaft Frieden der Partei DieBasis: Sie alle sehen sich Angriffen aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft und von Menschen, das sich „links“ nennen, ausgesetzt. Sie alle eint, dass sie für den Frieden eintreten, eine weltweite Abrüstung fordern und sich den Militarisierungsbestrebungen westlicher Länder entgegenstellen. Damit sind sie Feinde der herrschenden Kriegseuphorie, die seit über einem Jahr um sich greift, und stören die allgemeine Kriegspropaganda. Diese wird unterstützt von sogenannten Linken und Antifaschisten, welche immer wieder Veranstalter bedrohen, unter Druck setzen und über die bürgerlichen Medien Kampagnen gegen friedensbewegte Menschen lostreten.


So wurde auch der Kabarettist Uwe Steimle Zielscheibe dieser Organisationen. Einer seiner Auftritte in Chemnitz sollte auf Bestreben der örtlichen Grünen hin abgesagt werden. Sein Vergehen: Er vertrat falsche Ansichten zur Ukraine. Zudem wird ihm vorgeworfen, rechts zu sein. Solchen Absageversuchen gehen stets Aktivitäten vorgeblicher linker und antifaschistischer Bündnisse voraus, die zudem mit den herrschenden Parteien der Grünen, der SPD und Teilen der Linken eng verbunden sind. Doch die pseudolinke Cancel Culture beschränkt sich nicht allein auf Antimilitaristen und Friedensbewegungen.


Noch absurder wird es nämlich im Falle der Transfrau Monika Donner. Sie ist Autorin und wurde von einem jüdischen Verein eingeladen, ihr neues Buch zu präsentieren. Moderiert worden wäre die Veranstaltung von einem schwulen Moderator. Es ist also eigentlich der Himmel pseudolinker Diversität, der hier zusammengekommen wäre. Dennoch wurden die Eigentümer aller potenziellen Räumlichkeiten von sogenannten „Linken“ unter Druck gesetzt, ihre Räume dieser Veranstaltung nicht zur Verfügung zu stellen. Die Begründung? Die Transfrau, der homosexuelle Moderator und der jüdische Verein seien Nazis, Reichsbürger und Holocaustleugner. Die Veranstaltung konnte daraufhin nicht stattfinden.

Schon seit mehr als drei Jahren betätigen sich vorgebliche „Linke“ unter dem Label des Antifaschismus als Sachwalter des herrschenden Narrativs. Sie attackieren all jene, die Ansichten verbreiten, die der staatlichen Propaganda widersprechen, und setzen alles daran, dass diese nicht zu Wort kommen.

Auch tätliche Angriffe finden statt, ebenso wie Androhungen derselben. So haben sie schon die Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen und den Impfzwang bekämpft, und traten ihrerseits für einen Impfzwang und für „Zero Covid“ ein. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine betätigen sie sich auch als Kriegstreiber, fordern immer wieder auf Demonstrationen, schwere Waffen in die Ukraine zu liefern. Sie haken sich auf denselben Demonstrationen mit Exilukrainern unter, die den Nazigruß „Slava Ukraini“ brüllen .


Dabei spielen sie sich noch zu „Antifaschisten“ auf und behaupten steif und fest, den Faschismus zu bekämpfen. Unter diesem Deckmantel betreiben sie Cancel Culture, die jeden aus der Debatte ausschließen soll, der Abweichendes zu sagen hat, und stellen sich an die Seite von Kapital und Regierung, um die Durchsetzung des Coronanarrativs zu fordern und selbst zu erkämpfen. Sie versammeln sich, um jene anzupöbeln, die Regierung und Kapital widersprechen, die sich nicht für deren Zwecke instrumentalisieren lassen und gegen das begangene Unrecht kämpfen.

Jene, die sich einst als Gegner von Staat und Kapital bezeichnet haben und das wahrscheinlich immer noch tun, treten als Schlägertruppe von Staat und Kapital auf, verhelfen dem Kapital zu erheblichen Umsätzen, indem sie sich die Genspritzen nicht nur selbst geben lassen, sondern sie auch anderen aufzwingen wollen, und verteidigen jegliches totalitäre Handeln des Staates. Damit ist die Antifa zu einer Sturmtruppe des totalitären Kapitals geworden und setzt sich jetzt auch für dessen Interesse an Aufrüstung und Krieg offensiv ein. Unter dem Deckmantel des Antifaschismus betreibt sie Faschismus, indem sie jede andere Stimme ausgrenzen, ihre eigene Ansicht als die einzig wahre Wahrheit verklären. Sie zeichnet eine extreme Intoleranz gegenüber Andersdenkenden aus, und das, obwohl man sich Diversität auf die Fahne schreibt.


Diversität? Nur in engen Grenzen

Diese Diversität geht jedoch nur in eine ganz bestimmte Richtung. Gemeint ist eine Diversität von Geschlechtern und sexuellen Orientierungen, von Hautfarben und Ethnien. Dies jedoch nur, wenn es sich um die „richtige“ Hautfarbe oder Ethnie handelt. Der Ausspruch „Leave no one behind“, also „Lasst niemanden zurück“, ist auf eine ganz bestimmte Menschengruppe gemünzt, die mit anderer Hautfarbe als „weiß“ und anderen Religionen als den „westlichen“ daherkommt und so schon von Weitem sichtbarer Immigrant ist.


Die Parole bezieht sich aber nicht auf einen weißen Deutschen, der beispielsweise in ärmlichen Verhältnissen oder sogar auf der Straße lebt und Arbeitslosengeld II bezieht. Auch auf einen russischen Immigranten wird diese Parole nicht bezogen. Nicht nur deshalb, weil Russland gerade zum großen Feind erklärt und alles Russische damit verdammt wird, während die sogenannte Antifa durch eine extreme Russophobie von sich reden macht, indem sie russische Bürger angreift oder russische Supermärkte überfällt; es liegt auch daran, dass russischstämmige Menschen ihr einfach zu weiß sind.

Auch bezieht sich die Diversität nicht auf eine Diversität von Meinungen. Man ist nur solidarisch mit all jenen, die exakt derselben Ansicht sind: Dass es tausend Geschlechter geben muss, dass all diese Menschen per se diskriminiert sind, und dass man gegen diese Diskriminierung kämpfen müsse.

Wer zaghaft widerspricht, wer sich nicht am Genderunsinn beteiligen will, der ist relativ schnell draußen und wird nach allen Möglichkeiten zensiert und gecancelt. Dabei schützt es auch nicht, wenn man selbst in die Kategorie der angeblich Diskriminierten fällt, wie der Fall Monika Donner zeigt. Denn ihr Vergehen war, dass sie dem Corona-Impfzwang widersprochen hat. So beteiligen sich diese Menschen also selbst an der Diskriminierung der ihrer Meinung nach diskriminierten Minderheiten, gegen deren Diskriminierung man angeblich kämpfen müsse. Denn jeder, der nicht exakt dieselben Weltbilder und Ansichten vertritt wie jene Pseudolinke, der ist automatisch ein Nazi.


Dieses kulthafte, geschlossene Weltbild ist dasselbe, das dem Faschismus zu eigen ist. Doch wie kann es sein, dass die angeblichen Antifaschisten auf einmal selbst einem solchen Weltbild anheimfallen? Und das in Deutschland, wo doch seit Jahrzehnten die Geschichte des Nationalsozialismus aufgearbeitet wird und man meinen könnte, wir wären alle bestens darüber aufgeklärt?

Zunächst einmal ist es kein neues Phänomen, dass angebliche Antifaschisten sich in kulthaften Glaubensgemeinschaften zusammenfinden. Es ist eine Entwicklung, die mit dem Aufstieg der Arbeiterklasse in die Mittelschicht und dem Zusammenbruch der Sowjetunion begonnen hat. Statt Kommunismus und Sozialismus brauchte es damals neue Ideologien, neue Minderheiten und Gruppen, für die man kämpfen konnte. Das Interessante ist, dass die Wenigsten dieser Faschisten selbst der Gruppe, für die sie einzutreten vorgeben, angehören. Meistens stammen sie aus der akademischen Mittelschicht, waren nie Arbeiter, Schwarze oder Transsexuelle. Doch mit großem Elan und voller Überzeugung setzt man sich für diese — oft auch nur eingebildeten — Minderheiten ein, nicht selten auch gegen deren Willen.


Man erfindet Definitionen, Begrifflichkeiten, unter die man dann wieder verschiedene Menschen subsumiert, in dem Bestreben, eine größtmögliche ideologische Homogenität herzustellen. Dabei werden immer neue, immer kleinere Kategorien erfunden, die mit immer größerem Fanatismus verteidigt und durchgesetzt werden. So kommt es zu den sektenartigen Überzeugungen dieser Gruppen, in denen abweichende Meinungen nicht mehr toleriert werden. Denn jeder, der nicht zu einhundert Prozent zustimmt, steht in dem Verdacht, ein Nazi, ein Faschist zu sein. Und so werden dieBasis, Querdenker, aber auch Monika Donner in den immer größer werdenden Topf der „Nazis“ geworfen, gecancelt und bekämpft. Dabei merken diese Gruppen nicht, wie sie sich vor den Karren des neuen Totalitarismus spannen lassen und selbst zu Faschisten mutieren.

Dabei ist einer der zentralen Fehler der, dass diese Menschen die Begriffe „Faschismus“, „Totalitarismus“ und „Nationalsozialismus“ nicht voneinander zu trennen in der Lage sind, sondern synonym gebrauchen. Das ist ein fataler Fehler. Es handelt sich jeweils um eigene Phänomene mit eigenen Merkmalen, und es ist wichtig, diese zu kennen, um ihre Fusion zu verstehen. Der Totalitarismus ist das übergeordnete Prinzip, unter dem sich sowohl der Nationalsozialismus als auch andere Formen des Faschismus abgespielt haben. Faschismus wirksam zu bekämpfen, heißt seine Grundbedingung zu erkennen und zu verhindern: den Totalitarismus.

Die Krux der vorgeblichen Antifaschisten, von denen in diesem Beitrag die Rede ist, liegt bereits in ihrem Namen: Sie übersehen die Bedingung dessen, was sie zu bekämpfen vorgeben. Wann immer sie glauben, einen Faschisten zu erkennen, haben sie bereits darin versagt, die totalitären Strukturen zu verhindern, die seine Existenz erst ermöglichen.

Dass sie die totalitären Züge des Corona-Regimes nicht erkannt haben, liegt eben auch daran, dass sie Faschismus, Totalitarismus und Nationalsozialismus in einen Topf werfen. Faschismus kann für diese sogenannten Linken nur mit Glatze, Hakenkreuz und Hitlergruß daherkommen, und daher merken sie gar nicht, wie sich dieselben Strukturen und Muster unter dem Deckmantel einer Pandemiebekämpfung oder eines Krieges gegen Russland etablieren. Die grundlegende Verfehlung der historischen Aufarbeitung ist, dass sie den Faschismus und Totalitarismus zu sehr mit dem Nationalsozialismus gleichgesetzt hat.


So haben die Menschen zwar gelernt, wie schlimm der Nationalsozialismus war; was sie jedoch nie gelernt haben, ist, Faschismus und Totalitarismus zu erkennen, wenn sie mit einer anderen Ideologie daherkommen. Dass dies passieren könnte, hat Ignazio Silone, italienischer Sozialist und Schriftsteller, schon vor Jahrzehnten mit dem Wort vorausgesagt, dass der neue Faschismus nicht als Faschismus, sondern als Antifaschismus zutage treten werde. Genau das ist in den letzten drei Jahren geschehen.


Die Tendenz dieser Gruppen, Menschen nach bestimmten Merkmalen zu kategorisieren, ist selbst hochgradig faschistisch. Sie dient der Erkennung der eigenen Gruppe und der Abgrenzung gegenüber dem eingebildeten Feind, sodass es immer einen Grund für einen ewigen Kampf geben kann. Die Kategorisierung von Menschen leistet Intoleranz, Diskriminierung und letztlich auch der Bekämpfung und Vernichtung anderer Menschen Vorschub. Die Antifa erfüllt bereits einige dieser Merkmale.


Inhaltliche Entkernung

Doch das alles ist nicht erst vor Kurzem vom Himmel gefallen. Denn schon seit Jahrzehnten haben Regierungsinstitutionen und Machthaber eine stille, aber beständige Zersetzungsarbeit geleistet. In dem Wissen, dass man, will man Krieg und Totalitarismus durchsetzen, eben jene auf seine Seite ziehen muss, die sich am lautesten gegen beides stellen werden, sind linke Kreise und Organisationen schrittweise ideologisch und personell durchsetzt worden. Da ist zunächst einmal der sogenannte Verfassungsschutz, der schon auf der anderen Seite die NPD so durchsetzt hatte, dass das Parteiverbotsverfahren einst scheiterte, weil man Partei und Staat nicht mehr voneinander trennen konnte. Dass dieselbe Organisation auf der anderen Seite ähnlich vorgeht und ihr Personal in die Reihen der Antifaschisten und Antikapitalisten einschleust, liegt nicht nur nahe, sondern ist auch schon zu oft aufgeflogen, als dass nicht davon auszugehen wäre, dass es System hat.


Zudem findet eine ideologische Durchsetzung statt. Organisationen wie die Amadeu Antonio Stiftung oder das Zentrum Liberale Moderne werden mit Staatsgeldern finanziert, und sie reichen diese Gelder weiter an alle möglichen Beratungsstellen und Projekte, die sich als Diskurswächter und Blockwarte betätigen und eine Beobachtungsfunktion über gesellschaftliche Ereignisse ausüben. Hier intervenieren sie, wenn Organisationen, Gruppen oder Einzelpersonen auf den Plan treten, die ihnen nicht in den Kram passen, und setzen Veranstalter unter Druck.

Ideologisch wird die Linke seit den 90er Jahren von den sogenannten „Antideutschen“ durchsetzt. Diese bezeichnen sich teilweise selbst als „Abrissunternehmen der deutschen Linken“ und machen seit etwa 30 Jahren Stimmung insbesondere gegen antimilitaristisch gesinnte Linke (unmittelbarer Kontext ab etwa Minute 18:45). Ideologische Verwirrungen, inhaltliche Verwässerungen und absurde Ideen wie der Genderzwang und die LGBT-Ideologie, haben die ursprüngliche Linke ihres eigentlichen Kerns vollkommen beraubt und führen dazu, dass imaginäre Kämpfe gegen eingebildete Gegner unter dem Banner immer neu erfundener Menschengruppen geführt werden.


Der Antisemitismus-Vorwurf

Weiterhin wurde in den letzten Jahrzehnten gerade von den sogenannten Antideutschen der Begriff des „Antisemitismus“ immer weiter von seiner eigentlichen Bedeutung entfernt. Es fielen nicht mehr nur Menschen darunter, die explizit Hass auf Juden hegten und diesem Ausdruck verliehen. Auch die Kritik an der Gewalt des Staates Israel gegenüber den Palästinensern und ihrer gesellschaftlichen Segregation wurde zum Antisemitismus umgedeutet. Aber nicht nur das.

Auch jemand, der das Kapital als treibende Kraft hinter Krieg und Zerstörung anprangert oder die US-amerikanischen Kriege kritisiert — zwei eigentlich klassisch linke Positionen — kann von selbsternannten Linken schnell zum Antisemiten oder Verschwörungstheoretiker erklärt werden.

Als Antisemit konnte alsbald jeder diffamiert werden, der sich gegen Krieg, Gewalt und die Herrschaft der Reichen über den Rest der Menschheit aussprach, womit der Boden bereitet war für die umfassende Diffamierung gegenüber den Coronamaßnahmenkritikern. Ausgerechnet in den Reihen linker Organisationen wurde die Basis gelegt für die Unterstützung von Krieg, Ausbeutung, Segregation und Diskriminierung, weil dies eben nun „die Richtigen“ träfe. Das geistige Klima in antifaschistischen Reihen wurde im Laufe der Jahre umfassend vergiftet. Sie machen sich zu Gehilfen von Staat und Kapital, lassen sich als Waffe instrumentalisieren, um die Ziele von Krieg, Profit, Umverteilung und totaler Herrschaft zu erreichen.


Zudem hat gerade die Linke einen ideologischen Kulturkampf vom Zaun gebrochen, welcher die Gesellschaft ihrer Grundlagen beraubt und sie in die Beliebigkeit des moralischen Relativismus stürzt. Wissenschaft, und damit die Grundlage der modernen, westlichen Kultur, ist heute als eurozentristisch verschrien, wird aber gleichzeitig gerne ins Feld geführt, um Kritik an den herrschenden Zuständen zu bekämpfen. Geschlechter sollen vollkommen beliebig und frei wählbar sein, rechts ist immer das, was der herrschenden Meinung widerspricht.


Gleichzeitig haben sie unter dem Label der Antidiskriminierung den Rassismus einfach umgedreht, indem sie den „Alten weißen Mann“ zur Wurzel allen Übels erklärt haben, der nun überall nach Belieben diskriminiert werden darf. Da diese Ideologien mittlerweile auch in die Reihen der herrschenden Grünen, Teile der Linken und der SPD vorgedrungen sind, erhalten ihre Vertreter nicht nur Unterstützung aus Regierungskreisen, sondern werden instrumentalisiert in einem Kulturkampf, der die Gesellschaft zersetzen und auf diese Weise wehrlos gegenüber elitären Angriffen machen soll.


Es waren die vorgeblichen Antifaschisten, die Menschen aus der Gesellschaft ausgeschlossen haben, weil diese sich nicht die Genspritze verabreichen lassen wollten. Es sind diese Antifaschisten, die mit verbaler und physischer Gewalt gegen Andersdenkende vorgehen, die ihnen die Möglichkeit nehmen wollen, ihre Meinungen zu äußern, die ihre Veranstaltungen stören und die mit Gewalt und Nötigung ihre eigene Ideologie durchsetzen wollen. Heute sind es Antifaschisten, nicht Nazis, die zum nächsten großen Krieg trommeln. Sie tun dies mit der vollen Überzeugung, auf der Seite der Guten zu stehen.


Was sie dabei übersehen, ist, dass auch die letzten beiden Weltkriege von jenen verbrochen wurden, die glaubten, auf der „richtigen“ Seite zu stehen, für das Gute zu kämpfen und „gerechte Kriege“ zu führen. Damit reihen sich die vermeintlich Linken in die Linie der Kriegstreiber aus dem letzten Jahrhundert bestens ein. Was heutzutage gerne als links tituliert wird, ist schlichtweg nicht links, sondern eine willige Teilmenge des international agierenden Kapitals.

VG-Wort Zählpixel



Felix Feistel, Jahrgang 1992, schreibt in vielfältiger Weise über die Idiotie dieser Welt und auch gegen diese an. In einer auf Zahlen und Daten reduzierten Welt, die ihm schon immer fremd war, sucht er nach Menschlichkeit und der Bedeutung des Lebens. Er versucht, seine Kräfte und Talente für die Gestaltung einer lebenswerten Welt einzusetzen, indem er sich gegen Ungerechtigkeit und Zerstörung wendet. Trotz des überall grassierenden Wahnsinns ist er nicht bereit, den Glauben an das Gute im Menschen und sein Potenzial, den Planeten in ein Paradies zu verwandeln, aufzugeben. Er ist Mitglied der Rubikon-Jugendredaktion und schreibt für die Kolumne „Junge Federn“.


Dieses Werk ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen dürfen Sie es verbreiten und vervielfältigen.


Info: https://www.rubikon.news/artikel/linker-totalitarismus

23.10.2023

US-Flüssigerdgas aus Fracking ist viel schädlicher als Kohle

Förderanlage für Fracking Gas in Texas. ©


ARD-NDR / HTTV Produktion ( Video https://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/lng-um-jeden-preis-100.html Dauer 44:39 min )


infosperber.ch, vom 14.10.2023 Pascal Derungs /

LNG verursacht mehr Treibhausgase als alle anderen fossilen Energieträger, zudem schädigt es Gesundheit und Umwelt massiv.

Die ARD-Dokumentation «LNG um jeden Preis» demontiert die Mär vom angeblich sauberen Flüssigerdgas LNG (Liquefied Natural Gas) aus den USA. Auf einer Recherchereise durch das Produktionsland bringt der Autor Michael Höft erschreckende Fakten ans Licht: Die Gewinnung von Flüssigerdgas führt zu radioaktiven Abfällen, vergifteten Flüssen und einer massiven Klimabelastung. Mit einer speziellen Kamera wird der enorme Austritt von Methan bei den Förderanlagen sichtbar. Wissenschaftler protestieren: Es wäre deutlich weniger klima- und gesundheitsschädlich, wenn man auf Kohle setzen würde, anstatt gefracktes Gas aus den USA zu importieren, die zu den grössten LNG-Exporteuren weltweit gehören. Trotzdem will die EU bis 2030 50 Milliarden Kubikmeter LNG pro Jahr zusätzlich aus den USA kaufen. Das entspricht einem Drittel der Erdgasmenge, die Europa 2020 noch aus Russland bezogen hat.


Verflüssigung und Transport von LNG verschleudern Energie

Michael Höft beginnt seine Recherche in Texas. Am Golf von Mexiko stehen die LNG-Terminals, die das Gas für die Verschiffung nach Europa auf minus 162 Grad herunterkühlen. Dieser Prozess benötige soviel Energie, dass ein Viertel der Gesamtenergie des Gases schon hier verloren gehe, schätzen Experten. Auf dem Schiff müsse dann noch weiter Gas eingesetzt werden, um das verbliebene LNG zu kühlen. Dazu kämen Gasverluste durch Lecks in der gesamten Lieferkette. «In Deutschland kommen nur noch 50 bis 70 Prozent des Gases an», kritisiert der international anerkannte Professor Robert Howarth von der Cornell University. Schon das allein sei alles andere als klimafreundlich oder nachhaltig.


Die Methanemissionen steigen unkontrolliert steil an

Seitdem Europa LNG in enormen Mengen kauft, sei ein neuer Goldrausch» in Amerika entstanden, heisst es in der ARD-Doku, es werde gefrackt wie nie zuvor. Auch in dicht besiedelten Gebieten wie zum Beispiel in West-Virginia oder Ohio. Wegen des Fracking-Booms in ganz Nordamerika seien die Methanemissionen heute grösser denn je, sagt Robert Howarth. Im Nordwesten von Texas befindet sich das Epizentrum der Öl- und Gasindustrie. An zehntausenden Bohrstellen werde hier Gas aus dem Boden gefrackt. Bei diesem Prozess würden ungeheure Mengen von Methan entweichen. Dieses Gas ist mindestens 25 Mal klimaschädlicher als CO2 und für das menschliche Auge unsichtbar.


Earthworks Aktivist Frackinganlage

Ein Aktivist der Umweltorganisation Earthworks vor einer texanischen Frackinganlage. © ARD-NDR / HTTV Produktion


Experten der Umweltorganisation «Earth Works» machen für das Fernsehteam diese Emissionen mit einer Spezialkamera sichtbar: Das Resultat ist alarmierend. Überall steigt Methan in die Luft, das laut Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern einer der grössten Verursacher der globalen Erwärmung ist. Auch neuentwickelte Satellitenkameras der Universität Bremen zeigen grossflächige Methaneinträge in der Atmosphäre über Texas und anderen Fördergebieten in den USA. Skandalös sei, dass die Bohrfirmen dieses Methan ganz legal in die Umwelt entweichen lassen dürften, sagt ein Umweltschützer. Das würden die laschen US-Gesetze zum Umweltschutz erlauben.


