aus e-mail von Clemens Ronnefeldt, vom 30. Oktober 2024, 18:57 Uhr
Liebe Friedensinteressierte,
nachfolgend einige Informationen zu
den Kriegen in der Ukraine und in
Westasien - heute mit Schwerpunkt
Israel und Palästina:
1. n tv: Reaktion auf Nordkoreas Kräfte - Strack-Zimmermann will "NATO-Soldaten in Ukraine-Uniform"
2. n tv: Nach Tomahawk-Bericht: Selenskyj kritisiert mangelnde Vertraulichkeit unter Partnern
3. SZ: Naher Osten: Netanjahu zerstört auch Israel
4. MEE: Was ist Israels "Generals"-Plan und was bedeutet das für den Krieg gegen Gaza?
5. taz: Siedlungsbau im Westjordanland - Zwischen den Fronten
6. Eurotopics: Was bedeutet das Verbot des UN-Palästina-Hilfswerks?
7. ARD: Krieg im Libanon: Raketen auf Zivilisten (Bericht über das „Haus des Friedens“)
8. RND: Weiter keine deutschen Kriegswaffen für Israel
9. taz: Israelische Kriegsdienstverweigerer - Nicht mehr ihr Krieg
10. taz: Israelische Staatsbürger*innen rufen zu wirksamem internationalem Druck für einen sofortigen Waffenstillstand auf
11. Standing Together
12. IPG: Koalition der Mittelmächte
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1. n tv: Reaktion auf Nordkoreas Kräfte - Strack-Zimmermann will "NATO-Soldaten in Ukraine-Uniform“
https://www.n-tv.de/politik/Strack-Zimmermann-will-NATO-Soldaten-in-Ukraine-Uniform-article25314406.html
Politik
Reaktion auf Nordkoreas Kräfte
Strack-Zimmermann will "NATO-Soldaten in Ukraine-Uniform"
25.10.2024, 10:46 Uhr
Bis zu 12.000 Nordkoreaner sollen sich in Russland auf einen Einsatz
in der Ukraine vorbereiten. Verteidigungsexpertin Strack-Zimmermann
spricht angesichts dieser Entwicklung von einer "Achse des Bösen". Sie
fordert eine Kriegsbeteiligung der NATO.
Angesichts von Tausenden nordkoreanischen Soldaten, die sich in
Russland auf einen Kriegseinsatz in der Ukraine vorbereiten, fordert
Marie-Agnes Strack-Zimmermann eine Reaktion der NATO. "Wir haben es
hier mit einer unvorstellbaren Provokation der freien westlichen Welt
gegenüber zu tun. Die Achse des Bösen ist aktiv", so die
FDP-Politikerin zur "Rheinischen Post". Es sei "keine Frage einzelner
Nationen. Die NATO muss reagieren." Sie sprach weiter davon, dass es
die "große, erste Herausforderung für den neuen NATO-Generalsekretär
Marc Rutte" sei.
"Wir" dürften so etwas nicht zulassen, sagte die Verteidigungsexpertin
weiter. "Wer garantiert uns denn, dass nicht in wenigen Jahren
nordkoreanische Soldaten im Baltikum eingesetzt werden?" Die westliche
Welt müsse eine Antwort auf diese Frage finden. "Und sei's, dass jedem
nordkoreanischen Soldaten in russischer Uniform ein NATO-Soldat in
ukrainischer Uniform gegenübersteht."
Damit sprach sich Strack-Zimmermann für den aktiven Einsatz der
internationalen Truppen im Kriegsgebiet aus. Auch die deutsche
Bundeswehr wäre dann gefordert. Ob die Vorsitzende des
Verteidigungsausschusses im Europaparlament den Eintritt der Ukraine
in die NATO dafür nötig hält, konkretisierte sie jedoch nicht.
"Putin eskaliert jeden Tag"
"Wir haben es bei Wladimir Putin mit jemandem zu tun, der jeden Tag
eskaliert", warnte sie zuvor bei ntv. "Wir müssen resilient sein und
wir müssen klar sein, dass wir bereit sind, uns zu wehren." Dass jetzt
bis zu 12.000 Nordkoreaner in Russland ausgebildet werden, um gegen
die Ukraine und die westliche Welt zu kämpfen, sei "eine weitere
Eskalation Putins".
Es sei nicht sinnvoll, wenn man wegschaue "und dann passiert nichts":
"Wladimir Putin muss wissen, dass wir nicht nur willens, sondern auch
fähig sind, uns zu verteidigen", so Strack-Zimmermann weiter. Der
russische Präsident täte gut daran, "nicht mal darüber nachzudenken,
uns anzugreifen".
