Syrien-Politik: EU-Staaten fordern Kurswechsel
aus e-mail von Doris Pumphrey, 8. Juni 2024, 13:28 Uhr
_Berliner Zeitung 7.6. 2024
_*EU-Staaten fordern Kurswechsel in der Syrien-Politik
*Eine Gruppe von EU-Staaten: Man müsse erkennen, dass man mit der
aktuellen Syrien-Politik „auf dem Holzweg“ sei.
Einige Mitgliedsstaaten wollen einen Kurswechsel in der Syrien-Politik
der EU: „Gemeinsam mit einer Handvoll anderer Staaten bereiten wir einen
Vorschlag vor, wie wir nach 13 Jahren eine neue Politik gegenüber Syrien
beginnen wollen“, sagte der österreichische Außenminister Alexander
Schallenberg am Freitag bei einem Pressegespräch in der österreichischen
Botschaft in Berlin.
Schallenberg sagte, der syrische Präsident Bashar al-Assad „sitzt fester
im Sattel denn je, wir müssen uns dieser Realität stellen, wir brauchen
eine offene Diskussion ohne Scheuklappen zu Syrien“. Die EU müsse
erkennen, dass man mit der aktuellen Syrien-Politik „auf dem Holzweg“
sei: „Wir können nicht weitere Jahrzehnte sagen, Assad muss weg.“ Man
müsse mit Regierungen und Regimes kooperieren, auch wenn der Westen
andere Werte hochhalte. Schallenberg: „Wir werden auch mit Russland
zusammenarbeiten müssen.“ Die Annäherung soll laut Schallenberg noch
nicht so weit gehen, dass die drakonischen Maßnahmen der EU gegen Syrien
aufgehoben werden.
Die Sanktionen schaden nach Ansicht von Menschenrechtsorganisationen und
Kirchen in Syrien vor allem der Zivilbevölkerung. Alena Douhan, eine
unabhängige UN-Menschenrechtsexpertin, schrieb nach einem Besuch in
Syrien im November 2022 laut dem Magazin Jacobin: „Die Blockierung von
Bankzahlungen und die Verweigerung von Lieferungen durch ausländische
Produzenten, gepaart mit begrenzten Devisenreserven aufgrund der
Sanktionen, haben zu schweren Engpässen bei Medikamenten und
spezialistischer medizinischer Ausrüstung geführt, insbesondere bei der
Behandlung chronischer und seltener Krankheiten.“ Laut Jacobin leben
derzeit 90 Prozent der Menschen in Syrien unterhalb der Armutsgrenze und
haben nur begrenzten Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser, Strom,
Medikamenten, Koch- und Heizmaterial.
Österreich will gemeinsam mit anderen Ländern zunächst einen Entwurf für
eine neue Syrien-Politik vorlegen. Der Entwurf soll möglichst noch vor
dem Sommer im Rat der Außenminister diskutiert werden.
Es gebe, so Außenminister Schallenberg, in Syrien bereits zahlreiche
Landstriche, wo keine Kampfhandlungen mehr stattfinden. Dorthin sollten
Flüchtlinge zurückkehren können. Der Krieg in Syrien ist laut
Schallenberg auch ein „Stellvertreterkrieg mit Staaten wie Russland,
Iran und den USA“. Betroffen sind von den Flüchtlingsbewegungen aus
Syrien vor allem die südeuropäischen Staaten. Die Lage habe sich
inzwischen verschärft: Neulich hätten ihm Amtskollegen aus Süd- und
Mittelamerika erzählt, dass Tausende Syrer versuchten, über die Karibik
nach Ecuador und Mexiko und von dort weiter in die USA zu gelangen.
Schallenberg sagte, auch der Libanon sei betroffen: Millionen Syrer
lebten als Flüchtlinge im Libanon ohne Perspektive. Dies führe auch
deshalb zu sozialen Spannungen, weil Flüchtlinge Hilfsgelder in Dollar
ausbezahlt bekämen, während die libanesische Bevölkerung unter einer
massiven Inflation der Landeswährung leide. Schallenberg sieht die
Gefahr, dass die Lage auch in Jordanien eskalieren könne, wo ebenfalls
viele Syrer als Flüchtlinge leben. Sowohl der Libanon als auch Jordanien
könnten mit einer neuen EU-Politik in die Lage versetzt werden, in
Syrien mehr humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit zu ermöglichen.
Eine Veränderung der Zusammenarbeit sei auch vor dem Hintergrund der
Gewalttaten von Migranten aus Syrien und Afghanistan notwendig, sagte
Schallenberg. Wenngleich er betonte, dass es die Überlegungen über eine
pragmatischere Syrien-Politik der EU schon länger gebe, so sei doch
festzuhalten: „Wir alle stehen unter dem Schock des schrecklichen
Angriffs von Mannheim“, so der österreichische Außenminister, der sich
am Freitag in Berlin unter anderem mit Kanzleramtsminister Wolfgang
Schmidt traf. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte in dieser Woche
angekündigt, Abschiebungen von straffällig gewordenen Migranten auch
nach Afghanistan und Syrien durchführen zu wollen. „Das unterstützen wir
voll und ganz. Das ist eine wichtige Bewegung“, so Schallenberg.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.