Methanemssionen Fracking Gas

Die klimaschädlichen Methanemissionen können mit einer Spezialkamera sichtbar gemacht werden. © ARD-NDR / HTTV Produktion


Fracking ist die übelste aller Fördertechniken 

Methan sei jedoch nur eine finstere Seite des LNG, kommentiert die ARD-Doku, deutlich schlimmer sei die Schadensbilanz von LNG beim Förderprozess. Im Nordwesten der USA recherchiert der Fernsehreporter über den radioaktiven Giftmüll. Beim Fracking wird das Gas mit Hilfe von Wasser, Chemikalien und Sand aus dem Boden gespült. Dieses Wasser ist jedoch hochgiftig, wenn es wieder an der Erdoberfläche ankommt. Denn die Gasvorkommen im Boden sind mit Schiefergestein verbunden, das häufig radioaktives Radium enthält. Durch das Fracking würden diese Mineralien ausgewaschen, nach oben gespült und machten Arbeiter wie Anwohner krank. Die Strahlungswerte von Radium würden bis zu sechsfach über dem erlaubten Wert liegen. Entlang der texanischen Küste seien die Fälle von Krebs, Unfruchtbarkeit, Atemwegs- und Nervenerkrankungen stark angestiegen. Dasselbe gelte für Fracking-Gebiete im dicht besiedelten Osten der USA, wo immer mehr Todesfälle aufgrund eines — eigentlich seltenen — Knochenkrebses registriert würden. Doch die Proteste der Bevölkerung würden bei den Behörden ungehört verhallen. «Es scheint, dass die Umweltschutzbehörden mehr daran interessiert sind, die Rechte der Industrie zu schützen als die der Bürger», sagt ein Anwohner, der seinen Sohn an diesen Krebs verloren hat. «Wenn man mit Politikern redet, sprechen sie immer nur von Jobs und Geld. Es ist das Einzige, was zählt.»

Die Lobby der Energiefirmen ist unangreifbar

Die Gas- und Ölindustrie in den USA sei mit enormen Rechten ausgestattet, stellt der Dokumentarfilm fest. Sogar auf dem Land der indigenen Navajos dürfe ohne Einschränkungen gefrackt werden. Mitglieder dieses Stammes erzählen im Film, wie ihr Wasser vergiftet und ihre heiligen Orte zerstört würden. Diese Fakten seien bekannt und nicht bestritten. Denn umweltschädigende Unfälle müssten die Förderunternehmen den Behörden melden. Schadenersatz hingegen müssten sie nicht bezahlen. Sogar die offiziellen Messungen der Umweltschutzbehörden würden belegen, dass die Luftqualität in der Umgebung der Förderstätten stark gesundheitsgefährdend sei, heisst es im Film. Ein Mix aus giftigen Substanzen verpeste die Atmosphäre in der Region. Doch die Verursacher würden allesamt unbehelligt bleiben.

LNG ist nicht die Lösung, sondern das grösste Problem

Viele Fachleute halten den Handel mit flüssigem Gas für verantwortungslos. Kein Energielieferant sei klimaschädlicher als LNG, statuiert die ARD-Doku. Im Interview empfiehlt Robert Howarth von der Cornell Universität Deutschland, die eigenen Gasvorkommen konventionell auszuschöpfen. Und nötigenfalls sogar lieber auf Kohle zu setzen, bis man genug erneuerbare Energie erzeugen könne. Das wäre wesentlich klimaschonender als gefracktes LNG aus Übersee zu importieren, stellt Howarth fest.

Mehr eigene Förderung scheitert an Ängsten der Bevölkerung

Noch vor 20 Jahren stammten 20 Prozent des in Gesamtdeutschland verbrauchten Gases aus heimischer Förderung. Inzwischen liegt die Selbstversorgungsquote gerade noch bei fünf Prozent. In der Altmark liegt das zweitgrösste Erdgasvorkommen Kontinentaleuropas.

Gasfeld in der Altmark

Gasfeld in der Altmark. © ARD-NDR / HTTV Produktion


Doch neue Bohrungen würden schon lange nicht mehr getätigt, erzählt ein ehemaliger Arbeiter. Neue Gasfelder würden auch kaum mehr gesucht, ergänzt der Filmkommentar. Der Import von billigem Gas aus Russland sei lange Zeit schlicht lukrativer gewesen. Als dieses weggefallen sei, habe das Flüssigerdgas aus den USA verhältnismässig schnell zur Verfügung gestanden, um den grossen Hunger der deutschen Industrie nach Energie zu stillen. Regelmässig würden Versuche zur Reaktivierung der eigenen Gasförderung am Widerstand der Bevölkerung scheitern.Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.


Info: https://www.infosperber.ch/umwelt/us-fluessigerdgas-aus-fracking-ist-viel-schaedlicher-als-kohle


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

23.10.2023

Gaza, Oktober 2023: Von Terroristen und Geistern, die man rief

Screenshot_2023_10_23_at_17_26_48_Gaza_Oktober_2023_Von_Terroristen_und_Geistern_die_man_rief


nachdenkseiten.de, 23. Oktober 2023 um 9:12 Ein Artikel von Heiner Biewer

Die vielfach bedingungs- wie bedenkenlose Unterstützung Israels durch den Westen gründet unter anderem darauf, möglichst jeden Rückgriff auf Gewalt seitens der Palästinenser als Terror zu bezeichnen. Damit macht man es sich sehr einfach: Während Gewalt gegen Zivilisten das humanitäre Völkerrecht auch im reinen Verteidigungsfall verletzt, ist die Gewaltanwendung nicht per se illegitim.[1] Die unlösbare Verknüpfung von Terror und seiner entschiedenen Verurteilung führt uns zudem auf eine absolute moralische Ebene, auf der einerseits eine Einengung des Diskurses und in der Folge des diplomatischen Handlungsspielraumes stattfindet, andererseits jede (militärische) Antwort als gerechtfertigt bezeichnet werden kann. Wer spricht und sprach wann von Terror, wer hat ihn angewendet, wer oder was hat den Terrorismus befördert, was ist aus „den Terroristen“ geworden? Nachdenken über ein Schlagwort und seine Verwendung auf der Basis von Zitaten.
Terroristen oder Freiheitskämpfer?

Es war in einem besonders schlimmen Sommer: Am 6. Juli zündete ein Mann auf einem Markt in Haifa eine Bombe; 23 Menschen wurden getötet, 75 verletzt, überwiegend Frauen und Kinder. Am 15. Juli starben bei einem Anschlag in Jerusalem 10 Menschen, 29 wurden verwundet. Zehn Tage später explodierte wiederum in Haifa eine Bombe, es gab 39 Tote. Sämtliche Opfer waren arabische Zivilisten. Es war der Sommer 1938. Zu den Anschlägen bekannte sich die Irgun,[2] der bewaffnete Arm der „revisionistischen Zionisten“ um Wladimir Jabotinsky. Aus der Irgun gingen zwei israelische Ministerpräsidenten hervor: Menachem Begin[3] und Jitzchak Schamir.[4]

Widerstandskämpfer? Freiheitskämpfer? Kriminelle? Barbaren? Bekanntlich sind „Terroristen“ immer die anderen, niemals „unsere“ Kämpfer. Die Geschichte lehrt uns, dass die Terroristen von gestern die politischen Amtsträger von morgen sein können.

(Alain Gresh, „Terroristen oder Freiheitskämpfer“, April 2015)

Die israelische Luftwaffe (IAF) bombardiert in diesen Tagen Ziele im Gaza-Streifen. Das Wall Street Journal zitierte vor wenigen Tagen das palästinensische Gesundheitsministerium in Gaza:

„Die israelischen Luftangriffe verursachten in mehreren Stadtvierteln des Gazastreifens erhebliche Schäden und töteten mehr als 1.500 Palästinenser, von denen fast die Hälfte Frauen und Kinder waren.“

Besitzen Terroristen Flugzeuge? Alain Gresh verweist im oben zitierten Artikel auf die Diskrepanz der Mittel:

Larbi Ben M’hidi, brillanter Kopf der algerischen Revolution und Kommandant der autonomen Region Algier, wurde 1957 von der französischen Armee festgenommen. Auf die Frage, warum die Nationale Befreiungsfront (FLN) in Babytragetaschen versteckte Bomben in Cafés und an anderen öffentlichen Orten platzierte, antwortete er seinen Folterern: „Gebt uns eure Flugzeuge, dann geben wir euch unsere Tragetaschen.“

[…]

Die Diskrepanz der Mittel zwischen einer Guerilla und einer regulären Armee hat eine Diskrepanz bei der Zahl der Opfer zur Folge. Wenn die Hamas und ihre Verbündeten als „Terroristen“ gelten, weil sie während des Gazakriegs im Sommer 2014 fünf Zivilisten getötet haben, was ist dann die richtige Bezeichnung für den Staat Israel, der nach zurückhaltenden Schätzungen – Schätzungen der israelischen Armee – zwischen 800 und 1 000 Zivilisten auf dem Gewissen hat, darunter mehrere hundert Kinder?

Ein Brief an die New York Times

Kehren wir zurück zu Menachem Begin. Nach Auflösung der Irgun gründete Begin die Cherut-Partei[5] („Freiheitsbewegung“) und reiste Ende 1948 in die USA, um dort um Unterstützung zu werben. Dies veranlasste Albert Einstein, Hannah Arendt und weitere 24 Persönlichkeiten zu einem Brief an die Redaktion der New York Times:

Zu den beunruhigendsten politischen Phänomenen unserer Zeit gehört das Auftauchen der „Freiheitspartei“ (Tnuat Haherut) im neu geschaffenen Staat Israel, einer politischen Partei, die in ihrer Organisation, ihren Methoden, ihrer politischen Philosophie und ihrer sozialen Anziehungskraft den nazistischen und faschistischen Parteien sehr ähnlich ist. Sie ist aus den Mitgliedern und Anhängern der ehemaligen Irgun Zvai Leumi entstanden, einer terroristischen, rechtsgerichteten, chauvinistischen Organisation in Palästina. […]

Die öffentlichen Bekenntnisse von Begins Partei sind kein Hinweis auf ihren tatsächlichen Charakter. Heute spricht sie von Freiheit, Demokratie und Antiimperialismus, während sie bis vor kurzem noch offen die Doktrin des faschistischen Staates predigte. […]

Ein schockierendes Beispiel war ihr Verhalten in dem arabischen Dorf Deir Yassin. Dieses Dorf, das abseits der Hauptstraßen liegt und von jüdischem Land umgeben ist, hatte sich nicht am Krieg beteiligt und sogar arabische Banden abgewehrt, die das Dorf als Stützpunkt nutzen wollten. Am 9. April griffen Terrorbanden dieses friedliche Dorf an, das kein militärisches Ziel in den Kämpfen war, töteten die meisten seiner Bewohner (240 Männer, Frauen und Kinder) und ließen einige von ihnen am Leben, um sie als Gefangene durch die Straßen Jerusalems zu führen. […]

Der Vorfall von Deir Yassin ist ein Beispiel für den Charakter und die Handlungen der Freiheitspartei.

Innerhalb der jüdischen Gemeinschaft hat sie eine Mischung aus Ultranationalismus, religiösem Mystizismus und rassischer Überlegenheit gepredigt.

Die komplette Übersetzung des Briefes mit den Namen aller Unterzeichner habe ich beigefügt.

Die Geister, die man rief

Am 5. März 2015 hielt die palästinensische Schriftstellerin Sahar Khalifa bei einer Konferenz am Zentrum für Palästinastudien an der „School of Oriental and African Studies“ (SOAS) der Universität London einen Vortrag, in dem sie aus feministischer wie allgemein muslimischer (respektive palästinensischer) Perspektive auf die Stärkung von Islamisten durch die USA bzw. Israel hinwies:

Die Entwicklungen während der 1970er und 1980er Jahre in unserer Region gleichen denen in Afghanistan, als die USA die Islamisten unterstützten, um die kommunistische Regierung zu stürzen. Jahrelang wurden sie gehätschelt und aufgepäppelt, als Mudschaheddin und „Freiheitskämpfer“ bezeichnet, um dann – erst von den Amerikanern, dann auch von den brav folgenden Europäern – als „Terroristen“ klassifiziert zu werden.

In Palästina kopierte Israel das US-amerikanische Modell. Man ermutigte die Islamisten, gegen die nationalistischen und sozialistischen Kräfte in der PLO aufzubegehren. Während linke und liberale Wortführer und Aktivisten gejagt, drangsaliert und ermordet wurden, hatten die Islamisten freie Hand. In den Schulen wurden sie von den Israelis bevorzugt als Lehrer eingesetzt. Zu Hunderten, später zu Tausenden infiltrierten islamistisch orientierte Männer und Frauen das palästinensische Bildungssystem. Sobald sich die Islamisten ihres Rückhalts in der Bevölkerung sicher waren und als neue Macht etabliert hatten, wandten sie sich gegen Israel und den Westen.

(siehe „Ich war die fünfte Enttäuschung“, September 2015)

Und weiter:

Unmittelbar nach der Niederlage im Krieg gegen Israel 1967 verbündeten sich die von den USA unterstützten antisozialistischen und antiliberalen arabischen Diktaturen mit islamisch-fundamentalistischen Gruppen und finanzierten sie großzügig.

[…]

So absurd es war: Die USA und ihre Verbündeten wurden sich der Gefahr dieser Strategie erst bewusst, als der Zauberlehrling sich bereits gegen den Zauberer wandte und die islamisch-fundamentalistischen Organisationen eine streng islamistische Gesellschaftsordnung einzurichten drohten, die gegen den Westen opponierte.

[…]

Die Menschen im Westen neigen mittlerweile zu dem Glauben, dass alle Araber und alle Muslime so rigide, fanatisch und geistig verbohrt seien wie islamische Fundamentalisten, und vergessen oder leugnen dabei, dass diese Bewegung, die gegen unsere demokratischen, säkularen und wissenschaftlichen Überzeugungen und nicht zuletzt gegen uns Frauen zu Felde zieht, ursprünglich ein Kind des Westens und seiner reaktionären Verbündeten war.

Khalifa beklagt in ihrem Vortrag Entwicklungen, ohne näher auf einzelne Organisationen einzugehen. Der Telegramkanal Slavyangrad stellte vor wenigen Tagen eine kleine Sammlung von Zitaten israelischer Persönlichkeiten zusammen, die explizit auf die Schaffung bzw. Förderung der Hamas und Israels Rolle dabei eingehen:

Yitzhak Rabin:[6] „Die Unterstützung und Schaffung der Hamas war Israels fataler Fehler.“

Yitzhak Segev , ehemaliger Gaza-Kommandant Brigadegeneral, NYT-Interview: „Die Regierung gab mir Geld für die Unterstützung der Islamisten in Gaza, um den wachsenden Einfluss der Fatah und der Kommunisten zu verhindern.“

Das Statement von Segev wird von der deutschen Wikipedia in ihrem Eintrag über die Hamas bestätigt:

In einem Gespräch mit David Shipler, dem früheren Nahostkorrespondenten der New York Times, erzählte der damalige israelische Militärgouverneur des Gazastreifens, Brigadegeneral Yitzhak Segev, dass er die Hamas als Gegenspieler der PLO und der Kommunisten finanziell unterstützt habe: „Die israelische Regierung gab mir ein Budget, und die Militärregierung übergab sie an die Moscheen.“ Shipler ergänzte im Jahr 2002: „Diese frühe Finanzierung säte die Saat von Hamas und anderen islamischen Bewegungen, die mit Terrorismus den israelisch-palästinensischen Friedensprozess untergruben.“

Zurück zur Zitatesammlung des Telegram-Kanals:

Oberst David Hakam: „Israels Unterstützung für Extremisten wie Jassin (Gründer der Hamas) ist eine Erbsünde, aber damals dachte niemand an die Folgen.“

Rabbi Avner Cohen, der 20 Jahre lang für religiöse Angelegenheiten in Gaza zuständig war: „Die Hamas ist zu meinem großen Bedauern eine Schöpfung Israels.“

In den 1980er Jahren erstellte er einen ganzen Bericht für die israelische Regierung, der mit einer Warnung vor der Bedrohung durch eine islamistische Terrorzelle und der dringenden Empfehlung schloss, das Spiel „Teile und herrsche“ in Gaza sofort einzustellen. Eines seiner Zitate zu diesem Thema: „Hören Sie auf, dieses Monster zu unterstützen, bevor Sie die schrecklichen Folgen zu spüren bekommen.“

Die Aussagen von Rabbi Avner Cohen sind einem Artikel im Wall Street Journal vom Januar 2009 entnommen (langsamer Link zu dem archivierten Artikel).

Allianz der Extremisten

Wo können wir den aktuellen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu[7] in dieser Geschichte verorten? In der liberalen israelischen Tageszeitung Haaretz erschien im Mai 2021 ein Kommentar der Politikerin Stav Shaffir, Angehörige der Partei Awoda, die als zionistische Partei der linken Mitte der Opposition zuzurechnen ist – „Es gibt nur einen Krieg: Die Extremisten gegen die Moderaten“ (ein ebenfalls langsamer Link zum Webarchiv). Zu dieser Zeit fand der Israel-Gaza-Konflikt 2021 statt, der am 10. Mai begann und am 21. Mai mit einer Waffenruhe endete.

Mehr denn je wurde in dieser Woche deutlich, dass wir eine Allianz der Vernünftigen eingehen müssen, und zwar schnell, denn hinter unserem Rücken hat sich längst eine Allianz der Extremisten gebildet. Die Extremisten, Juden wie Araber, brauchen sich gegenseitig. Sie arbeiten zusammen, um Friedensabkommen zu verhindern und unsere Chancen auf ein normales Leben zu sabotieren. Sie hassen sich gegenseitig, aber sie brauchen einander dringend, denn ohne einen Feind werden sie sich auflösen.

Sie sieht eine gezielte Zweifrontenstrategie zur Verhinderung der Zweistaatenlösung:

Die erste ist eine innere Front: der Transfer von Geldern an Siedlergruppen, die neben der Entwicklung von Siedlungen auch zum Aufbau einer Streitmacht vor Ort verwendet wurden. […] Die Siedlerkomitees in Samaria […] und Bewegungen wie die rechtsextreme Lehava sind nicht ohne Grund so stark geworden. […]

Die zweite Front wurde von Premierminister Benjamin Netanjahu offen gefördert und erschuf eine äußere Bedrohung. Im Jahr 2019 gab er zu: „Jeder, der die Gründung eines palästinensischen Staates vereiteln will, muss Geld nach Gaza schicken. Das ist Teil unserer Strategie – die Palästinenser in Gaza von Judäa und Samaria zu trennen.“ Der rechte Generalmajor (a.D.) Gershon Hacohen erklärte, dass Netanjahu, um die Zweistaatenlösung zu verhindern, „die Hamas zu seinem engsten Partner gemacht hat.“ […]

Somit bedrohen uns zwei terroristische Bewegungen gleichzeitig, eine von innen und eine von außen.

Lösungsperspektiven oder Denk- und Sprechverbote?

Im Hinblick auf eine mögliche Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes ist die Behauptung von Terror, die Zuschreibung des Terrorismus an den Gegner/Feind äußerst relevant, denn eine echte Lösung erfordert einen Dialog, dieser wiederum setzt Dialogfähigkeit voraus, welche den „Terroristen“ pauschal abgesprochen wird.

Wie wir jedoch gesehen haben, wurden zwei Mitglieder von Organisationen, die Wikipedia als terroristisch einstuft, später Ministerpräsidenten von Israel, nämlich Menachem Begin und Jitzchak Schamir. Begin erhielt sogar 1978 zusammen mit Anwar al-Sadat den Friedensnobelpreis.

Nelson Mandela wurde gemeinsam mit anderen Vertretern des ANC von der US-amerikanischen Regierung unter Ronald Reagan als Terrorist auf eine Watch List gesetzt, auch die britische Premierministerin Margaret Thatcher hat ihn 1987 einen Terroristen genannt (vgl. Mandelas Wiki-Eintrag). Selbst die Nazis verorteten den Terror anderswo, wie Raymond Aubrac, führendes Mitglied der französischen Résistance, 2003 berichtete:

Es stimmt, dass unsere Gegner, die Nazis und ihre französischen Verbündeten, uns in allen Propagandamitteln, Plakaten, Zeitungen und Radiosendern, die sie kontrollierten, als Terroristen bezeichneten.

Im Rückblick mag man dies als absurd bewerten – wer ein Terrorist und damit nicht dialogfähig ist, liegt allerdings im Auge des Betrachters, der wiederum Konfliktpartei oder ihr Unterstützer sein kann.

Alain Gresh hat wiederholt, zuletzt auf OrientXXI, betont:

Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass viele terroristische Organisationen, die im Laufe der jüngeren Geschichte als solche an den Pranger gestellt wurden, inzwischen keine Parias mehr sind und zu legitimen Gesprächspartnern geworden sind. Die Irisch-Republikanische Armee (IRA), die Algerische Nationale Befreiungsfront, der Afrikanische Nationalkongress (ANC) und viele andere wurden abwechselnd als „Terroristen“ bezeichnet, ein Wort, das dazu dient, ihren Kampf zu entpolitisieren und ihn als eine Konfrontation zwischen Gut und Böse darzustellen.

Um eine dauerhaft tragfähige Lösung zu erreichen, wird „man“ (der Westen) mit Vertretern der Palästinenser reden müssen. Und wenn man die Hamas für „unverbesserlich“ hält, könnte man dann die angesprochene Allianz der Extremisten schwächen, indem man der Hamas (oder ihren extremistischen Elementen) den Nährboden entzieht? In einem Spiegel-Interview von 2014 beschrieb Yuval Diskin, früherer Direktor des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, den Gleichklang der „Interessen“ zwischen der Hamas und der Bevölkerung von Gaza:

Der Hamas ist es egal, ob die Bevölkerung unter den Angriffen leidet oder nicht, denn die Bevölkerung leidet ohnehin. […] Die Menschen im Gaza-Streifen haben im Moment nichts zu verlieren, genau wie die Hamas. Und genau das ist das Problem.

Die Blockade des Gazastreifens, deren Ursprünge bis in die 1990er Jahre zurückreichen und die in diesen Tagen total geworden ist (oder droht, es zu werden), verhindert jede wirtschaftliche Entwicklung und damit von Perspektiven für die Menschen in Gaza. Sie hat nicht dazu geführt, dass die Menschen sich gegen die Hamas wenden. Und welchen Nutzen hat die Rede vom Terrorismus? Dazu schrieb der französische Ökonom und Philosoph Frédéric Lordon vor wenigen Tagen:

Sollte „Terrorismus“ […] der Ausgangspunkt der öffentlichen Debatte sein? Nein, er ist nicht einmal der Endpunkt der Debatte, sondern nur eine Sackgasse. […]. „Terrorismus“ ist eine Kategorie, die aus der Politik herausführt. Sie wurde geschaffen, um seine Ausrottung als einzige Perspektive zu etablieren und jede politische Analyse zu verhindern. […]. „Terrorismus“ zu sagen, bedeutet, zu verneinen, dass das, was in Israel-Palästina geschieht, zutiefst politisch ist. […]

Man benötigt den „Terrorismus“ nicht, um das Ausmaß des Schreckens zu beschreiben; „Krieg“ und „Kriegsverbrechen“ reichen leider völlig aus […] Verbrechen, die Verbrechen nach sich ziehen – Verbrechen, die Verbrechen vorausgegangen sind. Die Verbissenheit, von „Terrorismus“ zu sprechen, befriedigt nur emotionale Bedürfnisse […]

Aber für diejenigen, die den „Terrorismus“ in der aktuellen Situation zu einem Punkt der Abschwörung gemacht haben, hat er eine unersetzliche Tugend: die Behauptung sinnloser Gewalt, ohne jede Ursache. Reine Gewalt, die aus dem Nichts kommt und streng genommen keine andere Antwort erfordert als ihre Ausrottung, vielleicht in der Form eines Kreuzzugs; der Zusammenprall der Zivilisationen; die Achse des Guten, der keine Fragen gestellt werden dürfen.