Europa würde sicherer werden, wenn die NATO der Ukraine zur Seite
stünde. Die Abgeordnete bekräftigte bei ntv weiter, dass es sinnvoll
wäre, die Luft-Boden-Raketen "Taurus" an die Ukraine zu liefern. Sie
hofft, dass Friedrich Merz, der sich zuletzt ebenso dafür aussprach,
sich innerhalb der CDU weiter für die Lieferung einsetzt. In den
Ost-Bundesländern würde er jedoch auf Widerstand treffen.
Quelle: ntv.de, mpa
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2. n tv: Nach Tomahawk-Bericht: Selenskyj kritisiert mangelnde Vertraulichkeit unter Partnern
https://www.n-tv.de/politik/17-33-Selenskyj-Haben-nur-zehn-Prozent-von-zugesagter-US-Hilfe-erhalten--article23143824.html
30.10.2024
15:40 Nach Tomahawk-Bericht: Selenskyj kritisiert mangelnde Vertraulichkeit unter Partnern
Der ukrainische Präsident Selenskyj deutet an, die USA um
Tomahawk-Marschflugkörper gebeten zu haben. Bei einer Pressekonferenz
vor Journalisten der nordischen Länder am Dienstag spricht er über
entsprechende Medienberichte. "Sie sagen, dass die Ukraine viele
Raketen haben will, wie Tomahawks und so weiter. Aber es handelte sich
um vertrauliche Informationen zwischen der Ukraine und dem Weißen Haus.
Wie sind diese Botschaften zu verstehen? Das bedeutet, dass es unter
Partnern keine Vertraulichkeit gibt." Die "New York Times" hatte am
Dienstag von einer entsprechenden Bitte berichtet, die in US-Kreisen
jedoch als unmachbar zurückgewiesen worden sei. Tomahawks haben eine
Reichweite von 2500 Kilometern, weiter als jede Rakete im
gegenwärtigen Arsenal der Ukraine. Etwa ab Minute 9.30 geht es in dem
Video der Pressekonferenz, das an diesem Mittwoch veröffentlicht
wurde, um die Tomahawsks.
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3. SZ: Naher Osten: Netanjahu zerstört auch Israel
https://www.sueddeutsche.de/meinung/benjamin-netanjahu-israel-hisbollah-gaza-westjordanland-libanon-hamas-kommentar-lux.NNCCnv64M27CzyUJfHCus1?reduced=truehttps://paxchristi.net/wp-content/uploads/2024/10/Joint-Statement-Open-Call-for-a-Ceasefire-in-Gaza-Lebanon-and-Israel-and-End-to-Impunity-October-2024.pdf
Naher Osten: Netanjahu zerstört auch Israel
23. Oktober 2024, 14:16 Uhr
Der Premier will den Krieg seiner Armee umbenennen in „Tekuma“, Wiedergeburt.
Dabei verfolgt er seit Jahren eine Strategie, die genau das Gegenteil davon ist.
Kommentar von Peter Münch <https://www.sueddeutsche.de/autoren/peter-muench-1.1143378>
(…)
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4. MEE: Was ist Israels "Generals"-Plan und was bedeutet das für den Krieg gegen Gaza?
https://www.middleeasteye.net/explainers/israel-gaza-palestine-what-generals-plan
Was ist Israels "Generals"-Plan und was bedeutet das für den Krieg gegen Gaza?
<https://www.middleeasteye.net/explainers/israel-gaza-palestine-what-generals-plan#main-content>
Die Strategie, die auch als Eiland-Plan bekannt ist, wurde in einem
Militärforum veröffentlicht, das die Bemühungen der Armee gegen
Palästina kritisiert. Warum wird jetzt diskutiert? Israels Krieg gegen
Gaza hat nun mehr als 42.000 Palästinenser in 12 Monaten getötet, ein
Ende ist nicht in Sicht.
In Israel gab es Unzufriedenheit über den mangelnden Fortschritt, da
Geiseln immer noch in der palästinensischen Enklave festgehalten
wurden und eine zweite Front für die überforderte israelische Armee
mit ihrer Invasion im Libanonim September eröffnet wurde.
Viele im israelischen Militär und anderswo suchen jetzt auf den
"Generalsplan ", auch bekannt als der Eiland-Plan, um die Niederlage
der Hamas zu sichern. Auf seinen einfachsten Vorschlag einer Gruppe
hochrangiger Reservisten beinhaltet die ethnisch Säuberung des
nördlichen Gazastreifens von Menschen und dann die Belagerung der
Region, einschließlich der Einstellung der Einreise humanitärer
Hilfsgüter, um jeden, der noch übrig geblieben ist, einschließlich
palästinensischer Kämpfer, auszuhungern.
