aus e-mail von Doris Pumphrey, 10. Dezember 2024, 10:41 Uhr
_RT DE 10.12.2024
_*Die guten und die bösen Syrer: Ein Tänzchen rund ums Bleiberecht
*/Von Dagmar Henn/
So traurig es ist, dass in Syrien die islamistischen Truppen (zumindest
vorerst) gesiegt haben, so unterhaltsam dürfte das politische Theater
sein, das sich in der Folge rund um die in Deutschland lebenden
syrischen Flüchtlinge entspinnen dürfte. Die ersten Anzeichen sind
bereits zu erkennen. Schließlich ist es insbesondere bei jenen davon,
die in den letzten Tagen die Übernahme ihres Landes durch
Al-Qaida-Nachfolger und deren Verbündete gefeiert haben, schwer
nachzuvollziehen, warum sie in ihr derart "befreites" Land nicht
zurückkehren.
Von den 973.905 in Deutschland lebenden syrischen Staatsangehörigen
hatten
<https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/syrische-fluechtlinge.html>
am 31. Dezember 2023 562.405 eine befristete Aufenthaltserlaubnis aus
humanitären Gründen, 96.170 aus familiären Gründen; 93.770 haben einen
Antrag auf einen Aufenthaltstitel gestellt, 80.510 haben eine
unbefristete Niederlassungserlaubnis, 74.830 haben einen Asylantrag
gestellt, 9.035 haben eine Duldung, und der Rest hat eine befristete
Aufenthaltserlaubnis oder andere Aufenthaltstitel. Seitdem sind weitere
rund 50.000 Syrer nach Deutschland gekommen. 161.000 syrische
Staatsbürger hatten bis Ende 2023 einen deutschen Pass erhalten.
Im Juni 2024 lebten 3,48 Millionen Flüchtlinge in Deutschland. Ein
Drittel davon kommt aus der Ukraine; der Anteil der Syrer liegt bei 28
Prozent. Die Grundlage für ihren Aufenthalt ist überwiegend subsidiärer
Schutz nach § 4 Absatz 1 Asylgesetz.
60 Prozent der Syrer, die in Deutschland leben, sind Araber, ein Drittel
Kurden. 90 Prozent sind Muslime, unter 2 Prozent Christen und ein
Prozent Jesiden. Eine Aufteilung zwischen Sunniten und Alawiten (die zur
Shia gehören) wird nicht gemacht.
Und nun kommen die Probleme. Es gab zwei Begründungen, warum Syrer
während des syrischen Bürgerkriegs aus Syrien flüchten mussten: weil sie
vor dem IS oder vor der syrischen Regierung flohen. Der Fluchtgrund IS
hatte sich bis vor kurzem erledigt; allerdings sind jetzt, als Teil des
islamistischen Gemischs, das die Macht übernommen hat, auch
Söldnergruppen etwa aus Tschetschenien zu sehen gewesen, die gerne die
IS-Flagge im Hintergrund zeigen. Was noch einen zusätzlichen Punkt
hinter die Tatsache setzt, dass der jetzt in der westlichen Presse
allgemein als akzeptabel verkaufte HTS-Führer Abu Mohammed al-Dschaulani
immer noch vom US-State Department mit einem Kopfgeld von 10 Millionen
US-Dollar verschönt wird.
In Wirklichkeit war immer nur ein Teil der Syrer, die in Deutschland
ankamen, tatsächlich Gegner der syrischen Regierung. Absurderweise waren
es genau letztere, die in Deutschland besonders willkommen waren;
schließlich konnte man sich mit ihnen hübsch hinter den falschen
syrischen Fahnen aufstellen und Solidarität mit Syrern heucheln
(eigentlich fehlt bei solchen Aussagen mittlerweile ein Warnhinweis:
Vorsicht, diese Solidarität kann zur Zerstörung ihres Landes führen).
Die anderen wussten aber dennoch genau, welche Geschichte man erzählen
musste, um in Deutschland aufgenommen zu werden.