Titelbild: Civilization & Barbarism / René Georges Hermann-Paul#


[«1] Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 3314 von 1974 das Recht von Völkern bekräftigt, für Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit zu kämpfen und Unterstützung zu suchen, so sie unter kolonialen und rassistischen Regimen oder anderen Formen der Fremdherrschaft stehen. In der Resolution 37/43 von 1982 heißt es: „Die Generalversammlung … bekräftigt die Legitimität des Kampfes der Völker für Unabhängigkeit, territoriale Integrität, nationale Einheit und Befreiung von kolonialer und fremder Herrschaft und ausländischer Fremdherrschaft und Fremdbesetzung mit allen verfügbaren Mitteln, einschließlich des bewaffneten Kampfes“ und „bekräftigt das unveräußerliche Recht … des palästinensischen Volkes .. auf Selbstbestimmung, nationale Unabhängigkeit, territoriale Integrität, nationale Einheit und Souveränität“.

[«2] Aus der deutschen Wikipedia: eine „zionistische paramilitärische Untergrundorganisation“, die „terroristische Anschläge“ verübte und nach Ausrufung der Unabhängigkeit Israels 1948 durch die Regierung aufgelöst und zum größten Teil in die israelische Armee integriert wurde.

[«3] Begin war von 1977 bis 1983 Ministerpräsident. Begin war verantwortlich für den Sprengstoffanschlag auf das King David Hotel 1946 in Jerusalem, bei dem 91 Menschen ums Leben kamen.

[«4] Schamir war von 1986 bis 1992 Ministerpräsident. Er schloss sich 1940 der Stern-Bewegung an, einer radikalen (!) Splittergruppe der Irgun.

[«5] Die Partei schloss 1965 sich zunächst in einem losen Block mit der Liberalen Partei zusammen. 1973 wurde daraus mit weiteren kleinen Parteien das Wahlbündnis Likud, das sich 1988 zu einer Partei vereinigte. Likud stellt seit 1977 in mehr als 30 Jahren den israelischen Ministerpräsidenten. Die ersten beiden, Begin und Schamir, belegen den dominierenden Status der Cherut. Ariel Scharon (2001-2005) kam aus der liberalen Partei und trat Ende 2005 aus der Likud aus. Der derzeitige Ministerpräsident Netanjahu gehörte keiner der Vorgängerparteien an.

[«6] Ministerpräsident von 1974 bis 1977 und von 1992 bis zu seiner Ermordung im Jahre 1995

[«7] fünfmaliger Premier Israels, derzeit seit November 2022 im Amt


Rubriken: Militäreinsätze/Kriege Strategien der Meinungsmache Terrorismus

Schlagwörter:


Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=105683


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

23.10.2023

Außenministerin Südafrikas: Solidarität fördern

aus e-mail von Doris Pumphrey, 23. Oktober 2023, 10:37 Uhr


https://www.jungewelt.de/artikel/461604.dilemmas-of-humanity-konferenz-2023-solidarit%C3%A4t-f%C3%B6rdern.html

23.10.2023


*Solidarität fördern

Der globale Süden muss seine Anstrengungen zur Herausbildung einer

demokratischen und multipolaren Weltordnung verstärken


*/Von Naledi Pandor


Vom 14. bis 18. Oktober kamen im südafrikanischen Johannesburg

Aktivisten und Politiker aus 75 Ländern zur dritten »Dilemmas of

Humanity«-Konferenz zusammen (siehe jW vom 20.10.). Hervorgegangen aus

einer Kritik am Weltsozialforum, diskutierten Vertreterinnen und

Vertreter von sozialen Bewegungen und sozialistischen und

kommunistischen Parteien vornehmlich aus dem globalen Süden über

aktuelle politische Herausforderungen und Wege zum Sozialismus./*

Wir dokumentieren im folgenden, leicht gekürzt, die Rede, die die

südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor vom African National

Congress am 14. Oktober gehalten hat. (/jW/)*


Ich beginne mit der Feststellung, dass die Welt ein sehr unruhiger Ort

ist. Wir haben es mit einer sehr herausfordernden Welt zu tun. Das wurde

mir noch einmal bewusst, als ich 2021 auf dem Gipfeltreffen des

Exekutivrates der Afrikanischen Union saß und mir zugeflüstert wurde,

dass der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union eine

Einladung an Israel ausgesprochen hatte, Beobachter bei der

Afrikanischen Union zu werden. Stellen Sie sich mein Entsetzen vor. In

diesem Moment beschloss ich, den Arm zu heben und vorzuschlagen, dass

diese Entscheidung rückgängig gemacht werden sollte. Ich ging durch den

Raum und suchte nach Unterstützern unter den 54 Nationen und fand

lediglich drei. Ich brachte dennoch vor, dass wir als Südafrika eine

solche Entscheidung nicht mittragen werden, dass wir das nicht

akzeptieren können. Und obwohl wir die Rolle, die die Organisation für

Afrikanische Einheit bei der Erlangung unserer Freiheit gespielt hat, zu

schätzen wissen, wird uns als Südafrika diese Entscheidung dazu

veranlassen, darüber nachzudenken, ob wir weiterhin in der Afrikanischen

Union vertreten sein können.


Ich dachte, ich würde von vielen der im Saal versammelten Länder

Unterstützung erhalten, aber ich musste feststellen, dass Länder, die

Unterdrücker sind, die nach wie vor koloniale Besatzer sind, ihre

Finanzkraft einsetzen, um afrikanischen Ländern Zuschüsse zu gewähren

und sich so Zustimmung zu sichern. Zu ihnen gehören Israel und Marokko.

Sie spielen eine sehr negative Rolle in Afrika.


Genossinnen und Genossen, ich bin hier ganz offen. Es sind hier viele

Gewerkschaftsführer und Vertreter fortschrittlicher Organisationen

anwesend, und ich muss sagen, ihr versagt, wenn ihr keinen Druck auf

eure Regierungen in Afrika und allen Ländern des Südens ausübt und sie

davon überzeugt, dass sie solche Situationen nicht tolerieren können. Es

kann nicht sein, dass wir als Regierungsmitglieder diejenigen sind, die

sich dieser Probleme annehmen, ohne dass progressive Organisationen ein

Wort dazu sagen.


Der Beschluss zu Israel ist nicht umgesetzt worden und wird es auch

nicht, solange ich noch da bin.


Aber was werden Sie tun? Sie sollten mit allen fortschrittlichen

Gewerkschaften weltweit sprechen. Die Gewerkschaften in den Vereinigten

Staaten von Amerika, ob schwach oder stark, sollten Präsident Biden

deutlich machen, dass sie diese Erklärung, die zu dem Gemetzel geführt

hat, das wir heute erleben, nicht gutheißen. Die Gewerkschaftsbewegung

im Vereinigten Königreich sollte dasselbe tun.


*Worte und Taten


*Ich habe keine Ahnung, was mit unserer organisatorischen Fähigkeit

geschehen ist, denn in Südafrika war unsere Gewerkschaftsbewegung in der

Lage, sich selbst unter der schlimmsten Unterdrückung zu sammeln. Wir

waren in der Lage, internationale Solidarität zu mobilisieren, wie es

sie seit dem Kampf gegen die Apartheid nicht mehr gegeben hat.


Wo sind all diese fortschrittlichen Führer geblieben und warum? Warum

sind wir nicht in der Lage, uns zu organisieren? Warum sitzen wir nur

mit 300 Menschen in diesem Raum? Es sollten 3.000 sein. Irgendetwas

stimmt nicht, und deshalb sage ich, dass wir uns in einer unruhigen Welt

befinden. Wir müssen erkennen, dass sich die Welt verändert hat. Was

passiert ist, ist, dass fortschrittliche Werte und Prinzipien gekapert

wurden und es heutzutage schwierig ist, die Stimme der Linken zu finden.

Aber wir müssen wieder aufleben. Wir müssen uns organisieren und dabei

klug und strategisch vorgehen.


Aber es hilft nicht, gute Reden zu halten. Ich mag mich gut fühlen, weil

ich die richtige Rhetorik benutze, aber wenn meine Rhetorik am nächsten

Tag nicht zu Taten geführt hat, war meine Rede nutzlos.


Daher hoffe ich, dass die Nationale Gewerkschaft der Metallarbeiter

Südafrikas (NUMSA) gemeinsam mit allen anderen Gewerkschaften einen

Prozess einleiten wird, an dessen Ende ein Boykott beschlossen wird:

etwa dergestalt, dass die südafrikanischen Gewerkschaftsmitglieder einen

Monat lang den Transport und die Verarbeitung israelischer Waren

zurückweisen.


In der kommenden Woche werden den Vereinten Nationen eine Reihe von

Resolutionsvorschlägen vorgelegt werden. Wir müssen diesen Prozess im

Auge behalten. Wir müssen sicherstellen, dass es sich um die richtige

Art von Resolutionen handelt. Die Menschen in Palästina sind heute auf

Hilfe angewiesen. Sie brauchen medizinische Hilfsgüter, sie sind nicht

in der Lage, Wunden zu verbinden und Verletzten Hilfe zu leisten.

Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen leisten gute Arbeit, aber das ist

absolut nicht ausreichend.


Was werden wir tun? Diese Frage sollte sich jeder Südafrikaner stellen.

Es gibt 62 Millionen von uns … Alle sind aufgerufen zu spenden:

Lebensmittel, medizinische Güter, und wir sollten eine Fluggesellschaft

überreden, diese Spenden an die ägyptische Grenze zu Palästina zu

bringen, damit sie in den Gazastreifen gebracht werden können.


Lasst uns etwas tun, Kameraden. Lasst uns aufhören, nur zu reden. Denn

die Welt ist in einem furchtbaren Zustand. Aber wenn wir sie verändern

wollen, müssen wir die Spaltungen zwischen uns beiseitelassen. Es hat

keinen Sinn zu glauben, man sei der Fortschrittlichste, der Linkeste,

der Radikalste. Am fortschrittlichsten ist es, sich zusammenzuschließen

und zu handeln. Also beginnen wir damit.


Um auf meine Geschichte über die Anwesenheit Israels als Beobachter bei

der Afrikanischen Union zurückzukommen: Ich habe es mit Unterstützung

meines Präsidenten geschafft, sie vorerst zu stoppen, aber sie ist nicht

vom Tisch.


Das vorweg. Ich beginne nun mit meiner eigentlichen Rede.


Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die südlichen

Entwicklungsländer unter den zunehmenden globalen Spannungen leiden. Ich

weiß, dass es nicht richtig ist, vom Süden als einer homogenen Einheit

zu sprechen, aber aus meiner Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass es die

Region ist, die hoffentlich die Basis und das Fundament für die Art von

radikalem Wandel bildet, den wir brauchen. Ich schaue also auf die

Länder des Südens, nicht des Nordens, und ich denke, es ist wichtig,

dass wir das tun.


Was wir in der Welt beobachten, ist ein zunehmender Rückstoß gegen die

Kräfte, die kollektives Handeln, internationale Solidarität und globale

Zusammenarbeit fördern wollen. Wir sehen das Wiederaufleben von

Tendenzen zu Rechtsnationalismus, Unilateralismus und Populismus als

einen anhaltenden Trend.


*Verantwortung abgeschoben


*Was wir heute auf der Welt sehen, ist eine wachsende Ungleichheit. Und

wir wissen, dass die Wirtschaft der Welt weiterhin ungleiche und

ungerechte Ergebnisse hervorbringt. Die Industrieländer haben sich

selektiv aus der Einhaltung des internationalen Rechts herausgehalten,

während sie weiterhin darauf bestehen, dass die Entwicklungsländer die

Regeln umsetzen müssen, selbst auf Kosten der Versorgung ihrer eigenen

Bevölkerung.


Erst letztes Jahr stand Ghana vor einem unglaublichen finanziellen

Zusammenbruch. Die Regierung wandte sich an den IWF, und in diesem Jahr

berichtete der IWF plötzlich, dass Ghana ein erstaunliches Wachstum

erleben werde, nachdem das Land Kredite vom IWF erhalten hat. Aber

niemand prüft: Haben die Kinder in Ghana Klassenzimmer? Haben sie Lehrer

in diesen Klassenzimmern? Können sie in ein Krankenhaus gehen und sich

behandeln lassen? Bekommen die Menschen in Ghana eine Wohnung?


Es ist wichtig, dass wir uns nicht nur ansehen, welche Unterstützung

gewährt wird, sondern auch auf die Gegenleistungen schauen, die die

Regierungen erbringen müssen, um Zugang zu diesen Mitteln zu erhalten.


Die Industrieländer sind ihren Verpflichtungen gegenüber den

Entwicklungsländern nicht nachgekommen und schieben die Verantwortung

konsequent auf uns im globalen Süden ab. »Ihr müsst etwas gegen den

Klimawandel unternehmen. Ihr müsst aufhören, Kohle zu nutzen. Ihr müsst

die Emissionen reduzieren. Ihr müsst dies, ihr müsst das.«


Ich sage nicht, dass wir weiterhin auf Kohle setzen sollten. Ich sage

nicht, dass wir die Emissionen nicht reduzieren sollten, verstehen Sie

mich nicht falsch. Aber ich sage, dass diese Art von Forderungen, die an

die Entwicklungsländer gestellt werden und die ohne angemessene

Antworten auf die Frage nach den Ressourcen daherkommen, Forderungen

sind, die unverantwortlich sind.


Das hat dazu geführt, dass es immer schwieriger geworden ist, die Ziele

der nachhaltigen Entwicklung zu erreichen. In diesem Jahr hat der

Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, darauf

hingewiesen, dass die Welt weit davon entfernt ist, sich positiv zu

entwickeln, sondern es sogar rückwärtsgeht.


Wir haben jetzt mehr Armut, mehr Ungerechtigkeit, mehr Arbeitslosigkeit

als vor 20 Jahren. Die grundlegenden Krisen unserer Zeit erfordern

unserer Ansicht nach also internationale Antworten. Wir nehmen zur

Kenntnis, dass die Welt immer stärker zersplittert ist. Dies bietet

denjenigen, die sich für wirtschaftliche Gerechtigkeit einsetzen, die

Möglichkeit, auf die Schaffung einer wirklich fortschrittlichen

Alternative hinzuarbeiten. Fortschrittliche Kräfte in der ganzen Welt

müssen auf Multipolarität und einen gestärkten, gerechteren und

inklusiveren Multilateralismus drängen, indem sie mehr Einfluss auf

globale Debatten ausüben.


Wir sollten nicht still sein. Wir sollten unsere Ansichten lautstark

vertreten. Wir müssen unsere Volkswirtschaften für das Gemeinwohl

einsetzen. Und wir müssen alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um

unseren Planeten zu schützen. Wir glauben, dass wir eine andere Art von

multilateraler Architektur brauchen, die den heutigen Herausforderungen

der Welt besser gerecht wird.


*Reform der UNO


*Wir sind der Meinung, dass die Vereinten Nationen trotz ihrer

Unzulänglichkeiten der wichtigste Ort für politische, sicherheits- und

entwicklungspolitische Entscheidungen bleiben müssen, da sie trotz ihrer

Fehler das repräsentativste globale Gremium sind. Wir sind der Meinung,

dass eine vollständige Überarbeitung des UN-Systems erforderlich ist.

Der UN-Sicherheitsrat muss demokratisiert werden und das derzeitige

Gleichgewicht der Kräfte im globalen System widerspiegeln. Es ist nicht

hinnehmbar, dass fast acht Jahrzehnte nach seiner Gründung immer noch

fünf Nationen eine unverhältnismäßig große Entscheidungsgewalt im

Sicherheitsrat ausüben. Denn diese fünf gehören zu den problematischsten

Ländern der Welt und sind die Ursache für viele der Probleme, die ich

heute angesprochen habe.


Die Überarbeitung des UN-Systems sollte auch die Durchsetzung von

Entscheidungen umfassen, die von einem hoffentlich demokratisierten

UN-Sicherheitsrat getroffen werden.


Wir sind auch der Meinung, dass wir nicht länger hinnehmen sollten, dass

zahllose UN-Resolutionen zwar von der großen Mehrheit in der

UN-Generalversammlung verabschiedet, aber einfach ignoriert werden. Wir

haben, wie Genossin Leila Khaled sagte, von den UN-Mitgliedstaaten

wiederholt gefordert, dass Israel sich aus den besetzten Gebieten in den

Grenzen von 1967 zurückziehen soll. Diese Beschlüsse wurden ignoriert.

Stattdessen wurden wir Zeugen der zunehmenden Ausdehnung illegaler

Siedlungen auf palästinensischem Land, der zunehmenden Unterdrückung des

palästinensischen Volkes, grober Verletzungen seiner Menschenrechte und

der Umwandlung des Gazastreifens in ein Freiluftgefängnis und der

regelmäßigen Verweigerung von Strom, Wasser und Brennstoff.


Aber die derzeitige Verweigerung ist nicht neu. Sie findet immer wieder

statt. Seit 16 Jahren. Der Gazastreifen wird belagert, und die

Bevölkerung kämpft darum, mit der von Israel verhängten Land-, Luft- und

Seeblockade umzugehen, wobei den Palästinensern die Aus- und Einreise in

den Gazastreifen verweigert wird.


Ich war entsetzt, als einer unserer früheren Führer, ich weiß nicht, ob

ich ihn noch Genosse nennen soll, Mosiuoa Lekota, sagte, dass Israel

kein Apartheidstaat sei. Nun, den Palästinensern wird die freie Aus- und

Einreise in ihr eigenes Land verweigert. Sie haben keine Freizügigkeit.

Wir hatten unter der Apartheid auch keine Freizügigkeit. Die

Palästinenser benutzen getrennte Eingänge, wenn sie über die Grenze

gehen, wir mussten während der Apartheid getrennte Eingänge benutzen.

Palästinensische Kinder haben keinen freien Zugang zur Bildung, das war

bei uns nicht anders. Ich weiß also nicht, was Israel noch tun sollte,

damit Mosiuoa Lekota anerkennt, dass es ein Apartheidstaat ist.


Wir können heute eine verstärkte israelische Aggression unter der

rechtsextremsten israelischen Regierung beobachten, die es je gab. Und

wir haben die Untätigkeit des Sicherheitsrates gesehen, des Gremiums,

dessen Aufgabe es ist, den internationalen Frieden und die Sicherheit zu

wahren.


Obwohl die eigentliche Ursache dieses Konflikts die illegale Besatzung

ist, haben wir von den westlichen Mächten eine Tirade von Kritik an den

Palästinensern gehört, unnachgiebig unterstützen sie die

Besatzungsmacht. Obwohl man mich auf allerlei Weise beschimpft hat, weil

ich mich geweigert habe, Russland als Besatzungsmacht der Ukraine zu

bezeichnen. Diese Art von Doppelmoral ist das Ergebnis eines globalen

Systems, das zugunsten der Mächtigen und zum Nachteil derjenigen, die

für ihre Rechte und ihre Selbstbestimmung kämpfen, verzerrt ist.


Ich wiederhole, dass es unbedingt notwendig ist, dass soziale Bewegungen

ihre Stimme in Solidarität mit dem palästinensischen Volk erheben,

insbesondere angesichts der auffallend einseitigen

Medienberichterstattung über die aktuelle Gewalt.


Innerhalb der Vereinten Nationen haben sich die Mitgliedstaaten fast

einstimmig für die Beendigung der illegalen Wirtschaftsblockade gegen

Kuba ausgesprochen, die nun schon 61 Jahre andauert. Dennoch wird dem

kubanischen Volk weiterhin der Zugang zu lebensrettenden Medikamenten,

lebensnotwendigen Gütern und das Recht auf Handel wie bei jeder anderen

souveränen Nation verwehrt.


Dies sind Ungerechtigkeiten, die einmal mehr vom globalen Süden und

fortschrittlichen Kräften auf der ganzen Welt aufgegriffen werden

müssen, um eine breite Unterstützung der Bevölkerung für das kubanische

Volk wie auch für das Volk von Palästina und alle unterdrückten Völker

auf der ganzen Welt zu erreichen.


In Südafrika wollten wir als südafrikanisches Ministerium für

internationale Beziehungen und Zusammenarbeit dem kubanischen Volk

Unterstützung gewähren, nachdem die kubanische Regierung einen Appell an

uns gerichtet hatte. Als unsere Oppositionsparteien von unserer Absicht

erfuhren, brachten sie uns mittels einer Organisation, die sich

Afriforum nennt (eine von der die Interessen der Buren vertretenden,

konservativen Partei »Freiheitsfront Plus« dominierte Organisation,

/jW/), vor Gericht, und das Gericht entschied, dass wir kein Geld für

die Menschen in Kuba bereitstellen dürfen. Natürlich werde ich gegen

diese Entscheidung Berufung einlegen.


Aber hier ist der Punkt, der mich beunruhigt: Die fortschrittlichen

Kräfte Südafrikas haben sich nie zur Unterstützung meines Kampfes vor

Gericht geäußert, und Afriforum dezimiert alle fortschrittlichen

Errungenschaften, die wir in Südafrika erreicht haben, einschließlich

der positiven Diskriminierung, und wir lassen dies zu.


*Westliche Dominanz brechen


*Wir fordern auch, dass wir die derzeitige globale Finanz- und

Handelsarchitektur überarbeiten sollten. Und ein Großteil der Welt

schließt sich dieser Forderung an. Wir sind der Meinung, dass wir die

Bretton-Woods-Institutionen, einschließlich des IWF, der Weltbank und

der Welthandelsorganisation, grundlegend umgestalten müssen. Die

multilateralen Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen müssen umgestaltet

werden, um auf die Herausforderungen zu reagieren, mit denen wir

konfrontiert sind, und um die Länder bei der Erreichung der nachhaltigen

Entwicklungsziele zu unterstützen. Sie müssen uns helfen, wirksam auf

Notfälle im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu reagieren und den

Klimawandel einzudämmen.


Der IWF muss umgewidmet werden und sollte in Zeiten der Verschuldungsnot

antizyklische Kredite vergeben, eine Umschuldung und einen

Schuldenerlass ermöglichen und allen Ländern, die dies benötigen,

Liquidität zur Verfügung stellen.


Südafrika hat das Glück, Teil der BRICS-Partnerschaft zu sein, und als

BRICS-Länder haben wir auf die Entwicklung eines gerechteren,

ausgewogeneren und repräsentativeren globalen Governance-Systems

hingearbeitet. Dazu gehört auch die Umstrukturierung der globalen

Finanzarchitektur. Wir haben eine Institution wie die Neue

Entwicklungsbank aufgebaut, die wir als BRICS besitzen, und sie hat uns

als Schwellenländern eine größere Kontrolle über die Kreditvergabe und

eine größere Autonomie über den Fortschritt und den Verlauf unserer

Entwicklung gegeben.


*Chance des globalen Südens


*Wie wir auf dem jüngsten BRICS-Gipfel, den wir ausgerichtet haben,

erörtert haben, ist das Konzept der Länder, die sich dafür entscheiden,

den Handel in ihren eigenen Währungen abzuwickeln, für uns eine

willkommene Entwicklung, und wir untersuchen nun, wie wir diese Praxis

vervielfachen und für uns alle verfügbar machen können. Die

Schwellenländer sind der Schlüssel zur Reform der Global Governance. Die

Tatsache, dass die Schwellenländer in den letzten vier Jahren den

G20-Vorsitz innehatten, ist eine Chance, die wir als Länder des Südens

nicht verpassen sollten.


Indonesien hatte im vergangenen Jahr den Vorsitz inne und brachte

Entwicklungsfragen zurück in die G20. Indien hatte dieses Jahr den

Vorsitz inne und hat diesen Schwerpunkt beibehalten, Brasilien übernimmt

nächstes Jahr den G20-Vorsitz, und wir müssen dafür sorgen, dass es die

Position hält. 2025 wird Südafrika den Vorsitz der G20 übernehmen.