Wer hat den Plan der Generale geschrieben?
Der Plan wurde Ende September 2024 vom Forum of Commanders and
Soldiers in the Reserves veröffentlicht, einer israelischen NGO, die
sich als Berufsgremium mit mehr als 1.500 Armeeoffizier definiert.
Das Forum sagt, dass es mit vier klaren Zielen etabliert wurde:
- Die Doktrin des Krieges ändern
- Übergang vom Konzept der Abschreckung zum Begriff der
Entschlossenheit
- Die Einführung von mehr offensiven Offizieren in den Generalstab,
der die Armee leitet
- Ein klarer Sieg gegen den Feind in allen Sektoren
Die Gruppe kritisiert die Strategie der israelischen Armee in Gaza
seit Oktober 2023 und ihr Versäumnis, ihre Kriegsziele zu erreichen.
Wer ist Giora Eiland?
Die zentrale Figur hinter dem Plan ist Giora Eiland, eine pensionierte
Generalreserve, die Leiter der Operationen und Planungsabteilungen der
Armee war und später den Nationalen Sicherheitsrat leitete. (…)
Wie reagierte es in Israel auf den Plan der Generale?
Die Idee hinter dem Plan, nämlich Palästinenser, die aus ihrem Land
vertrieben wurden, war bei der Rechten in Israel immer beliebt.
Sicherlich ist diese Massenbewegung der Bevölkerung des Gazastreifens
seit Beginn des Krieges eines der erklärten Ziele und zentralen Ziele Israels.
Die Ausweisung der palästinensischen Bevölkerung wurde wiederholt in
Erklärungen von rechtsgerichteten israelischen Regierungsführern
gefordert, darunter Finanzminister Bezalel Smotrich und
Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir.
Im Oktober 2023 veröffentlichte das israelische
Geheimdienstministerium unter der Leitung von Gila Gamliel ein
Dokument, in dem es "die Evakuierung der Gaza-Bevölkerung in den
Sinai... empfiehlt, die Bevölkerung nicht zu Aktivitäten oder Wohnsitz
in der Nähe der israelischen Grenze zurückzukehren".
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5. taz: Siedlungsbau im Westjordanland - Zwischen den Fronten
https://taz.de/Siedlungsbau-im-Westjordanland/!6043087/
Siedlungsbau im Westjordanland
Zwischen den Fronten
Im Westjordanland kämpfen christliche Palästinenser*innen dagegen, dass ihr Land enteignet wird.
Ein Besuch bei Familien, die bleiben wollen.
27.10.2024 9:09 Uhr
Von Mirco Kellert
(…)
Am 31. Juli wurde die palästinensische Familie von ihrem 5.000
Quadratmeter großen Grundstück in Battir vertrieben. Frühmorgens
tauchte eine Gruppe junger Siedler auf, wortlos tauschten sie das
Eingangstor des Grundstücks mitsamt Schloss aus und besetzten das Gelände.
Soldaten begleiteten die Eindringlinge, ebenso der Bürgermeister der
benachbarten jüdischen Siedlung Gusch Etzion. Anfang Oktober kamen sie
mit Bulldozern wieder und rissen das Haus nieder.
Was Familie Kisiya widerfuhr, ist Teil eines größeren Vorhabens: Im
Schatten des Gaza- und Libanonkriegs weitet die israelische Regierung
den Siedlungsbau aus. Auf einer ultranationalistischen Konferenz an
der Grenze zum Gazastreifen sagte der rechtsextreme Minister für
nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, am Montag:
„Wenn wir es wollen, können wir die Siedlungen im Gazastreifen
erneuern.“ Auch Mitglieder der Likud-Partei von Benjamin Netanjahu
waren dabei. Im Jordantal erklärte Finanzminister Bezalel Smotrich im
September 1.270 Hektar, eine Fläche knapp viermal so groß wie der
Central Park in New York, zu sogenanntem Staatsland.
Rund um Bethlehem stehen nun christliche Palästinenser*innen im
Visier der Siedler. Denn ihre Grundstücke auf Berghängen und
ertragreichen Böden stehen Smotrichs Plan im Weg, jüdische Siedlungen
durch Expansion zu verbinden. In Beit Jala versuchen Familie Kisiya
und ihre Unterstützer*innen, mit einer Kampagne und einem Protestcamp
gegen die Konfiszierung des Landes vorzugehen. (…)
An diesem Oktobertag sind Menschenrechtsaktivist*innen aus dem
Norden der Westbank angereist, aber auch aus Tel Aviv. Auf Instagram
hat Alice Kisiya den Protest ihrer Familie weltweit bekannt gemacht.