Wobei man ja damals mit der ganzen Nummer geopolitische Absichten
verfolgte. Zwei Punkte weisen sehr deutlich darauf hin, die es lohnt,
immer wieder ins Gedächtnis zu rufen: Die gesamte EU hatte ihre Mittel
an das UNHCR, das die Flüchtlingslager in der Türkei betreut, Anfang
2015 massiv gekürzt, weshalb die Versorgung dort zusammenbrach. Und der
Beginn der großen Flüchtlingswelle nach Deutschland liegt genau fünf
Tage vor der Landung russischer Flugzeuge in Hmeimin, die die
ursprünglichen Pläne eines Regimewechsels deutlich störte.
Jedenfalls, der Tenor deutscher Politiker wie deutscher Medien lautete
einheitlich, die Regierung Assad sei so schrecklich, dass man vor ihr
fliehen müsse; und die verschiedensten islamistischen Gruppen, die vom
Westen finanziert wurden, seien eine "demokratische Opposition". Die
Liste der Fälschungen und Verzerrungen ist endlos, von getürkten
Giftgasangriffen bis zur PR-Truppe der "Weißhelme" – die in den letzten
Wochen reaktiviert wurden. Und ein Punkt tauchte in der deutschen
Berichterstattung so gut wie nie auf: dass es nämlich ausgerechnet die
Regierung Assad war, die die Sicherheit der vielen religiösen und
ethnischen Minderheiten in Syrien garantierte.
Was gleich erkennbar macht, wo jetzt das Problem liegt. Auch wenn manche
Politiker erklären, jetzt dürften eigentlich gar keine Syrer mehr in
Deutschland Asyl beantragen dürfen, oder (ausgerechnet aus der
Soros-Ecke) Migrationsforscher behaupten, jetzt gingen die Zahlen der
Asylbewerber zurück.
Die Tatsache, dass es sich um eine äußerst inhomogene Gruppe handelt,
hat man 2015 konsequent ignoriert; ebenso wie die hässliche Entwicklung,
dass in vielen Unterkünften, in denen sich viele Syrer befanden, die
Islamisten oft die Kontrolle übernahmen. Und beispielsweise Frauen
nötigten, ein Kopftuch zu tragen, um sexuellen Übergriffen zu entgehen.
Vielfach war es so, dass diejenigen, die vor den Islamisten aus Syrien
geflohen waren, in Deutschland ein zweites Mal zu ihren Opfern wurden.
Wie auch immer, die deutsche Politik steht jetzt jedenfalls vor einem
Dilemma. Denn eigentlich müssten, wenn man die Berichterstattung der
deutschen Presse ernst nimmt, jetzt alle, die als Gegner der
Assad-Regierung in Deutschland untergeschlüpft sind, eilig wie freudig
nach Syrien zurückkehren. Und es wäre, auch das sollte einmal erwähnt
werden, völlig legitim, wenn deutsche Behörden ihnen erklärten, die
Grundlage für ihren subsidiären Schutz wäre entfallen. Das hätte ganz
nebenbei den deutlichen Vorteil, dass es gerade der für die deutsche
Gesellschaft gefährlichere Teil der Syrer ist, der dann zurück müsste.
Nur als Randbemerkung – in der deutschen Presse war in den letzten Tagen
völlig kommentarlos zu lesen, dass zwei Drittel der Ukrainer in
Deutschland auch nach einem Ende des Konflikts nicht mehr zurückwollten.
Rechtlich gesehen ist das jedoch keine Frage des Wollens. So ist das mit
dem subsidiären Schutz, der im Gegensatz zum eigentlichen Asyl eben
nicht individuell ist. Aber jene, die wirklich Asyl vor der
Bandera-Ukraine brauchen, hat man in Deutschland sowieso nie gewollt.
