aus e-mail von Doris Pumphrey, 5. November 2024, 22:06 Uhr
Berliner Zeitung 5.11.2024
<https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/geopolitik/china-baut-megahafen-in-peru-usa-warnen-vor-militaerischer-bedrohung-li.2269156>
*China baut in Peru „Südamerikas Tor nach Asien“:
Verlieren die USA ihren Hinterhof?
*/Von Frederic Schnatterer
/Verfügt die Marine der chinesischen Volksarmee bald über einen eigenen
Hafen in Südamerika? Davor warnt zumindest die Chefin des Südkommandos
der US-Streitkräfte (SouthCom), Laura Richardson. Gegenüber der
Financial Times erklärte sie, der kurz vor seiner Einweihung stehende
„Megahafen“ in Chancay an der peruanischen Pazifikküste könnte auch von
chinesischen Kriegsschiffen angesteuert werden.
Richardson ist sich sicher: Die Volksarmee könne den Hafen „auf jeden
Fall nutzen“. Es handele sich um einen Tiefseehafen, der für
verschiedene Zwecke verwendet werden könne. Woher sie ihre Informationen
hat und wie wahrscheinlich eine militärische Nutzung ist, erklärte die
hochdekorierte Generalin jedoch nicht.
*Hafen in Peru ist Megaprojekt im Rahmen der Neuen Seidenstraße
*Das SouthCom ist in den US-Streitkräften für die Koordination und
Führung aller militärischen Operationen in Süd- und Mittelamerika sowie
der Karibik zuständig. Richardson steht seit 2021 an der Spitze des
Kommandos, übergibt ihr Amt jedoch in wenigen Tagen an Admiral Alvin Holsey.
Chancay liegt nur 80 Kilometer nördlich der peruanischen Hauptstadt
Lima. Wo vor wenigen Jahren noch ein unscheinbares Örtchen lag, baut das
chinesische Unternehmen Cosco Shipping Ports derzeit „Südamerikas Tor
nach Asien“. Bereits am 15. November soll der erste Abschnitt des
Megaprojekts von der peruanischen Interimspräsidentin Dina Boluarte und
ihrem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping eingeweiht werden. Investiert
werden hier insgesamt rund 3,5 Milliarden US-Dollar.
Mit dem Hafen in Chancay wolle Peru „das Singapur Lateinamerikas
werden“, erklärte der Verkehrsminister des Landes, Raúl Pérez Reyes, vor
wenigen Tagen. „Wenn jemand aus Brasilien, Venezuela, Bolivien, Paraguay
oder Argentinien nach Asien will, wird er Peru als Ausgangshafen
betrachten. Das ist unser Ziel.“ Dadurch, dass der Hafen eine Tiefe von
60 Metern haben und über vier Kais mit einer Gesamtlänge von 1500 Metern
verfügen wird, können hier künftig riesige Schiffe anlegen, die mehr als
18.000 Standardcontainer transportieren. Den Panamakanal können solche
Frachter nicht durchqueren, um so den Atlantischen Ozean zu erreichen.
Chancay ist Teil der Neuen Seidenstraße. Mit dem
Megainfrastrukturprojekt versucht China, den Handel mit Ländern auf der
ganzen Welt anzukurbeln. 2013 hatte Präsident Xi die One Belt, One Road
Initiative ins Leben gerufen. Seitdem sind weltweit immer mehr Länder
dazugestoßen. Allein in Lateinamerika sind bereits mehr als 20 Staaten
Teil der Initiative. Finanziert durch chinesische Kredite und
Direktinvestitionen wird dabei insbesondere der Bau von Straßen, Häfen
und Schienennetzen gefördert. Zuletzt bekundete auch Kolumbien
Interesse, offiziell Teil der Neuen Seidenstraße zu werden.
*Geopolitik-Experte: Hafen in Peru hat ausschließlich kommerziellen Zweck
*Peking beteuert immer wieder, die von chinesischem Geld finanzierten
Infrastrukturprojekte in anderen Ländern seien darauf ausgerichtet,
allen Beteiligten zu nutzen. Washington wirft die Volksrepublik vor,
gleich einem Hegemon zu agieren. Die Hongkonger Zeitung South China
Morning Post erklärte in einem Artikel von Ende Juni, das Hafenprojekt
in Chancay sei „den USA ein Dorn im Auge, seit Cosco Shipping 2019 eine
Mehrheitsbeteiligung übernommen hat“.
Damals hatte das chinesische Staatsunternehmen 60 Prozent der Anteile am
Hafen von heimischen Bergbaukonzern Volcan gekauft. Anfang dieses Jahres
kam ans Licht, dass die Nationale Hafenbehörde APN Cosco als alleinigen
Betreiber des künftigen Hafens gewährt hat. Der Versuch der Regierung in
Lima, gegen die Entscheidung zu klagen, verlief sich jedoch im Wind. Im
Kongress des Landes wurde der ursprüngliche Vertrag mit Cosco bekräftigt.
Gegenüber der Financial Times erklärte Richardson, die Vorgehensweise
der Volksrepublik sei eine, „wie wir sie schon an anderen Orten gesehen
haben, nicht nur in Lateinamerika“. Die Länder, die Teil der Neuen
Seidenstraße sind, befänden sich nicht „zufällig in der Nähe all dieser
strategischen Standorte oder Seeverbindungen für den globalen Handel“.
Der Hintergrund solcher Äußerungen ist jedoch ein anderer, meint Farid
Kahhat. Der Experte für Außen- und Geopolitik, der über Abschlüsse der
Päbstlich-Katholischen Universität Peru und der University of Texas
verfügt, erklärt gegenüber der Berliner Zeitung: „Was die USA als
Sicherheitsbedenken kaschieren, sind manchmal eindeutig Bedenken
protektionistischer Natur.“ Der Hafen von Chancay habe einen „eindeutig
kommerziellen Zweck, weshalb die Gefahr einer militärischen Nutzung
ziemlich gering ist“, betont Kahhat weiter. Auch hätte die peruanische
Regierung keinen Grund, eine solche zu erlauben.