Nun wartet die 30-Jährige zusammen mit Freunden und Aktivistinnen auf
einen Beschluss des Distriktgerichts in Jerusalem. Dieser wird die
Rückkehr der Familie ermöglichen – oder sie endgültig aus dem Tal
vertreiben. Zur Zeit wohnt die Familie in einem angemieteten Haus.
Mehrere Nachbar*innen konnten dem Druck der nur wenige Kilometer
entfernt lebenden Siedler*innen nicht standhalten. In den letzten
Monaten tauchten immer wieder Bewaffnete oder Patrouillen der
israelischen Armee auf ihren Grundstücken auf, berichten sie.
Viele im Tal haben ihr Land daher verkauft, andere sind vorübergehend
weggezogen. Doch das Grundstück der Kisiyas liegt wie ein Sperrriegel
zwischen einem erst kürzlich von Israels Finanzminister Smotrich
eröffneten, ausschließlich für Israelis gebauten Wohngebiet oberhalb
von Battir und den alten, bereits zu Städten gewordenen Siedlungen aus
den letzten Jahrzehnten.
Seelenruhig fahren einige Siedler, sie scheinen noch nicht volljährig
zu sein, in einem elektrischen Golfwagen am Zelt vorbei. In Bethlehem
decken sie sich mit Lebensmitteln ein. Nach den Handgreiflichkeiten
der ersten Tage nach der Vertreibung setzen Besatzer und Vertriebene
auf Distanz, denn wer im Tal das Sagen hat, ist eindeutig: Die Siedler
haben automatische M16-Schnellfeuergewehre geschultert.
(…)
Wut auf die Besatzer*innen ihres Grundstücks spürt Alice Kisiya
nicht. „Es sind minderjährige Jungs“, sagt Kisiya, die vom Anführer
der Gruppe, einem Argentinier namens Gacha, benutzt würden. „In den
ersten Tagen der Besetzung haben sie uns nach Essen gefragt, oft waren
sie betrunken“.
Wütend sei Kisiya vielmehr auf die Lobbyorganisation „Jewish National
Fund“ (JNF), die weltweit Spenden für Umwelt- und Naturschutz in
Israel sammelt. „Tatsächlich aber finanziert der JNF über Tochterfirmen
im Westjordanland den Ausbau der Siedlungen“, sagt Kisiya.
„Gesetze sind machtlos gegenüber den Plänen der Nationalisten“
Im Februar hatten israelische Medien berichtet, dass das Management
des JNF nun vorhabe, Grundstücke im Westjordanland für die Erweiterung
von jüdischen Siedlungen anzukaufen. Nach ähnlichen Vorwürfen
israelischer Menschenrechtsorganisationen hat die kanadische Regierung
im Sommer den JNF auf ihre Sanktionsliste genommen.
Die Besetzer von Familie Kisiyas Land begründen ihre Übernahme mit
einem vermeintlichen Richterspruch. „Sie sagen, sie hätten ein
Gerichtsurteil, das ihnen nach über 55 Jahren ihren Besitz wieder
gebe“, sagt Alice Kisyia. „Sie behaupten, meine Familie hätte das
damals von der JNF gekaufte Grundstück besetzt, aber konnten weder uns
noch unserem Rechtsanwalt irgendwelche Beweise dafür vorlegen. Wir
hingegen haben unsere Besitzdokumente offengelegt.“
Als Palästinenserin mit israelischem Pass habe sie sich bisher
irgendwie geschützt gefühlt, sagt Alice Kisiya. „Aber nun zeigt sich,
wie machtlos die Gesetze gegenüber den Plänen der Nationalisten sind.“
(…)
„Dahers Weingarten“ hat das Ehepaar Nassar ihr 10 Hektar großes
Grundstück hier oben genannt. Namensgeber war der Urgroßvater von
Daoud Nassar, der das Grundstück 1924 bei den britischen Behörden
registrieren ließ. Die Nassars sind eine der wenigen Familien im
Westjordanland, die Besitzdokumente im Original aus osmanischer und
britischer Kolonialzeit vorweisen können.
Dennoch müssen sich die Nassars vor israelischen Militärgerichten
gegen ihre Enteignung wehren, seit 30 Jahren. Die israelische Behörde
COGAT, die für „Palästinenserangelegenheiten“ zuständig ist, hat das
Gebiet rund um Nahalin verstaatlicht. „Ziel ist es, die umliegenden
Siedlungsblöcke aus kleineren Einheiten zu einer zusammenhängenden
Stadt zu formen,“ glaubt Daoud Nassar.