Da die führenden Länder des globalen Südens in der Lage sind, die

Weltagenda zu bestimmen, ist dies eine Chance für uns alle, auf einen

echten Wandel hinzuwirken. Wir sollten sie nicht vergeuden.


Die Forderungen, die vor mehr als 50 Jahren vom globalen Süden erhoben

wurden, als er sich als Non-Aligned Movement (NAM, Bewegung der

Blockfreien, /jW/) zusammenfand, nämlich die Regeln des internationalen

Handels zu überarbeiten, das internationale Finanzsystem zu reformieren

und die Souveränität jedes Staates über seine natürlichen Ressourcen

anzuerkennen, gewinnen heute wieder an Bedeutung.


Der globale Süden fordert den Erlass der historischen Schulden. Unsere

progressive Agenda muss einen Inhalt haben. Südafrika hat auf der

Ausgabe neuer IWF-Sonderziehungsrechte bestanden, auf der Ausweitung der

konzessionären Entwicklung, der Finanzierung und des

Technologietransfers. All dies basiert auf dem Konzept des Rechts auf

Entwicklung, das viele von uns vergessen haben.


Ironischerweise sind alle diese Grundsätze Teil einer Erklärung, die die

UNO 1974 verabschiedet hat, die aber von den multilateralen Gremien

weitgehend ignoriert wurde, die stattdessen den Entwicklungsländern eine

neoliberale Politik aufzwangen, um sicherzustellen, dass sie eine

extreme Handelsliberalisierung auf Kosten ihrer Bevölkerung durchführen.


Heute haben die Entwicklungsländer, zu denen auch die Afrikagruppe,

Indien und Kuba gehören, einen Vorschlag zur Reform der WTO vorgelegt,

der den Titel »Stärkung der WTO zur Förderung von Entwicklung und

Inklusivität« trägt.


Der Vorschlag beruft sich auf Daten der Weltbank, die zeigen, dass sich

die Kluft im Pro-Kopf-BIP zwischen den Industrieländern und den

Entwicklungsländern seit der Gründung der WTO vergrößert hat, und

fordert die Beibehaltung der besonderen und differenzierten Behandlung

in künftigen Abkommen. Der Vorschlag fordert die Achtung des Rechts der

Länder auf unterschiedliche Wirtschaftsmodelle und unterstützt

Diversifizierung und Entwicklung.


Wir brauchen auch multilaterale Sicherheitsvereinbarungen. Wir müssen

Militärbündnisse ablehnen, die die Welt in Blöcke aufteilen, aber keine

Antworten auf die Herausforderungen bieten, vor denen wir stehen. Wir

sehen uns jetzt mit der Militarisierung der Ozeane konfrontiert, es gibt

die indopazifische Allianz, Quad genannt, und so weiter. All dies zielt

darauf ab, die unipolare Kontrolle über die Ozeane zu übernehmen und uns

das Recht auf Frieden und Entwicklung zu verweigern, das die Ozeane der

Welt bieten.


Was wir heute mehr denn je brauchen, und deshalb ist diese Konferenz

meiner Meinung nach von entscheidender Bedeutung, ist internationale

Solidarität. Das ist dringend notwendig, um auf die Krisen, mit denen

wir konfrontiert sind, zu reagieren.


Das Prinzip der internationalen Solidarität war eine der wichtigsten

Säulen unseres Kampfes in Südafrika. So wurden die Zivilgesellschaft,

die politischen Parteien, die Wissenschaft und andere Bereiche in der

ganzen Welt mobilisiert, um das Apartheidregime zu isolieren.


*Aktiver Internationalismus


*Die internationale Solidarität hat einen so großen Beitrag zu unserem

Sieg gegen die Apartheid geleistet, dass einige soweit gegangen sind,

sie über andere sehr wichtige Säulen zu stellen, wie den Untergrund, den

bewaffneten Kampf und den Massenkampf, den wir nie vergessen dürfen.

Diese vier Säulen des Kampfes ergänzten und verstärkten sich

gegenseitig, um das Apartheidregime zu Fall zu bringen.


Deshalb müssen wir die internationale Solidarität als eine Säule

wiederbeleben. Wir müssen den Untergrund als Pfeiler wiederbeleben. Wir

müssen den bewaffneten Kampf als Pfeiler wiederbeleben. Und wir müssen

den Massenkampf als Pfeiler sicherstellen.


Der internationale Kampf gegen die Apartheid verkörperte den Kampf der

Menschheit gegen Diskriminierung und soziale Ausgrenzung. Unser

Südafrika nach der Apartheid hat versucht, diese Tradition des aktiven

Internationalismus auf dem Kontinent und in der Welt fortzusetzen.


Wir haben versucht, unseren Teil zur Erneuerung Afrikas beizutragen, die

Süd-Süd-Zusammenarbeit zu fördern, die Länder des Nordens für die

Interessen Afrikas einzubeziehen und uns für die Umgestaltung des

globalen Regierungssystems einzusetzen. Wir wissen, dass wir davon

profitiert haben, und wir versuchen, unseren Nutzen im Interesse anderer

zu nutzen. Wir glauben, dass der Internationalismus heute entscheidend

für die Herausbildung neuer Formen der Organisation politischer Kräfte

für eine sinnvolle Transformation sein wird.


Ich glaube, dass wir als Südafrika weiterhin zum Aufbau einer globalen

fortschrittlichen Bewegung für ein besseres Afrika und eine bessere Welt

beitragen müssen.


Die Menschen müssen aus ihrer Selbstgefälligkeit und Ablenkung

herausgeschüttelt werden. Progressive Kräfte der Linken müssen

eingreifen, Hoffnung und Vision geben und konkrete Wege für politisches

Handeln aufzeigen.


Überall im globalen Süden hat die progressive Gemeinschaft begonnen,

sich zu sammeln. Wir freuen uns auf die Ausbreitung mutiger, vereinter

und lebendiger sozialer Bewegungen. Wie der große Revolutionsführer

Kubas, Präsident Fidel Castro, sagte: »Wir müssen uns heute vereinen, um

das Morgen aufzubauen, nach dem wir uns sehnen, um die Ausgeschlossenen

zu verteidigen und den Glauben an die Menschheit zu retten.«


Ich hoffe, dass uns das gelingt, und danke Ihnen, dass Sie mir zugehört

haben.


23.10.2023

Greta Thunberg: Klimaschützer in Deutschland grenzen sich jetzt von ihr ab!

neopresse.com, 23. Oktober 2023,

Die Unterstützung für Greta Thunberg, Gründerin und Spiritus Rector der „Fridays for future“-Bewegung, bröckelt. Medienberichten nach grenzen sich nun Klimaschützer in Deutschland von der Schwedin ab. Die hatte kürzlich ihre Solidarität mit Palästina in aller Öffentlichkeit erklärt. In den sozialen Medien ging sogar ein Bild umher, auf dem sie sich mit einer Stoff-Krake ablichten ließ. Die Krake gilt gemeinhin als Symbol für Anti-Semitismus.


Thunberg: Kein Mitgefühl geäußert

Thunberg wird offenbar vorgeworfen, mit ihren Solidaritätsadressen Anti-Semitismus zu verbreiten oder sich damit zu solidarisieren. Die Schwedin hatte, so ein oft geäußerter Vorwurf, „vorher“ – gemeint ist der erste Angriff der Hamas auf Israel – kein Mitgefühl mit den Opfern geäußert, jedenfalls nicht in der breiten Öffentlichkeit.


Nun teilte die deutsche „Fridays for future“ mit, dass sie sich solidarisch mit den Opfern der Hamas erklären würden, dass sie den Terror veruteilten und darauf hoffen, dass die israelischen Geiseln zurückkehren würden. „Wir sind uneingeschränkt solidarisch mit Jüdinnen und Juden, die weltweit und auch hier antisemitische Gewalt erleben“, erklärte die Gruppierung. Ergänzend merkte sie an, dass sie auch das Leid der zivilen Bevölkerung im Gazastreifen sehen würde und dass sie „in Sorge über anti-muslimischen Rassimus“ sei.


Luisa Neubauer selbst hat sich dazu erklärt, dass alle sich gegen Antisemitismus auflehnen sollten. Die deutsche Sektion von „Friday for future“ erklärte zudem, dass „das Existenzrecht Israels“ nicht „verhandelbar“ sei. „Humanitäres Völkerrecht gilt für alle. Menschenrechte gelten für alle.“ Dies ist eine durchaus andere Erklärung als die, die Greta Thunberg in aller Öffentlichkeit abgegeben hatte. Allerdings hat Thunberg den Stoff-Kraken inzwischen vom Foto entfernen lassen oder entfernt.


Info: https://www.neopresse.com/politik/greta-thunberg-klimaschuetzer-in-deutschland-grenzen-sich-jetzt-von-ihr-ab/?source=ENL

23.10.2023

Bei der Jungen Union: Von der Leyen wirft Hamas und Putin in einen Topf

lostineu.eu, vom 22. Oktober 2023

Nach US-Präsident Biden hat auch EU-Chefin von der Leyen eine direkte Linie von der Terrorgruppe Hamas zu Kremlchef Putin gezogen. Bei der Jungen Union warb sie für sich und ihren umstrittenen Kurs.


Der ukrainische Präsident Präsident Selenskyj habe „Recht, wenn er sagt, dass Russland und die Hamas sich gleichen. Beide nehmen unschuldige Menschen ins Visier. Sie töten Zivilisten oder verschleppen sie als Geiseln.“ 

Hinter der Hamas stehe der Iran, so von der Leyen. Der Iran habe kein Interesse daran, dass die Region zur Ruhe kommt. Russland wiederum kooperiere mit dem Iran, der auch Drohnen für den Krieg gegen die Ukraine liefere.

Das klingt fast, als habe sie es bei Biden abgeschrieben. Auch der US-Präsident hatte Parallelen zwischen Hamas und Putin gezogen. Biden begründet damit einen weltweiten Feldzug gegen die Feinde der USA, bis hin in den Indopazifik.

Allerdings sind noch nicht einmal von der Leyens eigene Beamte von diesen gewagten Vergleichen überzeugt, wie ein Protestbrief aus den Brüsseler EU-Institutionen zeigt. Sie fordern eine ausgewogenere Politik.

Ein bißchen geht VDL darauf sogar ein: „Es ist kein Widerspruch, solidarisch an der Seite Israels zu stehen und humanitäre Hilfe in Gaza zu leisten„, sagte sie beim Deutschlandtag der Jungen Union in Braunschweig.

War das eigentlich ein Wahlkampf-Auftritt? In den meisten EU-Ländern hätte von der Leyen derzeit keine Chance auf eine zweite Amtszeit, denn ihre Außenpolitik ist einfach… viel zu deutsch!

Oder amerikanisch?

3 Comments

  1. Thomas Damrau
    23. Oktober 2023 @ 08:28

    Auch sonst scheint der JU-Parteitag eine Art Pfingstereignis gewesen zu sein und geniale Lösungsansätze inspiriert zu haben. So fordert der intellektuelle Überflieger Friedrich Merz, dass alle Einbürgerungs-KandidatInnen erst einmal ein Bekenntnis zum Existenzrecht Israel unterschreiben müssen. Und wenn sich dann später herausstellt, dass das Bekenntnis gelogen war, dann wird ihnen … (ja was dann?) der Führerschein entzogen (Höchststrafe in Deutschland).
    Man munkelt außerdem, dass Markus Söder morgen mit der Forderung vor die Presse treten wird, dass Einbürgerungs-KandidatInnen erst einmal eine Weißwurst fachgerecht zuzeln und verspeisen müssen. (Da vegane Weißwürste nicht erlaubt sein sollen, könnten mit dieser Hürde viele muslimische BewerberInnen weggefiltert werden.)

    Im Augenblick gebiert ein Gebräu aus einem Mangel an (seriösen) Ideen zum Thema Migration, dem Hamas-Terror, anti-muslimischen Ressentiments und einem Bedürfnis nach Pathos und klarer Kante allerlei schräge Gedanken.

Reply

  • european
    23. Oktober 2023 @ 07:38

    Der afrikanische Sender 2nacheki hat eine bemerkenswerte Zusammenstellung online gestellt. Wie sich doch die Bilder gleichen. Die Textbausteine für die Präsidenten sind offensichtlich auch die gleichen geblieben
    https://youtu.be/bJBhIIYHnbI?feature=shared
    Sollte nachdenklich stimmen. Warum nur glaubt uns niemand mehr?

    Reply

  • KK
    22. Oktober 2023 @ 16:44

    Von der Leyen ist eine US-amerikanische Bauchrednerpuppe, nichts anderes.


  • Info: https://lostineu.eu/bei-der-jungen-union-von-der-leyen-wirft-hamas-und-putin-in-einen-topf


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    EU-Beamte meutern gegen von der Leyen


    lostineu.eu, vom 21. Oktober 2023

    Nicht nur Diplomaten und EU-Beobachter zweifeln am Kurs der Kommissionschefin. Auch mehr als 800 Mitarbeiter der Kommission und anderer Dienste protestieren gegen ihre Nahost-Politik.

    In einem Protestbrief verurteilen die Beamten und andere EU-Mitarbeiter zunächst die Terror-Attacke der Hamas.

    Sie distanzieren sich aber auch von dem „Blankoscheck“, den von der Leyen der Regierung in Israel ausgestellt hat. Damit würden „Grundwerte“ der EU verletzt.

    Die EU habe zudem „doppelte Standards“ in Israel und in der Ukraine an den Tag gelegt, heißt es in dem Schreiben, über das die „Irish Times“zuerst berichtete:

    “We are saddened by the patent show of double-standards which considers the blockade (water and fuel) operated by Russia on the Ukrainian people as an act of terror whilst the identical act by Israel against the Gazan people is completely ignored“

    “We cannot remain silent observers when the Institution you represent as President not only has been unable to halt the Palestinian tragedy unfolding for decades in full impunity, but by its recent unfortunate actions or positions seem to give a free hand to the acceleration and the legitimacy of a war crime in the Gaza Strip“

    The Irish Times


    "Wir sind betrübt über die offensichtliche Doppelmoral, die die von Russland gegen das ukrainische Volk verhängte Blockade (Wasser und Treibstoff) als Terrorakt betrachtet, während der gleiche Akt Israels gegen das Volk des Gazastreifens völlig ignoriert wird.

    "Wir können nicht stille Beobachter bleiben, wenn die Institution, die Sie als Präsident vertreten, nicht nur nicht in der Lage war, die palästinensische Tragödie zu stoppen, die sich seit Jahrzehnten ungestraft entfaltet, sondern durch ihre jüngsten unglücklichen Handlungen oder Positionen der Beschleunigung und Legitimierung eines Kriegsverbrechens im Gazastreifen freie Hand zu geben scheint.

    The Irish Times


    Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

    Die EU-Kommission hat den Empfang des Briefs bestätigt, verweist jedoch auf ihre (neuen) Appelle zu humanitärer Hilfe für die Palästinenser. Zu den Doppelstandards sagt sie nichts…

    Siehe auch „Die neue EU-Krise: Zwei Kriege, doppelte Standards und keine Strategie“

    P.S. Im US- State Department gibt es ähnliche Proteste. Sie richten sich nicht nur gegen Außenminister Blinken, sondern sogar gegen Präsident Biden, berichtet die „Huffpost“. Ein für Waffenlieferungen zuständiger Mitarbeiter hat sogar seinen Rücktritt eingereicht, er begründet dies hier („LinkedIn“)

    11 Comments

    1. Kleopatra
      22. Oktober 2023 @ 09:04

      „Officials“ sind nicht „Offizielle“, sondern Beamte, und insofern kann man sich fragen, mit welchem Recht sie Äußerungen der Kommissionspräsidentin in offenen Briefen kritisieren. Ein Beamter hat kein Recht, die EU-Politik u bestimmen, jedenfalls nicht mehr Recht als jeder andere Bürger auch.

    Reply

    • ebo
      22. Oktober 2023 @ 10:21

      Ruchtig, hab’s geändert. Allerdings sind nicht alle Kommissions-Mitarbeiter Beamte…

      Reply

    • KK
      22. Oktober 2023 @ 19:55

      „Ein Beamter hat kein Recht, die EU-Politik u bestimmen, jedenfalls nicht mehr Recht als jeder andere Bürger auch.“

      Aber Beamte haben – wie jeder Bürger auch – das Recht, eine solche Politik zu kritisieren; und wenn diese Politik Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen das Völkerrecht billigt und damit unterstützt, dann haben Beamte sogar die Pflicht, diese Politik nicht nur zu kritisieren, sondern sich ihr aktiv zu widersetzen. Soviel hat uns die Nazizeit dann doch gelehrt.

      Reply

  • Kleopatra
    22. Oktober 2023 @ 08:28

    Der Vergleich mit der Ukraine ist vollkommen absurd. Aus dem Gazastreifen sind von den dortigen Machthabern protegierte Schwerverbrecherbanden nach Israel eingedrungen, um zu morden, zu vergewaltigen und um Menschen zu entführen. Keinerlei auch nur im geringsten vergleichbaren Verbrechen wurden in Russland von ukrainischem Territorium aus begangen. Wenn ein Vergleich zulässig ist, dann allenfalls zwischen den palästinensischen Terroristen und der russischen Invasionsarmee, auch wenn die im Vergleich zu Hamas fast human wirkt.

    Reply

    • KK
      22. Oktober 2023 @ 21:56

      Fragen Sie mal die russischstämmige Bevölkerung im Donbass, wie die das dort seit 2014 Geschehene einordnen.

      Reply

  • Arthur Dent
    22. Oktober 2023 @ 00:19

    Mal als Vergleich:
    Die RAF waren lauter Freiheitskämpfer und Märtyrer, wenn sie für die gute Sache – die Überwindung des Kapitalismus – gestorben sind. Dafür musste schon mal der eine oder andere Politiker beseitigt werden und Unschuldige sterben. Geht die Diskussion jetzt etwa in diese Richtung, betreiben die 800 Mitarbeiter der EU eine Art Schuldkult, weil die EU nicht genügend humanitäre Hilfe geleistet hat? Da sind die Gewaltausbrüche der Hamas gerechtfertigt? Man sympathisiert mit den Geiselnehmern? Oder verstehe ich hier etwas falsch?

    Reply

    • ebo
      22. Oktober 2023 @ 10:20

      Die Unterzeichner haben sich klar von Hamas distanziert. Steht auch drin…

      Reply

  • Alexander Hort
    21. Oktober 2023 @ 14:26

    Ich finde, dass das ein wirklich bemerkenswerter Vorgang ist. Ich bin mal gespannt, wie man in den großen Medien mit dieser kognitiven Dissonanz umgehen wird. Aber vermutlich wird man das irgendwie gekonnt umschiffen. Da würde mich wirklich mal interessieren, wie man innerhalb so mancher Redaktion über solche Themen debattiert.

    Reply

    • ebo
      21. Oktober 2023 @ 14:31

      In Al Jazeera wird das groß gefahren, in der deutschen Presse habe ich noch NICHTS gesehen. Kein Wunder, denn VDL liegt zu 100 Prozent auf der deutschen Linie. Dummerweise teilt die – außer vielleicht Tschechien – niemand in der EU…

      Reply

  • KK
    21. Oktober 2023 @ 14:09

    Nicht nur die Meuterei wegen Doppelmoral ist überfällig, auch staatsanwaltliche Ermittlungen wegen von der Leyens selbstherrlichen geheim abgewickelten Deals und Auskunftsverweigerung – auch und gerade gegenüber den Kontrollgremien – hierzu.

    Reply

  • Helmut Höft
    21. Oktober 2023 @ 12:32

    EU-Offizielle meutern gegen von der Leyen Das wird auch Zeit. Wollen mal sehen, ob dieser Knilch*in endgültog von der Bühne geschubst wird. Und wer kommt dann? Sry, keine Namen, es kann nicht besser(!) werden, das Niveau ist nach unten offen.


  • Info:https://lostineu.eu/eu-offizielle-meutern-gegen-von-der-leyen


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    23.10.2023

    Nachrichten von Pressenza: Nawalnys Verteidiger sind jetzt Häftlinge

    aus e-mail von  <newsletter@presse    nza.com>, 23. Oktober 2023, 7.15 Uhr


    Nachrichten von Pressenza - 23.10.2023


    Nawalnys Verteidiger sind jetzt Häftlinge


    Drei Anwälte Alexej Nawalnys wurden nun in Moskau verhaftet. Sie wurden in einem speziellen Untersuchungsgefängnis inhaftiert. Ihnen wird die Teilnahme an einer „extremistischen Organisation“ vorgeworfen. Die Maßnahme soll vor allem die Kommunikation Nawalnys mit der Außenwelt endgültig verhindern. Von Helmut&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/nawalnys-verteidiger-sind-jetzt-haeftlinge/


     -----------------------


    7 Schritte zur Beendigung des Teufelskreises in Israel und Palästina


    Der Weg zum Frieden erfordert gewaltfreie Aktionen nicht nur von Israelis und Palästinensern, sondern auch von Amerikanern, den Medien, Hilfsorganisationen und anderen. Von Mubarak Awad Ich habe mein Leben damit verbracht, mich dafür einzusetzen, dass Palästinenser und Israelis ihre Konflikte&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/7-schritte-zur-beendigung-des-teufelskreises-in-israel-und-palaestina/


     -----------------------


    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.



    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    23.10.2023

    „Alarmbereitschaft“ wegen der Slowakei  Die Bundesrepublik erhöht den Druck auf die Slowakei. Die Ursache: Die künftige Regierung des wirtschaftlich von Deutschland abhängigen Landes strebt eine nicht wirtschaftsliberale, zugleich russlandfreundliche Politik an.

    german-foreign-policy.com, 23. Oktober 2023

    BERLIN/BRATISLAVA (Eigener Bericht) – Die Bundesrepublik erhöht nach der Parlamentswahl in der Slowakei den Druck auf deren künftige Regierung. Diese setzt sich für eine nicht mehr wirtschaftsliberale und zudem eher russlandfreundliche Politik ein; ihr künftiger Premierminister Robert Fico erklärt, sein Außenminister werde „nicht mehr für ausländische Interessen sprechen“ – insbesondere mit Blick auf die Russlandpolitik. Die Waffenlieferungen an die Ukraine, bei denen Bratislava gemessen am Bruttoinlandsprodukt eine vordere Position innehatte, wurden bereits gestoppt. Fico fordert, auch EU- und NATO-Verbündete müssten die „volle Souveränität“ der Slowakei respektieren. Ein einflussreicher Autor des Berliner Tagesspiegels beschimpft den künftigen slowakischen Regierungschef, er sei „im Grunde ... ‘nationalsozialistisch‘“; die sozialdemokratische EU-Partei SPE, in der die deutsche SPD eine starke Rolle spielt, hat Ficos Partei Smer-SSD und seinen Koalitionspartner Hlas-SD bereits suspendiert. Im deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurde Fico kurz nach seinem Wahlsieg als „eine Art trojanisches Pferd Putins“ bezeichnet.