Aber zurück zur Frage der Syrer. Die Windungen der Grünen dürften
besonders hübsch werden. Sie waren es vor allem, die sich damals, 2015,
begeistert noch neben die finstersten Kopfabschneider stellten (und ja,
die waren auch im Angebot, schließlich galt die syrische Regierung als
verfemt, da konnte man nicht einmal nachfragen, wer Kriegsverbrechen
begangen hatte). Irgendwie steckt ihnen da ein Stein im Schuh;
schließlich könnte es sein, dass demnächst, gerade wegen des Siegs
dieser Truppen, andere Gruppen aus Syrien an deutsche Türen klopfen,
Christen und Alawiten beispielsweise; und weil man sich in dieser Partei
generell für offene Grenzen für jedermann ausspricht, könnte man sie
nicht zurückweisen. Allerdings würde dann auch ins Gedächtnis gerufen,
dass man genau jene Gruppen gestützt hat, vor denen diese dann fliehen.
Überhaupt könnte selbst eines der Motive, die den türkischen Präsidenten
Erdoğan zu seinem Angriff auf das säkulare Syrien bewegt haben, der
Wunsch sein, die syrischen Flüchtlinge in der Türkei endlich wieder
loswerden zu können. Man könnte Wetten darauf abschließen, wie viele
Wochen er brauchen wird, um die ersten Anläufe zur Leerung der
türkischen Flüchtlingslager zu starten. Auch das würde das Dilemma für
die deutsche Politik weiter verschärfen. Schließlich hat Erdoğan in
diesem Fall genau das getan, was der Westen, also die USA, die EU und
auch die diversen Bundesregierungen, immer gewünscht haben. Weshalb es
all die Jahre über Sanktionsregelungen gab, die dem syrischen Staat mehr
oder weniger jede Wirtschaftsverbindung mit anderen Ländern untersagten,
aber der "demokratischen Opposition" den Anspruch auf eventuell
anfallende Erträge zuerkannten.
Die Hoffnung, die Deutschen könnten sich womöglich heute nicht mehr an
die Geschichten erinnern, die man ihnen vor zehn Jahren serviert hat,
haben die deutschen Medien selbst fleißig zunichte gemacht, indem sie
den Sieg der Islamisten hochjubelten. Wenn jetzt also dieser Wolf, der
nicht einmal einen Schafspelz trägt, sondern auf dessen Fell nur ein
Schafspelz projiziert wurde, sich dann doch als Wolf erweist, wird das
wirklich peinlich. Und auch hier kann man entspannt wetten: Er wird.
Zugegeben, die deutsche Presselandschaft hat es geschafft, einen ganzen
Genozid, den in Gaza, verschwinden zu machen – aber es leben viel mehr
Syrer in Deutschland als Palästinenser. Und dank der Tatsache, dass sie
eben nicht alle das sind, was man vor bald zehn Jahren so gerne einlud,
nämlich Anhänger der Kopfabschneiderfraktion, wird das nicht ganz so gut
funktionieren.
Abgesehen davon – auch unter den Syrern gibt es eine gehörige Komponente
Opportunisten, die einfach nur in den Westen wollten, und die jetzt
gerne bereit sind, sich als von den blutigen Westmarionetten verfolgt zu
erklären, wie sie es zuvor von der Regierung Assad waren oder nicht
waren. Was dann insbesondere deshalb heiter wird, weil es schließlich
eine ganze Branche gibt, die ihren Lebensunterhalt mit Asylverfahren
verdient und gerne dafür sorgen wird, sollte sich eine deutsche
Regierung zu einem Ende des subsidiären Schutzes durchringen, das Ganze
mit vielen Verfahren zu garnieren.
Und jetzt noch eine Prise harter Realität. Alle Fälle, in denen bisher
derartige Truppen an die Macht kamen wie in den letzten Tagen in Syrien,
endeten mit dem gleichen Ergebnis. Libyen und Somalia sind dafür
approbate Beispiele. Ein gescheiterter Staat, in dem sich
unterschiedlichste bewaffnete Gruppen um Dörfer und Straßen bekämpfen;
dessen Verwaltung und dessen innere Wirtschaftsbeziehungen völlig
zusammenbrechen, weil an jeder Ecke Wegelagerer lauern, und der sich
entweder in eine Ausgangsbasis krimineller Geschäfte verwandelt, wie mit
dem libyschen Menschenhandel, oder völlig ins Elend abstürzt, wie
Somalia. In dem Moment, in dem der gemeinsame Feind verloren geht, ist
nämlich Schluss mit der Freundschaft zwischen den unterschiedlichen Gruppen.