Immer wieder tauchen Siedler aus der direkt unterhalb von „Dahers
Weingarten“ gebauten Tora-Schule auf und beschimpfen das Ehepaar und
ihre drei Kinder. „Manchmal schaue ich nachts in die Gewehrläufe einer
Armeepatrouille, die sich auf unser Privatgrundstück verirrt hat“,
sagt die 50-jährige Amal Nassar, Daouds Frau und Mitstreiterin.
Über 50 Gerichtstermine hat die Familie bereits hinter sich. Die
nächste Entscheidung darüber, ob das Grundstück wieder auf ihren Namen
registriert werden kann oder ob sie gehen müssen, findet am 18.
Dezember vor einem Militärgericht statt.
Amal Nassar wirkt ähnlich entschlossen wie Alice Kisiya. Die Angst vor
Angriffen durch Siedler*innen ist auf „Dahers Weingarten“ Alltag.
„So profan es klingt: Wir halten dem Druck nur deswegen stand, weil
wir uns weigern, Feinde zu sein“, sagt die gläubige Christin und zeigt
auf das Kreuz, das über der Veranda ihres Steinhauses hängt.
„Wir weigern uns, den Hass zu empfinden, der uns von den Siedlern
entgegenschlägt. Als unsere Olivenbäume von einem Bulldozer zerstört
wurden, haben wir eben neue gepflanzt.“
Ein Grund, warum das Ehepaar Nassar noch in Nahalin ausharrt, ist ihr
Projekt „Zelt der Nationen“, mit dem sie aus ihrem landwirtschaftlichen
Betrieb ein internationales Austauschprojekt gemacht haben.
2001 haben die Nassars damit eine lang gehegte Idee von Amals Vater
umgesetzt, erzählt sie: „Als mein Vater 1976 starb, hatte er
Jahrzehnte lang nur Konflikte erlebt. Es war seine Idee, einen Ort zu
schaffen, an dem Dialog und Versöhnung auf lokaler und internationaler
Ebene stattfinden kann.“
Über ihre Webseite „Tent of Nations“ melden sich seitdem Freiwillige
aus der ganzen Welt und verbringen zwischen ein und drei Wochen mit
den Nassars. Fünf Gäste aus den Niederlanden, Frankreich, Belgien und
Kanada helfen derzeit beim Bewässern der Felder.
„In den ersten Jahren organisierten wir Seminare über das friedliche
Miteinander der Religionen in Palästina“, erinnert sich Amal. „Jetzt
geht es darum, dass die Nassars nicht vertrieben werden“, fällt ihr
Marianne aus Rotterdam ins Wort. Die 64-Jährige ist das dritte Mal in
„Dahers Weingarten“.
Die Nassars sind sich sicher: Ohne die Anwesenheit internationaler
Gäste hätten die Siedler das Gelände bereits übernommen. Die An- und
Abreisen organisieren die Gäste mittlerweile unter sich. „Die Nassars
dürfen keine einzige Minute hier alleine sein“, sagt Marianne. (…)
Amal Nassar will trotzdem nicht aufgeben. „Wir können uns der
Intoleranz nicht beugen“, sagt sie. Sie hat Hoffnung. „Unser Projekt
soll ein Beweis dafür sein, dass in Palästina alle friedlich zusammen
leben könnten, wenn es den Willen der politisch Verantwortlichen gäbe.“
In Beit Jala will auch Alice Kisiya weiter protestieren. Ab und zu
beobachtet sie im Morgengrauen die Besatzer ihres Hauses aus der
Ferne: „Ich sehe auch die jungen Siedler nicht als meine Gegner, auch
sie sind Opfer. Sie werden im Namen einer Ideologie
instrumentalisiert, die sich gegen alles richtet, was diesen Flecken
Erde so einzigartig gemacht hat.“
——
6. Eurotopics: Was bedeutet das Verbot des UN-Palästina-Hilfswerks?
https://www.eurotopics.net/de/328622/was-bedeutet-das-verbot-des-un-palaestina-hilfswerks
30. Oktober 2024
Was bedeutet das Verbot des UN-Palästina-Hilfswerks?
Israel hat dem Palästinenserhilfswerk UNRWA seine Arbeit auf
israelischem Territorium ab dem nächsten Jahr verboten. Der Beschluss
der Knesset könnte das Leben in den Palästinensergebieten erheblich
erschweren, da Israel die Grenzen dorthin kontrolliert. Kommentatoren
hinterfragen die Terrorvorwürfe gegen die Organisation und beleuchten
Hintergründe.