    Zitat: „Putins trojanisches Pferd“

    Bereits vor der Einigung auf eine neue Regierungskoalition in der Slowakei hieß es im deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der Wahlsieg der Smer-SSD versetze „die EU in Alarmstimmung“. Dem einstigen und wahrscheinlich nächsten Ministerpräsidenten der Slowakei Robert Fico werde nachgesagt, „eine Art trojanisches Pferd Putins“ zu sein. Dietmar Köster, der außenpolitische Sprecher der SPD im EU-Parlament, erklärte außerdem gegenüber der Tagesschau: „Der Wahlerfolg Ficos ist nicht gut für die EU“. Der CDU-Politiker Michael Gahler, außenpolitischer Sprecher der CDU-dominierten Europäischen Volkspartei (EVP), ergänzte: „Wenn Robert Fico das wahr macht, was er im Wahlkampf gesagt hat, [...] ist das schon Anlass für uns besorgt zu sein“.[1]


    „Die volle Souveränität“

    Im Wahlkampf zur slowakischen Parlamentswahl vom 30. September hatte sich Ex-Premier Fico (im Amt von 2006 bis 2010 und von 2012 bis 2018) gegen weitere Waffenlieferungen seines Landes an die Ukraine ausgesprochen, für Verhandlungen mit Russland plädiert und sowohl gegen die Banken als auch gegen die Lebensmittelkonzerne in der Slowakei polemisiert. Zuvor war in den drei Jahren liberaler Regierungen seit 2020 der Lebensstandard in dem Land konstant gesunken.[2] In der Koalitionsvereinbarung einigten sich die bald regierenden Parteien Smer-SSD, HLAS-SD und SNS (Slowakische Nationalpartei) auf ein Ende der Sozialkürzungen. Darüber hinaus erklärte Fico, der zukünftige Außenminister des Landes werde „nicht mehr für ausländische Interessen sprechen“; andere Länder – auch Mitglieder von EU und NATO – hätten die „volle Souveränität“ der Slowakei zu respektieren.[3] Rudolf Huliak, der als möglicher Umweltminister gehandelt wird, kündigte außerdem an, er werde als erste Amtshandlung nach Russland reisen und sich für die slowakischen Waffenlieferungen an die Ukraine im Ukrainekrieg entschuldigen.[4]


    Militärhilfen für die Ukraine

    Seit dem Beginn des Ukrainekriegs im Februar vergangenen Jahres spielte die Slowakei bei den Militärhilfen für das benachbarte osteuropäische Land eine überproportional wichtige Rolle. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt war sie der sechstgrößte Lieferant von Militärgütern an die Ukraine und übertraf damit sogar EU-Großmächte wie Frankreich, Italien und Spanien.[5] Die slowakischen Lieferungen von Rüstungsgütern in das Nachbarland wurden jedoch bereits gestoppt. Die aktuell noch amtierende Technokratenregierung unter Ľudovít Ódor, einem früheren Vizegouverneur der Nationalbank des kleinen Landes, hatte ein weiteres Paket von Waffenlieferungen in die Ukraine vorbereitet. Die liberalkonservative Präsidentin Zuzana Čaputová, die die Regierung Ódor ernannt hatte, stoppte die Waffenlieferungen jedoch am 4. Oktober. Sie rechtfertigte das damit, das Wahlergebnis sei zu respektieren.[6] Die Bundesregierung hat damit einen wichtigen Verbündeten bei der militärischen Unterstützung der Ukraine bereits verloren.


    Belastete Beziehungen

    Die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) schrieb bereits in einem Nachwahlbericht nach dem Urnengang in der Slowakei, die deutsch-slowakischen Beziehungen seien angespannt. „Ficos Aussagen“ – er hatte die Bundeswehr mit Blick auf die in der Slowakei stationierten Truppen mit der Wehrmacht verglichen – würden das „deutsch-slowakische Verhältnis“ in Zukunft „belasten“. Für ein peripheres EU-Land wie die Slowakei gebe es aber wenig Alternativen; die HSS wies auf Mittel hin, Druck auf Bratislava auszuüben: „Die Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit liegt im beiderseitigen Interesse.“[7]


    „Kommunistisch“ und „nationalsozialistisch“

    Im Berliner Tagesspiegel verstieg sich der sogenannte Diplomatische Korrespondent der Chefredaktion zu der Aussage, Fico sei ein „ex-kommunistischer Regierungschef“. Der junge Fico war 1986 der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KSČ) beigetreten; damals arbeitete er als Militärermittler in der tschechoslowakischen Armee. Regierungschef wurde er erstmals im Jahr 2006, als die Slowakei bereits der EU und der NATO beigetreten war; er führte damals bereits die sozialdemokratische Smer-Partei an. Laut dem einflussreichen Tagesspiegel-Autor sei Fico jedoch nicht nur Ex-Kommunist, sondern auch Nationalsozialist: „Die Linken vereinnahmen das Nationale [...]. Im Grunde müsste man [sie] ‘nationalsozialistisch‘ nennen [...].“[8] Derlei substanzlose Schmähungen sind im liberalkonservativen deutschen Mainstream üblich, sobald sich Staats- und Regierungschefs in Mittelosteuropa, dem klassischen Hinterland deutscher Großmachtpolitik, außenpolitisch von der Bundesrepublik abwenden.


    Suspendierung durch die SPE

    Die sozialdemokratische EU-Partei SPE (Sozialdemokratische Partei Europas), in der die SPD eine starke Rolle spielt, hat nach der Verkündung der Koalitionsvereinbarung in Bratislava die Mitgliedschaft der beiden slowakischen Parteien Smer-SSD und Hlas-SD suspendiert.[9] Die Europaparlaments-Fraktion S&D („Sozialisten & Demokraten“) kündigte außerdem an, die Smer- und Hlas-Abgeordneten in ihrer Fraktion sollten ebenso suspendiert werden.[10] Als Grund hieß es in beiden Fällen, die zwei slowakischen Parteien koalierten mit der nationalkonservativen Slowakischen Nationalpartei (SNS). Ex-Familienministerin Katarina Barley, SPD-Abgeordnete und Vizepräsidentin des EU-Parlaments, hatte sich nach Medienberichten im Falle von Smer und Hlas „für einen harten Kurs ausgesprochen“.[11] Als die Smer – die Hlas hatte sich damals noch nicht von ihr abgespalten – von 2016 bis 2020 mit zwei neoliberalen Parteien in einer weitgehend neoliberalen Regierung mit der SNS regierte, wurde die Smer-Mitgliedschaft in SPE und S&D nicht suspendiert.


    Automobilwirtschaft

    Der Versuch, Druck auf die Slowakei auszuüben, wird allerdings dadurch etwas erschwert, dass das mittelosteuropäische Land für Deutschland eine besondere Bedeutung hat: Es stellt pro Kopf der Bevölkerung weltweit die meisten Autos her. Im vergangenen Jahr gingen bei den verschiedenen Autowerken in der Slowakei insgesamt eine Million Pkw vom Band – bei gerade einmal etwas mehr als fünf Millionen Einwohnern.[12] In den Werken von Volkswagen Slovakia beispielsweise werden Autos der Marken Volkswagen, Audi, Porsche und Škoda produziert. Laut Firmenangaben werden „mehr als 99 % der Produktion“ exportiert; einer der wichtigsten Exportmärkte ist Deutschland.[13]

     

    [1] Matthias Reiche: Warum Fico die EU in Alarmstimmung versetzt. tagesschau.de 02.10.2023.

    [2] Jakub Bokes: Die Wahlen in der Slowakei drehten sich um mehr als Russland. jacobin.de 16.10.2023.

    [3] Populist Slovak ex-prime minister signs coalition deal with 2 other parties to form a new government. apnews.com 16.10.2023.

    [4] Matúš Beňo: News digest: Fico's government is in the making, here are the basics. spectator.sme.sk 16.10.2023.

    [5] Pavel Bartůšek: Riskante Veränderung der politischen Orientierung bei vergangenen und kommenden Wahlen. voxeurop.eu 16.10.2023.

    [6] Vladimír Šnídl: Na obrane zvažovali ďalší vojenský balík pre Ukrajinu, podľa prezidentky treba rešpektovať výsledky volieb. dennikn.sk 04.10.2023.

    [7] Markus Ehm: Schwierige Regierungsbildung in der Slowakei. hss.de 02.10.2023.

    [8] Christoph von Marschall: Deutsche Einheit, Slowakei und USA: Gefährliche Drift in den Populismus. tagesspiegel.de 02.10.2023.

    [9] Thomas Gutschker: Europäische Sozialdemokraten suspendieren Wahlsieger Fico. faz.net 13.10.2023.

    [10] Die S&D-Fraktion plant die Suspendierung ihrer slowakischen Europaabgeordneten. socialistsanddemocrats.eu 12.10.2023.

    [11] Eric Bonse: Rauswurf für Ficos Genossen, blogs.taz.de 14.10.2023.

    [12] Jana Liptáková: Slovak car industry keeps momentum. spectator.sme.sk 18.01.2023.

    [13] Profil der Volkswagen Slovakia. sk.volkswagen.sk (ohne Datum).


    Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9382


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    22.10.2023

    1. Cyberkrieg: Die IT-Sicherheit im Nahost-Konflikt

    spektrum.de, 19.10.2023, Interview, von Manon Bischoff, Silke Hahn und Katharina Menne

    Im Interview erklärt Cybersicherheitsforscher Mirko Ross, welche Attacken bereits stattgefunden haben und womit noch zu rechnen ist.


    © mirsad sarajlic / Getty Images / iStock (Ausschnitt)

    Seit dem Ausbruch des Kriegs in Nahost kämpft Israel nicht nur gegen Hamas-Kämpfer und Verbündete, sondern auch gegen Cyberangriffe


    Der Angriff der Hamas auf Israels Zivilbevölkerung und Infrastruktur traf den Staat und das Militär unvorbereitet. Doch es werden nicht nur Geiseln genommen und Bomben geworfen. Längst tobt hinter den Kulissen ein Cyberkrieg. So wurden bereits israelische Websites blockiert und sensible Daten von israelischen Staatsangehörigen veröffentlicht.


    Das ist umso erstaunlicher, da Israel auf dem Gebiet der Cybersicherheit global führend ist: Das Land hat eine aktive Start-up-Szene, der IT-Sektor ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige und israelische Tech-Unternehmen stehen an der Weltspitze. Bislang konnte sich der Staat auf das tiefe Know-how in dem Bereich für die innere und äußere Sicherheit verlassen.

    Wir haben den Stuttgarter Cybersicherheitsforscher Mirko Ross schriftlich zu den aktuellen Geschehnissen befragt und um eine Einordnung mit Blick auf die Rolle der IT-Security und Cybersicherheit gebeten.


    «Spektrum.de«: Israel ist eins der führenden Länder im Bereich Cybersecurity. Wie groß sind die Erfolgsaussichten für die Hamas und Verbündete, in israelische Systeme einzudringen und echten Schaden anzurichten?

    Jedes mit dem Internet verbundene Gerät kann gehackt werden. Die Fähigkeiten der israelischen Cybersicherheitsindustrie sind sowohl bei Angriff wie auch Verteidigung unbestritten, jedoch haben auch andere Parteien ein sehr großes Arsenal an kompetenten Ressourcen – beispielsweise der Iran. Zudem darf man nicht unterschätzen, dass es etwa fünfmal so viele Hackergruppen gibt, die Palästina offen unterstützen, als es bei Israel der Fall ist.


    © asvin GmbH (Ausschnitt)

    Mirko Ross | Der Cybersicherheitsexperte ist CEO und Gründer des Stuttgarter Cybersicherheitsunternehmen asvin GmbH.


    Welche Cyberattacken haben denn bereits stattgefunden?

    In den vergangenen Tagen kam es zu so genannten Denial-of-Service (DDoS)-Angriffen auf Webseiten verschiedener Einrichtungen und Unternehmen, unter anderem des israelischen Militärs. Dabei werden extrem viele Anfragen der betreffenden Webseiten getätigt, so dass diese nicht mehr erreichbar sind. Zudem wurden Server von kritischen zivilen Infrastrukturen gehackt: beispielsweise das Informationssystem für den Schifffahrtsverkehr vor der israelisch-palästinensischen Küste.

    Auch Daten wurden gestohlen. Unter anderem veröffentlichten Hacker Namen, E-Mail-Adressen und Passwörter von israelischen Portal-Nutzern einer LBQT-Community. Darüber hinaus wurden industrielle Steuerungssysteme und Kameras in kritischen Infrastrukturen gehackt, etwa Anlagen der Wasserversorgung.


    Es gab Gerüchte, dass russische Hacker an den bisherigen Angriffen beteiligt waren. Weiß man da Konkreteres?

    Die Angriffe konkreten Gruppen zuzuordnen, ist sehr schwierig, da es auch Operationen von Geheimdiensten unter falscher Flagge geben kann. Aber Ransomware-Gruppen wie »Killnet«, die Russland erwiesenermaßen nahestehen, haben bereits Solidaritätsbekundungen für Palästina veröffentlicht. Andere Gruppierungen wie »GhostSec« hatten sich bislang im Ukraine-Konflikt mit Aktionen gegen Russland hervorgetan oder mit Angriffen auf iranische Infrastrukturen. GhostSec hat nun gezielt industrielle Steuerungen in Israel ins Visier genommen und sich zu einem Angriff auf einen israelischen Wasserversorger bekannt.


    Auch die teils automatisierte Überwachung der Grenzzaunanlage zum Gazastreifen soll teilweise durch einen Cyberangriff überwunden worden sein.

    Dazu liegen noch keine umfassend gesicherten Informationen vor. Ein solches Schutzsystem besteht mit großer Wahrscheinlichkeit aus mehreren Schichten zur Informationsübertragung – es basiert nicht nur auf Internet-Diensten. Trotzdem kann der Ausfall von Kameras und Servern dazu führen, dass blinde Flecken entstehen, die dann paramilitärische oder militärische Kräfte ausnutzen können. Auch andere Faktoren wie die vielen Raketenangriffen durch die Hamas und die damit einhergehende Ablenkung können eine Rolle gespielt haben.

    Die Hamas oder ihr nahestehende Gruppen haben auf Social-Media Aufnahmen von angeblich geplanten Angriffsszenarien auf israelische Infrastruktur geteilt. Dabei ging es unter anderem darum, Wasserpumpen und Wasserversorgungssysteme außer Kraft zu setzen. Wie authentisch sind solche Informationen?

    In erster Linie erzeugen sie Verunsicherung. Ein Wasserkraftwerk ist eine komplexe Anlage, die aufwändig gesichert ist. Zum Beispiel sind Ventile und Dosiereinrichtungen so dimensioniert, dass nur eine bestimmte – unkritische Menge – eines Zusatzstoffs eingebracht werden kann. An dieser physikalisch verbauten Sicherheit kann auch ein Cyberangriff nichts ändern.

    »Wer öffentliche Meinungen beeinflussen kann, beeinflusst damit auch Konflikte«Mirko Ross, Experte für Cybersicherheit

    Wie wahrscheinlich ist es, dass größere Cyberangriffe gegen Israel gelingen?

    Kriege werden in erster Linie immer noch durch Bomben und nicht durch Cyberangriffe entschieden. Die digitale Kriegsführung wird aber eine wesentliche Rolle im Informationsraum spielen, der in modernen Konflikten ebenfalls ein wichtiges Schlachtfeld darstellt: Wer öffentliche Meinungen beeinflussen kann, beeinflusst damit am Ende auch Konflikte. Sei es durch Verunsicherung der Bevölkerung, aber auch durch Terror, Sabotage oder Desinformation.


    Wie intensiv werden bewusst im Netz gestreute Falschinformationen und KI-unterstützte Fake-Videos verfolgt und gelöscht?

    Der Einsatz von Videos und Fake-Videos ist Bestandteil der Cyberkriegsführung im Informationsraum: Hamas-Kämpfer haben ihren Terrorüberfall mit Bodycams dokumentiert und Videos davon ins Netz gestellt. Gefälschte Aufnahmen zeigten hingegen Szenen aus Videospielen oder von anderen Konflikten etwa Phosphorbomben-Angriffe aus der Ukraine. Die EU-Kommission hat daher alle großen Social-Media-Plattformen per Ultimatum zur Bekämpfung dieser Falschinformationen angemahnt: X, Facebook, YouTube und Tik Tok.


    Israel hat nun 300 000 Reservisten einberufen, von denen viele in der Techbranche tätig sind. Welche Auswirkungen hat das auf den Bereich und die Cybersicherheit Israels?

    Die IT-Firmen versuchen gerade, den Betrieb aufrechtzuerhalten, obwohl viele Mitarbeitende durch den Militärdienst fehlen. Das betrifft alle Sparten des israelischen Tech-Sektors. Aber Fachkräfte, die für kritische Bereiche verantwortlich sind, werden sicherlich nicht abgezogen. Israel wird insbesondere die Kernfunktionen der Cybersicherheit mit Fachkräften besetzt lassen.

    Israels Tech-Sektor steckte bereits vor dem Krieg in der Krise, verursacht etwa durch die Pleite der Silicon Valley Bank und einer umstrittenen Justizreform, die Investoren zuletzt verschreckt hatte. Drohen durch die Instabilität nun erneut Finanzierungen wegzubrechen?

    Die Finanzierung von Start-ups ist derzeit weltweit schwierig. Die Lage in einem offenen Krisengebiet ist dabei ein deutlich erschwerender Faktor. Aber viele der jungen Firmen haben eine enge Verbindung in US-amerikanische Tech-Zentren, beispielsweise ins Silicon Valley. Diese könnten mögliche sichere Häfen für israelische Start-ups bilden.


    Könnte das tiefe Know-how gerade im Bereich Cybersicherheit vielleicht auch neue Investoren und Partner anziehen?

    In Kriegszeiten sind Innovationen meist auf militärische Bereiche fokussiert. Das ist ein Feld, in dem auch Start-ups und Investoren tätig sein und höchstwahrscheinlich auch »Erfolge« erzielen werden. Leider haben diese Innovationen einen Schwerpunkt auf Destruktion, was auch im Hightech-Sektor bleibende Spuren hinterlassen wird.

    Krieg in Nahost : Die Drahtzieher und DiplomatenDen Nahostkonflikt trugen Israelis und Palästinenser noch nie allein aus. Ein komplexes Interessensgeflecht treibt ihn an und bietet zugleich die beste Chance auf Lösung.



    detektor.fm : Wie klimaschädlich ist Krieg?Die Zerstörung von Natur und Klima durch Kriege ist enorm und hat katastrophale Auswirkungen für die Menschen. Ein Podcast.


    Autonome Waffen : Das fünfte Gebot im KI-KriegIn den Kriegen der Zukunft dürften Maschinen entscheiden, welche Menschen sie töten. Ein Kommentar von Yvonne Hofstetter, Wolfgang Koch, Friedrich Graf von Westphalen.



    Krieg und Frieden

    Krieg ist die furchtbare Konstante in der Menschheitsgeschichte. Könnte man ihn beenden, verhindern, dauerhaft Frieden schaffen? Auch die Wissenschaft sucht seit langem Antworten.



    Info: https://www.spektrum.de/news/cyberkrieg-die-it-sicherheit-im-nahost-konflikt/2191587?utm_source=pocket-newtab-de-de

    22.10.2023

    Leserbrief zum HAZ – Artikel „Gipfeltreffen zur Lage in Gaza“ v. 21.10.23
    Für ein Ende der Gewalt in Israel und Palästina!

    aus e-mail von Alfred Müller - Hildesheim, 22. Oktober 2023, 17:21 Uhr


    Menschen in Israel wurden jüngst von der Hamas brutal angegriffen. Ihnen gilt meine

    Solidarität und mein Mitgefühl. Nichts rechtfertigt diese Gewalt. Die grausamen Bilder aus
    Israel und Palästina gebieten es, alles Erdenkliche zu tun, um zur Deeskalation der Lage
    beizutragen und eine Ausweitung der Gewalt im Nahen Osten zu verhindern! Die Massaker
    der Hamas können nicht als Rechtfertigung für weitere Kriegsverbrechen dienen, welche
    gerade von der israelischen Regierung in Gaza verübt werden. Alle Mitgliedstaaten der
    Vereinten Nationen, so auch die israelische Regierung, sind an völkerrechtliche Abkommen

    gebunden.


    Die palästinensische Zivilbevölkerung darf nicht kollektiv bestraft werden. Ihnen und der
    israelischen Bevölkerung gilt meine Solidarität und mein Mitgefühl. Dem momentan verstärkt
    auftretenden Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus müssen wir uns entschieden

    entgegenstellen!


    Gewalt kann nicht mit Gewalt bekämpft werden. Terrormaßnahmen und ein Vergeltungs-
    kriege lösen keine Probleme und Konflikte.. Zivilist*innen in Israel und Palästina, darunter

    viele Kinder und Frauen, zahlen den höchsten Preis.


    Ich fordere die Bevölkerung und die parlamentarischen Gremien daher auf, sich

    einzusetzen für:


    • einen sofortigen Waffenstillstand, einschließlich des Stopps der Luft- und Bodenangriffe auf   Gaza,
    • die Freilassung aller Geiseln,
    • den Schutz von Zivilist*innen,
    • die Einrichtung von Korridoren für die sichere Lieferung von dringend benötigten und lebenswichtigen Hilfsgütern nach Gaza,
    • die Einhaltung und Wahrung des Völkerrechts, insbesondere der Genfer Konventionen,
    • die Anerkennung der Zweistaatenlösung.


    Ich bitte die Politiker und die Bevölkerung alles in Ihrer Macht stehende zu tun, damit das

    Leiden und Sterben aller Betroffenen ein Ende findet!


    Alfred Müller
    22.10.2023

    Thierry Meyssan: Die israelische Militärzensur verschweigt Ihnen die Wahrheit

    seniora.org, 22. Oktober 2023, von Thierry Meyssan, Voltaire Netzwerk | Paris (Frankreich) | 17. Oktober 2023 - übernommen von voltairenet.org

    Der Angriff auf Israel wurde nicht von Hamas-Dschihadisten verübt, sondern von vier vereinten bewaffneten Gruppen.

    Benjamin Netanjahu kommt, um sicherzustellen, dass seine Soldaten bereit sind, ihm zu gehorchen, was auch immer seine Befehle sind.

    Das war die wichtigste Information von der Al-Aqsa-Sintflut Operation, aber sie war uns dennoch entgangen. Der Angriff auf Israel wurde nicht von Hamas-Dschihadisten verübt, sondern von vier vereinten bewaffneten Gruppen. Es ist das erste Mal seit fünfzig Jahren, dass sich die Palästinenser in Gaza zusammenschließen.
    Ob es uns gefällt oder nicht, die langen Jahre der Gleichgültigkeit des Westens gegenüber der Notlage der Palästinenser gehen zu Ende. Von nun an muss man anfangen, das Völkerrecht anzuwenden.

    • Dieser Artikel ist eine Fortsetzung von:
      • « Paradigmenwechsel in Palästina», https://www.voltairenet.org/article219782.html vom 10. Oktober 2023. und hier bei seniora.org

      Im Gegensatz zu dem, was ich letzte Woche auf der Grundlage von Meldungen westlicher und arabischer, durch israelische Militärzensur filtrierte Nachrichtenagenturen geschrieben habe, wurde der israelische Angriff am 7. Oktober 2023 (Operation Al-Aqsa-Sintflut) nicht allein von der Hamas verübt. Der Beginn der Aktion wurde von einem gemeinsamen operativen Kommando des gesamten palästinensischen Widerstands beschlossen. Die Hamas, die bei weitem größte Komponente, stellte den Großteil der Truppen, aber drei andere Gruppen beteiligten sich:

      • der Islamische Dschihad (Sunniten und Khomeinisten),
      • die Volksfront zur Befreiung Palästinas (marxistisch)
      • und die Volksfront für die Befreiung Palästinas   – Generalkommando (PFLP-GC).


      Die westliche Presse berichtete über die barbarischen Verbrechen, die von einigen der Angreifer begangen wurden, aber nicht über den Rückhalt mancher anderer. Nach der Überprüfung stellen sich die Vergewaltigungs- und Enthauptungsanklagen von Kleinkindern [1] als Kriegspropaganda heraus. Dieser einäugige und lügnerische Journalismus sollte uns nicht mehr überraschen.