Das Endergebnis dürfte sein, dass die nächste Runde Flüchtlinge sich auf
den Weg macht. Und damit es besondere Freude bereitet, wird damit die
Anwesenheit der säkularen Seite des syrischen Bürgerkriegs in
Deutschland gestärkt, und es könnte etwas passieren, was immer besondere
Freude bereitet (und was es beispielsweise im Verhältnis zwischen Türken
und Kurden in Deutschland bereits ansatzweise gab): Der Krieg wird nach
Deutschland importiert. Und, darauf kann man schon angesichts des
Durchschnittsalters beider Seiten wetten, er wird dann auch in
Deutschland ausgetragen werden. Sollte sich das mit den drohenden
Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Islamistenfraktionen
bestätigen, sogar in geradezu erschreckender Vielfalt.
Was sich nur auf zwei Wegen vermeiden ließe. Der erste wäre, die nun
tatsächlich Verfolgten gar nicht erst einzulassen. Und der zweite wäre,
die bisher in Deutschland untergebrachten Assad-Gegner zurück nach
Syrien zu expedieren. So, wie Deutschland derzeit mit Asylanträgen aus
Gaza umgeht, wo den Menschen tatsächlich an jeder Ecke die Bomben auf
den Kopf fallen und das Essen ausgeht, nämlich gar nicht, könnte man
selbstverständlich auch mit den Opfern der Islamistenherrschaft umgehen.
Das wäre sicher die leichtere Übung, als die 2015 importierten
Islamisten wieder nach Hause zu schicken.
Allerdings, jedes Manöver, jetzt so zu tun, als gäbe es gar keinen Grund
dafür, den subsidiären Schutz aufzuheben, aktiviert die nächste Tretmine
in der deutschen Gesellschaft. Man könnte es sich vorstellen, dass im
Zuge der gerade aufflammenden Debatte das Argument auftauchen wird, die
seien doch schon so gut integriert in der deutschen Gesellschaft, man
müsse ihnen eigentlich ein dauerhaftes Bleiberecht erteilen, selbst wenn
der Grund für den subsidiären Schutz entfällt.
Dann fällt der Blick sofort auf die Ukrainer, denn das hieße am Ende, es
würde hingenommen, wenn sie in Deutschland zu bleiben wünschen. Man hat
sich ja all die Jahre schon darum gedrückt, zu differenzieren, und Leute
aus Lwow genauso aufgenommen wie jene, die wirklich in der Nähe von
Kämpfen gelebt hatten. Aufgenommen und mit Privilegien ausgestattet, von
denen selbst die Syrer nur träumen konnten, wie sofortige Aufnahme ins
Bürgergeld, ohne Vermögensprüfung.
Nun, wenn man einen Anreiz schaffen will, dass wirklich viele Deutsche
die Ukrainer so bald irgend möglich wieder loswerden wollen, dann wäre
das die Erklärung, man könne eben dies mit den Syrern nicht, weil sie
doch nun schon so lange da seien. Wie auch immer man die Geschichte
dreht und wendet, entschärfen ließe sich das Ganze nur auf eine einzige
Weise: indem man den Deutschen reinen Wein einschenkt, was man all die
Jahre so gegen Syrien gefördert hat. Man mag sich vielleicht in Berlin
derzeit darüber freuen, dass das so innig geliebte völkermordende Israel
einen Gegner weniger hat. Aber ein Syrien, das zu einem zweiten Libyen
wird, wird auch an Deutschland nicht spurlos vorbeigehen. Und
geopolitisch genehme Lügen, wie dass Israel ganz und gar keinen
Völkermord begehe, in der Ukraine keine Nazis sind und die syrischen
Kopfabschneider allesamt gute Demokraten, platzen immer irgendwann. Und
bis dahin fordern sie einen Preis. Der leider nicht nur in dem absurden
Theater bestehen wird, das die deutsche Politik zum Thema der syrischen
Flüchtlinge bis Ende Februar noch liefern wird.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.