*Nicht nur in Peru – China ist in ganz Südamerika auf dem Vormarsch
*Und überhaupt: Es sei nicht Aufgabe des peruanischen Staates, „sich um
die Wettbewerbsfähigkeit US-amerikanischer Unternehmen zu sorgen“, so
Kahhat weiter. Insofern sei die Haltung der Regierung von
Interimspräsidentin Boluarte „pragmatisch“: „Sie will nicht in den
Konflikt zwischen China und den Vereinigten Staaten hineingezogen werden
und die guten Wirtschaftsbeziehungen zu ihren wichtigsten
Handelspartnern aufrechterhalten.“
Wie in ganz Lateinamerika befindet sich China auch in Peru weiter auf
dem Vormarsch. Bereits seit 2010 ist die Volksrepublik vor den USA der
wichtigste Handelspartner des südamerikanischen Landes. Peru war das
erste lateinamerikanische Land, das 2009 ein umfassendes
Freihandelsabkommen mit China unterzeichnete. Laut der Handelskammer
ComexPerú betrug der Handel zwischen den beiden Nationen 2023 rund 37
Milliarden Dollar. Im Jahr 2010 lag das Volumen noch bei 10,5 Milliarden
Dollar.
Das Freihandelsabkommen soll sogar nun noch erweitert werden. Im Juni
verkündeten Xi und Boluarte nach einem Treffen in Peking, bei diesem
Vorhaben große Fortschritte gemacht zu haben. Vor allem geht es dabei um
Bodenschätze, neue Energien und digitale Wirtschaft. Peru ist weltweit
der zweitgrößte Produzent von Kupfer, ein gerade für die Energiewende
und technische Innovationen zentrales Mineral. Bereits jetzt handelt es
sich bei mehr als 90 Prozent der peruanischen Ausfuhren nach China um
Rohstoffe.
Kurz nach dem Besuch von Boluarte in Peking veröffentlichte die
britische Zeitschrift The Economist einen Beitrag, der vor der
„dramatischen“ Ausweitung der chinesischen Präsenz in Lateinamerika
warnte. In diesem betonte US-Senator Marco Rubio, der zum rechten Flügel
der Republikaner gehört: „Wir können uns den Luxus nicht leisten, es der
Kommunistischen Partei Chinas zu erlauben, ihren Einfluss auszubauen und
Lateinamerika und die Karibik in ihren politisch-wirtschaftlichen Block
zu ziehen.“ Entweder sei man „aufseiten der Demokratie oder aufseiten
des Autoritarismus“.
*Washington muss Südamerika „attraktive Handelsalternativen“ zu China bieten
*Es ist nicht das erste Mal, dass SouthCom-Chefin Richardson vor
angeblichen Aktivitäten des chinesischen, aber auch des russischen
Militärs in Lateinamerika warnt. Im April besuchte sie die südlichste
Stadt Argentiniens, Ushuaia. Dort konnte sie die Regierung von Javier
Milei – die sich eindeutig zum westlichen Block bekennt – überzeugen, in
Río Grande einen von den USA angeführten Marinestützpunkt aufzubauen,
anstatt eines geplanten chinesischen Mehrzweckhafens. Die Lage auf der
Insel Feuerland ist strategisch bedeutend. Ushuaia gilt als „Tor zur
Antarktis“. Von dort aus kann die Schifffahrt um den südlichsten Zipfel
Südamerikas kontrolliert werden.
Auch Kuba werfen US-Offizielle immer wieder vor, China und Russland zu
erlauben, auf der Karibikinsel gegen die Vereinigten Staaten gerichtete
Spionagezentren aufzubauen. Gegenüber der Financial Times erneuerte
Richardson den Vorwurf an Moskau und Peking, „in der für unser
Heimatland roten Zone“ tätig zu sein. „Wir beobachten schändliche und
bösartige Aktivitäten, und dafür haben wir in der Karibik und
Lateinamerika keinen Platz.“ Erst im Juni hatte Russland Kriegsschiffe
nach Kuba geschickt, darunter ein Atom-U-Boot. Die kubanische Küste
liegt gerade einmal 140 Kilometer vom US-Bundesstaat Florida entfernt.
Experten wie der in Peru arbeitende Politikwissenschaftler Francesco
Tucci bezweifeln, dass die USA den Trend noch umkehren können. Viel zu
spät habe Washington erkannt, „dass China mit aller Macht nach
Lateinamerika vorgestoßen ist“, erklärte Tucci bereits im Mai gegenüber
dem Onlinemedium Política y Estrategia. Richardson sieht das anders. Im
Gespräch mit der Financial Times erklärte sie, die Chinesen kämen „mit
großen Säcken voller Bargeld und der Neuen Seidenstraße und es sieht so
aus, als seien sie die Rettung, weil die Länder keine andere Wahl haben“.
Hier müsse Washington aktiv werden und den lateinamerikanischen
Regierungen „attraktive Handelsalternativen“ anbieten. Solche müssten
auf lange Sicht angelegt werden, ähnlich dem Marshallplan, der dem vom
Zweiten Weltkrieg zerstörten Westeuropa ab 1948 mehrere Milliarden
Dollar für den Wiederaufbau brachte. „Strategischer Wettbewerb ist
wichtig. Die Demokratie wird angegriffen und wir müssen in kritische
Infrastrukturprojekte in gleichgesinnten Demokratien investieren“, so
Richardson weiter.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.