    Diese Klarstellung ändert die Interpretation des Ereignisses. Es handelt sich nicht mehr um eine dschihadistische Operation der Muslimbruderschaft, sondern um einen Angriff aller Palästinenser von Gaza. Nur die Fatah im Westjordanland, die sich von den oben genannten Gruppen fernhält, nahm nicht daran teil.

    Ziel dieser Operation war nicht "Juden zu töten", selbst wenn manche Hamas-Dschihadisten es taten (die Israelis zählen im Ganzen 2700 Tote), sondern zivile und militärische Gefangene zu nehmen, um sie gegen arabische Gefangene der israelischen Hochsicherheitsgefängnisse auszutauschen [2]. Dabei handelt es sich nicht unbedingt um Kombattanten, aber auch um Zivilisten. Die Gefangenen wurden abgeführt, ohne ihre Kleidung wechseln zu können, um daran zu erinnern, wie die israelische Armee ägyptische Gefangene am Ende des Sechstagekriegs behandelt hatte.

    Man erinnere sich daran, dass der israelisch-palästinensische Konflikt nicht zwischen zwei Staaten stattfindet (Israel hat immer noch keine Grenzen und Palästina wird immer noch nicht anerkannt), sondern zwischen zwei Bevölkerungen. Das ist eine besondere Situation: Die Palästinenser sind nicht durch einen Staat vertreten und die Israelis haben als Besatzungsmacht zusätzliche Verantwortungen.

    Diese Ereignisse erfolgen, obwohl der Golfkooperationsrat, die Gruppe der 77, die Liga der arabischen Staaten, die Organisation für Islamische Zusammenarbeit und China am 15. Mai 2023 die Suspendierung Israels von den Vereinten Nationen forderten, solange Tel Aviv seine eigenen Verpflichtungen nicht erfüllen wird [3].


    1. Hat die Operation « Al-Aqsa-Sintflut » Israel überrascht?

    Im Gegensatz zu dem, was die Koalitionsregierung von Benjamin Netanjahu behauptete, hat die "Al-Aqsa-Sintflut" Israel nicht überrascht. Dieser Angriff war seit den Zusammenstößen im Mai 2021 geplant.

    Laut CNN hat die Hamas ihre Kämpfer eineinhalb Jahre lang für diese Operation ausgebildet [4]. Sie baute sechs Trainingslager in Gaza und drehte dort Promotion-Videos. Videos dieser Trainingseinheiten wurden Wochen vor dem Anschlag veröffentlicht [5].

    Im März 2023 entsandte die Hamas eine starke Delegation nach Russland. Bei dieser Gelegenheit warnte sie den russischen Außenminister Sergej Lawrow, dass ihre Geduld zu Ende gehe und dass ihre Wut „stetig wachse“.

    Im Jahr 2023 organisierte der Iran Gespräche zwischen den verschiedenen unabhängigen Kräften der Region, der Hisbollah, dem Islamischen Dschihad und der Hamas. Sie fanden in Beirut (Libanon) unter dem Vorsitz von General Ismail Qaani, dem Kommandeur der Quds-Brigaden der iranischen Revolutionsgarden, statt. Sie zielten darauf ab, diese Akteure zu versöhnen, die einen grausamen Krieg in Gaza und dann in Syrien führten. Diese Treffen wurden im Mai 2003 öffentlich gemacht. Bei dieser Gelegenheit berichtete die libanesische Presse über die Vorbereitungen für die Einheitsaktion, die am 7. Oktober durchgeführt wurde. Der Iran ist daher für die Versöhnung der palästinensischen Fraktionen verantwortlich.

    Am 30. Oktober rief der ägyptische Geheimdienstminister Kamel Abbas den israelischen Premierminister an, um ihn vor einer großen Operation der Hamas gegen Israel zu warnen [6]. Ägypten, das die Muslimbruderschaft bekämpft, war besorgt, dass Israel ihr erlauben würde, sich weiter zu entwickeln.

    Am 5. Oktober warnte die CIA den Mossad vor einer Großoperation des Vereinigten Palästinensischen Widerstands. Die USA waren besorgt über ihr Ausmaß. Nach Angaben der New York Times aber erwähnten die CIA-Berichte (28. September und 5. Oktober), die immer noch als geheim eingestuft sind, nicht den Einsatz neuer Kampftechniken durch den palästinensischen Widerstand. Der israelische Geheimdienst hielt daraufhin ein Treffen ab, um die Bedrohung zu bewerten. Der Shin Bet (Spionageabwehr) und Amman (militärischer Geheimdienst) nahmen daran teil.

    Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und sein Büro haben daher ihre Bürger belogen, indem sie behaupteten, von der Hamas überrascht worden zu sein.


    2. Warum hat Israel zugelassen, dass die eigenen Leute getötet werden?

    Mehrere Hypothesen sind möglich. Hier sind vier davon:

    Siedler, die illegal im Westjordanland leben, sind in Israels Koalitionsregierung allgegenwärtig. Sie waren taub und blind für das, was sich in Gaza anbahnte.

    Benjamin Netanjahu, der die Ideologie seines Vaters Benzion Netanjahu und dessen Mentors, des Ukrainers Vladimir Jabotinsky, wiederbelebte, beabsichtigte, die palästinensische Präsenz sowohl im Gazastreifen als auch im Westjordanland zu beenden. Er war es, der das geografische Palästina als "ein Land ohne Volk, für ein Volk ohne Land" beschrieb.

    Benjamin Netanjahu, der ein altes Projekt wiederbelebte, wollte einen Vorwand schaffen, um einen Krieg gegen den Iran zu rechtfertigen und Israels Einfluss im Nahen Osten auszuweiten.

    Die US-Anhänger des deutschen Faschisten Leo Strauss, die das fortsetzen, was sie bereits in der Ukraine tun, wollten einen Vorwand schaffen, um einen umfassenderen Krieg gegen Russland zu rechtfertigen.

    Diese vier Hypothesen schließen sich weder gegenseitig aus, noch sind sie erschöpfend.


    3. Die 9/11-Parallele

    Die israelische Führung zog Parallelen zwischen der offiziellen Version des Hamas-Angriffs und der offiziellen Version der Anschläge vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten. Für sie geht es darum, die Barbarei des Gegners, die Überraschung des Lagers der Guten zu unterstreichen und die Kriege, die folgen werden, zu rechtfertigen.

    Diese Parallele wird durch die Tatsache genährt, dass die Hamas behauptet, der palästinensische Arm der Muslimbruderschaft zu sein, während Osama bin Laden vom Blutsbruder des Denkers der Bruderschaft, Mohammad Qutb, ausgebildet wurde.

    Diese Parallele ist nicht haltbar: Es ist unmöglich, dass die Anschläge vom 11. September 2001 von al-Kaida verübt wurden. Die US-Behörden waren nie in der Lage, auf meine Einwände gegen ihre Version [7] zu antworten. Darüber hinaus sind seit diesen Ereignissen neue Beweise aufgetaucht, die der Regierung von Präsident George W. Bush widersprechen. Heute glauben 54 Prozent der US-Amerikaner nicht an die Version der Untersuchungskommission des Präsidenten.

    Während jedoch unklar bleibt, wer genau die Anschläge vom 11. September 2001 organisiert hat, wurde eine Gruppe identifiziert, die daran teilnahm: das Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert. Eines ihrer wichtigsten Mitglieder, Elliott Abrams, ist nun der Organisator des Regimewechsels, den Benjamin Netanjahu in Israel herbeigeführt hat und den seine Opposition als "Staatsstreich" bezeichnet hat [8]. Angesichts der schweren kriminellen Vergangenheit dieses Mannes, (er ist nämlich in den Völkermord an den Mayas durch den israelischen Terroristen Yitzhak Shamir und den guatemaltekischen General Efraín Ríos Montt verwickelt [9], er wurde in den Vereinigten Staaten für seine Lügen verurteilt [10] und für seine Rolle in der Iran-Contra-Affäre), kann man seine mögliche Rolle bei Israels Passivität bei der Vorbereitung des Hamas-Angriffs mit Grund in Frage stellen.

    Letzten Juli berief Präsident Joe Biden diesen umstrittenen Republikaner in die überparteiliche U.S. Advisory Commission on Public Diplomacy, die die US-Propaganda auf der ganzen Welt überwacht.


    4. Wer hat die Hamas bewaffnet?

    Eine derart ausgeklügelte Operation erfordert Ressourcen und Informationen, über die nur ein Staat verfügen kann. Die Waffen, die benutzt wurden, stammten aus den USA, der Sowjetunion und Nordkorea. Sie zirkulieren im Libanon und in Palästina.


    Es wurden drei Hypothesen formuliert:

    • Die Hypothese einer iranischen Verantwortung muss aufgrund der Vereinbarung zwischen Hassan el-Banna, dem Gründer der Muslimbruderschaft, und Ruhollah Khomeini, dem Gründer der Islamischen Republik Iran, zurückgewiesen werden. Zudem hat der Iran bereits jede Verantwortung bei den Vereinten Nationen vehement zurückgewiesen. Dies ist dennoch die von Elliott Abrams verteidigte Theorie [11]. Der Iran ist nicht für die "Al-Aqsa-Sintflut" verantwortlich, sondern für die Versöhnung der palästinensischen Fraktionen.
    • Die Hypothese einer russischen Verantwortung stützt sich auf keinerlei Beweise. Allenfalls lässt sich feststellen, dass der Konflikt in Palästina westliche Ressourcen absorbieren und damit ihren Druck gegen Russland verringern wird. In ähnlicher Weise können wir mit einem Anstieg der Kohlenwasserstoffpreise rechnen, was für Moskau günstig ist. Russland verfügt jedoch nicht über die Mittel, um eine neue Front zu bilden, während es in der Ukraine kämpft. Darüber hinaus kämpfte Moskau gegen die Milizen der Muslimbruderschaft seit der Gründung der Russischen Föderation. Dies ist dennoch die Theorie, die der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am 11. Oktober vor den 31 NATO-Verteidigungsministern in Brüssel vertreten hat [12]. Der israelische Verteidigungsminister Yoav Galant intervenierte per Video währen diesem Treffen, in dem gleichen Sinn [13].
    • Die Hypothese einer türkischen Verantwortung bleibt dagegen bestehen. Abgesehen von Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der den letzten Hamas-Kongress in Istanbul ausgerichtet hat, residieren die höchsten Führer der Hamas jetzt in der Türkei, während die der Muslimbruderschaft als internationales Gremium zwischen Großbritannien, Katar und der Türkei aufgeteilt sind.
      Da US-Außenminister Antony Blinken jedoch wusste, dass die CIA die Vorbereitungen für die Hamas-Operation verfolgte, telefonierte er in der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober mit seinem türkischen Amtskollegen und ehemaligen Geheimdienstchef Hakan Fidan [14], d.h. in dem Moment, in dem die Hamas ihren Angriff startete und noch bevor die israelische Armee aufwachte. Anschließend hat Antony Blinken mit seinen Amtskollegen in Israel und Palästina, dann noch einmal [15] und wieder [16] in der Türkei telefoniert.
      Auf dem Gipfel der NATO-Verteidigungsminister gab Außenminister Lloyd Austin schließlich bekannt, dass die Vereinigten Staaten die Türkei gebeten hätten, für die Freilassung der US-Geiseln zu intervenieren. Er gab jedoch nicht bekannt, ob diese Entscheidung vor oder nach der Entsendung der Marinegruppe USS Gerald Ford getroffen wurde.

    5. Was sagt das Völkerrecht zum israelisch-palästinensischen Konflikt?

    Gemäß den Beschlüssen der Vereinten Nationen haben die Palästinenser das Recht auf einen souveränen Staat in den Grenzen von 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Diese Formel impliziert, dass:
    • Der Staat Palästina hat das Recht, über seine eigene Armee zu verfügen (wogegen sich Israel dauernd aufstellt);
    • Alle nach 1967 eingerichteten jüdischen Siedlungen und Ost-Jerusalem müssen an den Staat Palästina zurückgegeben werden.
    • Jeder Palästinenser wird das Recht haben, nach Israel zurückzukehren und sich in seinem Land niederzulassen (Rückkehrrecht). Israel wird diejenigen entschädigen müssen, deren Eigentum recycelt oder zerstört wurde.

    Nach Angaben der Vereinten Nationen haben die Israelis Anspruch auf einen souveränen Staat in den Grenzen von 1967 mit West-Jerusalem als Hauptstadt. Diese Formel impliziert Folgendes:
    • Israel hat das Recht, eine eigene Armee zu haben (die es bereits hat)
    • Alle nach 1967 eingerichteten jüdischen Siedlungen und Siedlungen in Ost-Jerusalem müssen an den Staat Palästina zurückgegeben werden. Es ist nicht unmöglich, dass Israelis weiterhin dort leben werden, aber dann als Ausländer.
    • Israel wird jedem Palästinenser oder seinen Nachkommen, der 1948 ausgewiesen wurde und darum bittet, ein Aufenthaltsrecht gewähren müssen. Israel wird ihm sein Eigentum zurückgeben oder ihn entschädigen müssen (Rückgaberecht).

    Ursprünglich sollten diese beiden Staaten (Palästina und Israel) zu einem supranationalen binationalen Staat zusammengeführt werden, in dem jeder Staatsbürger gleiches Wahlrecht besitzen würde. Das ist derzeit offenbar unmöglich. Denkbar ist, dass sich eine internationale Friedenstruppe zwischen den beiden Staaten Palästina und Israel aufstellt. Auch dies scheint schwierig zu sein. Zum einen, weil niemand daran teilnehmen will, und zum anderen, weil dies nicht das ist, was die Vereinten Nationen ursprünglich beabsichtigt haben. Diese sahen friedenserhaltende Beobachter vor, aber keine militärische Interventionstruppe. Schließlich ist es möglich, die Entmilitarisierung der beiden Staaten und die Garantien für die Nichtangriffe ihrer Nachbarn in Betracht zu ziehen.

    Jeder hat sehr wohl verstanden, dass das Völkerrecht einen beträchtlichen Verlust an Territorium und Eigentum für Israel auferlegt, während es nur darum geht, die Ansprüche auf Palästina aufzugeben. Aber das ist der Preis für Gerechtigkeit und Frieden.


    6. Wie reagiert Israel?

    Benjamin Netanjahus Koalition, der jüdische Suprematisten angehören, die mit den muslimischen Suprematisten der Hamas vergleichbar sind, änderte im August Israels Grundgesetze, in einem Staat ohne Verfassung. Nach Ansicht von Beobachtern, insbesondere der US-Presse, hat die Regierung einen "Staatsstreich" vollzogen, indem sie die Unabhängigkeit der Justiz unterdrückt hat. Massive Proteste erschütterten Israel seit mehreren Monaten.

    Angesichts des Angriffs, dem es ausgesetzt ist, kann Israel nur überleben, wenn es sich bereit erklärt, seine herrschende Klasse zu einen. Der ehemalige Premierminister Yair Lapid forderte den Rücktritt jüdischer Suprematisten, damit er an einer Regierung der nationalen Einheit teilnehmen könne. Itamar Ben-Gvir (Minister für innere Sicherheit) und Bezalel Smotrich (Finanzminister) haben seit ihrer Regierungszeit drei antiarabische Pogrome unterstützt, darunter das von Huwarrah [17]. Der ehemalige Verteidigungsminister, General Benny Ganz, stellte jedoch nicht die gleiche Bedingung. Am Ende beschloss der amtierende Premierminister, beide in seine Regierung aufzunehmen, ohne aber die jüdischen Suprematisten zu entlassen. Aber er schuf einen Kriegsrat, von dem jüdische Suprematisten ausgeschlossen sind.

    An dieser Stelle kommt die militärische Zensur ins Spiel. Sie ist so stark, dass der Informationsminister, Distel Atbaryan, mitten im Krieg zurücktritt.

    Es ist nicht möglich, die genaue Zusammensetzung dieses Kriegsrats zu kennen, dessen Beratungen sehr stürmisch waren. Man weiss nur, dass der Verteidigungsminister, General Yoav Gallant, keineswegs auf der gleichen Wellenlänge ist wie sein Vorgänger, General Benny Ganz. Nämlich, dass der Premierminister den ehemaligen Generalstabschef, General Gadi Eisenkot, einen Befürworter der massiven Bombardierung von Zivilisten, zu Hilfe rief, um als Beobachter an den Beratungen des Rates teilzunehmen. Unter keinen Umständen sollten die Israelis und der Rest der Welt wissen, wie die einen und die anderen auf Benjamin Netanjahus Passivität angesichts der Vorbereitungen für die Operation Al-Aqsa-Sintflut und der ersten Stunden ihrer Durchführung reagierten. Ebenso weiß niemand, was das Kriegsgericht entschieden hat. Präsident Isaac Herzog selbst blieb von den Beratungen ausgeschlossen.

    Es scheint, als wären in den Debatten die Vertreibung nach Ägypten oder das Massaker von zwei Millionen Einwohnern des Gazastreifens erwogen worden. Deshalb eilte US-Außenminister Antony Blinken nach Tel Aviv, um zur Ruhe aufzurufen.


    7 Wie können sich die Dinge ändern?

    Das Völkerrecht räumt Israel das Recht ein, sich gegen den Angriff zu verteidigen, dem es ausgesetzt ist. Das tat Israel fünf Tage lang, indem es die Angreifer verjagte, die in sein Territorium eingedrungen waren. In der Folge begann Israel mit der Belagerung des Gazastreifens, während die israelische Armee Gaza-Stadt bombardierte (aber nicht den südlichen Teil des Gazastreifens). Auch diese Operation verstößt erneut gegen das Völkerrecht. Wenn es zwar zulässig ist zu akzeptieren, dass Israel das Recht hat, palästinensische Kämpfer in Gaza weiterzuverfolgen, sind die Belagerung des Gazastreifens und die Bombardierung ziviler Gebäude Kriegsverbrechen. Auf einer Pressekonferenz stellte sich heraus, dass Israels Präsident Isaac Herzog nicht weiß, was seine Armee vorhat.

    In Anlehnung an die Position der Arabischen Liga seit dem Sechstagekrieg hat Ägypten seine Grenze zum Gazastreifen geschlossen. Die Liga beabsichtigt, die Forderungen der Palästinenser zu unterstützen und lehnt daher jeden Bevölkerungstransfer und jede Einbürgerung ab. Darüber hinaus hat Kairo nicht die Absicht, für zwei Millionen Einwanderer die Verantwortung zu übernehmen, und schon gar nicht für die Hamas, deren Muttergesellschaft, die Muslimbruderschaft, in Ägypten verboten ist.

    Die israelische Armee hält sich bereit, den Gazastreifen wieder zu besetzen. Sie zieht ihre Truppen überall zusammen. Die Besetzung des Gazastreifens wäre ein Verstoß gegen das Völkerrecht, während ein Krieg zur Aufstandsbekämpfung an sich schon ein Kriegsverbrechen wäre.

    Die USA haben Waffen und Munition nach Israel geschickt. Sie haben eine Marinegruppe vor Gaza entsendet (den Flugzeugträger USS Gerald Ford, den gelenkten Raketen-Kreuzer USS Normandy und die vier mit gelenkten Raketen ausgestatteten Zerstörer USS Thomas Hudner, USS Ramage, USS Carney und USS Roosevelt) dann eine zweite Marinegruppe (den Flugzeugträger USS Eisenhower, den Lenkwaffenkreuzer USS Philippine Sea, und die drei mit Lenkflugkörpern ausgerüsteten Zerstörer USS Laboon, USS Mason und USS Gravely). Sie riefen Israel jedoch zur Zurückhaltung auf.

    Es scheint unmöglich, dass Israel Wladimir Jabotinskys Plan vollkommen ausführen und die 2 Millionen Einwohner des Gazastreifens ohne internationale Intervention massakrieren können wird, angefangen mit einer der Hisbollah. Ein Rückzug der Armee ist wahrscheinlicher.


    Thierry Meyssan
    Politischer Berater, Gründer und Präsident vom Voltaire Netzwerk - Réseau Voltaire. Letztes französisches Werk: Sous nos yeux - Du 11-Septembre à Donald Trump.


    Übersetzung
    Horst Frohlich
    Korrekturlesen : Werner Leuthäusser

    Quelle: https://www.voltairenet.org/article219846.html
    Mit freundlicher Genehmigung von voltairenet.or


    Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=4595&mailid=1966


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    22.10.2023

    Bundesregierung und Opposition fest an Seite Israels. Repression gegen Palästina-Solidarität mit Zustimmung von AfD bis Linkspartei

    unsere-zeit.de, , Categories Politik

    Treueschwur statt Friedenspolitik


    Ein Demonstrant wird in Düsseldorf festgenommen. Schon das Tragen eines „Palästinensertuches“ führt mancherorts zu Verfolgung durch die Polizei. (Foto: Manuela Hillekamps/r-mediabase.eu)


    Am vergangenen Samstag erläuterte ein Nahostwissenschaftler in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) unter dem Titel „Eine absurde Überspitzung“, warum die Bezeichnung „Apartheid“ für den israelischen Siedlerkolonialismus bei gleichzeitiger politischer und sozialer Unterdrückung der Palästinenser nicht angemessen sei. Schließlich, weiß der Autor, seien die „Benachteiligungen der arabischen Minderheit mit der Zeit größtenteils verschwunden“ und überhaupt sei Südafrika „der einzige Apartheidstaat“.

    Als der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa am selben Tag, umringt von der Leitung des ANC (aber sicherlich ohne vorherige FAZ-Lektüre), vor die Presse trat, hielt er eine hierzulande kaum erwähnte Rede in Solidarität und Sorge mit und um das palästinensische Volk. Die besondere Freundschaft Südafrikas mit Palästina erklärte er mit der Geschichte der Unterdrückung. In Bezug auf den Staat Israel verwies er auf den Begriff Apartheid. Weiter führte er aus: „Wir haben die internationale Gemeinschaft, die Vereinten Nationen und alle anderen zuständigen Organisationen dazu aufgerufen, den Frieden in Palästina wiederherzustellen und die israelische Regierung dazu zu bewegen, ihren Befehl zurückzunehmen, Menschen aus dem nördlichen Teil des Gazastreifens zu vertreiben, da dies letztendlich einem Völkermord gleichkommt, da viele Menschen sterben werden.“

    Solch mahnende Worte gibt es im deutschen Diskurs nicht. Merkels Staatsräson-Versprechen, welches sie vor Jahren vor der Knesset abgab, wurde in vorauseilendem Gehorsam zur Gretchenfrage der Regierungsfähigkeit. Selbst die aus der Friedensbewegung stammende Linkspartei ließ sich schon frühzeitig von Gysi in die bedingungslose Solidarität einreihen. Dass nur „bedingungslos“ sein kann, was „durch nichts zu rechtfertigen“ ist – oder anders herum? –, das haben die Meinungsmacher der Bevölkerung schon lange eingebläut.

    So wundert es nun nicht, wenn in Berlin-Neukölln Jungen, die schwarze Locken auf dem Kopf und ein sogenanntes Pali-Tuch um den Hals tragen, von der Polizei kontrolliert und drangsaliert werden. In verschiedenen Städten werden Betätigungsverbote genutzt, um von staatlicher Seite palästinensische Symbole als Hamas-Sympathie umzudeuten. So wie vor einigen Jahren noch die Forderung nach Freilassung von Abdullah Öcalan als PKK-Unterstützung verfolgt wurde, so werden nun Symbole des palästinensischen Volkes, wie zum Beispiel ihre Fahne, als Terrorunterstützung geahndet.

    Geht es nach den Oppositionsführern der Union, ist die juristische Gleichsetzung von Kritik am Staat Israel mit Antisemitismus geplant. Das Ganze soll außerdem in einer Verschärfung des Volksverhetzungsparagrafen und des Asyl- und Staatsbürgerrechts enden. Die Rechtsaußenspieler der CSU fordern, „Hetze gegen Israel“ mit Abschiebung oder sechs Monaten Haft zu ahnden. Künftig soll nur noch einen deutschen Pass bekommen, wer sich zum Existenzrecht Israels bekennt.