Le Temps (CH) / 29. Oktober 2024
Frontal gegen die UN-Charta
Israel vollzieht einen radikalen Bruch mit der internationalen
Gemeinschaft, urteilt Le Temps:
„Das ist der Höhepunkt einer Kriegserklärung, die sich nicht nur gegen
die Palästinenser richtet, von denen Millionen von der UN-Organisation
abhängen, sondern auch gegen das internationale System. Ihre Umsetzung
lässt Israel die UN-Charta frontal brechen. ... Die USA, aber auch die
meisten westlichen Länder, darunter Frankreich und Deutschland, hatten
die israelischen Behörden vor der Versuchung gewarnt, diesen Schritt
zu tun, der Israel noch stärker in den Status eines Pariastaats
hinsichtlich des internationalen Rechts treibt. Vergeblich.“
—
Der Standart (A) / 29. Oktober 2024
Populismus auf dem Rücken der Schwächsten
Der Standard hält nichts von dem Vorhaben der Knesset:
„Die von Israel erhobenen Terrorvorwürfe rund um den 7. Oktober 2023
betreffen einen verschwindend geringen Teil der Mitarbeiter, die UN
haben vor Monaten deshalb Entlassungen durchgeführt. Andere Vorwürfe
können Grund für Kritik und Ermittlungen sein, rechtfertigen aber kein
Verbot, das nun die gesamte humanitäre Hilfe für den Gazastreifen
gefährdet. … Das UNRWA-Verbot ist Populismus auf dem Rücken der
Schwächsten. Und es passt in ein Bild, das Israel von der Welt, von
internationalen Institutionen zeichnet: Die UN, Hilfsorganisationen,
Gerichte – sie alle sollen sich angeblich gegen Israel verschworen
haben und dessen Kampf gegen den Terror behindern.“
——
(…)
Süddeutsche Zeitung) (DE) / 29.10.2024
Könnte am Ende "Groß-Israel" stehen?
Für die Süddeutsche Zeitung liegt der Gedanke nahe, dass zumindest
Teile der israelischen Führung ein weitreichendes Ziel verfolgen:
„Palästinensisches Leben in den besetzten Gebieten – also in Gaza, dem
Westjordanland und in Ostjerusalem – soll unerträglich gemacht werden.
Wer dies zusammen mit der fast völligen Zerstörung des Gazastreifensim
Kampf gegen die Hamas und mit der von der Regierung Benjamin Netanjahu
immer rascher vorangetriebenen Siedlungsbewegung im Westjordanland
betrachtet, muss den Verdacht hegen, dass am Ende all dessen die
Vision eines Groß-Israel steht. ... Dass das Anti-UNRWA-Gesetz nun
Zuspruch von Regierungsparteien und Opposition bekommen hat, zeigt,
dass dies nicht mehr völlig undenkbar ist.“
—
DE VOLKSKRANT (NL) / 30. OKTOBER 2024
Westen muss nun eingreifen
Die internationale Gemeinschaft darf nicht weiter passiv zuschauen,
fordert De Volkskrant:
„Die legitime Selbstverteidigung Israels gegen die Hamas ist schon
längst zu einer kollektiven Bestrafung der Palästinenser in Gaza
geworden, zum Verstoß gegen das internationale Recht. ... Die USA und
Europa müssen mit Sanktionen deutlich machen, dass sie die immer
weiter zunehmende Radikalisierung der israelischen Politik gegen die
Palästinenser nicht länger tolerieren. Die internationale Gemeinschaft
kann nicht länger passiv zuschauen, wie sich die Lage im Gazastreifen
weiter verschlechtert.“
—————
7. ARD: Krieg im Libanon: Raketen auf Zivilisten (Bericht über das „Haus des Friedens“)
https://www.ardmediathek.de/video/monitor/krieg-im-libanon-raketen-auf-zivilisten/das-erste/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLXNvcGhvcmEtZjMyMGExOTUtNDQ4MS00MWZhLTg0N2MtNzY1ZWI5M2M3Njhm
Krieg im Libanon: Raketen auf Zivilisten
24.10.2024 ∙ Monitor ∙ Das Erste
MONITOR-Reporter:innen haben einen Fall genau untersucht. Bei einem
Angriff Israels auf ein deutsch-libanesisches Begegnungszentrum starben
sechs Menschen. Nimmt die israelische Armee keine Rücksicht auf Zivilisten?
—
Dazu die Initiative zum Wiederaufbau dieses Begegnungszentrums:
https://frieden-libanon.de/wp-content/uploads/2024/10/2024_10_15_Spendenaufruf.pdf
Spendenaufruf: Dar Assalam im Libanon braucht Ihre Hilfe
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8. RND: Weiter keine deutschen Kriegswaffen für Israel
https://www.rnd.de/politik/israel-weiter-keine-deutschen-kriegswaffen-nur-sonstige-ruestungsgueter-YJSAOEI4ZFKZXDOYC6AQKC47CA.html
Rüstungsexporte in den Nahen Osten
Weiter keine deutschen Kriegswaffen für Israel
Israel erhält zwar wieder in größerem Umfang Rüstungsgüter aus
Deutschland. Aber eine Kategorie bleibt außen vor. Dies sorgt bei der
Opposition für Verstimmung.
29.10.2024, 07:20 Uhr
Berlin. Die Bundesregierung genehmigt zwar wieder in größerem Stil
Rüstungslieferungen an Israel, Kriegswaffen sind aber weiterhin nicht
dabei. Bei den vom 1. August bis 17. Oktober erlaubten Exporten im
Wert von 94,05 Millionen Euro handele es sich ausschließlich um
„sonstige Rüstungsgüter“, heißt es in einer Antwort des
Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der
BSW-Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen, die der Deutschen
Presse-Agentur vorliegt.
Das bedeutet, dass die Bundesregierung insgesamt seit Anfang März
keine Lieferung von Kriegswaffen mehr genehmigt hat. Sie hat aber
immer betont, dass es keinen generellen Exportstopp dafür gibt,
sondern im Einzelfall entschieden wird.
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9. taz: Israelische Kriegsdienstverweigerer - Nicht mehr ihr Krieg
https://taz.de/Israelische-Kriegsdienstverweigerer/!6041576/
Israelische Kriegsdienstverweigerer
Nicht mehr ihr Krieg
130 israelische Deserteure erklären in einem gemeinsamen Brief, warum
sie sich weigern, weiter zu kämpfen. Die taz hat mit drei von ihnen
gesprochen.
25.10.2024 10:18 Uhr
Von Felix Wellisch aus Tel Aviv
Max Kresch will nicht mehr kämpfen. Der drahtige 28-Jährige steht auf
dem Vorplatz des Tel Aviver Kunstmuseums. Statt Uniform trägt er Jeans
und T-Shirt, vor dem nächsten TV-Interview steckt er sich eine gelbe
Schleife an den Kragen: das Symbol für die Forderung nach einer
Rückkehr der von der Hamas entführten Geiseln. „Für dieses Land und
diese Regierung bin ich nicht mehr bereit mein Leben zu opfern“, sagt er.
Zusammen mit ihm haben 129 andere Reservisten und Wehrdienstleistende
Anfang Oktober einen Brief unterschrieben, so lange nicht mehr zum
Dienst zu erscheinen, bis ein Abkommen zur Freilassung der Geiseln und
für ein Ende des Krieges geschlossen wird. Seitdem hört das Telefon
von Max Kresch kaum noch auf zu klingeln.
Dass 130 Soldaten ihren Dienst verweigern, während die Kämpfe gegen
die Hisbollah im Libanon immer mehr an Fahrt aufnehmen und ein Krieg
mit dem Iran jederzeit beginnen könnte, das sorgt für Diskussionen in
Israel. Israelische Medien haben Vorrang bei Interviewanfragen, sagt
Kresch in sein Handy. „Wir wollen laut sein und widersprechen, in
einer Zeit, in der viele es sich nicht trauen.“
Für die Armee kommt das zur Unzeit. Nach einem Jahr Krieg verweigerten
manche Reservisten im Stillen schon aus reiner Erschöpfung den Dienst,
teilt die Organisation Misvarot mit, die Verweigerer unterstützt. Seit
Kriegsbeginn sei die Zahl der Beratungsanfragen um das Vierfache
gestiegen, das Militärgefängnis für Deserteure überbelegt.
Und nun wollen 130 Kriegsdienstverweigerer über ihre Motivlage reden,
davon 64 mit vollem Namen: über das, was sie erlebt haben und über die
Krise, in der sie die Armee und deren Führung ein Jahr nach
Kriegsbeginn sehen.
Die israelische Armee ist auf Reservisten angewiesen, 220.000 von
ihnen wurden nach dem 7. Oktober mobilisiert. Zudem genießt sie über
alle politischen Gräben hinweg Vertrauen. Debatten über die Armee sind
in dem extrem militarisierten Land sensibel.
Fast alle sind sich einig: Ohne die Armee würde Israel im Nahen Osten
nicht lange existieren. Wer in den Monaten nach dem Hamas-Überfall mit
Israelis egal welcher politischen Ausrichtung sprach, bekam oft zu
hören: „Die Armee wird das Richtige tun.“
Doch genau daran zweifeln die Verweigerer nun. 130 Unterzeichner
klingen nach wenig, doch sie lassen erahnen, dass viele andere über
einen solchen Schritt zumindest nachdenken. „Für manche von uns ist
die rote Linie bereits überschritten, für andere kommt sie näher“,
heißt es in dem Brief.