    Während die linke Sozialministerin in Spanien ihre Regierung auffordert, den israelischen Premier Benjamin Netanjahu vor den internatioanalen Strafgerichtshof zu zerren, müssen wir im zweiten Jahr der sogenannten „Zeitenwende“ bilanzieren: Friedenskräfte in Deutschland werden isoliert und kriminalisiert – und einige halten dem Druck nicht mehr stand. Im Bundestag hat die Linkspartei zusammen mit den Parteien der Bundesregierung sowie mit der rechten Opposition aus CDU, CSU und AfD für „bedingungslose Solidarität“ und das Verbot des pro-palästinensischen Samidoun-Netzwerks gestimmt. Ein Aktivist aus dessen Reihen ist wegen politischer Betätigung von der Abschiebung bedroht. Sogar die Rote Hilfe hat ihre Solidarität mit dem Aktivisten eingestellt und ihn öffentlich fallen lassen. Zu groß scheint der Druck des Bürgerblocks zu sein, zu tief scheint die Propaganda von einer angeblich klassenneutralen Staatsräson in die Köpfe deutscher Linker eingesickert zu sein.


    Info:  https://www.unsere-zeit.de/treueschwur-statt-friedenspolitik-4784746


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    22.10.2023

    Bhadrakumar: Biden gibt dem ins Stocken geratenen Ukraine-Krieg neuen Schwung

    seniora.org, 22. Oktober 2023, Von M. K. Bhadrakumar 21. Oktober 2023 - übernommen von indianpunchline.com

    Die Prognose einer "Kriegsmüdigkeit" der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten im Stellvertreterkrieg in der Ukraine war stark übertrieben. Im Gegenteil, der Krieg bekommt einen neuen Schwung.


    Die Biden-Administration reitet auf einem Tiger, und ein Absteigen birgt die Gefahr, von den bestialischen Folgen einer Kriegsniederlage verschlungen zu werden, die nur zur Diskreditierung des Transatlantismus und zum Zerfall der NATO führen und den Untergang der globalen Hegemonie der USA bedeuten könnte.

    Bidens förmliche Ansprache an die Nation am Donnerstag im Oval Office kann nur als Beginn einer neuen Phase des Ukraine-Kriegs gesehen werden, die die Dämonisierung Putins auf eine neue Stufe hebt. Biden spinnt ein neues Narrativ, in dem er behauptet, sowohl die Hamas als auch der russische Staatschef wollten "eine benachbarte Demokratie vollständig auslöschen   – vollständig auslöschen".

    Die Hauptaussage von Bidens Argumentation war, dass die entschlossene Unterstützung der US-Verbündeten für die Erhaltung der amerikanischen Vormachtstellung in der Welt unerlässlich ist. Sein Plan ist, dass der hybride Krieg in der Ukraine so lange andauern wird, wie Biden im Weißen Haus im Amt bleibt. Er hat sich in einen "ewigen Krieg" verwandelt. Vor seiner Rede hat Biden den ukrainischen Präsidenten Wladimir Zelenski angerufen.

    Analysten wollen uns weismachen, dass Europa dem Krieg zunehmend abgeneigt sei. Doch Polen, ein wichtiger Frontstaat, hat gerade eine zentristische Regierung an die Macht gewählt, was in Kiew (und Washington) ein Grund zum Feiern ist. Auch in Großbritannien ist ein ähnliches Ergebnis zu erwarten   – nur dass hier Tweedledum an die Stelle von Tweedledee treten wird, zwei rundliche kleine Männer des Tiefen Staates, die identisch sind, außer dass sie sich gegenseitig links und rechts umdrehen.

    Lassen Sie sich nicht täuschen: Die Gemeinsame Erklärung nach dem US-EU-Gipfel in Washington am 20. Oktober ist ein durchschlagender Sieg für die Biden-Regierung, da sich die EU mit den USA auf eine "unerschütterliche" militärische Unterstützung für die Ukraine geeinigt hat; die Forderung an Russland, "seinen brutalen Krieg zu beenden und seine Streitkräfte, seine Stellvertreter und seine militärische Ausrüstung unverzüglich, vollständig und bedingungslos aus dem gesamten international anerkannten Gebiet der Ukraine abzuziehen"; das Gebot der Wiederherstellung "international anerkannter Grenzen" bei jeder Friedensregelung; die Verpflichtung Russlands, "die rechtlichen Konsequenzen all seiner völkerrechtswidrigen Handlungen" gegen die Ukraine zu tragen; die weitere Vertiefung der "gemeinsamen Arbeit zur Untergrabung der Fähigkeit Russlands, seinen Krieg zu führen und seine rüstungsindustrielle Basis und Kapazität zu erhalten und auszubauen" und so weiter.

    Es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass die militärische Unterstützung der Ukraine durch Europa ins Wanken geraten könnte. Das jüngste Beispiel ist Schweden, wo, wie in anderen nordischen Ländern und in den baltischen Staaten, die geografische Nähe zu Russland die Sicherheitsbedenken verstärkt hat, und es gibt kaum Anzeichen für ein Wanken.

    Politico berichtete am Dienstag, Schwedens Verteidigungsminister Pål Jonson habe die militärische Führung des Landes angewiesen, die möglichen Auswirkungen einer Unterstützung der ukrainischen Kampfflugzeugkapazitäten, einschließlich der Gripen-Flugzeuge, zu prüfen. Die Militärs sollen Jonson bis zum 6. November Bericht erstatten. Zuvor hatten Schwedens europäische Nachbarländer Norwegen, Dänemark, Belgien und die Niederlande angekündigt, Lockheed Martin F-16-Jets nach Kiew zu schicken.

    Expertenmeinungen zufolge könnte selbst eine begrenzte Anzahl von Gripen die Bemühungen der Ukraine um die Kontrolle ihres Luftraums sinnvoll unterstützen. Sie gelten als relativ billige und leicht zu wartende Jets, die von kürzeren, schmaleren Start- und Landebahnen aus operieren können, einschließlich improvisierter Landebahnen auf geraden Strecken von Autobahnen, wodurch das Risiko verringert wird, dass sich die Flugzeuge auf einer größeren Basis sammeln und durch einen einzigen feindlichen Angriff zerstört werden.

    Was die USA betrifft, so wissen wir jetzt, dass die Biden-Regierung die Öffentlichkeit in Bezug auf die ATACMS-Raketen getäuscht hat, und die Kiewer Streitkräfte bereits heimlich mit diesem System ausgerüstet hatte. Darüber hinaus erwägt die Biden-Regierung, ermutigt durch den Erfolg des verheerenden Angriffs Kiews auf die von Russland kontrollierten Flugplätze in Berjansk und Luhansk am Dienstag, bei dem ATACMS zum Einsatz kam (bei dem Berichten zufolge mehrere russische Hubschrauber, ein Munitionslager und ein Luftabwehrsystem zerstört wurden), nun die Lieferung einer fortgeschrittenen Version der Rakete, die doppelt so weit (190 Meilen) schießen kann wie die, die die Ukraine gerade erhalten hat (nur 100 Meilen).

    Die Entschlossenheit Bidens ist keineswegs geschwächt. Tatsächlich hat der nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan am Freitag in einer Sondersitzung des Weißen Hauses unverfroren offengelegt, dass Washington "bestimmte Arten von Waffensystemen in Auftrag gegeben hat, die noch nicht geliefert werden können, weil sie sich noch in der Produktion befinden." Im Klartext: Die Biden-Administration hält es für möglich, Waffen und Militärfahrzeuge an die Ukraine zu übergeben, die noch nie geliefert wurden.

    "Der Präsident hat den Ermessensspielraum, auf der Grundlage der Umstände des Konflikts, der Situation vor Ort und der Konsultationen mit den Verbündeten zu entscheiden, ob er der Ukraine Waffensysteme zur Verfügung stellt, die wir zuvor nicht geliefert haben", so Sullivan. Er erklärte weiter, dass die USA "bestimmte Arten von Waffensystemen in Auftrag gegeben haben, die noch nicht geliefert wurden, weil sie noch in der Produktion sind. Wir gehen davon aus, dass sie in den kommenden Monaten geliefert werden."

    Eine weitere Fehlannahme war, dass sich im US-Kongress ein Meinungsumschwung abzeichnet, der es der Regierung Biden zunehmend erschweren würde, in einem Wahljahr die Zustimmung zur Militärhilfe für die Ukraine zu erhalten. Aber wie es der Zufall will, hat Biden, der ein äußerst erfahrener Politiker im Umgang mit schwierigen Gesetzgebungen ist, einen genialen Weg gefunden.

    Der Kandidat Vivek Ramaswamy brachte es auf den Punkt: "Sie kombinieren absichtlich die Debatten um die Ukraine, Israel und unsere Grenze, um die 61 Milliarden Dollar für die Ukraine durchzupeitschen, die sonst niemals verabschiedet worden wären." Laut Dokumenten des Weißen Hauses sieht der Antrag für das Haushaltsjahr 2024 vor, über 61,4 Milliarden Dollar für die Ukraine und über 14,3 Milliarden Dollar für Israel bereitzustellen.

    Sullivan bezeichnete den jüngsten Haushaltsantrag der Biden-Administration als "inmitten eines globalen Wendepunkts" nach dem Hamas-Angriff auf Israel "und während das ukrainische Volk weiterhin jeden Tag für seine Freiheit und Unabhängigkeit gegen die russische Brutalität kämpft". Er lenkte den Fokus auf Bidens neue Aussage, dass "der Ausgang dieser Kämpfe für die Demokratie gegen Terrorismus und Tyrannei für die Sicherheit des amerikanischen Volkes von entscheidender Bedeutung ist."

    Wer kann jetzt noch sagen, dass das, was in der 10.000 km entfernten Ukraine geschieht, die Vereinigten Staaten nicht betrifft? Biden begann seine Rede am Donnerstag mit einer an Churchill erinnernden Note:

    "Wir stehen vor einem Wendepunkt in der Geschichte   – einem dieser Momente, in denen die Entscheidungen, die wir heute treffen, die Zukunft für die nächsten Jahrzehnte bestimmen werden. Darüber möchte ich heute Abend mit Ihnen sprechen."

    Er fuhr fort: "Amerikanische Führung ist das, was die Welt zusammenhält. Amerikanische Allianzen sind es, die uns, Amerika, sicher machen. Die amerikanischen Werte machen uns zu einem Partner, mit dem andere Nationen zusammenarbeiten wollen. All das aufs Spiel zu setzen, wenn wir uns von der Ukraine abwenden, wenn wir Israel den Rücken kehren, das ist es einfach nicht wert."

    Im Ukraine-Krieg geht es also nicht mehr um das westfälische Prinzip der nationalen Souveränität und die UN-Charta   – oder gar darum, dass dies kein Zeitalter der Kriege ist. In Wirklichkeit geht es um die amerikanische Führung, um amerikanische Bündnisse, um amerikanische Werte   – im Klartext: Hegemonie, NATO, Exzeptionalismus.

    Quelle: https://www.indianpunchline.com/biden-gives-booster-dose-to-the-faltering-ukraine-war/
    Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus


    Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=4592&mailid=1965


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    22.10.2023

    Antisemitismus, Zionismus, "Existenzrecht"

    aus e-mail von Doris Pumphrey, 22. Oktober 2023, 18:02 Uhr


    *Aus dem Archiv**: */ein Vortrag vom 1. November 2009

    /http://www.frikoberlin.de/nahost/zionismus_pumphrey.pdf 

    <http://www.frikoberlin.de/nahost/zionismus_pumphrey.pdf>


    *Antisemitismus, Zionismus, "Existenzrecht"**

    */von George Pumphrey


    /Antisemitismus ist seit geraumer Zeit einer der am häufigsten

    gebrauchten und missbrauchten Begriffe der politischen Terminologie. Wie

    die Begriffe "Menschenrechte" und "Terrorismus" – wird auch der Begriff

    Antisemitismus "dehnbar" benutzt.

    Obwohl viele namhafte Juden öffentlich gegen den Missbrauch und die

    damit verbundene Verharmlosung dieses Begriffes Stellung beziehen, sind

    es nur wenige Nicht-Juden, die sich zu Wort melden.

    Der Begriff Antisemitismus wird bewusst missbraucht, um Kritik an der

    israelischen Staatspolitik und Kritik an der Rolle der Israel-Lobby hier

    und in anderen Ländern zu unterbinden bzw. vor allem nichtjüdische

    Kritiker einzuschüchtern.


    Ich vermute, dass diese Einschüchterung auf viele Nicht-Juden – vor

    allem hier in Deutschland – wirkt, weil sich viele unsicher sind, was

    Antisemitismus genau ist, wo er anfängt, wie weit man mit einer Kritik

    an Israel gehen kann, ohne Gefahr zu laufen, antisemitisch zu werden.


    Also sollten wir zunächst einmal den Antisemitismus definieren.

    Wie der Rassismus ist der Antisemitismus die Abneigung oder Feindschaft

    – basierend auf Vorurteilen – gegen Menschen, nur weil sie einer

    bestimmten Gruppe angehören. Der Jude wird abgelehnt, weil er Jude ist,

    egal was er tut oder denkt. Der Antisemitismus dient der Rechtfertigung

    von Herrschaftsverhältnissen und der entsprechenden Mobilisierung von

    Gruppen, auch gegen ihre eigenen Interessen.


    *"/Fremdkörper/" im eigenen Land und christlicher Zionismus


    *Antisemitismus ist ein europäisches Phänomen. Juden wurden zu

    "Fremdkörpern" in den jeweiligen nationalen Gesellschaften erklärt und

    dienten den jeweils Herrschenden als Sündenböcke in Krisenzeiten.


    Einige meinen, der Zionismus sei die Antwort auf diesen europäischen

    Antisemitismus. Das ist aber falsch. Der Zionismus ist eine ideologische

    Fortführung der europäischen Judenfeindlichkeit.


    Die ersten Zionisten waren nicht-jüdische Europäer. Mit der Reformation,

    die den sich entwickelnden Kapitalismus begleitete, wurde die Bibel in

    die jeweiligen nationalen Sprachen übersetzt. Die Bibel wurde damit zur

    wichtigsten Geschichtsquelle für die Länder der Reformation und wurde

    weitgehend wortwörtlich genommen. Es gab Versuche, Juden in Europa davon

    zu überzeugen, Palästina zu kolonisieren um dort ihre "biblische Heimat"

    Israel wieder aufzubauen.


    Das hätte zwei "Vorteile" mit sich gebracht. Zum einen entsprach es der

    christlichen Judenfeindlichkeit – man wäre eine unangepasste Minderheit

    losgeworden. Zum anderen entsprach es dem imperialen Bestreben im

    Wettkampf um das Erbe des untergehenden osmanischen Reiches. Israel

    sollte eine europäische Kolonie im Zentrum dieses Reiches werden. In

    ihrem Kampf gegen Rom gab es zudem nicht wenige Protestanten, die

    glaubten, dass die Wiedererstehung Israels die Wiederkehr Christi und

    die Konvertierung der Juden zum Christentum (vor allem zu

    Protestantismus) beschleunigen würde (übrigens ein wesentlicher Grund

    für den Zionismus der heutigen fundamentalistischen Christen – nicht nur

    - in den USA).


    In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte sich Ägypten unter

    Führung von Mohamed Ali zu einer wirtschaftlichen, militärischen und

    damit auch politischen Macht entwickelt. Natürlich führte diese

    Entwicklung zu starken Spannungen und Interessenkonflikten zwischen

    Ägypten und seinen Konkurrenten, hauptsächlich den Kolonialmächten

    Großbritannien und Frankreich. Sie waren am Erbe des Osmanischen Reiches

    interessiert. Der Konflikt zwischen Ägypten und Großbritannien endete im

    Sieg über Mohamed Ali 1839 (besiegelt im London-Abkommen von 1840).


    Der damalige britische Außenminister Palmerstone hatte wiederholt an

    seinen Botschafter in Istanbul geschrieben, er solle dem osmanischen

    Sultan den Vorschlag unterbreiten, die Juden nach Palästina immigrieren

    zu lassen. /"Die Juden würden eine Menschenmauer gegen Mohamed Ali oder

    seine Nachfolger bilden, die zukünftig solche bösen Vorhaben – eine

    regionale Macht – zu verhindern wissen."/ Palmerstone erklärte in einer

    Note vom 17. Februar 1841, dass Großbritannien für die Realisierung des

    Projekts der Siedlung der Juden in Palästina verantwortlich sei.1


    1839 rief der britische Abgeordnete Lord Ashley Cooper die Juden dazu

    auf, nach Palästina auszuwandern. Cooper war gegen Assimilierung und

    gegen die Emanzipierung der Juden, denn er meinte, dass sie immer Fremde

    bleiben werden in den Ländern, in denen sie mit Nicht-Juden leben. Für

    ihn war es ohne Bedeutung, dass Palästina bereits bewohnt war. Für ihn

    war “/Palästina ein Land ohne Nation, für eine Nation ohne Land/”.

    (Später wurde dieser Satz etwas abgeändert zum Slogan der jüdischen

    Zionisten, die Palästina für sich reklamierten, als “/ein Land ohne

    Volk, für ein Volk ohne Land/”.)2


    1845 schlug Edward L. Mitford vom Londoner Kolonialbüro vor, eine

    „jüdische Nation in Palästina“ unter der Schutzmacht Großbritannien zu

    etablieren. Er erklärte, dass ein jüdischer Staat für Großbritannien von

    großem Vorteil wäre, denn es hätte damit eine Machtposition im

    Morgenland um Feinde in Schach zu halten.


    Juden, die in Europa beheimatet waren, lehnten es ab in die ferne Wüste

    geschickt zu werden. Sie wollten als vollwertige Bürger ihres jeweiligen

    Landes anerkannt werden.

    Zionismus war also anfänglich hauptsächlich von protestantischen

    Christen vertreten.

    Das war 50 Jahre bevor Theodor Herzl 1896 den Zionismus zu einem

    jüdischen politischen Programm machte.


    *Jüdischer Zionismus


    *Herzl behauptete, dass die Juden sich in den Gesellschaften, in denen

    sie leben, nicht assimilieren können und dass ihre Intelligenz keinen

    gesunden Ausdruck finden kann. In seinen Tagebüchern schrieb er z.B.:

    /"Wir werden – nach unten hin – zu Umstürzlern proletarisiert, bilden

    die Unteroffiziere aller revolutionären Parteien und gleichzeitig wächst

    – nach oben – unsere furchtbare Geldmacht."4/


    Er entwickelte die reaktionäre Konzeption von der jüdischen

    Gemeinschaft, von der jüdischen Rasse, die keine Klassenfrage kennt. Der

    Zionismus sollte zum großen jüdisch-nationalistischen Anliegen werden

    und zur Gründung eines Judenstaates führen.

    Herzls Zionismus wurde vom deutschen Nationalismus inspiriert.


    Der große Unterschied zwischen den zionistischen und nicht-zionistischen

    jüdischen Organisationen bestand seitdem darin, dass nicht-zionistische

    Organisationen gegen die Diskriminierung der Juden in ihren

    Heimatländern kämpften, während zionistische Organisationen den

    Antisemitismus als unüberwindbar, als natürliches und vererbbares

    Phänomen betrachten.


    Zionisten sehen den anti-jüdischen Chauvinismus nicht als ein

    gesellschaftliches Phänomen. Für den Zionismus bedeuten anti-jüdische

    Vorurteile nicht etwas, was erlernt und deshalb auch überwunden werden

    kann. Der Zionismus geht davon aus, dass Antisemitismus so lange

    existieren wird, als Juden unter Nichtjuden leben, egal was sie tun oder

    nicht tun. Deshalb sollten die Juden in "ihren" Staat – den jüdischen

    Staat Israel – gehen.


    Da die große Mehrheit der Juden, wie alle anderen Minderheiten, danach

    strebte, in ihren Heimatländern gleichberechtigt zu leben, fand der

    Zionismus über viele Jahre nur wenige Anhänger. Die Mehrheit empfand

    dieses Konzept als anti-jüdisch und gegen ihre Interessen gerichtet.


    Der "Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens" war bis

    1933 die größte und wichtigste jüdische Organisation in Deutschland und

    vertrat 95 % der organisierten Juden. In ihrem Statut verpflichtete sich

    der "Centralverein" dem Kampf gegen Antisemitismus und für die

    Gleichberechtigung der Juden in Deutschland.5 Die "Zionistische

    Vereinigung für Deutschland" (ZVfD) – eine kleine Sekte – hatte sich

    nicht am Kampf gegen Antisemitismus und den aufkommenden Faschismus

    beteiligt. Nach der Machtübergabe an Hitler betrachteten die Nazis diese

    zionistische Organisation als Repräsentant der jüdischen Gemeinde. Die

    Nazis wollten ein judenreines Deutschland bzw. Europa, und die Zionisten

    wollten, dass alle Juden nach Palästina gehen. Die einen wollten einen

    arischen, die andern einen jüdischen Staat. Beide waren gegen die

    Assimilierung der Juden in Deutschland und gegen Mischehen.


    Mit den Nürnberger Rassengesetzen von 1935 wurden die Juden innerhalb

    Deutschlands wirksam isoliert, ihrer Rechte beraubt und zu Parias gemacht.


    Die zionistische Zeitung "Jüdische Rundschau" veröffentlichte die

    gesetzlichen Beschränkungen zusammen mit einem Kommentar von Alfred

    Berndt. Berndt erinnerte daran, dass nur zwei Wochen zuvor der

    Internationale Zionistenkongress in Luzern erklärte, dass endlich

    Schluss sein müsse, das Judentum nur als eine Religion zu sehen. Juden

    seien ein eigenständiges Volk mit nationalen Ansprüchen. Deutschland

    habe nur die praktischen Konsequenzen daraus gezogen und habe den

    Wünschen des internationalen Zionistenkongresses entsprochen, wenn es

    nun die Juden in Deutschland zu einer nationalen Minderheit erklärte.6


    Ein Aspekt der Gesetze, der inzwischen längst vergessen ist, hatte

    damals große Aufmerksamkeit erregt. Nach den Nürnberger Gesetzen waren

    in Deutschland nur noch zwei Fahnen erlaubt, die Hakenkreuzfahne und das

    blau-weiße Zionistenbanner. Die deutschen Zionisten der ZVfD freuten

    sich und hofften, es handele sich um ein Zeichen der Annäherung von

    Seiten Hitlers.7


    Während der Nazi-Zeit waren die zionistischen Organisationen vor allem

    daran interessiert, dass europäische Juden nach Palästina auswanderten.

    Jene, die in andere Länder gehen wollten, erhielten kaum Hilfe von ihnen.


    So erklärte z.B. Yitzhak Greenbaum, der Vorsitzende des "Rettung

    Komitees der Jüdischen Agentur in Palästina" in Februar 1943, vor dem

    "Zionist Executive Council" in Tel Aviv /"als man mich fragte, ob ich

    für die Rettung der Juden in Europa nicht Geld aus dem Fond des United

    Jewish Appeal geben könnte, sagte ich NEIN und noch mal NEIN! Wir müssen

    uns gegen Bestrebungen wenden, die zionistische Aktivitäten als

    zweitrangig sehen"./ Greenbaum sagte an anderer Stelle auch: /"Eine Kuh

    in Palästina ist mehr wert als alle Juden in Europa.”8/


    Die deutschen Zionisten hatten sich natürlich über Hitlers Absichten

    Illusionen gemacht. Wie Lenni Brenner in seinem Buch "Zionismus und

    Faschismus", schreibt: Die Zionisten /"waren einfach Reaktionäre, die

    sich in ihrer Naivität entschlossen hatten, die Gemeinsamkeiten zwischen

    ihrer Ideologie und der Hitlers hervorzuheben. Sie versuchten, sich

    selbst davon zu überzeugen, dass die Tatsache, dass auch sie Rassisten

    waren, dass auch sie gegen Mischehen waren, dass auch sie daran

    glaubten, dass Juden als Fremde in Deutschland lebten und dass auch sie

    Gegner der Linken waren, ausreichen würde, um Adolf Hitler dazu zu

    bringen, sie als einzig ‚ehrliche Partner’ für eine diplomatische

    Détente zu sehen."9/


    Die Zionisten glaubten, dass ihre Absage an den antifaschistischen

    Widerstand und ihre Bereitschaft zur Kollaboration mit den Faschisten

    sie am Ende schonen würde. Doch nach der Reichspogromnacht 1938 wurde

    auch ihre Organisation, die "Zionistische Vereinigung für Deutschland"

    verboten.