Das bisherige Versagen der Regierung, die Geiseln zurückzubringen, sei
nur „the straw that broke the camels back“, also in etwa: der Tropfen,
der das Fass zum Überlaufen brachte, sagt Kresch. Die Unterzeichner
seien teils zermürbt von ihren Erlebnissen im Krieg, teils geschockt
von der politischen Stimmung in ihren Einheiten oder auch schlicht
desillusioniert von der Tatsache, dass das Ziel dieses Kriegs
zunehmend schwer auszumachen scheint.
„Wir, die wir mit Hingabe gedient und dabei unser Leben riskiert
haben, geben hiermit bekannt, dass wir unseren Dienst nicht fortsetzen
können“, schreiben sie.
Auf dem Platz vor dem Kunstmuseum lehnt sich Kresch, erschöpft
wirkend, in den weißen Plastikstuhl zurück und schaut hinüber zu
HaKirija, dem markanten Hochhaus des Verteidigungsministeriums, auf
dessen Dach ein Hubschrauberlandeplatz thront.
„Für mich ist nach dem 7. Oktober mein Glauben zerbrochen, dass die
Regierung dieses Land zu einem besseren Ort machen will.“
Kresch ist nicht unbedingt der Prototyp eines linken Pazifisten:
Aufgewachsen in den USA in einer religiös-zionistischen Gemeinde, zog
er 2014 im Alter von 18 Jahren aus Überzeugung nach Israel, seine
Eltern und Geschwister folgten. Er leistete seinen Wehrdienst in der
Spezialeinheit Egoz und verpasste seither keinen einzigen
Reservedienst. (…)
Extreme Empathielosigkeit
Manche Offiziere kritisieren laut Krieg, dass religiös-zionistische
Ideen inzwischen die Leitlinien für den Einsatz und das Verhalten der
Soldaten und Kommandeure am Boden beeinflussen würden. Im Januar
forderten laut dem Militärsoziologen Yagil Levy 90 Kommandeure von
Reservebataillonen die Armeeführung auf, in Gaza, im Libanon und im
Westjordanland nicht zu stoppen, bevor der „Sieg“ erreicht wäre.
Ihre Rhetorik trage zur Entmenschlichung von Palästinensern und zur
Geringschätzung des Völkerrechts bei, sagt Krieg. Moderate Israelis
würden dem oft wenig entgegensetzen, auch bei ihnen herrsche
spätestens seit dem 7. Oktober extreme Empathielosigkeit gegenüber
Palästinensern.
„All das ist nicht neu“, sagt Max Kresch auf dem Platz der Geiseln in
Tel Aviv. Er habe sich während seiner Reservedienste vor dem Krieg als
„Stimme der Vernunft“ gesehen, etwa bei Einsätzen im Westjordanland.
„Ich habe nicht erst nach dem 7. Oktober das erste Mal jemand von
‚menschlichen Tieren‘ sprechen hören, wenn es um Palästinenser ging“,
sagt Kresch.
Einmal, bei einem Einsatz vor zweieinhalb Jahren, holt seine Einheit
festgenommene Palästinenser aus Ramallah ab. Die Männer sind gefesselt
und tragen Augenbinden: „Wir wussten nicht, was sie getan hatten.“ Als
Kresch einen der Gefangenen im Transporter umsetzt, weil ihm Wasser
aus der Klimaanlage auf den Kopf läuft, fragt ihn einer der anderen
Soldaten verwundert, warum er „dieses Tier“ so menschlich behandelt.
Eine Woche nach der Veröffentlichung des Briefs hat Kresch das Militär
am Telefon. „Sie haben angefangen, mich und die anderen anzurufen“,
sagt er. Er sei gefragt worden, ob er seine Entscheidung zurücknehmen
wolle, andererseits könne es Konsequenzen haben. Manche habe das
verunsichert.
Ins Gefängnis sei bisher aber niemand gekommen, die Regierung wolle
wohl nicht noch zusätzliche öffentliche Aufmerksamkeit generieren,
vermutet Kresch.
Minister und Rechte hätten sie „erwartbar“ als Verräter beschimpft.
Darüber hinaus aber sei ihnen viel Verständnis entgegengebracht
worden. Kresch ermutigt das: „Nicht nur wir haben das Gefühl, dass mit
der Ablehnung eines Waffenstillstands und der Rückkehr der Geiseln ein
Versprechen zwischen der Regierung und den Menschen zerbrochen ist.“
Er habe dem Anrufer von der Armee gesagt, „dass sie uns ernst nehmen
müssen und dass wir nur die Spitze des Eisberges sind“. Denn
gefährlicher als jeder Gegner von außen seien Soldaten, die nicht mehr
wüssten, wofür sie kämpfen.
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