    *"Existenzrecht Israels" (als jüdischer Staat)


    *Ich will aber noch etwas ansprechen, das in unserer Diskussion immer

    eine Rolle spielt. Das Existenzrecht Israels. Die Anerkennung des

    Existenzrechts Israel wird von jedem, der sich zum Thema äußert, wie ein

    Bekenntnis abverlangt, obwohl der Staat seit 60 Jahren existiert, die

    Palästinenser aber immer noch auf ihren warten.

    Auch wenn wir annehmen, dass damit die physische Existenz Israels

    gemeint ist, sind wir immer noch mit der Frage konfrontiert: welches

    Israel in welchen Grenzen soll eigentlich anerkannt werden?


    Wie der Völkerrechtler John V. Whitbeck fragt:

    /"Die *55 Prozent* des historischen Palästinas, die von der

    UN-Generalversammlung für einen jüdischen Staat 1947 empfohlen wurden?

    Die *78 Prozent *des historischen Palästinas, die 1948 von Israel

    besetzt wurden und nun von den meisten als "Israel" oder "das

    eigentliche Israel" angesehen werden? Oder die *100 Prozent *des

    historischen Palästinas, die von Israel seit 1967 besetzt werden und auf

    Landkarten in israelischen Schulbüchern als "Israel" erscheinen? Israel

    hat noch nie seine eigenen Grenzen definiert, weil es damit

    notwendigerweise seine Handlungsfreiheit einschränken würde. (…) Zu

    verlangen, dass die Palästinenser das "Existenzrecht Israels"

    anerkennen, heißt zu verlangen, dass ein Volk, das seit 60 Jahren und

    heute immer noch als Untermenschen behandelt wird, öffentlich sein

    Untermensch-Sein verkündet und damit – zumindest indirekt – einräumt,

    dass man verdient, was einem angetan wurde und immer noch angetan

    wird.10 "/ /


    /Aber es geht hier nicht um die physische Existenz des Staates Israels.

    Israel, die einzige Nuklearmacht im Nahen Osten und viertstärkste

    Militärmacht der Welt, mit ihren mächtigen Verbündeten, allen voran den

    USA, ist in seiner Existenz schon lange nicht mehr gefährdet. Beim

    ständig abverlangten Bekenntnis zum Existenzrecht Israels, geht es um

    das Existenzrecht Israels als _jüdischer_ Staat. Die neue Regierung hat

    dies nun offen erklärt.


    Der erste Präsident Israels, David Ben Gurion, hat den Weg

    vorgezeichnet, den Israel bis heute geht. Hier nur ein paar Zitate:

    /"Die politische Idee des Zionismus stellt an uns eine Forderung: eine

    jüdische Mehrheit in Palästina zu schaffen."11

    Er sagte ebenfalls, "Wir müssen Terror, gezielte Tötungen,

    Einschüchterung, Landbeschlagnahmung und die Verweigerung jeglicher

    sozialen Dienste benutzen um Galiläa von der arabischen Bevölkerung zu

    befreien."12


    /Und in seiner Rede auf dem 20. Zionistenkongress in 1947 prophezeit

    er:///"Nachdem wir nach der Staatsgründung eine starke und große Armee

    schaffen, werden wir die Teilung des Landes auflösen und uns im ganzen

    Land ansiedeln. Ein jüdischer Staat ist kein Zweck an sich, sondern der

    Anfang. Wir werden eine hoch qualitative und starke Armee organisieren.

    Ohne Zweifel wird diese Armee eine der besten der Welt sein und dann bin

    ich zutiefst überzeugt, dass es unmöglich sein wird, uns davon

    abzuhalten, die anderen Teile des Landes zu besiedeln (...). Unsere

    Forderung ist nicht ein jüdischer Staat in Palästina (Erez Israel)

    sondern Erez Israel Palästina als jüdischer Staat."13

    /

    Viele Zitate ähnlichen Inhalts von israelischen Politikern bis in die

    heutige Zeit könnten sich hier anschließen.


    Was bedeutet dies gerade im Hinblick auf die deutsche Geschichte? Nach

    der grausamen Erfahrung einer völkisch definierten Politik, müssten wir

    da nicht besonders skeptisch sein gegenüber der völkisch definierten

    Politik des zionistischen Israel? Nach einer Arisierung jüdischen

    Eigentums, können wir eine Judaisierung arabischen Eigentums, oder nach

    einer arischen Lebensraumpolitik, eine jüdische Lebensraumpolitik

    gutheißen?


    Ein "reinrassiger" Staat für die Juden auf der einen Seite, könnte das

    nicht im Umkehrschluss "judenfreie" Staaten auf der anderen Seite

    bedeuten? Denn irgendwo müssen die Juden herkommen, die einen immer

    größeren jüdischen Staat bevölkern sollen.


    Den alten Nazis, die in der Bundesrepublik wieder an den Schalthebeln

    der Macht saßen, kam der Aufschwung des Zionismus nach dem Völkermord an

    Juden durchaus gelegen. Das Eintreten für die Existenz Israels war eine

    bequeme Ablenkung vom kurz zuvor verübten Verbrechen – man war nun zum

    besten Verbündeten des "Judenstaates" geworden. Der Staat war weit genug

    weg, auf dem Territorium eines Volkes, das keinerlei Verantwortung für

    den deutschen Faschismus trug und Israel gab ihnen doch auch die

    Hoffnung, dass Juden künftig in "ihren" Ghetto-Staat gehen würden und

    die Bundesrepublik im wesentlichen "judenfrei" bleiben würde. – Die

    Gründung des Staates Israel hatte Konrad Adenauer mit der zynischen

    Bemerkung kommentiert: «Das Judenproblem haben wir nun asiatisiert!»)14


    Immer wieder hören wir die Forderung, die Palästinenser müssten das

    Existenzrecht Israels anerkennen und zwar als _Vorbedingung_ für

    Verhandlungen.


    Durch Massenvertreibung,Enteignung und Entrechtung der Palästinenser

    wurde der Staat Israel geschaffen und das ist bis heute israelische

    Staatspolitik. Allein seit 1967


    – wurden über eine Millionen Palästinenser aus ihrer Heimat vertrieben

    Tausende getötet und Zehntausende verwundet.


    ·650 000 Palästinenser, darunter rechtmäßig gewählte Parlamentarier und

    Minister, verschleppt und gefangen gehalten, viele ohne Anklage.


    ·2 000 palästinensische Häuser zerstört– und mehr als eine Million

    Ölbäume – die Grundlage der palästinensischen Landwirtschaft –

    vernichtet oder gestohlen.


    ·Seit Juli 2002 baut Israel eine Mauer in der Westbank, um noch mehr

    palästinensischem Land zu annektieren,


    ·Durch ein System von Abriegelungen, Belagerungen, Ausgangssperren,

    Straßenblockaden und Checkpoints wird für die Palästinenser das Leben in

    ihrem eigenen Land unerträglich gemacht.


    ·Nach der vollständigen Belagerung des Gazastreifens, haben wir zu

    Beginn des Jahres 2009 den israelischen Massenmord und die mutwillige

    Zerstörung der Infrastruktur im Gazastreifen erlebt. Und Israel

    verhindert bis heute den Wiederaufbau der Lebensgrundlagen.


    ·Israel hält nicht nur palästinensische Territorien, sondern Teile des

    Libanons und Syriens in Besitz genommen.



    Uri Avnery, der israelische Friedensaktivist und langjährige

    Knesset-Abgeordnete stellt die Forderung nach der Anerkennung Israels

    durch die Palästinenser noch in einen anderen Zusammenhang und fragt:

    /"Muss ein Indianer das Existenzrecht der USA anerkennen? Eine

    interessante Frage. Die USA wurden von Europäern gegründet, die einen

    Kontinent eroberten, der ihnen nicht gehörte, die den Großteil der

    indigenen Bevölkerung in einem langen Völkermordfeldzug auslöschte und

    die die Arbeit von Millionen Sklaven ausbeuteten, die brutal aus ihrem

    Leben in Afrika gerissen wurden. [...] Also warum wird von der Hamas

    verlangt, 'Israels Existenzrecht anzuerkennen'? [...] warum wird diese

    seltsame Forderung von den Palästinensern verlangt? Warum sollen sie das

    Existenzrecht Israels als jüdischen Staat anerkennen?"/


    *Zionismus eine imperialistische Ideologie

    *

    In der DDR und in vielen Teilen der früheren Linken der BRD wurde der

    Zionismus verstanden und offen ausgesprochen als das was er ist: ein

    imperialistisches, rassistisch-kolonialistisches Projekt, das sein Ziel

    noch nicht ganz erreicht hat, dank des Widerstandes der Araber, vor

    allem der Palästinenser.


    Aber heute, in der weit verbreiteten Verwirrung über den Inhalt linker

    Prinzipien, erhält der Zionismus von unerwarteter Seite Unterstützung.

    In zynischer**Weise versteckt sich der Zionismus hinter den ermordeten

    Juden Europas (deren Rettung er sich oftmals verweigert hatte) und es

    gelang ihm weitgehend den faschistischen, antisemitischen Charakter

    seines Projekts zu verschleiern.


    Der israelisch-palästinensische Konflikt ist ein politischer Konflikt

    zwischen einer kolonialen Bewegung und einer nationalen

    Befreiungsbewegung. (…) Der Antizionismus ist eine politische Kritik an

    einer politischen Ideologie und Bewegung; er greift nicht eine

    Menschengruppe an, sondern stellt eine bestimmte Politik in Frage.15


    Die Zionisten hätten es nicht so leicht, wenn auch mehr Nicht-Juden die

    Trennlinie zwischen Judentum und Zionismus erkennen könnten und sich

    aktiv dem Antisemitismus – auch in seiner zionistischen Form –

    widersetzen würden.


    ________________________


    1 Gespräch mit Mamdouh Habashi, Junge Welt: 10.01.2009,

    http://www.jungewelt.de/2009/01-10/001.php?sstr=Habashi 

    <http://www.jungewelt.de/2009/01-10/001.php?sstr=Habashi>


    2 Halsell, Grace, Prophecy and Politics, Lawrence Hill Books, Chicago,

    USA, 1985,

    3 ibid

    4 Herzl, Theodor, Briefe und Tagebücher, Zionistisches Tagebuch 1895 -

    1899 (Propyläen) S. 199

    5 Arendt, Hanna, Eichmann in Jerusalem, Pinquin, Hammondsworth, England,

    1994, Pg. 59

    6 Brenner, Lenni, Zionismus und Faschismus, Kai Homilius Verlag, 2007,

    S. 136

    7 ibid

    8 Liebermann, Rabbi Gedalya (Australia), "The Role of Zionism in the

    Holocaust"

    http://www.jewsagainstzionism.com/antisemitism/holocaust/gedalyaliebermann.cfm 

    <http://www.jewsagainstzionism.com/antisemitism/holocaust/gedalyaliebermann.cfm>

    9 Brenner op cit S. 141

    10 Whitbeck, John V., "A Moral Judgment is Called For On Israel's 'Right

    to Exist'", CounterPunch, December 21, 2006,

    http://counterpunch.org/whitbeck12212006.html 

    <http://counterpunch.org/whitbeck12212006.html>

    11 Ben Gurion, David, Zitiert von Dscherschinski, Ziel Groß-Israel,

    http://de.mailarchive.ca/soc.politik.misc/2006-09/1953.html 

    <http://de.mailarchive.ca/soc.politik.misc/2006-09/1953.html>, 6 Sept. 2006

    12 Ben Gurion, David, zitiert von Ben-Gurion, A Biography, by Michael

    Ben-Zohar, Delacorte New York 1978,

    http://www.geri-mueller.ch/media/dokumente/formulare/palaestinensischesland.pdf 

    <http://www.geri-mueller.ch/media/dokumente/formulare/palaestinensischesland.pdf>

    13 Ben Gurion, David, auf dem 20. Zionistenkongress, zitiert von Reuven

    Moskovitz,

    http://www.aachener-friedenspreis.de/preistraeger/2003/RedeReuvenMoskovitz.pdf 

    <http://www.aachener-friedenspreis.de/preistraeger/2003/RedeReuvenMoskovitz.pdf>

    14 Smole, Prof. Ernst, “Europas Schuld am Gaza-Konflikt”, «Jüdische

    Zeitung», Februar 2009

    15 Warschawski, Michel, "Antizionismus ist nicht Antisemitismus,"

    http://www.arendt-art.de/deutsch/palestina/warschawski_michel_antizionismus_ist_nicht_antisemitismus.htm 

    <http://www.arendt-art.de/deutsch/palestina/warschawski_michel_antizionismus_ist_nicht_antisemitismus.htm>


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    22.10.2023

    Holocaustforscher: Musterbeispiel für Völkermord

    aus e-mail von Doris Pumphrey, 22. Oktober 2023, 17:24 Uhr


    -------- Weitergeleitete Nachricht --------

    Betreff: Israel. Holocaustforscher: Musterbeispiel für Völkermord

    Datum: Sat, 21 Oct 2023 20:55:01 +0100

    Von: Martin Leo



    *Raz Segal* (hebräisch רז סגל) ist ein israelischer Historiker mit

    Schwerpunkt auf Holocaust- und Genozid-Forschung und Autor. Er ist

    Associate Professor für Holocaust- und Genozidforschung an der Stockton

    University in Galloway, New Jersey, USA.  Er forschte insbesondere über

    den Holocaust in den Karpathen, unter anderem für die israelische

    Holocaustgedenkstätte Yad Vashem. Er spricht Hebräisch, Englisch,

    Deutsch, Jiddisch und Ungarisch. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Raz_Segal


    _______


    https://jewishcurrents.org/a-textbook-case-of-genocide

    13. Oktober 2023


    *Ein Musterbeispiel für Völkermord*

    *Israel hat deutlich gemacht, was es in Gaza tut. Warum hört die Welt

    nicht zu?

    von *Raz Segal


    AM FREITAG befahl Israel der belagerten Bevölkerung in der nördlichen

    Hälfte des Gazastreifens, nach Süden zu evakuieren, und warnte davor,

    dass es seinen Angriff auf die obere Hälfte des Streifens bald

    verstärken werde. Der Befehl hat dazu geführt, dass mehr als eine

    Million Menschen, von denen die Hälfte Kinder sind, verzweifelt

    versuchen zu fliehen, inmitten anhaltender Luftangriffe, in einer

    ummauerten Enklave, in der kein Ziel sicher ist. Wie die

    palästinensische Journalistin Ruwaida Kamal Amer heute aus Gaza schrieb

    , „treffen bereits Flüchtlinge aus dem Norden in Khan Younis ein, wo die

    Raketen nie aufhören und uns Nahrung, Wasser und Strom ausgehen.“ Die

    Vereinten Nationen haben gewarnt , dass die Flucht von Menschen aus dem

    nördlichen Teil des Gazastreifens in den Süden „verheerende humanitäre

    Folgen“ haben und „die ohnehin schon tragische Situation in eine

    katastrophale Situation verwandeln wird“. In der letzten Woche hat

    Israels Gewalt gegen Gaza mehr als 1.800 Palästinenser getötet, Tausende

    verletzt und mehr als 400.000 innerhalb des Gazastreifens vertrieben.

    Und doch versprach der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu

    heute, dass das, was wir gesehen haben, „nur der Anfang“ sei.


    Israels Kampagne zur Vertreibung der Bewohner des Gazastreifens – und

    möglicherweise ihrer vollständigen Vertreibung nach Ägypten – ist ein

    weiteres Kapitel der Nakba, in der während des Krieges von 1948, der zur

    Gründung des Staates Israel führte, schätzungsweise 750.000

    Palästinenser aus ihren Häusern vertrieben wurden. Der Angriff auf Gaza

    kann aber auch anders verstanden werden: als Musterbeispiel für einen

    Völkermord, der sich vor unseren Augen abspielt. Ich sage das als

    Völkermordforscher, der viele Jahre damit verbracht hat, über

    israelische Massengewalt gegen Palästinenser zu schreiben. Ich habe über

    Siedlerkolonialismus und jüdische Vorherrschaft in Israel geschrieben ,

    über die Verzerrung des Holocaust, um die israelische Waffenindustrie

    anzukurbeln , über die Verwendung von Antisemitismusvorwürfen als Waffe,

    um israelische Gewalt gegen Palästinenser zu rechtfertigen, und über das

    rassistische Regime der israelischen Apartheid . Nach dem Angriff der

    Hamas am Samstag und dem Massenmord an mehr als 1.000 israelischen

    Zivilisten passiert nun das Schlimmste vom Schlimmsten.


    Nach internationalem Recht ist das Verbrechen des Völkermords definiert

    durch "die Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse

    Gruppe als solche ganz oder teilweise zu vernichten", wie es in der

    UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords vom

    Dezember 1948 heißt. Bei seinem mörderischen Angriff auf Gaza hat Israel

    diese Absicht lautstark verkündet. Der israelische Verteidigungsminister

    Yoav Gallant erklärte am 9. Oktober unmissverständlich: "Wir verhängen

    eine vollständige Belagerung über Gaza. Kein Strom, keine Lebensmittel,

    kein Wasser, kein Treibstoff. Alles ist geschlossen. Wir kämpfen gegen

    menschliche Tiere, und wir werden entsprechend handeln." Führende

    westliche Politiker verstärkten diese rassistische Rhetorik, indem sie

    den Massenmord der Hamas an israelischen Zivilisten - ein

    Kriegsverbrechen nach internationalem Recht, das in Israel und in der

    ganzen Welt zu Recht Entsetzen und Schock auslöste - als einen "Akt des

    schieren Bösen" bezeichneten, wie US-Präsident Joe Biden sagte, oder als

    einen Schritt, der ein "uraltes Übel" widerspiegelt, wie es die

    Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen ausdrückte.

    Diese entmenschlichende Sprache dient eindeutig dazu, die weitreichende

    Zerstörung palästinensischen Lebens zu rechtfertigen; die Behauptung des

    "Bösen" verwischt in ihrer Absolutheit die Unterscheidung zwischen

    militanten Hamas-Kämpfern und der Zivilbevölkerung des Gazastreifens und

    verdeckt den breiteren Kontext von Kolonisierung und Besatzung.


    Die UN-Völkermordkonvention listet fünf Taten auf , die unter ihre

    Definition fallen. Israel begeht derzeit drei davon in Gaza: „1.

    Mitglieder der Gruppe töten. 2. Den Mitgliedern der Gruppe schwere

    körperliche oder geistige Schäden zufügen. 3. Der Gruppe absichtlich

    Lebensbedingungen aufzuerlegen, die geeignet sind, ihre physische

    Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen.“


    Die israelische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben bisher mehr als 6.000

    Bomben auf den Gazastreifen abgeworfen, der eines der am dichtesten

    besiedelten Gebiete der Welt ist - fast so viele Bomben wie die USA in

    ihrem rekordverdächtigen jahrelangen Krieg auf ganz Afghanistan

    abgeworfen haben. Human Rights Watch hat bestätigt, dass unter den

    eingesetzten Waffen auch Phosphorbomben waren, die Körper und Gebäude in

    Brand setzen und Flammen erzeugen, die auch bei Kontakt mit Wasser nicht

    verlöschen. Dies zeigt deutlich, was Gallant mit "entsprechend handeln"

    meint: nicht auf einzelne Hamas-Kämpfer zielen, wie Israel behauptet,

    sondern tödliche Gewalt gegen die Palästinenser in Gaza "als solche"

    entfesseln, in der Sprache der UN-Völkermordkonvention. Israel hat

    außerdem seine 16-jährige Belagerung des Gazastreifens - die längste in

    der modernen Geschichte - unter eindeutiger Verletzung des humanitären

    Völkerrechts zu einer "vollständigen Belagerung", wie Gallant es

    ausdrückt, verschärft. Diese Wendung deutet explizit auf einen Plan hin,

    die Belagerung zu ihrem endgültigen Ziel der systematischen Zerstörung

    der Palästinenser und der palästinensischen Gesellschaft in Gaza zu

    bringen, indem sie getötet, ausgehungert, von der Wasserversorgung

    abgeschnitten und ihre Krankenhäuser bombardiert werden.


    Es sind nicht nur die Führer Israels, die eine solche Sprache verwenden.

    Ein Interviewpartner des pro-Netanyahu-Kanals 14 forderte Israel auf,

    „Gaza in Dresden zu verwandeln“. Channel 12, Israels meistgesehener

    Nachrichtensender, veröffentlichte einen Bericht über linksgerichtete

    Israelis, die dazu aufriefen, „auf dem ehemaligen Gazastreifen zu

    tanzen“. Mittlerweile sind genozidale Verben – Aufrufe zur „ Auslöschung

    “ und „ Plättung “ von Gaza – in den sozialen Medien Israels

    allgegenwärtig geworden . In Tel Aviv hing an einer Brücke ein

    Transparent mit der Aufschrift „ Zero Gazans “.


    Tatsächlich ist Israels völkermörderischer Angriff auf Gaza ziemlich

    deutlich, offen und unverschämt. Völkermordtäter bringen ihre Absichten

    in der Regel nicht so deutlich zum Ausdruck, obwohl es Ausnahmen gibt.

    Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verübten beispielsweise deutsche

    Kolonialbesatzer einen Völkermord als Reaktion auf einen Aufstand der

    indigenen Herero- und Nama-Bevölkerung im Südwesten Afrikas. Im Jahr

    1904 erließ General Lothar von Trotha, der deutsche Militärbefehlshaber,

    einen „Vernichtungsbefehl“, der mit der Begründung eines „Rassenkrieges“

    begründet wurde. Bis 1908 hatten die deutschen Behörden 10.000 Nama

    ermordet und ihr erklärtes Ziel, „die Herero zu vernichten“, erreicht,

    indem sie 65.000 Herero, 80 % der Bevölkerung, töteten. Gallants Befehle

    vom 9. Oktober waren nicht weniger deutlich. Israels Ziel ist es, die

    Palästinenser in Gaza zu vernichten. Und diejenigen von uns, die auf der

    ganzen Welt zuschauen, sind ihrer Verantwortung nicht nachgekommen, sie

    daran zu hindern.


    Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass

    Israel diese Woche mehr Bomben auf Gaza abgeworfen habe, als die USA in

    jedem einzelnen Jahr ihres Krieges dort auf Afghanistan abgeworfen

    hätten. Tatsächlich haben die USA sowohl 2018 als auch 2019 mehr als

    7.000 Bomben auf Afghanistan abgeworfen; Zum Zeitpunkt der

    Veröffentlichung hatte Israel in weniger als einer Woche schätzungsweise

    6.000 Bomben auf Gaza abgeworfen.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    Seite 426 von 809

    < 1 2 3 4 .. 10 .. 20 .. 30 .. 100 .. 200 .. 300 .. 400 .. 410 .. 420 .. 423 424 425 426 427 428 429 430 .. 440 .. 450 .. 500 .. 600 .. 700 .. 780 .. 790 .. 800 .. 806 807 808 809 >